TE OGH 1981/3/17 4Ob20/81

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Veröffentlicht am 17.03.1981
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Norm

ABGB §879 Abs1
ABGB §1153
DHG §2 Abs1

Kopf

SZ 54/33

Spruch

Die Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Haftung eines Arbeitnehmers (hier: Filialleiters einer Einzelhandels-Organisation) für ein Kassenmanko oder einen Inventurabgang verstößt gegen die guten Sitten (§ 879 Abs. 1 ABGB)

Grobe Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers im Sinne des § 2 Abs. 1 DHG wird nicht vermutet; sie ist vielmehr vom Arbeitgeber zu behaupten und zu beweisen

OGH 17. März 1981, 4 Ob 20/81 (ZAS 1982, 220 (Klein))(LG Eisenstadt 13 Cg 7/80; ArbG Oberwart Cr 18/79)

Text

Der Beklagte war vom 5. Juni 1978 bis 2. November 1978 als Marktleiter der S-Filiale P gegen Zahlung eines 14 mal jährlich fälligen Monatsbruttogehalts von 8080 S tätig. Er hatte je vier Klassen Volks- und Hauptschule, den polytechnischen Jahrgang sowie drei Jahre die Berufsschule mit Erfolg besucht. Anläßlich der Aufnahme des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses unterfertigte der Beklagte am 7. Juni 1978 folgende Erklärung: "Die in diesem Handbuch festgelegten Organisationsrichtlinien für S-Märkte sind für mich verbindlich. Ich habe die Organisationsrichtlinien am 7. Juni 1978 erhalten. Bei meinem eventuellen Ausscheiden gebe ich das vollständige Handbuch zurück".

In diesen Richtlinien sind u. a. folgende Bestimmungen enthalten:

"Haftung des Marktleiters.

Der Marktleiter haftet der Geschäftsleitung der Zentrale für die ordnungsgemäße Verwendung der ihm übergebenen Waren und für das Inventar.

Er haftet weiterhin für die vollständige Ablieferung aller ihm anvertrauten Gelder und für jeden Schaden aus seinem schuldhaften Verhalten, insbesondere auch für Fehlbeträge, die sich aus der Kassenabrechnung ergeben. Diese Haftung trifft ebenfalls zu, wenn im Markt unter der Leitung und Aufsicht des Marktleiters weitere Mitarbeiter tätig sind. In gewissen Zeitabständen sind Kontrollinventuren durchzuführen. Die Marktleitung haftet für Inventurabgänge, die die von der Zentrale tolerierten 0.5% vom getätigten Umsatz seit der vorstehenden Inventur übersteigen. Diese Toleranz deckt eventuellen Schwund und Diebstähle ab."

Die klagende S-Warenhandels-AG, Zweigniederlassung Graz, begehrt vom Beklagten die Zahlung des Betrages von 147 435 S samt Anhang mit der Begründung, der Beklagte sei bei ihr als Leiter der Filiale in P tätig gewesen.

Nach den vom Beklagten als verbindlich zur Kenntnis genommenen, somit einen Bestandteil des Arbeitsvertrages bildenden Organisationsrichtlinien der klagenden Partei sei er als Filialleiter führungs- und handlungsverantwortlich und insbesondere zur Vornahme von Schlüssel-, Kassen- und Diebstahlskontrollen verpflichtet. Es treffe ihn die volle Verantwortung (Haftung) für den Waren- und Anlagenstand, Schwund sowie Kassastand; und er hafte für die ihm übergebenen Waren, für das Inventar sowie für die Ablieferung der ihm anvertrauten Geldbeträge. Für Inventurabgänge hafte er, soweit diese 0.5% des Umsatzes übersteigen. Für die Zeit vom 5. Juni 1978 bis 2. November 1978 habe sich bei Kontrollinventuren ein Abgang von 147 435 S ergeben. Da dieser Abgang auch auf einer Veruntreuung hätte beruhen können, habe die klagende Partei eine Strafanzeige erstattet, die jedoch gemäß dem § 90 StPO abgelegt worden sei.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Klagsabweisung. Er bestritt die Parteifähigkeit der klagenden Partei und deren Aktivlegitimation; er habe nämlich mit der S-Warenhandels-AG und nicht mit deren Grazer Zweigniederlassung (der klagenden Partei) den Arbeitsvertrag abgeschlossen. Er habe seine Vertragspflichten erfüllt; ein allfälliger Inventurabgang sei nicht auf sein Verschulden zurückzuführen. Soweit der Arbeitsvertrag gegen Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes verstoße, sei er unwirksam; die Klageforderung sei "rechts- und sittenwidrig".

