TE OGH 1980/12/2 9Os43/80

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Veröffentlicht am 02.12.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Berufung des Privatbeteiligten prot. Firma B, C, D & Co. Baugesellschaft m.b.H., gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 7. November 1979, GZ. 11 Vr 552/77- 77, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Privatbeteiligten die Kosten des Verfahrens über seine Berufung zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19. Juni 1948 geborene Geschäftsführer Friedrich A unter anderem des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt; es wurde ferner die prot. Firma B, C, D & Co., Baugesellschaft m.b.H., die sich mit einem Betrag von S 345.541,31 (ON 56) dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen und in der Hauptverhandlung vom 7. November 1979 den Zuspruch eines Betrages von S 345.000,-- begehrt hatte (Bd. III, S 222), mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Den Urteilsannahmen zufolge hatte der Angeklagte in Kohleben als Schuldner mehrerer Gläubiger (Inhaber der Einzelfirma Friedrich A, Holzindustrie, Werk Kohleben) in der Zeit vom 10. Februar 1974 bis 31. Dezember 1974 seine Zahlungsunfähigkeit durch Gründung eines Holzverarbeitungsbetriebes mit zu geringem Eigenkapital und Inanspruchnahme unverhältnismäßig hoher Kredite fahrlässig herbeigeführt und in der Zeit vom 1. Jänner 1975

bis 31. Mai 1976 (zunächst als Inhaber dieser Einzelfirma und sodann als geschäftsführender Gesellschafter der Firma A Ges.m.b.H. & Co. KG) in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines Teiles von ihnen insbesondere dadurch vereitelt oder geschmälert, daß er neue Schulden einging, Schulden bezahlte und die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte. Inhaltlich der Entscheidungsgründe (Bd. III, S 242) wurde der Privatbeteiligte /der im Verfahren eine (aus einer Gesamtschuld für geleistete Bauarbeiten von S 851.395,91 resultierende) Restforderung im oben angeführten Betrag geltendgemacht und in seiner Anschlußerklärung ein zur persönlichen Bereicherung des Angeklagten führendes (betrügerisches) Vorgehen desselben als Geschäftsführer der A Ges.m.b.H. & Co. KG behauptet hatte (Bd. III, S 161 ff)/ mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen, weil die Mittel (gemeint: Ergebnisse) des Strafverfahrens nicht ausreichten, um auf Grund ihrer die Ersatzansprüche verläßlich beurteilen zu können. Gegen dieses Urteil haben der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung und der Privatbeteiligte Berufung wegen der Verweisung auf den Zivilrechtsweg erhoben. Über die Rechtsmittel des Angeklagten wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 9. September 1980, GZ. 9 Os 43/80-6, bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung abgesprochen. Gegenstand dieser Entscheidung ist sohin nur mehr die Berufung des Privatbeteiligten, die jedoch nicht im Recht ist. Nach § 366 Abs. 3 StPO (idF des BGBl. 1978/169) können der Privatbeteiligte (und seine Erben) gegen die Verweisung auf den Zivilrechtsweg Berufung einlegen, wenn schon der Gerichtshof erster Instanz nach § 366 Abs. 2 StPO über die privatrechtlichen Ansprüche hätte entscheiden sollen.

