TE OGH 1981/3/31 10Os21/81

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Veröffentlicht am 31.03.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.März 1981 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hartmann in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. König als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian A und andere wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1 StGB.

und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Christian A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 14.Oktober 1980, GZ. 4 c Vr 1890/79-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die von den Angeklagten Thomas B und Johannes C und von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich Thomas B und Johannes C erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gegen obiges Urteil nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Mirecki, Dr. Trenker und Dr. Jaros sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Christian A und Johannes C werden verworfen.

II. Hingegen wird der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas

B und jener der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich Thomas B und Johannes C) Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Thomas B wegen des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB. (Punkt B des Urteilssatzes) sowie in dem diesen Angeklagten und den Angeklagten Johannes C betreffenden Ausspruch nach § 13 Abs 1 JGG. aufgehoben und im Umfang der Aufhebung 1) in Ansehung des Angeklagten Johannes

C gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Johannes C wird für das ihm (weiterhin) zur Last fallende Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 1 StGB. (Punkte A/1 und 2) nach § 127 Abs 2 StGB. unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB.

zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen a 20 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 15 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt;

2) die Sache in Ansehung des Angeklagten Thomas B (Punkt B) zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückeerwiesen. Der Berufung des Angeklagten Christian A wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 21.April 1962 geborene Fernsehmechanikerlehrling Christian A, der am 20.März 1961 geborene Schüler Thomas B und der am 10.September 1961 geborene Schlosserlehrling Johannes C des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1 StGB. und Thomas B darüber hinaus auch noch des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB. schuldig erkannt, wobei gemäß § 13 Abs 1 JGG. bei allen Angeklagten der Ausspruch über die verwirkte Strafe für eine Probezeit von 3 Jahren vorläufig aufgeschoben wurde. Inhaltlich des Schuldspruchs haben am 8.November 1979 in Unter Tullnerbach A) Christian A, Thomas B und Johannes C versucht, in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB.) nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie 1.) den Geräteschuppen des Johann D nach für sie brauchbarem Werkzeug durchsuchten;

2.) eine Werkzeugkiste der Hanna E öffneten und nach brauchbaren Gegenständen (Werkzeug bzw. Fahrzeugbestandteile) durchsuchten;

B) Thomas B (allein) ein fremdes Gut, nämlich fünf Schlüssel, die er

gefunden hatte, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Dieser Schuldspruch wird von den (drei) Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian A:

Dieser Angeklagte stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde auf die Z. 5, 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO.

In der Mängelrüge behauptet er, das angefochtene Urteil sei undeutlich, unvollständig und mit sich selbst im Widerspruch,bweil es einerseits zum Ausdruck bringe, daß die Angeklagten im Geräteschuppen (Punkt A/1. des Urteilssatzes) nichts Brauchbares fanden, andererseits aber feststelle, im Geräteschuppen (Gartenhütte) seien Gartengeräte vorhanden gewesen, ohne zu begründen, warum die Angeklagten nicht diese Gartengeräte wegnahmen. Mit diesem Vorbringen vermag jedoch der Beschwerdeführer einen (formalen) Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. nicht aufzuzeigen, weil sich aus dem angefochtenen Urteil ohnedies unmißverständlich ergibt (S. 86), daß die Angeklagten auf andere Werkzeuge als Gartengeräte aus waren, und daß demnach letztere für sie nichts Brauchbares darstellten. Die Vollendung der Tat ist daher nach den insoweit klaren und widerspruchsfreien Urteilsannahmen nicht - wie der Beschwerdeführer meint -

mangels Vorsatzes oder deshalb, weil die Angeklagten keine tatnahen Handlungen gesetzt hätten, sondern lediglich aus Zufall (weil kein mitnehmenswertes Werkzeug zu finden war) unterblieben. Der weiters geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. wird vom Beschwerdeführer nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Denn anstatt die im angefochtenen Urteil getroffenen, ausführlich begründeten Tatsachenkonstatierungen (S. 86 f.), wonach die Angeklagten den erwähnten Geräteschuppen (Punkt A/1.) und später auch eine Werkzeugkiste (Punkt A/2.) mit Diebstahlsvorsatz nach für sie brauchbaren Gegenständen durchsucht haben, mit dem darauf angewendeten Gesetz zu vergleichen, reklamiert er - der Sache nach lediglich in unzulässiger und demnach unbeachtlicher Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung bekämpfend - nur andere, für ihn günstigere (vom Erstgericht ausdrücklich abgelehnte) Feststellungen des Inhalts, daß die Tathandlungen nicht zwecks Vornahme von Diebstählen, sondern bloß aus Neugier erfolgt seien.

