TE OGH 1982/10/5 5Ob45/82

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Veröffentlicht am 05.10.1982
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Norm

ABGB §1014
WEG §17
WEG §19

Kopf

SZ 55/138

Spruch

Dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage, der Aufwendungen für diese zunächst aus eigenen Mitteln trug, haften die einzelnen Wohnungseigentümer ohne abweichender Vereinbarung nur für die ihre Eigentumswohnung betreffenden Anteile und daher auch nicht für auf zahlungsunfähige Miteigentümer entfallende rückständige Zahlungen

OGH 5. Oktober 1982, 5 Ob 45/82 (OLG Innsbruck 2 R 61/82; LG Innsbruck 14 Cg 306/81)

Text

Der Beklagte ist seit 5. 7. 1979 zu 57/10 400 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 384 II KG E. Mit diesen Anteilen ist das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 29 der auf dieser Liegenschaft errichteten Wohnungseigentumsanlage untrennbar verbunden. Bei dieser Anlage handelt es sich um ein Großobjekt mit über 100 Einheiten samt Hotel- und Restaurantbetrieb, Hallenbad und Sauna. Mit Wirkung vom 15. 5. 1976 wurde die Klägerin, welche mit dem Sitz in Innsbruck ein gewerbsmäßiges Hausverwaltungsunternehmen betreibt, von der Mehrheit der Miteigentümer zur Hausverwalterin der genannten Liegenschaft bestellt. Seither hat die Mehrheit der Miteigentümer keine Einwendungen gegen die Verwaltertätigkeit der Klägerin erhoben und die von dieser vorgeschriebenen und abgerechneten Kosten bezahlt. Die Miteigentümer der Liegenschaft haben Vereinbarungen iS des § 19 Abs. 1 WEG 1975 nicht geschlossen; es wurde auch eine Entscheidung des Gerichtes gemäß § 19 Abs. 2 WEG 1975 bislang nicht herbeigeführt. Laut Vereinbarung vom 14. 2. 1979 mit Dr. Hans D, welcher in der Zeit vom 15. 5. 1976 bis 4. 7. 1979 Eigentümer der nunmehr dem Beklagten gehörenden Anteile gewesen war, übernahm es der Beklagte, ab 23. 4. 1976 sämtliche diese Anteile betreffenden Lasten zu tragen. Dr. Hans D trat seinen Rückersatzanspruch gegen den Beklagten im Ausmaß der von der Klägerin wider ihn erhobenen Forderungen an diese zur klageweisen Durchsetzung ab.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten 67 650.92 S samt Anhang an rückständigen "Brand- und Sanierungskosten" sowie Betriebskosten, in Ansehung deren sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Hausverwalterin in Vorlage getreten sei, sodaß ihr ein Rückersatzanspruch in der Höhe des Klagebetrages zustehe.

Der Beklagte stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, bestritt es jedoch - mit Ausnahme der auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Betriebskosten für die Zeit vom 5. 7. 1979 bis 30. 6. 1980 im Betrage von 16 832.46 S - dem Gründe nach.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 58 067.92 S samt Anhang und wies das Mehrbegehren von 9583 S samt Anhang ab. Dieses Mehrbegehren ergibt sich daraus, daß die Klägerin die von ihr vorschußweise getragenen rückständigen Brand- und Sanierungskosten sowie Betriebskosten, die auf die zahlungsunfähigen Wohnungseigentümer der Liegenschaft entfallen, von den übrigen Wohnungseigentümern der Liegenschaft nach dem Verhältnis von deren Miteigentumsanteilen ersetzt begehrt.

