TE OGH 1982/5/5 1Ob791/81

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Veröffentlicht am 05.05.1982
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Norm

ABGB §932
ABGB §1167
ABGB §1168a

Kopf

SZ 55/67

Spruch

Der Verbesserungsanspruch als fortwirkender Erfüllungsanspruch ist am Erfüllungsort der Vertragsleistung zu erfüllen. Bei schuldhaftem Verzug des Unternehmers mit der Verbesserung steht dem Besteller ein Anspruch auf Ersatz der Mängelbehebungskosten zu. Für das Ausmaß dieser Kosten ist sodann an die Verhältnisse des Ortes anzuknüpfen, an dem der Besteller seinen Wohnort hat, da im Regelfall die Reparatur dort erfolgen wird

Hat der Unternehmer den Besteller gewarnt (§ 1168a ABGB) und besteht dieser auf Ausführung des Werkes, trägt die Gefahr des Mißlingens des Werkes der Besteller

OGH 5. Mai 1982, 1 Ob 791/81 (OLG Wien 15 R 108/81; LG Eisenstadt 1 Cg 15/79)

Text

Der in der Bundesrepublik Deutschland wohnende Kläger erteilte der beklagten Partei, die ihren Sitz im Burgenland hat, am 21. April 1977 den Auftrag zur Behebung von Unfallschäden an seinem Kraftfahrzeug, insbesondere zur Ausrichtung der linken hinteren Seitenwand, Erneuerung des Heckbleches und des Kofferraumdeckels, Erneuerung und Einschweißung der rechten hinteren Wagentüre, Erneuerung des Kühlerschlauchs, des Auspufftopfes, des Benzintanks und Überprüfung der hinteren Spur; ferner bestellte der Kläger eine komplette Neulackierung des Fahrzeugs, ohne daß allerdings vom Rost befallene Teile des Fahrzeugs durch Neuteile ersetzt werden sollten. Der Zeitwert des Fahrzeuges betrug im April 1977 3000 DM. Die Reparaturarbeiten wurden von der beklagten Partei im Mai 1977 beendet, die Reparaturkosten in Höhe von 63 798.25 S wurden vom Kläger bezahlt. Kurze Zeit nach der Reparatur stellte der Kläger fest, daß die Lackierung mangelhaft und der Kraftstoffbehälter durch unsachgemäßen Einbau beschädigt war. Am 29. 12. 1977 rügte der Kläger aufgetretene Mängel, worauf die beklagte Partei am 3. 1. 1978 Mängelbehebungsarbeiten, insbesondere Ausbesserungsarbeiten an der Lackierung, vornahm. Wegen weiterer vom Kläger behaupteter Mängel kam es nach Behebungsversuchen im März 1978 zu keiner Einigung zwischen den Streitteilen. Der Kläger ließ am 4. 9. 1978 ein schriftliches Gutachten über die aufgetretenen Mängel durch das Ingenieurbüro Z & Partner erstellen. Dieses Gutachten war Grundlage einer Besprechung zwischen den Streitteilen am 27. 9. 1978; die Mängelliste wurde durchgegangen und jene Mängel, die die beklagte Partei anerkannte, angehakt. Eine Vereinbarung über die Mängelbehebung kam jedoch nicht zustande. Die beklagte Partei bot dem Kläger am 5. 10. 1978 eine "Abfindung" in Höhe von 5000 S an, womit der Kläger nicht einverstanden war. Am 27. 11. 1978 ließ der Kläger sein Fahrzeug von der deutschen Fiat AG Heilbronn untersuchen; dabei wurde festgestellt, daß das Fahrzeug ursprünglich mit einer Thermoplastik-Lackierung versehen war, auf die von der beklagten Partei ein Kunstharzlack aufgebracht worden war. Nach dem Kostenvoranschlag der deutschen Fiat AG betrugen die Kosten einer sach- und fachgerechten Neulackierung des Fahrzeuges im Zeitpunkt der Erstellung des Kostenvoranschlages 5100 DM. Der deutsche Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein eV nahm am 31. 8. 1979 über Auftrag des Erstgerichtes eine Überprüfung des Fahrzeuges vor und stellte eine Reihe von Mängeln fest.