Die klagende Partei brachte dazu vor, sie sei im Handelsregister des LGZ Graz eingetragen und sei eine juristische Person. Der Arbeitsvertrag sei mit ihr abgeschlossen worden.

Das Erstgericht, das das Verfahren auf den Grund des Anspruches beschränkt hatte, erkannte mit Zwischenurteil den Anspruch des Klägers "auf Ersatz des Inventurabganges der Filiale P für die Zeit vom 5. Juni 1978 bis 2. November 1978, soweit er den positiven Schaden betrifft, als dem Gründe nach zu Recht bestehend".

Es stellte fest, bei der ersten Kontrollinventur der Filiale P am 6. Oktober 1978 und einer weiteren "Blitzinventur" am 2. November 1978 habe sich ein Manko von 147 435 S, das sind 7.3% des erzielten Umsatzes ergeben. Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt habe in bezug auf die von der klagenden Partei gegen den Beklagten erstattete Strafanzeige die Erklärung abgegeben, daß zur Verfolgung des Beklagten wegen § 133 Abs. 1 und 2 StGB gemäß § 90 StPO kein Grund gefunden werde.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß bei Vorliegen eines Mankos der Arbeitgeber die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers prima facie zu beweisen habe. Ein solcher Beweis sei dann erbracht, wenn das Manko den Umständen nach nur durch ein Versehen des Arbeitnehmers entstanden sein könne. Dieser Beweis sei der klagenden Partei im Hinblick auf die sich aus dem Strafakt ergebende "Berechnung des Inventurabganges", der vom Beklagten nicht bestritten werde, gelungen. Der Beklagte habe nicht konkret behauptet, aus welchem Grund er an der Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Leitung der Filiale verhindert worden sei (§ 1298 ABGB). Der Einwand der Sittenwidrigkeit und des Verstoßes der Haftungsvereinbarung gegen die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes sei nicht berechtigt. Dem Beklagten falle nur leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 DHG zur Last, die sich jedoch bereits der dem Beklagten nicht nachweisbaren groben Fahrlässigkeit deshalb nähere, weil im Hinblick auf die Ausbildung des Beklagten als Kaufmann und unter Berücksichtigung des angemessenen Entgelts von 8080 S, 14 mal jährlich, von ihm eine ordnungsgemäße Leitung der Filiale P hätte erwartet werden können. Aus diesen Gründen sei eine Mäßigung des Schadenersatzes nicht möglich.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück. Es vertrat im wesentlichen die Auffassung, das Erstgericht habe infolge einer unrichtigen Rechtsansicht die für die rechtliche Beurteilung der Streitsache erforderlichen Feststellungen nicht getroffen. Die Berechtigung des Klagebegehrens setze ein Verschulden des Beklagten an dem Inventarabgang voraus, weil die Vereinbarung einer vom Verschulden unabhängigen Mankohaftung sittenwidrig sei. Der Beklagte hafte daher ohne Rücksicht auf die diesbezüglich getroffenen Vereinbarungen nur für Verschulden. Er habe jedoch nicht das Fehlen eines Verschuldens an dem Inventarabgang zu beweisen, weil eine Beweislastumkehr im Sinne des § 1298 ABGB den Grundsätzen des Arbeitsrechts im besonderen Maße widerspreche und mit § 2 DHG nicht im Einklang stehe. Im Hinblick auf den nur schwer zu erbringenden Beweis der Nichtschuld genüge vielmehr schon eine an den Umständen des Einzelfalles und der Interessenlage der Parteien zu messende Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Beklagte die Unmöglichkeit der Leistung nicht zu vertreten habe. Ohne Verbreiterung der Entscheidungsbasis durch ein entsprechendes Parteienvorbringen und durch Beweisaufnahmen (einschließlich der vom Erstgericht nicht durchgeführten Vernehmung des Beklagten als Partei) könne weder ein Verschulden des Beklagten noch der Grad eines allfälligen Verschuldens verläßlich beurteilt werden. Hiebei werde auch auf die von Amts wegen zu berücksichtigende, für den Fall der leichten Fahrlässigkeit geltende Ausschlußfrist des § 6 DHG Bedacht zu nehmen sein.

