TE OGH 1981/7/29 11Os70/81

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Veröffentlicht am 29.07.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juli 1981 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Faseth, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ruiter-Birnbauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf A und andere wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1; (12 und) 15 StGB und anderer Delikte über die vom Angeklagten Rudolf A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. März 1981, GZ 5 d Vr 10.668/79-65, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Stiehl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte Rudolf A habe den ihm laut Punkt A II 1 a und b des Urteilssatzes zur Last fallenden Diebstahl durch Einbruch begangen, ferner in der rechtlichen Beurteilung der ihm zu Punkt A des Urteilssatzes zur Last fallenden Taten (als das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1 und 2 Z 1, 128

Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB) und demgemäß auch in dem ihn betreffenden Strafausspruch aufgehoben und es wird im Umfang dieser Aufhebung gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Rudolf A hat durch die Taten nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches zu A des Urteilssatzes das Vergehen des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128

Abs 1 Z 4 und 15 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm außerdem (weiterhin) zur Last liegende Vergehen der versuchten Täuschung nach den §§ 15, 108 Abs 1 StGB (Punkt B I. des Urteilssatzes) nach dem § 128 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Rudolf A auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem genannten Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua der am 27. September 1954 geborene Bodenmarkierer Rudolf A A/ des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1; (12 und) 15 StGB sowie B/ des Vergehens der versuchten Täuschung nach den §§ 15, 108 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Dem erstbezeichneten Schuldspruch liegt zugrunde, daß Rudolf A in Wien bzw Kaltenleutgeben fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, anderen I. wegzunehmen versuchte, und zwar in Gesellschaft des Mitangeklagten Kurt B als Beteiligten (§ 12 StGB) am 2. Dezember 1979 dem (Autohändler) Helge C vier PKW-Reifen samt Felgen im Wert von ca 2.000 S je Stück und einen Autokühler im Wert von ca 2.000 S, indem sie diese Teile von einem C gehörigen PKW (BMW 3,0) zu demontieren bzw auszubauen versuchten;

II. wegnahm, und zwar in der Nacht zum 10. April 1979 dem Alfred E durch Einbruch a) dessen PKW Marke Ford Taunus 26 M, pol. Kennzeichen W 626.146, im Wert von ca 20.000 S, durch Nachsperre des Türschlosses und Kurzschließen der Zündung;

b) (daraus) einen schwarzen Herrenschirm, ein Kartenset und verschiedenes Autowerkzeug im Gesamtwert von ca 3.000 S mittels Nachsperre des Türschlosses.

Den Schuldspruch wegen Diebstahls bzw Diebstahlsversuches (I und II oben) bekämpft Rudolf A mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Unberechtigt ist zunächst die gegen den unter Punkt A I. gerichtete, aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erhobene Mängelrüge, nach welcher der Beschwerdeführer die Urteilsannahme seiner mit dolus eventualis erfolgten Mitwirkung an dem letztlich infolge Einschreitens einer Polizeistreife mißlungenen Versuch des Diebstahls der vier Reifen samt Felgen und des Autokühlers durch Demontage von dem dem Autohändler Helge C gehörigen PKW (BMW 3,0) - durch Zur-Verfügung-Stellen seines Wagenhebers - für unzureichend begründet hält.

Diese Annahme einer vorsätzlichen Mitwirkung des Beschwerdeführers an diesem Diebstahlsversuch stützte das Schöffengericht auf eine Reihe von Beweisergebnissen, welche die Konstatierung, A habe es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß es sich bei der vom Mitangeklagten B bereits ausführungsnah und in Anwesenheit des Angeklagten A, unter Einsatz von dessen Wagenheber versuchten Demontage von Fahrzeugbestandteilen um einen diebischen Zugriff handle, indizierten.