Der Kläger begehrt den mit 65 184 S bezifferten Gegenwert von 9189.60 DM und brachte vor, daß die beklagte Partei die in Auftrag gegebenen Reparaturarbeiten am Fahrzeug mangelhaft ausgeführt habe und diverse Verbesserungsversuche fruchtlos geblieben seien, sodaß er berechtigt sei, die zur Behebung der verbliebenen Mängel an seinem Wohnort erforderlichen Kosten in der Höhe des Klagsbetrages zu begehren. Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens.

Der Erstrichter erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger den Betrag von 17 877 S samt Anhang zu bezahlen; das Mehrbegehren auf Zahlung von 47 307 S samt Anhang wies er ab.

Der Erstrichter stellte fest: Auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Helmut W habe die beklagte Partei Mängel zu vertreten, deren Behebung einen Aufwand von 1357 S erfordere. Die von der beklagten Partei durchgeführten Lackierungsarbeiten seien außerdem nicht fachgerecht ausgeführt; schon die Grundarbeit sei nicht ordentlich erfolgt. Die sachgerechte Ganzlackierung des Fahrzeuges erfordere einen Kostenaufwand von 16 520 S. Auch bei einer sachgerecht durchgeführten Ganzlackierung des Fahrzeuges wäre im Hinblick auf die im April 1977 vorhanden gewesenen Roststellen am PKW kein Erfolg gewährleistet gewesen, es sei denn, daß diverse Blechteile vor der Lackierung erneuert worden wären. Bei Auftragserteilung sei der Kläger aber darauf hingewiesen worden, daß eine Nachlackierung des gesamten Fahrzeuges infolge der vorhandenen Rostschäden nicht unbedingt haltbar sein werde, weil trotz bester Grundarbeit die bereits vorhandenen Rostschäden unter der Neulackierung wieder hervorkommen würden.

Das Berufungsgericht gab der gegen den das Klagebegehren abweisenden Teil des Ersturteils erhobenen Berufung des Klägers Folge, hob das Urteil in diesem Umfang auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß das Verfahren in erster Instanz erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Dir Berechtigung des Klagebegehrens sei nach österreichischem Recht zu beurteilen. Ein Schadenersatzanspruch stehe dem Kläger nicht zu, weil ein solcher gemäß § 932 ABGB nur bei Mängelfolgeschäden anzuerkennen sei, nicht aber auch für jene Mängel, die der Sache selbst anhaften. Der Anspruch könne aber nach Gewährleistungsrecht begrundet sein. Die Gewährleistungsfrist sei im Hinblick auf die Verbesserungsversuche der beklagten Partei und die zwischen den Streitteilen gepflogenen Verhandlungen im Zeitpunkt der Klagserhebung noch nicht verstrichen gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung könne der Unternehmer, der sich weigere, die Verbesserung durchzuführen, auf das zur Ausführung der Arbeiten notwendige Deckungskapital geklagt werden. In Anlehnung an schadenersatzrechtliche Grundsätze komme es dabei auf die Verhältnisse jenes Ortes an, zu dem der Kläger die engste Beziehung habe, normalerweise demnach auf seinen Wohnort. Dem Kläger könne nicht zugemutet werden, zur Mängelbehebung wieder die Rückreise an den Ort des Vertragsschlusses anzutreten. Es stunden ihm daher die Kosten des Deckungskapitals nach den Verhältnissen an seinem Wohnsitz, wo sich das Fahrzeug befinde, zu. Zu klären sei freilich noch, welche Mängel die beklagte Partei zu vertreten habe, weil der Erstrichter sowohl das Gutachten des deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs-Vereins eV als auch jenes des Sachverständigen Helmut W seinen Feststellungen zugrunde gelegt habe, aber nicht erkennbar sei, ob beide Sachverständigen zum selben Ergebnis gelangten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die beklagte Partei führt nur aus, die am Fahrzeug des Klägers aufgetretenen Mängel hätten von ihr nicht behoben werden können, weil der Kläger sein Fahrzeug nicht zur Verfügung gestellt habe. Es könnten ihm dann aber auch nur jene Mängelbehebungskosten zuerkannt werden, die bei der Reparatur in der Werkstätte der beklagten Partei aufgelaufen wären. Sie übersieht hiebei aber, daß sie die Behebung der anläßlich der Unterredung vom 27. 9. 1978 festgestellten Mängel verweigert und dem Kläger lediglich eine "Abfindung" in Höhe von 5000 S angeboten hat. Es hat dann aber entgegen den Rekursausführungen nicht der Kläger die von der beklagten Partei angebotene Mängelbehebung vereitelt, vielmehr befindet sich die beklagte Partei mit der Behebung allenfalls von ihr zu vertretender Mängel in Verzug. Im österreichischen Recht fehlt zwar eine spezielle Bestimmung im Bereich der Normen über die Gewährleistung darüber, was rechtens sein soll, wenn der Unternehmer mit der Erfüllung des Verbesserungsanspruches in Verzug gerät. Der OGH vertritt aber in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß bei schuldhaftem Verzug des Unternehmers mit der Verbesserung vorhandener behebbarer Mängel dem Besteller ein Anspruch auf Ersatz der Mängelbehebungskosten zusteht (EvBl. 1981/59; SZ 49/66; JBl. 1972, 205 ua.). Soweit der Besteller das positive Vertragsinteresse fordert, kann er dies aber nur, wenn er teilweise vom Vertrag zurücktritt; im Begehren auf das Erfüllungsinteresse ist der Rücktritt enthalten (Welser, JBl. 1976, 133; Gschnitzer in Klang Komm.[2] IV/1, 539; Bydlinski in Klang Komm.[2] IV/2, 153).