Infolge Rekurses der klagenden Partei hob der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zu dem von den Untergerichten nicht erörterten Einwand der mangelnden Parteifähigkeit und Aktivlegitimation der klagenden Partei ist darauf hinzuweisen, daß eine Aktiengesellschaft unter der Firma ihrer Zweigniederlassung geklagt werden kann. Haupt- und Zweigniederlassungen sind aber nur organisatorische Formen eines einzigen Betriebes; Träger der Rechte und Verbindlichkeiten ist die Gesellschaft, die somit allein Rechtspersönlichkeit besitzt. Schließt eine Zweigniederlassung Geschäfte ab, so wird die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Mangels Rechtspersönlichkeit der Zweigniederlassung ist die Gesellschaft allein Prozeßpartei; die Klage muß immer von der Gesellschaft ausgehen oder gegen sie gerichtet werden, doch ist es zulässig, den Rechtsstreit unter der Firma der Zweigniederlassung zu führen, wenn diese an dem betreffenden Fall beteiligt ist. Prozeßpartei ist aber auch in einem solchen Fall die Gesellschaft (SZ 47/139; EvBl. 1975/209, jeweils mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Schiemer, Handkommentar zum AktG, 111 ff.).

Aus diesen Grundsätzen folgt für den gegenständlichen Fall, daß Prozeßpartei die S-Warenhandels-AG ist, die in zulässiger Weise unter der Firma ihrer Zweigniederlassung Graz geklagt hat, weil diese als für den Beklagten zuständige Organisationsform der Aktiengesellschaft an dem der Klage zugrunde liegenden, den geltend gemachten Schadenersatzanspruch begrundenden Geschehen und an der Erfüllung oder Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden beiderseitigen Rechte und Pflichten beteiligt ist. Aus den dargelegten Grundsätzen folgt aber auch, daß Arbeitgeber des Beklagten die vorgenannte Aktiengesellschaft und somit die klagende Partei ist, wie sich im übrigen auch eindeutig und in Übereinstimmung mit der erörterten Rechtslage aus dem beim Akt erliegenden Arbeitsvertrag ergibt. Die gegen die Parteifähigkeit und die Aktivlegitimation der klagenden Partei erhobenen Einwendungen sind daher verfehlt.

Die klagende Partei bekämpft in ihren Rechtsmittelausführungen die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Vereinbarung einer vom Verschulden unabhängigen Mankohaftung sei sittenwidrig. Dies treffe schon deshalb nicht zu, weil der Beklagte als leitender Angestellter in der Lage gewesen wäre, die Filiale so zu beaufsichtigen, daß ein Manko nicht hätte entstehen können. Berücksichtige man noch sein überdurchschnittliches Gehalt, dann sei es nicht nur nicht unbillig, sondern sogar rechtlich geboten, dem Beklagten eine Haftung für einen jederzeit feststellbaren und vermeidbaren Inventurabgang aufzuerlegen. Im übrigen handle es sich nicht um eine Schlechterfüllung, sondern um eine Nichterfüllung des Arbeitsvertrages, so daß die Beweislastumkehr im Sinne des § 1298 ABGB vorzunehmen sei. Da aber der Beklagte kein konkretes Sachvorbringen erstattet und keinen Beweis dafür angeboten habe, daß er an der Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen verhindert gewesen und der Inventurabgang ohne sein Verschulden entstanden sei, müsse die Haftung des Beklagten dem Gründe nach bejaht werden, ohne daß weitere Beweisaufnahmen erforderlich seien.