So vor allem darauf, daß der mittels des vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Wagenhebers vom Angeklagten B hochgehobene PKW (BMW 3,0) keine Kennzeichentafeln mehr aufwies, weiters daß (der geständige) Angeklagte Kurt B und der (einschlägig schon mehrmals vorbestrafte) Angeklagte A seit längerem befreundet waren und es daher sehr unwahrscheinlich wäre, wenn zwischen ihnen über den auszuführenden Diebstahl nicht gesprochen wurde, schließlich auch noch darauf, daß nach den in Verbindung mit der Zeugenaussage des Gruppeninspektors Alexander F (S 282) für glaubwürdig befundenen Angaben des Angeklagten B bei der Polizei (S 31 oben) sich A 'ja hätte denken können', daß ein Diebstahl vorlag, insgesamt mithin auf Beweisergebnisse, die dem Schöffengericht, wie in der Urteilsbegründung auch dargetan wird (S 326, 327), unter Berücksichtigung des von den beiden Angeklagten in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruckes, die Überzeugung von einer den Voraussetzungen des § 5 Abs 1 StGB entsprechenden Mitwirkung (§ 127 Abs 2 Z 1 StGB) des Angeklagten A beim Diebstahlsversuch zum Nachteil des Helge C verschafften (§ 258 Abs 2 StPO).

In der Bezugnahme auf diese Beweisumstände findet die bekämpfte Urteilsannahme eine den allgemeinen Lebenserfahrungen und den forensischen Erfahrungen im besonderen entsprechende (aktenkonforme) zureichende - und folglich mängelfreie - Begründung. Im Ergebnis laufen die nach Art einer Schuldberufung den Freispruch des Angeklagten 'in dubio pro reo' reklamierenden Beschwerdeausführungen bloß auf eine im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hinaus.

Insoweit war daher im Sinn der Ausführungen der Generalprokuratur

der Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg zu versagen.

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1

StPO wendet sich der Angeklagte Rudolf A - bezogen auf das Diebstahlsfaktum A II. - gegen die Annahme der Wertqualifikation nach dem § 128 Abs 1 Z 4 StGB und der Einbruchseignung dieses Diebstahls aus dem Grunde des § 129 Z 1 StGB.

Dem ersten Einwand ist folgendes entgegenzuhalten:

Wenn es auch richtig ist, daß im Sinn der vom Beschwerdeführer bezogenen - zutreffenden - Ausführungen bei Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 39 zu § 127

und der dort zitierten Judikatur zum StGB (vgl auch Kienapfel, BT II, RN 161 und Bertel im Wiener Kommentar, RN 46, jeweils zu § 127 StGB) in dem nach den Urteilsfeststellungen auch hier in Rede stehenden Fall der erfolgten Verbringung eines Kraftfahrzeuges, um daraus - wie auch hier, beim Faktum A II. des Urteilssatzes, geschehen - an geeigneter Stelle bestimmte Bestandteile des Fahrzeuges auszubauen und zu behalten sowie sich im Fahrzeug verwahrte Gegenstände zuzueignen, der Täter jedoch nicht beabsichtigt, das Fahrzeug selbst, als Ganzes, zu stehlen, sondern vielmehr das demontierte Wrack zurückzulassen (vgl S 103), nur bezüglich der tatsächlich abmontierten bzw entnommenen Gegenstände Diebstahl anzunehmen ist, wogegen der Täter im übrigen, wenn er das ausgeschlachtete Fahrzeug verschwinden lassen will, hinsichtlich des Fahrzeugs dauernde Sachentziehung nach dem § 135 StGB - unter Umständen Sachbeschädigung (§ 125 StGB) oder unbefugten Fahrzeuggebrauch nach dem § 136 StGB - zu verantworten hat, so ist damit vorliegend für den Angeklagten A im Ergebnis nichts zu gewinnen: Nach den Urteilsfeststellungen verbrachte er nämlich den PKW Ford Taunus 26 M des Alfred E (zwecks Ausschlachtens) vom 23. Wiener Gemeindebezirk in die Nähe eines Steinbruches bei Kaltenleutgeben, weil er zahlreiche Bestandteile für seinen eigenen PKW (gleicher Type) 'benötigte'. In Ausführung dieses Vorhabens montierte er vom Fahrzeug E zunächst die vier Räder und in der Folge den Motor und das Getriebe (laut S 87 a verso außerdem noch die vorderen Kotflügel, die Motorhaube und Konsole) aus und in seinen PKW ein und eignete sich schließlich sämtliche verwertbaren Gegenstände aus dem PKW, dessen 'Rest' er im Wald zurückließ, an. Damit erstreckte sich aber der vom Beschwerdeführer bei der Bekämpfung der Wertqualifikation nach dem § 128 Abs 1 Z 4 StGB relevierte Bereicherungsvorsatz ohnedies ersichtlich im wesentlichen auf den gesamten wirtschaftlichen Wert des Kraftfahrzeuges, einschließlich dessen Inhalts, zumindest aber - wie dies auch die vom Angeklagten A an den Fahrzeugeigentümer E geleistete Schadensgutmachung in der Höhe von 13.000 S zeigt (siehe S 291