Im vorliegenden Fall hätten die Miteigentümer der Liegenschaft nach dem ersten Satz des § 19 Abs. 1 WEG 1975 die Aufwendungen für ihre Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen, zumal ein hievon abweichender Verteilungsschlüssel nach § 19 Abs. 1 Z 1 oder Z 2 WEG 1975 nicht vereinbart worden sei und auch ein Beschluß des Gerichtes nach § 19 Abs. 2 WEG 1975 nicht vorliege. Der Verwalter eines derartigen Wohnungseigentumsobjektes sei befugt, von säumigen Miteigentümern die auf sie entfallenden anteiligen Kosten einzufordern, soweit es sich um Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung handle. Dazu gehörten sämtliche der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienenden Verfügungen, welche normalerweise notwendig und zweckmäßig seien, dem Interesse aller Miteigentümer dienten und keinen besonderen Aufwand erforderten. Dazu seien vorwiegend die laufenden Betriebskosten zu zählen, im vorliegenden Falle aber auch die Kosten der Behebung des Brandschadens und die Kosten der von der Feuerpolizei aufgetragenen Sanierungsmaßnahmen. Auch wenn diese Sanierungsmaßnahmen beträchtliche Kosten von insgesamt 2 437 228.26 S verursacht hätten, seien sie unter Berücksichtigung der Größe des Objektes und der im übrigen auch erheblichen laufenden Betriebskosten durchaus der ordentlichen Verwaltung zuzurechnen. Ihre Zweckmäßigkeit stehe außer Zweifel, weil im Falle ihres Unterbleibens das gesamte Objekt nicht benutzbar gewesen wäre. Die Miteigentümer hätten daher nach ihren Anteilen auch die Kosten der Behebung des Brandschadens und der Sanierungsmaßnahmen zu tragen. Die Klägerin sei daher auch berechtigt, den auf die nunmehr im Eigentum des Beklagten stehenden Anteile entfallenden Teil dieser Kosten vom Beklagten einzufordern. Der Beklagte und die anderen Miteigentümer hätten aber nicht auch anteilig für jene Betriebs-, Brandschadenbehebungs- und Sanierungskosten einzustehen, welche von den zahlungsunfähigen Miteigentümern nicht hereingebracht werden könnten. Eine derartige Umlegung würde der grundsätzlich bloß anteiligen Haftung der Miteigentümer nach § 19 Abs. 1 WEG 1975 widersprechen. Ein hievon abweichender Verteilungsschlüssel nach § 19 Abs. 1 WEG 1975 sei nicht herbeigeführt worden und auch ein Beschluß des Gerichtes nach § 19 Abs. 2 WEG 1975 liege nicht vor. Unbeachtlich sei, daß die Klägerin hinsichtlich der auf die zahlungsunfähigen Miteigentümer entfallenden Kosten im Rahmen ihrer ordentlichen Verwaltung in Vorlage getreten sei, da die einzelnen Miteigentümer dem Verwalter gegenüber für den Ersatz seiner Aufwendungen und Auslagen bloß anteilig und nicht solidarisch haftbar seien. Eine Solidarhaftung hinsichtlich dieser teilbaren Leistung wäre nur anzunehmen, wenn eine derartige Haftung vereinbart worden wäre oder wenn aus der Absicht der Parteien, nach der Verkehrssitte oder nach der Natur des Geschäftes eine derartige Haftung angenommen werden könnte. Eine besondere Vereinbarung liege nicht vor. Bei einer Zufallsgemeinschaft, als welche sich eine aus über 100 Miteigentümern bestehende Wohnungseigentumsgemeinschaft darstelle, könne auch aus der Parteiabsicht, der Verkehrssitte oder der Natur des Geschäftes eine Solidarhaftung nicht abgeleitet werden. Die Miteigentümer seien dem Verwalter ihrer Liegenschaft gegenüber für dessen Aufwand und den Auslagenersatz gleich wie etwa einem bestellten Professionisten gegenüber nur nach dem Verhältnis ihrer Anteile ersatzpflichtig. Weil die Klägerin als bestellte Verwalterin tätig geworden sei, habe sie nicht als Geschäftsführerin ohne Auftrag gehandelt, so daß sie aus einem derartigen Rechtsgrund nichts ableiten könne. Nicht ersichtlich sei, in welcher Weise die Klägerin ihre Befugnis als bestellte Verwalterin überschritten haben sollte. Sie könne den ihr durch die Zahlungsunfähigkeit einzelner Miteigentümer allenfalls entstandenen Ausfall an Ersatz für Aufwendungen und Auslagen nicht auf die übrigen zahlungsfähigen Miteigentümer umlegen. Hieraus folge, daß der Beklagte hinsichtlich seiner Liegenschaftsanteile anteilig für sämtliche Betriebskosten seit 15. 5. 1976 sowie anteilsmäßig auch für die Brandschadenbehebungs- und die Sanierungskosten einzustehen, nicht aber auch für die auf die zahlungsunfähigen Miteigentümer entfallenden Kosten zu haften habe.