Zu prüfen ist noch, ob der Anspruch auf Ersatz der konkreten Aufwendungen nach den Verhältnissen am Erfüllungsort des Werkvertrages oder aber nach dem Wohnsitz des Klägers, wo sich das Fahrzeug befindet, zu beurteilen ist. Der Verbesserungsanspruch als fortwirkender Erfüllungsanspruch (EvBl. 1981/59; SZ 49/66; JBl. 1976, 537; Bydlinski aaO 153; Koziol - Welser[5] I 215) ist am Erfüllungsort der Vertragsleistung zu erfüllen (Welser, JBl. 1979, 456; Fenyves in Krejci, Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz 377). Verlangte der Kläger Verbesserung, mußte er sein Fahrzeug zu diesem Zweck an den Sitz der geschäftlichen Niederlassung der beklagten Partei als den Erfüllungsort des Werkvertrages (§ 905 ABGB) überstellen. Wegen des Verbesserungsverzugs der beklagten Partei ist der Kläger aber vom Vertrag (durch Erhebung des Begehrens auf Ersatz der Mängelbehebungskosten) teilweise zurückgetreten. Damit hat aber auch der das Schuldverhältnis beherrschende Erfüllungsort seine Bedeutung für den Schadenersatzanspruch verloren. Es ist dann für das Ausmaß des Schadenersatzanspruches an die Verhältnisse jenes Ortes anzuknüpfen, an dem der Kläger seinen Wohnort hat, zumal davon ausgegangen werden kann, daß der Kläger dort die Reparatur vornehmen lassen wird (8 Ob 194/74; in diesem Sinne SZ 49/37; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht[2] I 201).

