TE OGH 1981/5/27 10Os8/80 (10Os74/81)

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Veröffentlicht am 27.05.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie der Richteramtsanwärterin Dr. Reissig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günther A und Wolfgang B wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden (und Berufungen) der Angeklagten (sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft) gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 10. Mai 1979, GZ 12 Vr 684/75-98, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Philipp und Dr. Arko, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stäger, zu Recht erkannt:

Spruch

1. Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil - das im (von Punkt II des Urteilssatzes erfaßten) Schuldspruch wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB (in Verbindung mit § 161 Abs 1 StGB) unberührt bleibt -

in seinem die beiden Angeklagten betreffenden Schuldspruch wegen Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147

Abs 3 StGB (Punkt I) und demzufolge auch im Strafausspruch (zuzüglich des hierauf beruhenden - unrichtig mit 9. Mai 1979 datierten - Beschlusses ON 99 a) sowie in den auf § 369 StPO gestützten Privatbeteiligtenzusprüchen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang dieser Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

2. Im übrigen (siehe den laut Punkt 1 aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruchs) werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.

3. Die Angeklagten werden mit ihren Berufungen und ihren Beschwerden (gegen den obangeführten Beschluß) und ebenso die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

4. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 7. Mai 1937 geborene Fleischhauermeister Günther A und der am 1. Juni 1924 geborene Kaufmann Wolfgang B I./ des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (unter überflüssiger Zitierung auch des Abs 2 der zuletzt angeführten Gesetzesstelle) und II./ 1.) und 2.) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB (in Verbindung mit § 161 Abs 1 StGB) schuldig erkannt. Ihnen liegt zur Last, in Klagenfurt in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der C Fleischwarenindustrie- und Handels-Ges.m.b.H. zu Punkt I./: in der Zeit vom 26. Mai 1976 bis 30. Juni 1976 im bewußten gemeinsamen Zusammenwirken mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, eine größere Anzahl von (im einzelnen namentlich angeführten) Personen durch Täuschung über Tatsachen, und zwar über die Zahlungsfähigkeit der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H.

sowie über ihre persönliche Zahlungswilligkeit, namentlich durch die Hingabe ungedeckter Schecks, zur Lieferung von Schlachtvieh und (in einem Fall) zur Vornahme von Lohnschlächterarbeiten verleitet zu haben, welche diese an ihrem Vermögen um einen insgesamt 100.000 S weit übersteigenden Betrag schädigten, zu Punkt II./ 1.): als Schuldner mehrerer Gläubiger (§ 161 Abs 1 StGB) fahrlässig ab Dezember 1975 die spätestens am 23. Juni 1976 eingetretene Zahlungsunfähigkeit der von ihnen als Geschäftsführer geleiteten C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H. dadurch herbeigeführt zu haben, daß sie dieses Unternehmen ohne entsprechendes Eigenkapital führten, die Produktionseinrichtungen sowie das Filialnetz auf der Basis des Fahrverkaufes unter Einbeziehung der Bundesländer Salzburg und Tirol ohne rechtzeitige Erstellung eines Organisations- und Finanzierungsplanes ausbauten und die Produktion ausweiteten, das Anlagevermögen ausschließlich durch kurzfristige Kredite finanzierten und zwecks Zurückdrängung der Konkurrenz auf dem Absatzmarkt sowie zur Auslastung der Produktionseinrichtungen bei der Unternehmensführung eine 'Dumpingpolitik' betrieben, indem sie am Beschaffungsmarkt für Schlachtvieh höhere als die üblichen Preise boten und im Verkauf die üblichen Marktpreise für Fleischund Wurstwaren unterboten, sowie zu Punkt II./ 2.): ab dem 24. Juni 1976 bis zum 7. Juli 1976 in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H. bzw. in fahrlässiger Unkenntnis deren Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung der Gläubiger dieser Gesellschaft dadurch vereitelt und geschmälert zu haben, daß sie die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragten, neue Schulden eingingen, alte Schulden bezahlten und Fleischwaren abverkauften.