Das Berufungsgericht bestätigte den klagestattgebenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung, der im Zuspruch eines Teilbetrages von 43 713.92 S samt Anhang als nicht in Beschwerde gezogen unberührt blieb, als Teilurteil, hob den klageabweisenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung auf und verwies die Rechtssache im Umfang der Aufhebung unter Rechtskraftvorbehalt zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Der Lösung des Erstgerichtes, daß den Beklagten gegenüber der Klägerin für jene Betriebs-, Brandschadenbehebungs- und Sanierungskosten, welche von den zahlungsunfähigen Miteigentümern nicht hereingebracht werden könnten, keine Haftung treffe und er von der Klägerin in Ansehung der Betriebs-, Brandschadenbehebungs- und Sanierungskosten ausschließlich für seinen Anteil herangezogen werden könne, vermöge sich das Berufungsgericht hinsichtlich der Brandschadenbehebungs- und der Sanierungskosten im Ergebnis nicht anzuschließen. § 19 Abs. 1 WEG 1975 regle entgegen der Auffassung des Erstgerichtes nur die Aufteilung der Aufwendungen im Innenverhältnis zwischen den Miteigentümern, nicht aber deren Haftung im Außenverhältnis gegenüber Dritten. Dies gelte auch in Ansehung des Aufwand- und Auslagenersatzes sowie des Honorars gegenüber dem Verwalter. Die Haftung im Außenverhältnis bestimme sich nach bürgerlichem Recht bzw. Handelsrecht (vgl. Faistenberger - Barta - Call, WEG 1975, 513 f., Rdz. 44 und 45; Meinhart, WEG 1975, 176). Verpflichten sich mehrere durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung, so hafteten sie nach Art. 8 Nr. 1 der 4. EVHGB im Zweifel als Gesamtschuldner. Diese Vorschrift gelte zufolge § 345 HGB auch für einseitige Handelsgeschäfte - die Klägerin sei Vollkaufmann - und damit auch zu Lasten desjenigen, auf dessen Seite kein Handelsgeschäft vorliege, hier also zu Lasten des Beklagten. "Im Zweifel" iS der vorerwähnten Gesetzesstelle dürfe eine Solidarhaftung auch ohne besondere Vereinbarung und ohne gesetzliche Anordnung immer dann angenommen werden, wenn eine solche Haftung in der Parteiabsicht, nach der Verkehrssitte oder aus der Natur des Geschäftes begrundet sei (vgl. SZ 27/299; SZ 38/160 ua.). Es dürfe nun zwar nicht übersehen werden, daß bei der Begründung von Wohnungseigentum das Miteigentum an der Liegenschaft vielfach in verhältnismäßig kleine Miteigentumsanteile zerlegt werde und schon aus diesem Gründe nicht anzunehmen sei, daß sich ein Wohnungseigentümer, dem die finanziellen Verhältnisse seiner Mitgenossen im Eigentum kaum bekannt seien, zu einer Solidarverpflichtung herbeilasse, weil ihn dies im Extremfall (hier: über 100 Einheiten) einem geradezu unsinnigen Haftungsrisiko aussetzen würde. Da die Personen der Wohnungseigentümer häufig wechselten, wäre auch eine Regreßmöglichkeit gegen (solidarisch) mithaftende Wohnungseigentümer in den Bereich der Unsicherheit gerückt, was ebenfalls gegen einen auf Begründung der Solidarhaftung gerichteten Parteiwillen spreche. Für die Bejahung einer im Zweifel geltenden Solidarhaftung sei hier auf Grund des Parteiwillens also kein Platz (vgl. SZ 38/160; Faistenberger - Barta - Call aaO 516 f., Rdz. 50 und 51; ferner MietSlg. 