und Beilage 1 zu ON 58) - auf Sachen in einem schon allein beim Faktum A II. a 5.000 S unzweifelhaft übersteigenden Wert. Zu einem Wegfall der diesbezüglichen Wertqualifikation (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB) käme es daher auch nicht bei der vom Beschwerdeführer angestrebten getrennten Beurteilung der Tat, nämlich teils als Diebstahl (in Ansehung wesentlicher Teile des PKW und der darin verwahrt gewesenen Gegenstände), teils als das Vergehen der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 StGB (in Ansehung des ausgeschlachteten PKWs), bzw eines unbefugten Fahrzeuggebrauches nach dem § 136 StGB, wobei sich ein solcher Schuldspruch wegen zweier Tatbestände gegenüber dem laut Ersturteil bloß wegen Diebstahls erfolgten, auch was die Unrechtsfolgen betrifft, nicht zugunsten des Beschwerdeführers auswirken könnte. Dies ist aber für die wirksame Geltendmachung des in Rede stehenden Nichtigkeitsgrundes erforderlich (vgl Pkt 4 a zu § 282 StPO bei Mayerhofer-Rieder; 13 Os 137/79).

Wie die Generalprokuratur zutreffend darlegte, erweist sich mithin die Rechtsrüge insoweit als nicht zielführend.

Im Recht ist jedoch der Beschwerdeführer, soweit er sich gegen die Beurteilung der zu Punkt A II. des Urteilssatzes bezeichneten Diebstahlstat als Einbruchsdiebstahl im Sinne des § 129 Z 1 StGB wendet.

Nach den Urteilsfeststellungen öffnete der Angeklagte A das Türschloß des PKW des Alfred E durch Nachsperre mit dem zufällig passenden Schlüssel seines PKW gleicher Type, und bei der Verbringung des fremden PKW startete er diesen durch Kurzschließen der Zündung (S 322).

Beide Begehungsarten wurden vom Erstgericht rechtsirrig als Verbrechenseignung des Diebstahls im Sinne des § 129 Z 1 StGB beurteilt: Ein zufällig passender Schlüssel ist nämlich kein nachgemachter Schlüssel im Sinne dieser Gesetzesstelle (SSt 48/37, /verst. Senat/), und die Umgehung des Zündschlosses durch Kurzschließen (der Zündkabel) erfüllt auch nicht die Voraussetzungen der Überwindung einer Sperrvorrichtung im Sinn des § 129 Z 3 StGB (ZVR 1979/ 87 = RZ 1978/142).

Mithin war der Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge zu geben und - auch in diesem Punkt der Ansicht der Generalprokuratur folgend - die Qualifikation des § 129 Z 1 StGB auszuschalten.

Bei der sohin (in Ansehung des Rechtsmittelwerbers) notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe übernahm der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe, ergänzte diese jedoch durch die zweifache Diebstahlsqualifikation als weiteren Erschwerungsgrund. Bei Abwägung der für und wider den Angeklagten sprechenden Umstände erscheint eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten dem Unrechtsgehalt seiner Tathandlungen und seiner Schuld angemessen.

Mit seiner durch die Strafneubemessung gegenstandslos gewordenen Berufung war Rudolf A auf diese Entscheidung zu verweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03281

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00070.81.0729.000

Dokumentnummer

JJT_19810729_OGH0002_0110OS00070_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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