Von dem (darüber hinausgehenden) Anklagevorwurf des Betruges in drei weiteren Fällen sowie der Gläubigerbegünstigung nach § 158 Abs 1 StGB erging gemäß § 259 Z 3 StPO ein Freispruch, der unangefochten blieb.

Die Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten mit (der Sache nach nur) auf § 281 Abs 1, Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden; ferner fechten beide den Zuspruch von Entschädigungsbeträgen an eine Reihe von Privatbeteiligten und der Angeklagte A überdies den ihn betreffenden Strafausspruch mit Berufung an.

I. Vor der Erledigung dieser Rechtsmittel war zunächst zu prüfen, ob das Urteil an jene Privatbeteiligten, die mit ihren Entschädigungsansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden (§ 366 Abs 2 StPO) und bei der Verkündung des Erkenntnisses nicht anwesend waren, hätte zugestellt werden müssen, um die ihnen eingeräumte Frist zur Anmeldung der Berufung (§§ 283 Abs 6, 366 Abs 3 StPO) in Gang zu setzen; die Frage ist zu verneinen. Die in Rede stehende Frist beginnt für alle Anfechtungsberechtigten grundsätzlich ab der Verkündung des Urteils zu laufen (§§ 294 Abs 1, 284 Abs 1 erster Satz;

344; 466 Abs 1; 489 Abs 1 StPO). Davon abweichende Sonderbestimmungen für den Angeklagten (§§ 284 Abs 1 zweiter Satz, 466 Abs 2, 427 Abs 1 und 3, 478 Abs 2 StPO), für den gesetzlichen Vertreter eines jugendlichen Angeklagten (§ 39 Abs 3 JGG) und einen Betroffenen im Verfahren zur Unterbringung nach §§ 21 - 23 StGB (§§ 431 Abs 2, 440 StPO) sowie für die Finanzstrafbehörde (§ 219 Abs 1 FinStrG), nach denen die Anmeldungsfrist im Fall einer Abwesenheit des zum Rechtsmittel Legitimierten bei der Verkündung erst mit seiner Verständigung vom Urteil zu laufen beginnt, betreffen durchwegs bloß solche Verfahrensbeteiligte, denen ein Anfechtungsrecht (auch) in Ansehung der (ausschließlich dem Strafverfahren vorbehaltenen) Entscheidung über den staatlichen Strafanspruch zusteht, aber nicht den Privatbeteiligten, der seine (privatrechtlichen) Ansprüche auch im Zivilrechtsweg geltend zu machen vermag. Für eine (dem Sinn einer Ausnahmsregelung an sich zuwiderlaufende und dementsprechend im allgemeinen schon deshalb nicht gangbare: 'singularia strictissime sunt interpretanda' !) analoge Anwendung derartiger Spezialvorschriften - deren Geltungsumfang in bezug auf Verfahrensbeteiligte, welche die Rechte des Beschuldigten haben und nicht einer ausdrücklich gegenteiligen Anordnung (vgl §§ 40, 41

