TE OGH 1982/9/16 13Os106/82

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Veröffentlicht am 16.09.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.September 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harjinder A und andere wegen des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von Nattu Ram B gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 18.März 1982, GZ. 18 Vr 3101/81-34, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, sowie die Berufungen der Angeklagten Harjinder A und Balraj A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Els, DDr. Hopmeier und Dr. Watschinger sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung des Angeklagten Balraj A wird, soweit damit die bedingte Strafnachsicht begehrt wird, zurückgewiesen. Den Berufungen der Angeklagten Nattu Ram B und Harjinder A wird nicht, der Berufung des Angeklagten Balraj A wird im übrigen nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 4.Juli 1951 geborene Hilfsarbeiter Harjinder A, der am 12. Jänner 1952 geborene Zeitungsverkäufer Balraj A und der am 16. April 1958 geborene Zeitungsverkäufer Nattu Ram B wurden des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Notzucht als unmittelbare Täter sowie als Gehilfen nach § 201 Abs 1, 12 und 15 StGB (A I) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (A II), Balraj A überdies des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB

(A III), schuldig erkannt. Ihnen liegt zur Last, in der Nacht vom

23. zum 24.Oktober 1981 in Salzburg zu A I: die damals sechzehnjährige Schülerin Karin C durch Festhalten (insbes. an den Armen und Beinen auf einem Bett) widerstandsunfähig gemacht und sie in diesem Zustand mindestens dreimal zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht zu haben, indem Harjinder A und Balraj A nacheinander an (der sich heftig wehrenden) Karin C gegen deren Willen den Geschlechtsverkehr vollzogen und Nattu Ram B einen solchen zu vollziehen versuchte, wobei das Tatopfer jeweils von zwei Tätern festgehalten wurde, während der dritten den Geschlechtsverkehr durchführte bzw. durchzuführen trachtete;

zu A II: den Begleiter der Karin C, Werner D, durch Versetzen von Schlägen und Stößen vorsätzlich am Körper mißhandelt und ihm dadurch zumindest fahrlässig eine druckempfindliche Verletzung am Hinterhaupt und am rechten Scheitel sowie eine geringe Schwellung der Nase, verbunden mit Nasenbluten (sowie mit zeitweiser Bewußtlosigkeit), zugefügt zu haben.

Dem Angeklagten Balraj A wird darüber hinaus zu A III angelastet, dem Werner D durch Versperren der Eingangstür der gemeinsamen Unterkunft der drei Angeklagten (in Salzburg, Linzergasse 41, dem Tatort der zu A I und II angeführten Vorfälle), Einstecken des Schlüssels sowie Verweigerung der Herausgabe desselben die persönliche Freiheit entzogen zu haben.

Der Angeklagte B hat eine auf die Z. 5 und 9

lit a - der Sache nach auch auf die Z. 9 lit b - des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde eingebracht, die sich ihrem Inhalt nach gegen den Schuldspruch wegen § 201 Abs 1, 12, 15 StGB (A I) richtet.

Rechtliche Beurteilung

Dem Vorbringen in der Mängelrüge ist darin beizupflichten, daß der Schuldspruch wegen der Beihilfe zur vollendeten, ansonst (unmittelbare Täterschaft) beim Versuch gebliebenen Notzucht nicht auf die von den Zeugen Karin C und Werner D in der Hauptverhandlung (am 18.März 1982) gemachten Angaben gegründet werden kann. Das Gericht stützt aber, was der Beschwerdeführer übersieht, den angefochtenen Schuldspruch ohnehin nicht auf die keineswegs mit Stillschweigen übergangenen, sondern vielmehr eingehend erörterten (S. 259 ff.) Angaben der Zeugen C und D, sondern auf die - in den wesentlichen Punkten auch vom Angeklagten Balraj A bestätigte (S. 211, 212 in Verbindung mit S. 220) - Darstellung des Mitangeklagten Harjinder A in der Hauptverhandlung (S. 259 unten, 260 und 262). Nach den vom Erstgericht für glaubwürdig erachteten Bekundungen des Mitangeklagten Harjinder A in der Hauptverhandlung am 4.Februar 1982, die dieser in der letzten Hauptverhandlung am 18.März 1982 ausdrücklich aufrechterhalten hat (S. 220 oben), hatten sich alle drei Angeklagten auf Karin C gestürzt (S. 203 und 210). Sodann hatte B durch Festhalten des Mädchens zum Notzuchtsakt der beiden Mitangeklagten beigetragen (S. 204 und 209) und sich schließlich gleichfalls zur Durchführung eines Geschlechtsverkehrs auf das zu diesem Zeitpunkt vom Angeklagten Harjinder A festgehaltene (S. 209) Mädchen gelegt (S. 204 und 207). Ob B den Geschlechtsverkehr mit dem Mädchen auch tatsächlich vollzogen hat, konnte allerdings Harjinder A nicht mit Sicherheit bestätigen, weshalb das Gericht einen Vollzug des Geschlechtsverkehrs durch B nicht als erwiesen ansah, zumal auch das Tatopfer selbst darüber keine verläßlichen Angaben machen konnte. Das Erstgericht ging sohin nur von einem Versuch des B (als Haupttäter) aus (S. 260).

Da der zu A I ergangene Schuldspruch des Angeklagten B in den - durch die Darstellung des Balraj A in der Hauptverhandlung weitgehend bestätigten - Bekundungen des Harjinder A Deckung findet, kann von dem behaupteten formellen Begründungsmangel keine Rede sein.