Rechtliche Beurteilung

Dem Beschwerdeführer kann aber auch nicht gefolgt werden, soweit er unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO. vermeint, auf die abgeurteilten (Diebstahls-)Taten hätte die Bestimmung des § 42 StGB. angewendet werden müssen. Nicht strafwürdig ist eine Tat nur dann, wenn bei ihr die Voraussetzungen des § 42 Abs 1 StGB. kumulativ gegeben sind. Dies trifft im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zu, weil die Schuld der Angeklagten (§ 42 Abs 1 Z. 1 StGB.) nicht als gering beurteilt werden kann; verlangt doch geringe Schuld im Sinne dieser Gesetzesstelle ein erhebliches Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt (vgl. ÖJZ-LSK 1976/379 u.a.). Weder die persönlichen Eigenschaften der Angeklagten noch die Art der Tatbegehung erlauben aber eine solche Annahme. Vielmehr zeigt ihr planmäßiges und zielgerichtetes Zusammenwirken bei zwei hintereinander (zur Nachtzeit) unternommenen Taten eine so erhebliche Intensität des deliktischen Verhaltens, daß nicht mehr gesagt werden kann, es handle sich um einen Fall, der sowohl in Ansehung des Schuldgehalts als auch hinsichtlich der Sozialschädlichkeit und des Störwertes für die Umwelt deutlich unter der Norm liegt (ÖJZ-LSK 1976/346 = EvBl

1977/102). Hiezu kommt noch, daß vorliegend eine Bestrafung der nicht schuldeinsichtigen Angeklagten (vgl. S. 77) bzw. ein Vorgehen nach § 13 Abs 1 JGG. auch geboten ist, um ihnen den Unwert ihres Verhaltens deutlich zu machen und sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 42 Abs 1 Z. 3 StGB.).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johannes C:

Dieser Angeklagte stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde auf die Z. 5, 9 (ohne nähere Differenzierung) und 11 des § 281 Abs 1 StPO., bringt aber keinen der bezeichneten Nichtigkeitsgründe zur gesetzmäßigen Darstellung.

Mit Beziehung auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund unternimmt der Beschwerdeführer nach Inhalt und Zielsetzung seiner bezüglichen Ausführungen - ohne jedoch formale Begründungsmängel aufzeigen zu können, wie sie zur Herstellung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. erforderlich wären - lediglich den im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, die gemäß § 258 Abs 2 StPO. auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse erfolgte, im angefochtenen Urteil im Sinne des § 270 Abs 2 Z. 5

StPO. (in gedrängter Darstellung) auch hinreichend begründete erstgerichtliche Beweiswürdigung zu bekämpfen, wobei er nach Art einer Schuldberufung insbesondere bestrebt ist, den Sinn und die Beweiskraft der Angaben der Angeklagten (vor allem des Angeklagten Christian A) vor der Gendarmerie und der Aussage des Zeugen Herbert F anders zu deuten, als es das Erstgericht (denkrichtig und lebensnah) getan hat.

Die nicht substantiierte (und überdies unzutreffende) Behauptung aber, ausgehend von den urteilsmäßigen Feststellungen sei die Anwendung der zitierten Gesetzesbestimmungen nicht begründet, ist einer sachbezogenen Erörterung überhaupt unzugänglich. Schließlich wird mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe in bezug auf den Beschwerdeführer 'aktenwidrig' den Erschwerungsgrund des Zusammentreffens von zwei Vergehen angenommen, weder der Nichtigkeitsgrund der Z. 5, noch jener der Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO., sondern ein lediglich die Strafbemessung betreffender und als solcher höchstens einen Berufungsgrund abgebender Umstand geltend gemacht.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten A und C waren daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas B:

Den (ihn allein betreffenden) Schuldspruch wegen des Vergehens der Unterschlagung (Punkt B) bekämpft dieser Beschwerdeführer gestützt auf die Z. 5, der Sache nach aber einen Feststellungsmangel im Sinne der Z. 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO. relevierend, zutreffend mit der Argumentation, den Urteilsfeststellungen sei nicht zu entnehmen, ob er sich die gefundenen Schlüssel mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet hat. Dies ist zwar an sich denkbar - und zwar schon dann, wenn der Vorsatz des Täters darauf gerichtet ist, den (allfälligen) Wirtschaftswert der Schlüssel zumindest zeitweilig in sein Vermögen überzuführen (vgl. JBl 1977, 604) - bedarf aber jedenfalls der Klärung durch (entsprechend begründete) Feststellungen, die das - nur die Zueignung konstatierende (vgl. S. 86, 89) - Urteil im vorliegenden Fall gänzlich vermissen läßt. Es liegt daher insoweit eine Nichtigkeit (Z. 9 lit a) vor, zumal die im Urteilsspruch erfolgte Verwendung der verba legalia die bezüglich der subjektiven Tatseite fehlenden konkreten Feststellungen in den Entscheidungsgründen nicht zu ersetzen vermag.

Da somit im aufgezeigten Umfang eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz nicht zu vermeiden ist, war der (begründeten) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B (in diesem Umfang) Folge zu geben.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Gleichfalls begründet ist die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die zutreffend darauf hinweist, daß das angefochtene Urteil an einer Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z. 11 StPO. leidet, weil das Erstgericht die Bestimmung des § 13 JGG. (auch) bei den Angeklagten Thomas B und Johannes C zur Anwendung gebracht hat, die zur Tatzeit das achtzehnte Lebensjahr bereits vollendet hatten so daß insoweit keine Jugendstraftat (§ 1 Z. 3 JGG.) vorlag.

Bei der durch die Teilaufhebung des Ersturteils hinsichtlich des Angeklagten Johannes C notwendig gewordenen Strafbemessung wertete der Oberste Gerichtshof die Wiederholung der strafbaren Handlung als erschwerend, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Alter von unter 21 Jahren und den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist.

Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe und der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Grundsätze (§ 32 StGB.) erachtet der Oberste Gerichtshof die Verhängung einer Geldstrafe für vertretbar, der nach Lage des Falles weder spezial- noch generalpräventive Erwägungen entgegenstehen. Es war sohin gemäß § 37 Abs 1 StGB. an Stelle einer (im § 127 Abs 2 StGB. vorgesehenen) Freiheitsstrafe auf eine Geldstrafe zu erkennen, wobei die Anzahl der verhängten Tagessätze tatschuldangemessen und tätergerecht erscheint. Das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe entspricht der Vorschrift des § 19 Abs 3 StGB.

Hinsichtlich der Höhe des Tagessatzes war von einem Monatseinkommen von 3.000 S auszugehen. Auf dieser Grundlage entspricht ein Tagessatz von 20 S der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Berufungswerbers und seinen persönlichen Verhältnissen. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht kam jedoch schon im Interesse einer spezialpräventiven Effizienz der (an sich geringen) Geldstrafe nicht in Betracht (§ 43 Abs 1 StGB.).

Zur Berufung des Angeklagten Christian A:

Mit dieser strebt der Angeklagte A an Stelle der ihm gewährten

bedingten Verurteilung nach § 13 Abs 1 JGG.

(ersichtlich) die Erteilung einer Ermahnung nach § 12 Abs 2 JGG. an, indes zu Unrecht.

Daß Milderungsgründe übersehen oder Erschwerungsumstände zu Unrecht angenommen worden wären, wird vom Berufungswerber gar nicht behauptet. Angesichts des (bereits im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten erörterten) planmäßigen und zielgerichteten Zusammenwirkens bei zwei hintereinander zur Nachtzeit unternommenen Taten, kann von einem besonders leichten Fall, welcher die Voraussetzung für die bloße Erteilung einer Ermahnung wäre, nicht (mehr) gesprochen werden.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03102

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00021.81.0331.000

Dokumentnummer

JJT_19810331_OGH0002_0100OS00021_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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