Abs 3, 42 Abs 2 PresseG, § 3 Abs 3 PornG, § 92 Abs 3 UrhG) unterliegen, hier unerärtert bleiben kann (vgl §§ 8 Abs 2, 9 PrTrG: EvBl 1973/325, § 5 Abs 3 UWG, § 109 Abs 2 KartG, §§ 444 ff StPO: ablehnend RZ 1977/57) - ist folglich in Ansehung des Privatbeteiligten zumindest mit Rücksicht auf seine grundlegend verschiedene Position hinsichtlich seines Anfechtungsinteresses jedenfalls kein Raum. Mit der StPN 1978 ist sohin (offenbar aus eben diesen Erwägungen) zwar (unter anderem) die Rechtsstellung des Privatbeteiligten (auch) durch die Einräumung eines Berufungsrechtes gegen seine Verweisung auf den Zivilrechtsweg verbessert, dabei aber (ebenso wie in § 366 Abs 2 StPO) dem dominierenden Interesse der Prozeßäkonomie im Strafverfahren gegenüber einer absoluten Effizienz des Adhäsionsverfahrens auch insoweit der Vorrang eingeräumt worden, als der im Gesetz vorgesehene Beginn der Anmeldungsfrist für die Berufung mit dem auf die Urteilsverkündung folgenden Tag uneingeschränkt, also gleichermaßen für den Fall seiner Abwesenheit bei der Verkündung sowie des (sohin wie bisher sanktionslosen) Unterbleibens seiner (vorgeschriebenen) ordnungsgemäßen Ladung zur Hauptverhandlung, aufrecht erhalten wurde (§ 284 Abs 1 erster Satz StPO). Die - (auch) im seinerzeitigen (für die Gerichte unverbindlichen) Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 6. Mai 1980, Zl. 480.000/4-II 1/80, JABl 1980 Nr. 13 (der inzwischen in diesem Punkt mit dem weiteren Erlaß vom 13. Jänner 1981, Zl. 480.000/10-II 1/80, JABl 1981 Nr. 8, ohne Erläuterung wieder aufgehoben wurde) vertretene -

Auffassung, zum In-Gang-Setzen der Berufungsfrist für den bei der Urteilsverkündung nicht anwesenden Privatbeteiligten sei die Zustellung einer Urteilsausfertigung an ihn geboten, kann demnach, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, nicht aufrecht erhalten werden.

In Ansehung der vorgenommenen Verweisung von Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg ist das angefochtene Urteil sohin angesichts dessen, daß letztere innerhalb der (nach dem Ablauf von drei Tagen seit der Urteilsverkündung verstrichenen) Anmeldungsfrist keine Berufung ergriffen haben, in Rechtskraft erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

II. Zum Schuldspruch wegen Betruges.

Mit Recht machen beide Beschwerdeführer insoweit einen Feststellungsmangel des Urteils nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO in bezug auf den nach § 146 StGB tatbestandsmäßigen Schädigungsvorsatz geltend.

Das Erstgericht hat im Rahmen der rechtlichen Beurteilung 'zusammenfassend' angenommen, daß die Angeklagten bei der Ausstellung der im Spruch bezeichneten ungedeckten Schecks über rund 1,7 Millionen S für Viehlieferungen und Schlachtarbeit ab dem 26. Mai 1976 mit Rücksicht auf dabei bereits ausständig gewesene andere Scheckzahlungen in Millionenhöhe, insbesondere an die Fleischlieferanten D, E und F, ferner auf mehrfache Mitteilungen des Buchhalters G über die Höhe des laufenden täglichen Defizits der Gesellschaft und schließlich auf die bewußte Unterlassung der nochmaligen Erstellung eines Vermögensstatus, einer Gewinn- und Verlust-Rechnung oder einer Bilanz (nach dem 1. Dezember 1975) das Unterbleiben einer Einlösung der in Rede stehenden Schecks zum gräßten Teil 'ernstlich für möglich hielten', sowie weiters, daß sie sich damit und dementsprechend mit einer Schädigung der Schecknehmer insbesondere im Hinblick darauf abfanden, daß das Stammkapital der Ges.m.b.H. nur 100.000 S betrug und sie persönlich nicht hafteten (S 399

