TE OGH 1982/4/15 13Os43/82

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Veröffentlicht am 15.04.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.April 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pribitzer als Schriftführers in der Strafsache gegen Felix A wegen des Vergehens des Verstrickungsbruchs nach § 271 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten vom 12.Juni 1981, GZ. 17 E Vr 420/81-8, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten vom 12.Juni 1981, GZ. 17 E Vr 420/81-8, verletzt, soweit Felix A des Vergehens des Verstrickungsbruchs nach § 271 Abs. 1

StGB schuldig erkannt, über ihn eine Geldstrafe verhängt und er in den Kostenersatz verfällt wurde, das Gesetz im § 57 Abs. 2 und 3 StGB Dieses Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, wird im Schuldspruch sowie im Strafund Kostenausspruch aufgehoben; ebenso werden alle auf den bezeichneten Aussprüchen beruhenden Beschlüsse und Verfügungen aufgehoben und es wird gemäß §§ 288 Abs. 2 Z. 3, 292 StPO in der Sache selbst erkannt:

Felix A wird von der Anklage, am 1.September 1979

in Maria Anzbach als Schuldner dadurch, daß er ein zu 1 E 658/79 des Bezirksgerichts Neulengbach gepfändetes Reitpferd (Bleistiftwert 22.000 S) und einen Sattel mit Zaumzeug (Bleistiftwert 6.000 S) in den Reitstall Mauerbach verbrachte, einen Bestandteil seines Vermögens beiseite geschafft, dadurch die Befriedigung seiner Gläubigerin Herta B in dem anhängigen Zwangsvollstreckungsverfahren geschmälert und hiedurch das Vergehen der Vollstreckungsvereitelung nach § 162 Abs. 1 und 2 StGB begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Infolge Antrags der Staatsanwaltschaft St. Pölten vom 10.Dezember 1980 auf verantwortliche Abhörung des Felix A gemäß § 38 Abs. 3 StPO wegen des Verdachts des Vergehens nach §§ 15, 162 Abs. 1 und 2 StGB, begangen durch Verbringen eines am 13.Juni 1979 zu 1 E 658/79 des Bezirksgerichts Neulengbach gepfändeten Reitpferds (Bleistiftwert 22.000 S) und eines mitgepfändeten Sattels mit Zaumzeug (Bleistiftwert 6.000 S) aus dem Reitstall Tannenhof in Maria Anzbach in einen Reitstall nach Mauerbach, ersuchte das Bezirksgericht Neulengbach am 15.Dezember 1980 das Landesgericht für Strafsachen Wien als Rechtshilfegericht um diese Vernehmung. Dem Ersuchen wurde entsprochen und in der Folge wurden auch noch weitere Erhebungen durchgeführt. Am 19.Februar 1981 stellte die Staatsanwaltschaft St. Pölten gegen Felix A einen Strafantrag, in dem sie ihm neben dem vorerwähnten Vergehen auch dasjenige nach § 288 Abs. 1 StGB zur Last legte; er habe in dem von seiner Gattin wegen der Pfandgegenstände geführten Exszindierungsprozeß am 4.Juni 1980

vor dem Bezirksgericht Neulengbach (AZ. C 80/80) als Zeuge falsch ausgesagt.

Mit dem vorerst in einem Protokolls- und Urteilsvermerk beurkundeten, unangefochtenen in Rechtskraft erwachsenen, in der Folge gemäß § 595 Abs. 1 Geo. ausgefertigten Urteil des Einzelrichters vom 12.Juni 1981, GZ. 17 E Vr 420/81-8, wurde Felix A des am 1.September 1979 begangenen Vergehens des Verstrickungsbruchs nach § 271 Abs. 1

StGB (Verbringung der Pfandgegenstände) schuldig erkannt, hiefür zu einer Geldstrafe und zum Kostenersatz verurteilt.

Vom weiteren Anklagevorwurf wurde er freigesprochen. Die Geldstrafe ist zum Teil bezahlt worden.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 57 Abs. 2 StGB erlischt die Strafbarkeit aller nicht mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlungen durch Verjährung, wobei die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gemäß § 57 Abs. 3 StGB beträgt u.a. die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Hieraus folgt, daß die Verjährungsfrist für das am 1.September 1979 verübte Vergehen nach § 271 StGB, das mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht ist, mit 2.September 1979 (0 Uhr) begonnen und bereits mit Ablauf des 1.September 1980 geendet hat (siehe LSK. 1978/163 bei § 57 StGB). Ein Grund für eine Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 58 StGB) ist nicht aktenkundig. Die Verurteilung des Felix A trotz der erst am 15.Dezember 1980

eingetretenen Gerichtshängigkeit verletzt daher nicht nur das Gesetz im § 57 Abs. 2 und 3 StGB, sondern ist - über die schlichte Gesetzesverletzung hinaus - zum Nachteil des Angeklagten gemäß § 468 Abs. 1 Z. 4 (§§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b, 489 Abs. 1) StPO nichtig. Die Verjährung ist ein Strafaufhebungsgrund; § 57 StGB ist als 'Verjährung der Strafbarkeit' rubriziert und § 57 Abs. 2 StGB spricht davon, daß 'die Strafbarkeit erlischt'. Es sei darum klargestellt, daß die Nichtigkeit (Gesetzesverletzung) nicht nur den Schuldspruch, sondern alle Unrechtsfolgen, d.i. die ganze Verurteilung, bestehend aus Schuldspruch, Strafausspruch und Verfällung in den Kostenersatz, ergreift.

An den Verjährungsvorschriften war lediglich der dem Schuldspruch unterlegte Vergehenstatbestand des § 271 StGB zu messen, nicht das auf der Grundlage des nämlichen Sachverhalts angeklagte Vergehen nach § 162 Abs. 2 StGB;

dieses Delikt verjährt zwar erst nach fünf Jahren, ist aber mit dem Eintritt der Urteilsrechtskraft aus dem Zusammenhang der rechtlichen Würdigung endgültig ausgeschieden. Dessen ungeachtet war gemäß § 259 StPO (Einleitungssatz) 'von der Anklage', also vom Vorwurf des Vergehens nach § 162 Abs. 2 StGB, freizusprechen.

Der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Beschwerde war sonach stattzugeben und gemäß § 292 StPO wie eingangs zu erkennen.

Anmerkung

E03639

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00043.82.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19820415_OGH0002_0130OS00043_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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