TE OGH 1982/6/8 10Os72/82

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Veröffentlicht am 08.06.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Juni 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Glock als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25.Jänner 1982, GZ. 8 d Vr 5504/81-33, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, sowie der Ausführungen des Verteidigers Dr. Margula und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.Dezember 1954 geborene Modelltischler Peter A der Vergehen (1.) des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 StGB, (2.) der 'selbstverschuldeten vollen Berauschung' (richtig: Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung) nach § 287 Abs. 1 (§ 125; 15, 269) StGB, (3.) der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und (4.) der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte, und zwar nur in Ansehung des Schuldspruchs wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (Punkt 3) sowie im Strafausspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a (sachlich 10) und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Nach den für deren Erledigung wesentlichen Urteilskonstatierungen hatte der Angeklagte im April 1981 in einem Gasthaus mit Gertrude B eine 'tätliche Auseinandersetzung', in deren Verlauf er die Genannte aus Zorn über ihre Weigerung, mit ihm in seine Wohnung zu kommen, gegen eine Bank schleuderte und ihr mit Verletzungsvorsatz Faustschläge sowie einen Fußtritt versetzte, wodurch die B (leichte Gesichts-) Verletzungen erlitt. Die solcherart Eingeschüchterte folgte ihm daraufhin in seine Wohnung, wo er die Tür von innen verschloß und B auf diese Weise 'für einen Zeitraum von etwa 2 Stunden' bewußt am Verlassen der Räume und damit an der Ausübung ihres Rechtes auf persönliche Freiheit hinderte (S. 170 f.). Unter Anrufung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes führt der Beschwerdeführer ins Treffen, daß seinen als Körperverletzung qualifizierten Tathandlungen dasselbe Motiv zugrundegelegen sei, wie der anschließenden Freiheitsentziehung, nämlich, 'die Freundschaft der Gertrude B wieder zu erlangen'; sein Verhalten sei daher 'im Hinblick auf den subjektiv beabsichtigten Enderfolg' als Einheit zu werten, weshalb die (vorangegangene) Körperverletzung 'im Unrechtsgehalt der nachgefolgten (strenger strafbaren) Freiheitsentziehung enthalten' und daher '(real) konsumiert' sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge geht fehl.

Bei der 'Konsumtion der Vortat', die der Beschwerdeführer bei seinem Vorbringen offenbar im Auge hat, geht es ausschließlich um Fälle, in denen eine Deliktsverwirklichung einer Haupttat vorangeht, um diese zu ermöglichen oder zu erleichtern (vgl. Burgstaller, JBl. 1978, 464).

Eine derartige Konstellation wurde jedoch weder vom Erstgericht festgestellt noch vom Angeklagten jemals behauptet. Auch die Rechtsrüge selbst geht nicht davon aus, sondern stellt bloß auf den den beiden in Rede stehenden Straftaten gemeinsamen Beweggrund ab. Dieser allein genügt aber nicht. Die Frage einer konsumierten Vortat könnte nach dem oben Gesagten schon zufolge des erwähnten grundsätzlichen Erfordernisses (also unabhängig von den - hier nicht erörterungsbedürftigen - sonstigen nötigen Voraussetzungen) - wenn überhaupt - nur dann zur Beurteilung stehen, wenn der Angeklagte die - den Tatbestand der Körperverletzung verwirklichenden Mißhandlungen deshalb unternommen hätte, um Gertrude B in seiner Wohnung einzusperren und ihr solcherart die Freiheit zu entziehen, wofür sich jedoch nach dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt, wie der Aktenlage und selbst nach den Beschwerdeausführungen kein Anhaltspunkt ergibt. Nach all' dem liegen zwei einzelne, real konkurrierende strafbare Handlungen vor, derentwegen jeweils ein Schuldspruch einerseits nach § 83 Abs. 1 StGB (zu Punkt 3) und andererseits nach § 99 Abs. 1 StGB (zu Punkt 4 des Urteils) ohne Subsumtionsirrtum erging. Was die in der Nichtigkeitsbeschwerde abschließend abgegebene Erklärung anlangt, 'die Ausführungen zur Z. 9

lit. a (richtig 10) würden auch zum Gegenstand des Nichtigkeitsgrundes nach Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO gemacht, so wird damit keiner der in der Verfahrensbestimmung umschriebenen Rechtsirrtümer behauptet, sondern vielmehr - wie sich schon aus der Beschwerdeargumentation ergibt, daß 'bei Entfall des Schuldspruchs wegen § 83 Abs. 1 StGB nur mehr drei Vergehen bei der Strafzumessung zusammentreffen und deshalb eine geringere Strafe auszumessen wäre'

-

bloß die Frage der Neubemessung der Strafe im Falle der Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde aus dem zuvor behandelten Einwand und demzufolge in Wahrheit sachlich überhaupt kein Nichtigkeitsgrund releviert.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 287 Abs. 1 StGB zu fünfzehn Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es das Teilgeständnis und die Zustandebringung des Diebsgutes als mildernd, die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen von vier Vergehen hingegen als erschwerend.