f/III). Selbst wenn man die obigen Urteilsgründe dahin interpretieren wollte, daß das Schöffengericht mit dieser Zusammenfassung der vorausgegangenen wesentlichen Tatsachenfeststellungen, im Zusammenhang gesehen, den dort verwendeten - in Judikatur und Literatur (vgl hiezu nur SSt 36/2, ÖJZ-LSK 1978/142 uva sowie Leukauf-Steininger, StGB2, RN 18 zu § 5) schon unzählige Male als zur Dartuung eines bedingten Vorsatzes für sich allein absolut ungeeignet bezeichneten - Formulierungen, wonach die Beschwerdeführer mit einer Ablehnung des bei der H Landeshypothekenbank in einer Höhe von 10,5 Millionen S beantragten Kredits (bloß) 'rechnen mußten' und sie 'für möglich gehalten haben mußten' (S 385, 399/III), den Charakter beweiswürdigender Erwägungen verliehen und sie (etwa) dahin ergänzt hätte, daß sie tatsächlich mit der Möglichkeit einer Kreditablehnung gerechnet, sich also eine damit verbundene Schädigung der Schecknehmer 'vorgestellt haben und sie für möglich hielten' (vgl S 398/III), fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die zur Annahme eines darauf bezogenen dolus eventualis (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB) unerläßlichen (weiteren) Prämisse. Hienach müßten die Angeklagten die vorerwähnte Kreditablehnung nämlich 'ernstlich' für möglich gehalten und das damit verbundene Risiko demnach als naheliegend angesehen (sowie sich - auch - damit abgefunden) haben (SSt 46/8, EvBl 1976/ 251 uva); eindeutige Konstatierungen in dieser Richtung läßt das angefochtene Urteil jedoch vermissen.

Wohl enthält es bezügliche Andeutungen, wie insbesondere die - insoweit durch den ständigen Gebrauch von Wendungen wie 'wissen mußte', 'muß gerechnet werden', 'rechnen mußte', 'ersehen mußte', 'mußte bewußt sein' (S 366, 381, 385, 388, 389, 398, 399, 407/III), die nur zum Nachweis einer (unbewußten oder bewußten) Fahrlässigkeit ausreichen, allerdings weitgehend entwerteten - Hinweise auf die wiederholt vergeblichen Bemühungen der Beschwerdeführer bei fast allen Kärntner Kreditinstituten um einen Betriebsmittelkredit, um eine Leasing-Bürgschaft und um eine Ausweitung des erschöpften Fakturenzessions-Kredits (S 335, 341, 343, 348, 349, 398-400/III) im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung ihrer Kreditwürdigkeit durch eine gegen den Angeklagten A anhängig gewesene Voruntersuchung wegen Betrugs und Verleitung zur falschen Beweisaussage vor Gericht (S 333, 368, 399/III) sowie durch die ihnen bekannt exorbitant schlechte Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft, die einerseits trotz der in den vorangegangenen fünf Monaten erfolgten Einlösung von Schecks über rund 5,5 Millionen S durch den Angeklagten B aus eigenen Mitteln zur Tatzeit allein an die oben bezeichneten drei Fleischlieferanten noch Schecks über weitere rund 3,9 Millionen S zu begleichen hatte, deren Übernahme B bereits ablehnte (S 355-357, 392/III), und die andererseits täglich ein Defizit von 30.000 bis 70.000 S erwirtschaftete, worauf die Beschwerdeführer durch den Buchhalter G mehrmals hingewiesen worden waren (S 351 f, 378/III). Umgekehrt hat aber das Schöffengericht den Angeklagten wiederum nicht nur mehrfach einen - obgleich bis zur Intervention durch den Landeshauptmann I objektiv durchaus unbegründeten - (echten) Optimismus in bezug auf einen Erfolg ihrer Bemühungen um die Erlangung des 10,5 Millionen-S-Kredits bescheinigt, von dem sie sechs Millionen S, die nach dem (objektiv gleichfalls unrealistischen) 'vorläufigen Finanzplan' des Dkfm J zur Sanierung ausreichen sollten, als Betriebsmittelkredit zur Weiterführung des Unternehmens verwenden wollten, sondern ihnen (darüber hinaus) außerdem wirtschaftliche (bloße) Fehleinschätzungen bei der Beurteilung der Realisierbarkeit des vorerwähnten Finanzplanes sowie der betriebsorganisatorischen Erfordernisse überhaupt und sogar des Wesens sowie der Ausnützbarkeit ihres Fakturenzessions-Kredits zugebilligt und immerhin eingeräumt, daß die Kreditgewährung bei einer (durch eine Nachlässigkeit unterbliebenen) Bekanntgabe des Planes einer kostengünstigen Betriebsstättenverlegung an die entscheidenden Organe unter Umständen tatsächlich möglich gewesen wäre und daß diesfalls der Konkurs vorläufig hätte abgewendet werden können (vgl insbes. S 364 f, 374, 387, 395, 385, 389, 383, 405 f, 382, 386, 366/III).