Die Vereinbarung einer von einem Verschulden unabhängigen Haftung für ein Kassenmanko oder einen Inventurabgang ist, wie der OGH bezüglich eines Kassenmankos bereits zum Ausdruck gebracht hat, (RdA 1974, 22 mit insoweit zustimmender Anmerkung von Hengstler; in diesem Sinne auch Martinek - Schwarz, AngG[3], 154; Spielbüchler, Arbeitsrecht I, 104), sittenwidrig im Sinne des § 879 ABGB. Eine solche Vereinbarung hat nämlich zur Folge, daß der wirtschaftlich Schwächere eine zum Unternehmerrisiko führende Haftung übernimmt. Hiebei ist zu bedenken, daß es einem Filialleiter zumindest auf die Dauer nicht möglich ist, seine Aufsichts- und Kontrolltätigkeit derart auszuüben, daß Inventurabgänge durch Diebstähle (von seiten der Lieferanten, der Angestellten oder der Kunden) mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Der allein durch Ladendiebstähle entstehende und trotz Anwendung mannigfaltiger Sicherheitsmaßnahmen nicht vermeidbare Schaden ist beträchtlich (s. dazu etwa jüngst Steininger in RZ 1981, 22 ff.). Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wonach dieser für einen Inventurabgang auch ohne Verschulden haftet, widerspräche dem Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft und riefe ein grobes Mißverhältnis zwischen den beiderseitigen Interessen hervor (Koziol - Welser[5] I, 124; EvBl. 1976/9; EvBl. 1974/137 u. v. a.), weil es dem Arbeitnehmer nicht möglich wäre, einen solchen zum Unternehmerrisiko gehörenden Abgang auch bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt und in Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten zu vermeiden (vgl. dazu Schaub, Arbeitsrechtshandbuch[2], 185 f.; Nikisch, Arbeitsrecht[3] I, 191). Dem Berufungsgericht ist darin beizustimmen, daß eine derartige Vereinbarung sittenwidrig und daher unwirksam ist. Der Hinweis der klagenden Partei auf ein überdurchschnittliches Gehalt des Beklagten geht schon allein deshalb fehl, weil weder ein derartiges Gehalt noch ein besonderes Mankogeld behauptet, noch von den Untergerichten festgestellt wurde.

Die Rechtsauffassung der klagenden Partei über die Wirksamkeit der Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Mankohaftung ist aber im vorliegenden Fall auch deshalb verfehlt, weil nach dem allerdings undeutlichen Wortlaut der einen Bestandteil des Arbeitsvertrages bildenden Organisationsrichtlinien der klagenden Partei der Beklagte für die ordnungsgemäße Verwendung der ihm übergebenen Waren und für das Inventar sowie für die vollständige Ablieferung aller ihm anvertrauter Gelder und für jeden Schaden aus seinem schuldhaften Verhalten, insbesondere auch für Fehlbeträge, die sich aus der Kassenabrechnung ergeben, haftet. Da die Organisationsrichtlinien von der klagenden Partei verfaßt wurden, sind diese undeutlichen Bestimmungen gemäß § 915 zweiter Halbsatz ABGB zum Nachteil der klagenden Partei in dem Sinn auszulegen, daß auch die Haftung des Beklagten für einen Inventurabgang ein schuldhaftes Verhalten voraussetzt.