32 106/11). Ob diese Annahme im gegebenen Fall nach der Verkehrssitte gerechtfertigt wäre, könne dahingestellt bleiben, weil dies aus der Natur des Geschäftes zu bejahen sei; dies zwar nicht in Ansehung der bei anderen Miteigentümern uneinbringlichen Anteile an laufenden Betriebskosten, wohl aber in Ansehung der auf diese anteilig entfallenden, bei ihnen jedoch uneinbringlichen Sanierungs- und Brandschadenbehebungskosten. Bezüglich dieser beiden letztgenannten Kosten sei die vorschußweise Begleichung durch die Klägerin nämlich im Interesse der Benützbarkeit bzw. Benützungszulässigkeit des Gesamtobjektes und damit jedenfalls im Interesse aller Miteigentümer erfolgt (vgl. § 17 Abs. 2 WEG 1975). Die Tätigkeit der Klägerin (Veranlassung der Sanierungs- und Brandschadensbehebung und vorschußweise Begleichung der hiefür entstandenen Kosten für die Miteigentümer) sei etwa mit dem Fall der gemeinsamen Auftragserteilung mehrerer ein gemeinsames Ziel verfolgender Personen an einen Rechtsanwalt zu vergleichen, in welchem schon aus der Natur des Geschäftes Solidarhaftung der mehreren Auftraggeber für die Kosten anzunehmen sei (vgl. SZ 18/217; SZ 27/299; SZ 41/68; 44/13; 39/211 ua.), denn wie der Rechtsanwalt werde auch der Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 als Machthaber tätig. Da das Erstgericht - ausgehend von seiner vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsauffassung - davon ausgegangen sei, daß das Teilbegehren von 9583 S samt Anhang mangels Solidarhaftung des Beklagten zur Gänze abzuweisen sei, habe es folgerichtig auch nicht festgestellt, welche weiteren Teilbeträge hievon auf uneinbringliche laufende Betriebskosten einerseits bzw. auf uneinbringliche Sanierungs- und Brandschadenbehebungskosten andererseits entfielen. Aus diesem Gründe sei es nicht möglich gewesen, der Klägerin auch den vom Erstgericht abgewiesenen Teilbetrag von 9583 S samt Anhang zuzusprechen. Das Ersturteil habe vielmehr in Ansehung dieses Teilbegehrens wegen Unvollständigkeit der Entscheidungsgrundlagen aufgehoben werden müssen. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht festzustellen haben, wie sich der Betrag von 9583 S im oben dargelegten Sinn aufteile. In Ansehung der uneinbringlichen laufenden Betriebskosten werde es bei der Abweisung des Klagebegehrens zu verbleiben haben, weil insoweit eine Solidarhaftung des Beklagten nicht angenommen werden könne. Hinsichtlich der Sanierungs- und Brandschadenbehebungskosten werde diese Solidarhaftung aber zu bejahen und dem Klagebegehren daher insoweit stattzugeben sein.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, daß § 19 WEG 1975 nur die Tragung der Aufwendungen für die Liegenschaft (einschließlich der Beiträge zur Rücklage) im Innenverhältnis zwischen den Miteigentümern, nicht aber deren Haftung hiefür im Außenverhältnis gegenüber Dritten regelt, die sich vielmehr nach allgemeinem bürgerlichen Recht bzw. nach Handelsrecht bestimmt.