Mit seiner Berufung (in Ansehung deren der Verteidiger im Gerichtstag klargestellt hat, daß sie in der Rechtsmittelschrift - nur formal - unrichtig auch als 'Schuld'-Berufung bezeichnet wurde) strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, allenfalls 'gemäß § 28 Abs. 2 StGB' die Verhängung 'auch einer Geldstrafe neben einer herabgesetzten Freiheitsstrafe' im Hinblick darauf an, daß 'einige der zusammenfassenden Strafdrohungen alternative Geldstrafen vorsehen'.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Vom Schöffengericht übersehene (weitere) Milderungsgründe sind - der Auffassung des Angeklagten zuwider -

nicht gegeben, zumal nach Lage des Falles von einer besonders verlockenden Gelegenheit bei Ausführung des Diebstahls ebensowenig die Rede sein kann, wie von einer Gemütsbewegung jener Heftigkeit, die § 34 Z. 8 StGB verlangt beim Angeklagten anläßlich der Straftaten an Gertrude B. Demgegenüber ist dem Angeklagten, dessen Vorstrafen die Erfordernisse einer Strafschärfung bei Rückfall (§ 39 StGB) erfüllen, der sehr rasche Rückfall (etwa 6 Wochen nach der letzten Strafverbüßung) sowie der Umstand zusätzlich als erschwerend anzurechnen, daß er im Zustand voller Berauschung zwei Straftaten verschiedener Art beging. Unter Bedacht auf das Gewicht der sohin solcherart ergänzten Strafzumessungsgründe ist die über ihn verhängte Freiheitsstrafe nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) keineswegs zu streng ausgemessen worden. Das weitere (sinngemäße) Begehren des Angeklagten, über ihn (möglichst) bloß für das ausschließlich mit Freiheitsstrafe bedrohte Delikt (d.i. vorliegend das Vergehen nach § 99 StGB) eine (entsprechend) kürzere Freiheitsstrafe zu verhängen, hingegen die übrigen Straftaten (Vergehen nach § 83 Abs. 1; 127 Abs.

1; 287 Abs. 1

StGB), in Ansehung deren die gesetzliche Strafdrohung (alternativ)

auf Freiheits- oder Geldstrafe lautet, mit einer (kumulativ

auszusprechenden) gesonderten Geldstrafe zu ahnden, fußt offenkundig

auf einer unrichtigen Auslegung der - durch ihn seinem Verlangen

zugrundegelegten (jedoch dabei mißverstandenen) - Anordnung des § 28

Abs. 2

StGB Die - teils zwingend ('... ist auf eine Freiheitsstrafe und auf

eine Geldstrafe zu erkennen.'), teils wahlweise ('... kann sie

verhängt werden.') - dort angeordnete Strafenkumulierung greift nämlich, soweit sie hier von Bedeutung sein könnte, ausschließlich im Falle der Androhung einerseits einer Freiheitsstrafe allein sowie andererseits einer Freiheits- und Geldstrafe in einem oder mehreren der zusammentreffenden Gesetze lediglich dann Platz, wenn die beiden letzteren Strafen (was das Gesetz nicht nur ausdrücklich sagt, sondern darüber hinaus insbesondere auch aus der gesamten im § 28 StGB getroffenen Regelung in ihrem Zusammenhang folgt) nebeneinander, also kumulativ (entweder zwingend oder fakultativ), nicht aber falls sie (wie in den vorliegend eine Rolle spielenden Bestimmungen der § 83 Abs. 1; 127 Abs. 1, 287 Abs. 1 StGB) wahlweise angedroht sind; auch bei einer derartigen Alternativstrafdrohung liegen im Verhältnis zu der in einer anderen Gesetzesstelle (hier § 99 StGB) allein angedrohten Freiheitsstrafe keine ungleichartigen Strafen i.S.

des Absatzes 2, sondern gleichartige i.S. des Absatzes 1 des § 28 StGB vor, sodaß das darin normierte Absorptionsprinzip zum Tragen kommt (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 16 bis 18 zu § 28 StGB).

Der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E03773

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00072.82.0608.000

Dokumentnummer

JJT_19820608_OGH0002_0100OS00072_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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