Auf die vom Berufungsgericht und von der Rekurswerberin erörterte Frage der Beweislast für Mankoschäden ist nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens nicht einzugehen. Auf Grund der vom Erstgericht getroffenen, vom Berufungsgericht aber im Hinblick auf seine Rechtsauffassung nicht übernommenen Feststellungen hat die klagende Partei in der Filiale des Beklagten am 6. Oktober 1978 und am 2. November 1978 je eine Inventur vorgenommen; bei diesen Inventuren hat sich ein Manko von 147 435 S ergeben. Sollten diese mit dem Strafakt im wesentlichen übereinstimmenden Feststellungen (nach den darin enthaltenen Angaben eines leitenden Angestellten der klagenden Partei wurde bei der zweiten Inventur ein noch höherer Schaden als bei der ersten festgestellt) richtig sein, dann wäre dem Klageanspruch aus den nachstehenden Erwägungen der Boden entzogen:

Gemäß § 6 DHG erlöschen auf einem minderen Grad des Versehens beruhende Schadenersatz- oder Rückgriffsansprüche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn sie nicht binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden können, gerichtlich geltend gemacht werden. Der in der gegenständlichen Klage geltend gemachte Schadenersatzanspruch bestunde aber nur dann zu Recht, wenn dem Beklagten hinsichtlich des Inventurabganges grobe Fahrlässigkeit anzulasten wäre, weil im Falle einer bloß leichten Fahrlässigkeit der Anspruch der klagenden Partei, wenn man von den oben erwähnten Feststellungen ausgehen könnte, infolge Ablaufes der sechsmonatigen Ausschlußfrist, die von Amts wegen wahrzunehmen ist (Arb. 9257; Dirschmied, DHG, 110), erloschen wäre. Für den Beginn dieser Frist gilt der für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen entwickelte Grundsatz, daß die Frist in Lauf gesetzt wird, sobald der Schaden und die Person des Schädigers bekannt sind; die Kenntnis der Höhe des Schadens ist hiefür nicht erforderlich. Für die gerichtliche Geltendmachung der Ersatzansprüche genügt zwar auch die Abgabe einer Erklärung im Strafverfahren, sich als Privatbeteiligter dem Strafverfahren anzuschließen; die Abgabe einer solchen Erklärung ist aber im vorliegenden Fall nach dem Inhalt des Strafaktes nicht erfolgt. Die klagende Partei hat - immer von den auf dem Inhalt des Strafaktes beruhenden Feststellungen des Erstgerichtes ausgehend - anläßlich ihrer ersten Inventur am 6. Oktober 1978 von dem Inventurabgang und damit vom Schaden erfahren. Da die Klage erst am 12. April 1979 beim Erstgericht eingebracht wurde, war in diesem Zeitpunkt der Anspruch auf der Grundlage der erwähnten Feststellungen und bei Vorliegen bloß leichter Fahrlässigkeit schon erloschen. Daß dem Beklagten grobe Fahrlässigkeit zur Last liege, wurde von der klagenden Partei bisher nicht behauptet. Das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 2 DHG wird aber nicht vermutet, sondern ist von der klagenden Partei (dem Arbeitgeber) zu behaupten und zu beweisen (Arb. 9862, 9257, 8728). Im übrigen ist das Erstgericht von leichter Fahrlässigkeit ausgegangen.

Da somit nach den Ergebnissen des Verfahrens erster Instanz der Ersatzanspruch der klagenden Partei aus den dargelegten Gründen erloschen wäre, hätte sich das Berufungsgericht zunächst mit dieser Frage auseinandersetzen und vor allem die hiefür wesentlichen Feststellungen treffen müssen, ohne daß es auf die allgemeine Frage der Beweislast für Mankoschäden ankäme. Da es dies unterlassen hat, liegen Feststellungsmängel vor, die eine Aufhebung und Rückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht erfordern.

Anmerkung

Z54033

Schlagworte

Arbeitgeber, Beweislast für grobe Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers, Arbeitnehmer, Beweislast für grobe Fahrlässigkeit, Arbeitnehmer, Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Haftung für, Kassenmanko oder Inventurabgang, Dienstnehmer, Beweislast für grobe Fahrlässigkeit, Filialleiter, Aufsichts- und Kontrolltätigkeit, Inventurabgang, Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Haftung, Kassenmanko, Vereinbarung einer verschuldensabhängigen Haftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0040OB00020.81.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19810317_OGH0002_0040OB00020_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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