TE OGH 1980/10/14 11Os138/80

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Veröffentlicht am 14.10.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Oktober 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Otto A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 20. Juni 1980, GZ 10 Vr 2.892/79-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Sima und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Stöger zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.August 1954 geborene, zuletzt beschäftigungslose Tapezierer Otto A 1) des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB, 2) des Vergehens der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs. 1 StGB, 3) des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs. 1 StGB und 4) des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des zuletzt angeführten Schuldspruchs wegen Verbrechens nach dem § 202 Abs. 1 StGB liegt ihm zur Last, am Abend des 19.Dezember 1979 in Klagenfurt die damals 15-jährige Andrea B dadurch, daß er sie auf den Friedhof St. Ruprecht zerrte und würgte, sohin mit Gewalt, und durch die gefährliche Drohung, 'wenn Du nicht Ruhe gibst, dann bringe ich Dich um', zum außerehelichen Beischlaf genötigt zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner allein gegen den vorerwähnten Schuldspruch (im Urteilsfaktum 4) gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde macht der Angeklagte die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9

lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO geltend. Eine Prüfung des Beschwerdevorbringens zeigt jedoch, daß die behaupteten Nichtigkeitsgründe dem Ersturteil nicht anhaften.

Zunächst versagt schon die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Mängelrüge, die dem Ersturteil eine Undeutlichkeit und Unvollständigkeit in der Bedeutung des vorerwähnten Nichtigkeitsgrundes vorwirft. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers waren nämlich nähere Ausführungen im Ersturteil über eine Gewaltanwendung des Angeklagten auch innerhalb des Friedhofs auf dem Weg zu jener Bank, auf der er sodann den Geschlechtsverkehr vollzog - ganz abgesehen davon, daß sich der angefochtenen Entscheidung ohnedies ein als erwiesen angenommenes Zerren an dem zu diesem Zeitpunkt bereits völlig verängstigten Opfer auch noch auf dem Friedhofsgelände mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen läßt (vgl. S 121 d.A.) - schon deshalb entbehrlich, weil der Beschwerdeführer nach den weiteren Urteilsannahmen (vgl. S 121 d. A.) dem Mädchen danach noch einen Stoß versetzte, sodaß es rücklings auf die Bank fiel. Er machte sohin nach den Urteilsfeststellungen nicht nur vor dem Friedhof (durch Erfassen des Mädchens an beiden Händen, Zerren zum Friedhofstor, ferner durch Würgen unter gleichzeitiger Drohung mit dem Umbringen) von den Mitteln der Gewalt und der gefährlichen Drohung Gebrauch, sondern wendete auch noch unmittelbar vor Vollzug des Geschlechtsverkehrs auf der Bank im Friedhof gegen sein Opfer in der vorerwähnten Weise Gewalt an. Angesichts dieses im Ersturteil festgestellten - ersichtlich von einem einheitlichen, auf Vollzug des Beischlafs abzielenden Tätervorsatz getragenen - Gesamtgeschehens entzieht sich die daraus in der Mängelrüge willkürlich herausgelöste Teilphase einer isolierten (von den ihr zeitlich unmittelbar vorangegangenen und ihr nachfolgenden Ereignissen losgelösten) Betrachtung, sodaß die vom Beschwerdeführer behaupteten, nur diese Teilphase betreffenden Begründungsmängel letztlich keine entscheidende Tatsache berühren.

Das Vorbringen zur Rechtsrüge, mit dem der Beschwerdeführer unter Hinweis auf einzelne Verfahrensergebnisse (so etwa darauf, daß das Mädchen im Genitalbereich keine Verletzungen aufwies, beim Auskleiden und beim Vollzug des Geschlechtsverkehrs keinen Widerstand leistete und sich sogar zu einem Mundverkehr bereit fand) zum Nachweis der Richtigkeit seiner (leugnenden) Verantwortung in der Hauptverhandlung darzutun sucht, daß sich ihm Andrea B letztlich völlig freiwillig und ohne Nötigung (durch Gewalt oder gefährliche Drohung) hingegeben habe (vgl. S 87, 109 d.A.), stellt sich nach Inhalt und Zielsetzung ausschließlich als ein im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger und demnach unbeachtlicher Angriff gegen die - nicht anfechtbare - Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar, will doch der Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Tatumständen bloß andere (für ihn günstigere) Schlüsse gezogen wissen. Da im Ersturteil diese Verantwortung auf Grund der für glaubwürdig erachteten (belastenden) Angaben der Zeugin Andrea B in Verbindung mit dem vom Angeklagten vor der Polizei abgelegten Geständnis (S 49 bis 51 d.A.), sohin mit ausreichender und schlüssiger Begründung (vgl. S 122 und 123 d.A.) als widerlegt bezeichnet wird, vermag die Beschwerde auch in diesem Belang einen dem Ersturteil anhaftenden formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht aufzuzeigen.