Ist aber (demnach) nicht klar, ob die Angeklagten wirklich die Möglichkeit einer Kreditablehnung als naheliegend angesehen (und sich auch damit abgefunden) haben, dann entbehrt (unter diesen Umständen) die Annahme, sie hätten bei der inkriminierten Ausstellung von Schecks über rund 1,7 Millionen S, die ebenso wie die bereits fälligen weiteren Schecks über rund 3,9 Millionen S aus dem für Betriebsmittel bestimmten Anteil von sechs Millionen S an dem erhofften Kredit hätten eingelöst werden können - gegenüber den Schecknehmern mit bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt, indem sie 'die Idee der Fleischwerke um jeden Preis, somit auch den der strafbaren Tätigkeit durchführen wollten' (S 381/III), also (mit anderen Worten) im Interesse ihres Wunsches nach einer florierenden Gesellschaft mit dolus eventualis auf dem Rücken der Gläubiger spekulierten, (gleichfalls) einer ausreichenden Tatsachen-Grundlage, die unter diesen Umständen durch den (solcherart substanzlosen) bloßen Gebrauch des Gesetzeswortlauts ('ernstlich für möglich hielten ... und ... sich ... abgefunden haben' - S 400/III) nicht ersetzt werden kann.

Schon dieser Feststellungsmangel zur subjektiven Tatseite des § 146 StGB macht eine Aufhebung des Schuldspruchs wegen Betrugs und demzufolge auch des Strafausspruchs sowie sämtlicher Zusprüche an Privatbeteiligte und Anordnung einer Verfahrenserneuerung in erster Instanz (in diesem Umfang) unvermeidlich, sodaß sich ein Eingehen auf das sonstige, darauf bezogene Vorbringen in den Nichtigkeitsbeschwerden erübrigt. Aufzuheben war außerdem auch der auf dem Strafausspruch beruhende und durch dessen Kassierung seiner Grundlage beraubte Beschluß vom 9. (richtig: 10.) Mai 1979, GZ 12 Vr 684/75-99a, betreffend eine Weisung zur (teilweisen) Schadensgutmachung binnen Jahresfrist, welche schon im Hinblick auf den aufschiebend bedingt an die Rechtskraft des Urteils vom 9.5.1978 (richtig 10.5.1979) geknüpften Beginn dieser Frist nach Aufhebung dieses Urteils in maßgebenden und für die beschlußmäßige Weisung überhaupt unabdingbaren Teile (Schuldspruch wegen Betrugs zuzüglich Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs nach § 43 StGB) nie (mehr) zum Tragen kommen könnte; mit ihren - von Wolfgang B im Rahmen der Berufung erhobenen - jeweiligen Beschwerden gegen diesen Beschluß waren die Angeklagten darauf zu verweisen. III. Zum Schuldspruch wegen fahrlässiger Krida.

Insoweit gehen beide Nichtigkeitsbeschwerden fehl.

Der Angeklagte A versucht unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO an Hand des im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstandes, daß er sich nach der Ablehnung des von ihm (und dem Mitangeklagten B) angestrebten 10,5 Millionen-Schilling-Kredites am 23. Juni 1976 durch die H Landeshypothekenbank in der Folge noch um die Erlangung eines anderen Kredites (in Wien) bemüht hatte, um eine Schädigung der Gläubiger hintanzuhalten, in einer im Ergebnis auf eine unzulässige und demnach unbeachtliche Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Gerichtes hinauslaufenden Art und Weise darzulegen, daß er sich (subjektiv) der Zahlungsunfähigkeit der C Fleischwarenindustrieund Handels Ges.m.b.H., deren Eintritt das Erstgericht spätestens am 23. Juni 1976 annahm (Band III/S 368 d.A), nicht bewußt war; außerdem hält er den am 7. Juli 1976 gestellten Konkursantrag für (noch) rechtzeitig eingebracht.