Dies trifft im vorliegenden Fall - den Beschwerdeausführungen zuwider - nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Tatbestandsmäßig im Sinne des § 159 StGB handelt der Schuldner mehrerer Gläubiger, der (durch im Gesetz demonstrativ aufgezählte Tathandlungen) fahrlässig entweder seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt (Z 1) bzw. in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit die Gläubiger nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch Veränderung des gemeinsamen Befriedigungsfonds benachteiligt (Z 2). Maßgeblich ist demnach beim Vergehen der fahrlässigen Krida (in beiden Begehungsformen) - anders als etwa beim Betrug, bei dem in Ansehung jedes Opfers des Täters gesondert zu prüfen ist, ob es durch eine von deliktischem Vorsatz getragene Täuschung zu einer sein oder eines anderen Vermögen schädigenden Handlung veranlaßt worden ist - ein Verhalten des Täters, das in seinen Auswirkungen zur Benachteiligung seiner Gläubiger (durch geringere quotenmäßige Befriedigung ihrer Forderungen bzw. Verschiebung des Befriedigungsfonds) führt, obzwar sich die Tathandlung - wie z.B bei einer wirtschaftlich ungesunden Preisgestaltung oder Sorglosigkeit des Täters in Bezug auf die Auswahl und Kontrolle seines Personals, aber auch bei der nicht rechtzeitigen Beantragung der Eröffnung des Konkurses - unter Umständen gar nicht gegen einen bestimmten Gläubiger richtet. In Fällen dieser Art ist in der Regel - insbesondere dann, wenn das Fehlen der zur Befriedigung einer Gläubigermehrheit erforderlichen Mittel seitens des Schuldners zweifelsfrei feststeht - die Anführung einzelner Schulden des Täters im Urteil für den Schuldspruch wegen fahrlässiger Krida durchaus entbehrlich. Fehlen aber derartige Konstatierungen, dann ist auch ein Zuspruch gemäß §§ 366 Abs. 1, 369 Abs. 1 StPO an einen bestimmten Gläubiger nicht möglich, da ein solcher unter diesen Umständen weder in den den Schuldspruch tragenden Feststellungen, noch im Urteilsspruch Deckung fände (vgl. dazu ZBl. 1933, 25, RZ 1967, 34, 12 Os 158/77, 13 Os 148/78). Richtig ist zwar, daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. & Co. KG im Sinne des § 161 StGB für den den Gläubigern der Gesellschaft durch die von ihm begangene strafbare Handlung verursachten Schaden haftet (EvBl. 1970, 63 ua, Doralt in JBl. 1972, S 120 f, derselbe in 'Die GmbH & Co KG im Handels-, Gewerbe- und Steuerrecht'2 240, Ostheim in JBl. 1972, S 143, Schuppich in GesRZ 1972, S 30 f), doch deckt sich in der Regel der gemäß § 369 Abs. 1 StPO zuzusprechende Schaden aus der strafbaren Handlung nicht mit der Forderung, die der Gläubiger aus dem mit der Ges.m.b.H. & Co KG geschlossenen Rechtsgeschäft dieser gegenüber hat (siehe dazu JBl. 1972, S 121 ff); es macht daher der Zuspruch des ex delictu geschuldeten Betrages im Regelfall zusätzliche Feststellungen über die Schadenshöhe erforderlich. Von solchen könnte das Gericht auch ein 'Anerkenntnis' des Angeklagten betreffend die Höhe der dem Gläubiger aus dem Vertrag zustehenden Forderung nicht entbinden, da diese - nach dem Gesagten - nicht maßgeblich ist.

Vorliegend hat nun das Schöffengericht - da dies nach Lage des Falles für die strafrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes nicht erforderlich war - keine Feststellungen über die vom Privatbeteiligten geltendgemachte Forderung getroffen. Derartige Konstatierungen hätte es nach der Aktenlage ohne zusätzliche Erhebungen (über den Grund des Anspruches und die Höhe des vom Angeklagten durch sein deliktisches Verhalten verursachten Schadens) nicht treffen können. Der Ausspruch über die Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg gemäß § 366 Abs. 2 StPO erfolgte daher zu Recht. Der dagegen erhobenen Berufung mußte also ein Erfolg versagt bleiben. Die diesbezüglich ergehende Entscheidung konnte der Oberste Gerichtshof, dem gemäß § 366 Abs. 2 und 3 StPO die Durchführung der zur Klarstellung eines allfälligen Anspruches des Privatbeteiligten erforderlichen umfangreichen Erhebungen nach dem Gesetz ohnedies verwehrt ist (vgl. dazu EvBl. 1979/165 sowie 13 Os 166/79), schon bei der nichtöffentlichen Beratung über die Berufung fällen. Der Anordnung eines Gerichtstages bedurfte es aus nachstehenden Erwägungen nicht:

Gemäß § 366 Abs. 2, erster Satz StPO hat das Gericht im Fall eines Schuldspruches in der Regel zugleich über die privatrechtlichen Ansprüche des Geschädigten zu entscheiden. Nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle trifft das Gericht eine solche Entscheidungspflicht nicht, wenn die Ergebnisse des Strafverfahrens an sich und auch nach Durchführung einfacher zusätzlicher Erhebungen nicht dazu ausreichen, um auf Grund ihrer über die Ersatzansprüche verläßlich urteilen zu können. In diesem Fall ist somit der Privatbeteiligte nach dem Gesetz auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Nach § 366 Abs. 3 StPO können der Privatbeteiligte und seine Erben gegen (den Ausspruch über) die Verweisung auf den Zivilrechtsweg, der der Sache nach eine Formalentscheidung ist (13 Os 25/80), mit der das Gericht die Fällung eines Sachurteiles über die gestellten privatrechtlichen Ansprüche ablehnt, (nur dann) Berufung einlegen, wenn schon der Gerichtshof erster Instanz nach dem vorstehenden Absatz über die privatrechtlichen Ansprüche hätte entscheiden sollen. Mit einer nach dieser Gesetzesstelle erhobenen Berufung wird sohin dem Sinne nach die Verletzung der dem Erstgericht obliegenden Entscheidungspflicht geltendgemacht und an das Berufungsgericht der Antrag herangetragen, über die geltendgemachten Ansprüche selbst zu erkennen oder dem Erstgericht die Entscheidung über dieselben aufzutragen.

Der Absatz 3 des § 366 StPO stellt (auch seiner Gestehungsgeschichte nach) eine Ergänzung der Absätze 1 und 6 des § 283 StPO dar, in denen die Zulässigkeit einer Berufung gegen die (Sach-)Entscheidung des Gerichtes über die privatrechtlichen Ansprüche (siehe dazu Gebert-Pallin-Pfeiffer, Nr. 21 zu § 283 StPO) in Ansehung des Angeklagten, seines gesetzlichen Vertreters und seines Erben abschließend geregelt ist, über die Berechtigung zur Erhebung einer Berufung gegen die Verweisung auf den Zivilrechtsweg jedoch nichts ausgesagt wird. Er normiert - wie sich aus dem im Gesetzestext enthaltenen Konditionalsatz zweifelsfrei ergibt - ein Berufungsrecht des Privatbeteiligten nur innerhalb der im Abs. 2 des § 366 StPO für die Entscheidungspflicht des Gerichtes gezogenen Grenzen; demnach ist eine Berufung unzulässig, die (vom Berufungsgericht) eine Sachentscheidung begehrt, obwohl eine solche vom Erstgericht nach den Ergebnissen des Strafverfahrens an sich und auch nach Durchführung einfacher zusätzlicher Erhebungen gar nicht zu fällen war. Insoferne läuft demnach die vom Berufungsgericht an Hand des Akteninhaltes vorzunehmende Prüfung der Frage, ob vorliegend das Erstgericht zur Fällung eines Sachurteiles über die privatrechtlichen Ansprüche verpflichtet gewesen wäre, der Sache nach auf eine (gemäß § 294 Abs. 4 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung vorzunehmende) Vorprüfung des erhobenen Rechtsmittels auf seine Zulässigkeit hinaus, weshalb das Berufungsgericht über dieses - im aufgezeigten Umfang - bei der hiezu anberaumten Sitzung entscheiden kann (vgl. dazu Bertel in AnwZ 1978, S 289, 290).

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02921

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00043.8.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19801202_OGH0002_0090OS00043_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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