Als nicht gesetzmäßig ausgeführt erweist sich auch jener Teil der Rechtsrüge, in welchem der Beschwerdeführer von einem weder durch Gewaltanwendung noch durch gefährliche Bedrohung der Andrea B abgenötigten Beischlaf, sondern vielmehr von einer freiwilligen geschlechtlichen Hingabe des Mädchens ausgehend ein nach dem § 202 StGB als Nötigung zum Beischlaf strafbares Verhalten verneint, weil er sich hiebei über die entgegenstehenden und mit den vorerwähnten, in seiner Beschwerde angeführten Prämissen unvereinbaren Urteilsannahmen hinwegsetzt und somit einen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen prozeßordnungsgemäße Darstellung stets einen Vergleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, nicht darzutun vermag. Erfolglos müssen aber auch die unter Bezugnahme auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Einwände bleiben, daß einerseits ein nur im Erfassen des Opfers am Oberarm und Hinziehen zu einer Bank bestehendes und vom Erstgericht als 'Zerren' bezeichnetes Tatverhalten mangels Erheblichkeit der hiebei vom Täter aufgewendeten physischen Kraft (noch) nicht dem im § 202 Abs. 1 StGB genannten Tatbestandsmerkmal der Gewalt entspreche, und daß andererseits die nur die Einstellung der Hilferufe bezweckende Drohung mit dem Umbringen unter gleichzeitigem Würgen nur als Nötigung im Sinn des § 105 Abs. 1 StGB zu beurteilen sei. Der Beschwerdeführer läßt hier außer acht, daß es sich bei den von ihm einzeln gewürdigten Akten um bloße Teilphasen des ihm zur Last liegenden Gesamtverhaltens handelt, wie bereits an früherer Stelle erwähnt wurde.

Der Angeklagte erklärte schon anläßlich seines vor der Polizei abgelegten Geständnisses (S 49, 50 und 51 d.A.), sich damals dem Mädchen mit dem Vorhaben genähert zu haben, mit ihm einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen.

Auch in der Hauptverhandlung stellte er seinen, von Anfang an auf den Vollzug des Beischlafs gerichteten Vorsatz nicht in Abrede, sondern versuchte bloß glauben zu machen, daß sich das Mädchen hiezu letztlich doch freiwillig bereit gefunden habe (S 86/87 und 109 d. A.), obgleich er schließlich die Bedrohung seines Opfers mit dem Umbringen eingestand (S 110 d.A.). Die - nicht nur auf die belastenden zeugenschaftlichen Angaben des Opfers, sondern ersichtlich auch auf das vorerwähnte Geständnis vor der Polizei (vgl. hiezu S 122 d.A.) gestützte - Feststellung im Ersturteil, derzufolge Andrea B vom Angeklagten durch Anwendung von (erheblicher) Gewalt, verbunden mit der Drohung, sie umzubringen, unter Verhältnissen, die eine Hilfe von dritter Seite nicht erhoffen ließen, (zum Beischlaf) gefügig gemacht wurde (S 123 d.A.), läßt keinen Zweifel offen, daß das Erstgericht einen auf Nötigung zum Beischlaf abzielenden Vorsatz des Angeklagten auch schon im Zeitpunkt der Gewaltanwendung und Bedrohung des Opfers als erwiesen annahm. Somit verbleibt aber für eine vom Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO angestrebte rechtliche Beurteilung eines bloß eine Teilphase des ihm zur Last liegenden Gesamtgeschehens darstellenden (in der Bedrohung des Opfers mit dem Umbringen unter gleichzeitigem Würgen gelegenen) Verhaltens als Nötigung im Sinn des § 105 Abs. 1 StGB kein Raum, war doch bei der hier gebotenen Gesamtbetrachtung des Geschehens diese (gefährliche) Drohung über den aus ihrem Wortlaut ('wenn Du nicht Ruhe gibst, dann bringe ich Dich um') hervorleuchtenden unmittelbaren Zweck hinaus, nämlich das Mädchen von weiteren Hilferufen abzuhalten, im Hinblick auf den vom Angeklagten (schon in diesem Zeitpunkt) verfolgten, auf Vollzug des Beischlafs ausgerichteten Endzweck (neben der von ihm ausgeübten Gewalt) nur eines der angewendeten Mittel, um den der Durchführung eines Geschlechtsverkehrs entgegenstehenden Willen des Mädchens zu beugen.

Dem Erstgericht unterlief daher kein Rechtsirrtum, wenn es das gesamte - nach den Urteilsannahmen von einem einheitlichen (auf Nötigung des Opfers zum außerehelichen Beischlaf gerichteten) Vorsatz des Angeklagten getragene -

Tatgeschehen in rechtlicher Beziehung als Verbrechen der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB wertete.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war darum zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 202 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen und berücksichtigte als mildernd das teilweise Geständnis des Angeklagten.

Die Berufung richtet sich nur gegen das Strafausmaß. Ihr kommt keine Berechtigung zu.

Den im übrigen in erster Instanz richtig angeführten Strafzumessungsgründen bleibt auf Seite der erschwerenden Umstände noch hinzuzufügen, daß der Angeklagte bereits einschlägig vorbestraft ist. Überdies ist zu bedenken, daß auch den Schuldsprüchen zu den Punkten 2 und 3 des Urteilssatzes ein Verhalten zugrunde liegt, das große Ähnlichkeit mit dem Vorgehen des Angeklagten im strafsatzbestimmenden Faktum 4 aufweist. Unter diesen (erweiterten) Gesichtspunkten, die auf eine besondere Neigung des Angeklagten zur Begehung sexuell motivierter Gewalttaten schließen lassen, erscheint aber die vom Erstgericht verhängte Strafe nicht überhöht. Sie ist vielmehr in dieser (schuldangemessenen) Dauer erforderlich, um den erhofften Resozialisierungseffekt zu erzielen. Mithin war spruchgemäß zu erkennen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02850

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00138.8.1014.000

Dokumentnummer

JJT_19801014_OGH0002_0110OS00138_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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