Der OGH vertritt nun seit der Entscheidung SZ 38/160 (auch unter Berücksichtigung des Art. 8 Nr. 1 EVHGB seit der Entscheidung SZ 44/13) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß im Zweifel, also mangels einer dahingehenden ausdrücklichen oder schlüssigen Vereinbarung, eine Solidarhaftung der Wohnungseigentümer im Außenverhältnis gegenüber Dritten weder nach § 891 ABGB noch nach Art. 8 Nr. 1 EVHGB anzunehmen ist; mit Rücksicht auf die bei Wohnungseigentumsanlagen in der Regel gegebenen Verhältnisse, die im gegenständlichen Falle besonders augenfällig sind, könne eine solche Haftung weder aus dem Parteiwillen noch aus der Verkehrssitte oder aus der Natur des Geschäftes abgeleitet werden (ebenso zuletzt MietSlg. 31 101, 32 106/11 je mit weiteren Nachweisen; 1 Ob 682/79 ua.; vgl. ferner HS 9267; s. auch Faistenberger - Barta - Call 513 ff.). Für die Haftungsfrage macht es keinen Unterschied, ob die Aufwendungen für die Liegenschaft die Errichtung der Wohnungseigentumsanlage, deren Wiederherstellung nach einem Brand, deren laufende Instandhaltung oder die Betriebskosten betreffen; die wirtschaftliche Belastung der einzelnen Wohnungseigentümer durch eine Solidarhaftung kann, wie die Lebenserfahrung lehrt, aber auch die bisher entschiedenen Fälle zeigen, bei allen Arten von Aufwendungen erheblich sein (Errichtungskosten lagen etwa den Entscheidungen SZ 38/160, HS 9267 und MietSlg. 31 101, Betriebskosten den Entscheidungen SZ 44/13 und MietSlg. 32 106/11 zugrunde). Aus diesen Erwägungen vermag der OGH auch nicht der im deutschen Rechtsbereich herrschenden Auffassung (vgl. hiezu etwa Bärmann - Pick, dWEG[10] 139, 154; Bärmann, Kommentar zum dWEG[3], 453 f.; NJW 1959, 2160; BGHZ 67, 232; NJW 1977, 1964) zu folgen, wonach die Wohnungseigentümer in der Regel für die Errichtungskosten nach Anteilen, für die Verwaltungsschulden hingegen gesamtschuldnerisch zu haften hätten.