Weiterer Feststellungen oder Erörterungen des von der Zeugin C in der Hauptverhandlung (am 18.März 1982) bekundeten Umstands, sie sei gegen Ende des Tatgeschehens bereits so erschöpft gewesen, daß sie keinen Widerstand mehr leisten konnte und aus diesem Grund zuletzt auch nicht mehr an Armen und Beinen festgehalten zu werden brauchte (S. 227 und 229), bedurfte es, dem sowohl unter der Z. 5 als auch unter der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1

StPO hierauf Bezug nehmenden Beschwerdevorbringen zuwider, nicht; konnte das Gericht doch unter Hinweis auf die belastende Darstellung des Mitangeklagten Harjinder A mängelfrei die Feststellung treffen, daß C auch noch festgehalten worden ist, als sich B zur Durchführung eines Geschlechtsverkehrs auf sie legte, wobei das Urteil ohnehin einräumt, daß in diesem Zeitpunkt angesichts des erlahmenden Widerstands des Tatopfers bei dessen Festhalten durch die Mitangeklagten nicht mehr volle Kraft entfaltet worden ist (S. 251). Im übrigen ist es für die Beurteilung als (versuchte) Notzucht unerheblich, ob auch noch im Zeitpunkt des (versuchten) Beischlafs Gewalt angewendet wird; es genügt, daß unmittelbar vorher, wie hier nach den Urteilsfeststellungen, die Widerstandsunfähigkeit des Opfers zum Zweck des Mißbrauchs durch Beischlaf herbeigeführt wurde und sodann unter Ausnützung der Widerstandsunfähigkeit die Frauensperson zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht oder zu mißbrauchen versucht wird (LSK. 1981/90).

Ins Leere geht schließlich die Rechtsrüge des Angeklagten B, mit der er, sachlich den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO ausführend, den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) beansprucht. Zunächst kann ihm dieser Strafaufhebungsgrund auf keinen Fall zustatten kommen, soweit ihm Beihilfe zu der von Harjinder A und Balraj A begangenen vollendeten Notzucht zur Last liegt. Im übrigen kann aus der Formulierung im Urteil, daß der auch von B angestrebte Vollzug des Geschlechtsverkehrs deshalb nicht gelungen ist, weil die Mitangeklagten sexuell bereits befriedigt waren und das Tatopfer nicht mehr mit voller Kraft festhielten (S. 251), für den Beschwerdeführer nichts, schon gar nicht eine freiwillige Abstandnahme von der Durchführung des Geschlechtsverkehrs abgeleitet werden. Die den Beschwerdeführer belastenden Angaben des Mitangeklagten Harjinder A (aber auch jene des Mitangeklagten Balraj A, siehe insbesonders S. 212) jeden Hinweis vermissen, der den Strafaufhebungsgrund des freiwilligen Rücktritts vom Versuch in den Bereich konkreter Möglichkeit rücken könnte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte gemäß § 201 Abs 1 und 28 StGB Harjinder A zu achtzehn Monaten, Balraj A zu zwanzig Monaten Freiheitsstrafe und Nattu Ram B zu einer solchen von einem Jahr. Bei der Strafbemessung nahm es bei allen Angeklagten als erschwerend die Wiederholung der strafbaren Handlungen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem, bei Balraj A mit einem zweiten Vergehen an, als mildernd hingegen bei Harjinder A das offene Geständnis, den ordentlichen Wandel, bei Balraj A das Teilgeständnis und bei beiden Angeklagten den Umstand, daß die Tat des Nattu Ram B und damit auch ihre Beteiligung beim Versuch geblieben ist, bei dem letztgenannten Angeklagten, daß er bei den Taten der beiden Erstgenannten nur als Beteiligter und in abgeschwächter Form mitwirkte, weiters, daß seine Tat beim Versuch geblieben ist.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine Strafermäßigung an, Nattu Ram B und Harjinder A überdies die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.

Die Berufungen schlagen nicht durch.

Auch bei Bedachtnahme auf die Unbescholtenheit der Angeklagten sind bei dem von einem bis zu zehn Jahren reichenden Strafsatz des § 201 Abs 1 StGB die vom Erstgericht verhängten, bei Nattu Ram B an der gesetzlichen Untergrenze, bei den beiden anderen Berufungswerbern nahe derselben liegenden Freiheitsstrafen, welche den im § 32 StGB normierten Grundsätzen für die Strafbemessung und damit der Schuld der Angeklagten sowie dem Gewicht der strafbaren Handlungen gebührend Rechnung tragen, durchaus angemessen.

Die Anwendung des § 41 StGB kommt deshalb nicht in Betracht, weil im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Notzucht und aller sonst nach § 32 Abs 2 und 3 StGB zu berücksichtigenden Momente keinesfalls gesagt werden kann, daß dieses Verbrechen überdurchschnittlich leicht wäre und derart weit unter der Norm derartiger Straftaten läge, daß selbst die gesetzliche Mindeststrafe als überhöht angesehen werdem müßte (siehe EBRV. 1971 S. 135 und 136, wonach die außerordentliche Strafmilderung für atypisch leichte Fälle vorgesehen ist und die überwiegenden Milderungsgründe vor allem das Gewicht der Tat betreffen werden).

Gegen die Gewährung der bedingten Strafnachsicht sprechen in entscheidendem Maß generalpräventive Erwägung. Bei Harjinder A kann überdies von der bei einer Strafhöhe von mehr als einem Jahr verlangten Gewähr künftigen Wohlverhaltens (§ 43 Abs 2 StGB) nicht die Rede sein.

Der vom Verteidiger des Angeklagten Balraj A erst im Gerichtstag unterbreitete Antrag auf bedingte Strafnachsicht war als verspätet zurückzuweisen, weil ein solcher Antrag in der Berufungsschrift oder in der Anmeldung zu stellen gewesen wäre (§ 294 Abs 2 StPO).

Anmerkung

E03849

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00106.82.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19820916_OGH0002_0130OS00106_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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