Damit führt der Angeklagte A aber den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen prozeßordnungsgemäße Darstellung einen Vergleich des festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, nicht gesetzmäßig aus, weil er sich hiebei über die Urteilsfeststellung hinwegsetzt, daß beiden Angeklagten (somit auch dem Beschwerdeführer A) nach Ablehnung des vorerwähnten Kredites durch die H Landeshypothekenbank am 23. Juni 1976 die Zahlungsunfähigkeit der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H. klar war (vgl Band III/S 394 d.A). Im übrigen wäre für einen Schuldspruch nach der Z 2 des § 159 Abs 1 StGB schon die - nach dem Ersturteil in Ansehung beider Angeklagten jedenfalls zu bejahende - fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit ausreichend (vgl Band III/S 407 f d.A). So gesehen ist dem Erstgericht aber auch kein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn es den erst am 7. Juli 1976 gestellten Konkursantrag als verspätet bezeichnet. Dazu kommt noch, daß die beiden Angeklagten nach den Urteilsfeststellungen den in der Z 2 des § 159 Abs 1 StGB umschriebenen Deliktsfall der fahrlässigen Krida keineswegs allein durch die Unterlassung eines rechtzeitigen Antrages auf Eröffnung des Konkurses, sondern auch durch das ihnen zur Last gelegte Eingehen neuer Schulden und Bezahlung alter Schulden in dem hier in Betracht kommenden Zeitraum zwischen dem 24. Juni 1976 und dem 7. Juli 1976

verwirklichten (vgl hiezu Band III/S 369 bis 374 d.A). Ein gegen seinen Schuldspruch wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach der Z 1 des § 159 Abs 1 StGB, begangen durch fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit der C Fleischwarenindustrieund Handels Ges.m.b.H., gerichtetes relevantes Vorbringen läßt sich der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A nicht entnehmen. Desgleichen läßt die Rechtsrüge des Angeklagten B eine gesetzmäßige Ausführung vermissen, soweit darin sein Schuldspruch wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach der Z 2 des § 159 Abs 1 StGB mit dem Argument bekämpft wird, daß zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges. m. b.H.) am 24. Juni 1976 und dem Konkursantrag am 7. Juli 1976 kein allzu großer Zeitraum liege und eine Schmälerung oder Vereitelung der Befriedigung der GLäubiger innerhalb dieses Zeitraums durch Eingehen neuer und Bezahlung alter Schulden nicht eingetreten sei. Denn mit diesem Vorbringen weicht der Angeklagte B von den entgegenstehenden Urteilsfeststellungen (vgl insbesondere Band III/S 369 bis 377 d.A) ab, aus denen hervorgeht, daß durch die im Punkt II./ 2.) des Urteilssatzes angeführten Tathandlungen die Stellung und Beziehung der Gläubiger zueinander zum Nachteil zumindest eines Teils von ihnen verschoben und der allen Gläubigern gemeinsame Befriedigungsfonds in einer dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger im Kridafall widersprechenden Weise verrückt wurde. So wurde etwa durch die im Ersturteil festgestellten (vgl S 370, 371, 373 und 374 d.A) willkürlichen Barzahlungen, die von den beiden Angeklagten auch noch nach dem 23. Juni 1976 an einzelne Gläubiger der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H. geleistet wurden, eine Veränderung des allen GLäubigern dieser Firma zur Verfügung stehenden gemeinsamen Befriedigungsfonds zum Nachteil der nicht auf solche Art bevorzugten Gläubiger bewirkt. Es schlägt aber auch das formell auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit c (richtig: lit a) des § 281 Abs 1 StPO gestützte Beschwerdevorbringen nicht durch, mit dem sich der Angeklagte B gegen seinen Schuldspruch wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach der Z 1 des § 159 Abs 1 StGB durch fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H. wendet. Entgegen seiner Behauptung in der Mängelrüge werden im Ersturteil mit ausreichender Deutlichkeit die Erwägungen des Erstgerichtes dargelegt, die es bestimmten, die Beiziehung des Betriebsberaters Dkfm Helmut J, der erst Ende Mai 1976

seine Tätigkeit aufnahm (Band III/S 360 d.A), als verspätet zu beurteilen (vgl Band III/S 359, 404 und 405 d.A).