Zur in Anspruch genommenen Haftung der beklagten Partei für die aufgetretenen Lackschäden ist davon auszugehen, daß der Kläger von der beklagten Partei darauf hingewiesen wurde, eine Nachlackierung des gesamten Fahrzeuges sei infolge der vorhandenen Roststellen nicht unbedingt haltbar, weil auch bei bester Grundarbeit die bereits vorhandenen Rostschäden unter einer Neulackierung wieder hervorkommen. Der Erstrichter führte im Rahmen der Beweiswürdigung aus, die Aussage des Zeugen Peter K sei insofern bemerkenswert, als der Kläger darauf hingewiesen wurde, daß ein einwandfreier Erfolg bei der Neulackierung nur dann zu erzielen sei, wenn vorher vom Rost befallene Teile des Kraftwagens durch Neuteile ersetzt werden. Diese als Feststellung zu wertende Ausführung steht im engsten Zusammenhang mit der weiteren Feststellung, daß der Kläger den Einbau von Neuteilen nicht gewünscht hat. Gemäß § 1168a ABGB ist der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn das Werk infolge Untauglichkeit des vom Besteller beigestellten Stoffs mißlingt, sofern er den Besteller nicht gewarnt hat. In einem solchen Falle verliert der Unternehmer den Entgeltanspruch und haftet für den eingetretenen Schaden (EvBl. 1982/2; SZ 45/75; Adler - Höller in Klang Komm.[2] V 409). hat der Unternehmer den Besteller aber gewarnt und besteht dieser auf Ausführung des Werkes, so trägt die Gefahr der Verschlechterung oder des Mißlingens des Werkes der Besteller, der wegen dieser Mängel keine Ansprüche, insbesondere keine Gewährleistungsansprüche, erheben kann, wogegen dem Unternehmer der volle Entgeltanspruch gewahrt bleibt (Adler - Höller aaO 409). Im vorliegenden Fall fällt aber dem Unternehmer ein Verschulden zur Last, weil die Neulackierung nicht sachgerecht erfolgte. Die Lackierung der Karosserieoberfläche weist eine Vielzahl von Rissen auf, was nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Helmut W darauf zurückzuführen ist, daß die Originallackierung nicht ordentlich abgebeizt bzw. nicht ordentlich (bis zum Blech) abgeschliffen wurde, wodurch der Thermoplastuntergrund zu arbeiten begonnen hat. Die Fiat AG vertrat in Ihrem Kostenvoranschlag den Standpunkt, daß die Aufbringung einer Kunstharzlackierung auf dem Thermoplastuntergrund überhaupt fehlerhaft gewesen sei; auf den Originallack dürfe nur mit Thermoplast lackiert werden. Jedenfalls können auch die Lackrisse, die allein auf die nicht fachgerechte Arbeit der beklagten Partei zurückzuführen sind, nur durch eine Neulackierung des Fahrzeuges behoben werden. Die Weigerung des Klägers, einzelne Teile des Fahrzeugs austauschen zu lassen, ist dann aber für das Mißlingen des Werkes nicht kausal, weil bei Austausch der angerosteten Teile zwar nicht die Rostschäden, wegen der an sich mangelhaft durchgeführten Lackierungsarbeit aber Risse aufgetreten wären, die nur durch eine Neulackierung behoben werden können. Demzufolge hat die beklagte Partei aber auch für die Kosten der Neulackierung einzustehen.

Was die übrigen Mängel betrifft, so erachtete das Berufungsgericht noch ergänzende Feststellungen für erforderlich. Da das Berufungsgericht dabei von einer richtigen Rechtsansicht ausging, kann dem der OGH, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten.

Anmerkung

Z55067

Schlagworte

Erfüllungsort für Verbesserungsanspruch, Mängelbehebungskosten bei schuldhaften Verzug entsprechend, Verhältnissen am Wohnort des Bestellers, Verbesserung, schuldhafter Verzug: Mängelbehebungskosten entsprechend, Verhältnissen am Wohnort des Bestellers, Verbesserungsanspruch, Erfüllungsort, Warnpflicht (des Werkunternehmers), Ausführung trotz erfüllter, Werkvertrag, Ausführung trotz erfüllter Warnpflicht, Werkvertrag, Mängelbehebungskosten bei schuldhaftem Verzug entsprechend, Verhältnissen am Wohnort des Bestellers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0010OB00791.81.0505.000

Dokumentnummer

JJT_19820505_OGH0002_0010OB00791_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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