Diese Grundsätze gelten auch für den Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage, der die Kosten der Wiederherstellung und laufenden Instandhaltung dieser Anlage sowie die mit ihrer Benützung verbundenen Betriebskosten im weitesten Sinne zunächst aus eigenen Mitteln ausgelegt hat, mag er nun entsprechende Verträge mit den Dritten (Baumeister, Professionisten, Energielieferanten usw.) im eigenen Namen oder namens der Wohnungseigentümer geschlossen haben. Er ist hinsichtlich seiner Aufwandersatzansprüche als außenstehender Dritter anzusehen, dem die einzelnen Wohnungseigentümer mangels abweichender Vereinbarung lediglich für den auf ihre Eigentumswohnung entfallenden Anteil haften. Der Umstand allein, daß die Aufwendungen für die Liegenschaft iS des § 19 WEG 1975 im Interesse aller Wohnungseigentümer liegen und die Benützung der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte erst ermöglichen sowie daß im Falle der mangelnden (vollständigen) Deckung dieser Aufwendungen - etwa wegen Zahlungsunwilligkeit oder Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer - alle Wohnungseigentümer zu Schaden kommen können, führt gegenüber dem Aufwandersatzansprüche stellenden Verwalter ebensowenig zur Annahme einer Solidarhaftung der Wohnungseigentümer wie gegenüber anderen Vertragspartnern der Wohnungseigentümer, die für die Wohnungseigentumsanlage Material bzw. Energie geliefert oder Arbeiten geleistet haben und damit im Interesse aller Wohnungseigentümer tätig geworden sind. Es versagt auch der Hinweis auf die gemeinsame Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles, weil die Wohnungseigentümer auch einem Rechtsanwalt gegenüber, dem sie etwa im Zusammenhang mit der Errichtung eines Wohnungseigentumshauses mit Fondsmittel Einzelvollmachten erteilten, nicht solidarisch haften (MietSlg. 9358). Der Verwalter hat wohl gemäß § 17 Abs. 2 WEG 1975 die Interessen aller Miteigentümer zu wahren und deren Schädigung tunlichst zu vermeiden (vgl. auch Stanzl in Klang[2] IV/1, 816 zu § 1009 ABGB), er ist aber, wenn ihm ein berechtigterweise (etwa wegen unzureichender Rücklage oder Betriebskostenakontierung; siehe auch § 17 Abs. 2 Z 2 WEG 1975) verlangter Vorschuß verweigert wird, grundsätzlich nicht verpflichtet, eigene Mittel zu verwenden (vgl. Stanzl aaO 848 zu § 1014 ABGB). Will der Hausverwalter, dem eine Beurteilung der Zahlungswilligkeit bzw. -fähigkeit der einzelnen Wohnungseigentümer eher zuzumuten ist als diesen, der Gefahr begegnen, daß er von ihm vorschußweise ausgelegte Kosten infolge der Insolvenz einzelner W Wohnungseigentümer endgültig selbst tragen muß, so kann er die Vorlage unterlassen oder sich durch entsprechende Vereinbarungen mit den zahlungsfähigen Wohnungseigentümern absichern, denen die Entscheidung überlassen bleiben muß, ob sie bis zur Ausschließung der zahlungsunfähigen Wohnungseigentümer nach § 22 Abs. 1 Z 1 WEG 1975, aus welcher Bestimmung übrigens entgegen der Auffassung der Klägerin nicht abzuleiten ist, daß der Verwalter die zahlungsfähigen Miteigentümer zur Leistung der auf die zahlungsunfähigen Miteigentümer entfallenden rückständigen Zahlungen heranziehen kann, die auf diese entfallenden Kosten übernehmen oder die Folgen einer mangelnden (vollständigen) Deckung der Aufwendungen für die Liegenschaft auf sich nehmen wollen. Daß eine solche Vereinbarung mit dem Beklagten bzw. Dr. Hans D ausdrücklich oder schlüssig getroffen worden wäre, wurde nicht vorgebracht und läßt sich auch nicht aus dem festgestellten Sachverhalt ableiten.

Ob die Klägerin den Beklagten hinsichtlich jener Aufwendungen auf die Liegenschaft, in Ansehung deren eine Solidarhaftung der Miteigentümer der Liegenschaft gesetzlich normiert ist, unter dem Gesichtspunkt des § 1422 ABGB für die von ihr getragenen, auf die Anteile der zahlungsunfähigen Wohnungseigentümer entfallenden Beträge in Anspruch nehmen könnte, kann mangels eines konkreten diesbezüglichen Vorbringens der Klägerin in erster Instanz auf sich beruhen.

Die Rechtssache ist somit entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes schon jetzt iS einer gänzlichen Bestätigung der erstgerichtlichen Abweisung des Mehrbegehrens von 9583 S samt Anhang entscheidungsreif.

Anmerkung

Z55138

Schlagworte

Aufwendungen (des Verwalters einer Wohnungseigentumsanlage): anteilige, Haftung der Wohnungseigentümer, Verwalter (Wohnungseigentum), anteilige Haftung der Wohnungseigentümer, für Aufwendungen, Wohnungseigentümer, anteilige Haftung für Aufwendungen des Verwalters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0050OB00045.82.1005.000

Dokumentnummer

JJT_19821005_OGH0002_0050OB00045_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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