Dieser Vorwurf trifft nicht nur den Angeklagten A, der als Mitbegründer der C Fleischwarenindustrieund Handels Ges.m.b.H. schon ab Juni 1975 für dieses Unternehmen als Geschäftsführer verantwortlich war, sondern auch den Angeklagten B, der dort ab dem 1. Dezember 1975 als Geschäftsführer tätig wurde (Band III/S 351 d. A). Von einem nach Auffassung des Angeklagten B dem Ersturteil insoweit anhaftenden Begründungsmangel kann somit keine Rede sein. Den auch für die Zeit nach dem Eintritt des Angeklagten B in die Gesellschaft weiterhin geltenden Vorwurf der mangelnden Eigenkapitalausstattung konnte das Erstgericht vor allem auf das für schlüssig erachtete Gutachten des beigezogenen Buchsachverständigen Prof. Dr. Ernst K (vgl Band II/S 295, 297 und 327 d.A) stützen, wonach die vorerwähnte Ges.m.b.H. bis zur tatsächlich erst am 3. Mai 1976 erfolgten Einzahlung des Stammkapitals von 100.000 S formell überhaupt ohne eigenes Kapital gewirtschaftet hatte. Zur Erlangung der von den beiden Angeklagten in dem Unternehmenszweig der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H.

(Fleischbranche) angestrebten marktbeherrschenden Stellung, die nach den Urteilsfeststellungen im Wege einer 'Dumpingpolitik' erreicht werden sollte, wäre aber entsprechendes Eigenkapital dieser Gesellschaft in der vom Buchsachverständigen für erforderlich gehaltenen Größenordnung von 20 bis 25 Millionen Schilling (vgl Band

II/

S 325 und Band III/S 382 d.A) notwendig gewesen, um die mit einer 'Dumpingpolitik' zwangsläufig verbundenen Verluste abzufangen und so den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Unternehmens innerhalb des Zeitraumes, für den ein Geschäftsverlust bewußt einkalkuliert war, hintanzuhalten (vgl Sachverständigengutachten, Band II/S 325; Urteil, Band III/S 383 d.A). Eine solche Eigenkapitaldecke stand aber der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H. nach den Verfahrensergebnissen und den darauf gestützten Urteilsannahmen niemals zur Verfügung. Die gegenteiligen Behauptungen in der Rechtsrüge des Angeklagten B, die von ausreichendem Eigenkapital des Unternehmens sowie von einem rechtzeitig erstellten Finanzplan ausgeht, stellen sohin keine gesetzmäßige Ausführung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes dar. Schließlich versagt auch das Argument, daß bei Gewährung des (von beiden Beschwerdeführern) angestrebten Kredites in der Höhe von 10,5 Millionen Schilling durch die H Landeshypothekenbank die Zahlungsunfähigkeit der C Fleischwarenindustrie- und Handels Ges.m.b.H.

nicht eingetreten wäre; denn bei der Beurteilung des Sachverhalts ist nicht von einem hypothetischen, sondern vom tatsächlichen Geschehensablauf auszugehen: Dabei beruhte nach den Urteilsfeststellungen schon der Kreditbedarf auf fahrlässiger Geschäftsführung und es hätte überdies bei kaufmännischer Sorgfalt auch die Möglichkeit einer Kreditablehnung einkalkuliert werden müssen.

In diesem Umfang waren daher beide Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.

IV. Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung des (in erster Instanz zu erneuernden) Strafausspruchs zu verweisen.

Anmerkung

E03179

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00008.8.0527.000

Dokumentnummer

JJT_19810527_OGH0002_0100OS00008_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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