TE OGH 1983/6/16 12Os66/83 (12Os67/83)

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Veröffentlicht am 16.06.1983
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Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juni 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kalivoda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens des Ungehorsams nach § 12 Abs 1 Z 2 MilStG über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Mai 1981, GZ 17 E Vr 889/81-10 und gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 22. Juli 1981, GZ 9 Bs 281/81-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Josef A 17 E Vr 889/81 des Landesgerichtes Salzburg, verletzten das Gesetz:

1.) Das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Mai 1981, ON 10, insoweit damit die Anrechnung (auch) der Vorhaft vom 2. April, 15,45 Uhr bis 4. April 1981, 10,00 Uhr und vom 4. April, 10,50 Uhr bis 6. April 1981, 16,40 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe unterblieb, in der Bestimmung des § 38 Abs 1 Z 1 StGB;

2.) das Unterbleiben der Behebung dieser Gesetzesverletzung durch das Oberlandesgericht Linz zu 9 Bs 281/81

in den Bestimmungen der §§ 489, 477 Abs 1 (§ 281 Abs 1 Z 11) StPO und des § 38 Abs 1 StGB

Gemäß § 292 StPO wird das bezeichnete Urteil dahin ergänzt, daß gemäß § 38 StGB auch die Vorhaft vom 2. April 1981, 15,45 Uhr bis 4. April 1981, 10,00 Uhr, und vom 4. April 1981, 10,50 Uhr bis 6. April 1981, 16,40 Uhr auf die Strafe angerechnet wird.

Text

Gründe:

I. Aus den Akten 17 E Vr 889/81 des Landesgerichtes Salzburg ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der am 28. April 1961 geborene Josef A wurde am 2. April 1981, 15,45 Uhr vom Kompaniekommandanten wegen Nichtbefolgung eines Befehls festgenommen und verblieb bis 4. April 1981, 10,00 Uhr in dieser militärischen Verwahrungshaft (ON 2, S 5 u. 18). Nach neuerlicher Befehlsverweigerung wurde er abermals vom 4. April 1981, 10,50 Uhr, bis 6. April 1981, 10,50 Uhr von der Militärbehörde in Haft angehalten (ON 6, S 29 u. 40) und anschließend durch die Gendarmerie dem landesgerichtlichen Gefangenenhaus eingeliefert (S 19), wo über ihn die Untersuchungshaft aus dem Grunde des § 180 Abs 2 Z 3 StPO verhängt wurde (ON 1, S 2 und ON 4).

Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Mai 1981, ON 10, wurde er des Vergehens des Ungehorsams nach § 12 Abs 1 Z 2 MilStG schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Auf diese wurden zwar die gerichtliche Vorhaft vom 6. April 1981, 16,40 Uhr, bis 7. Mai 1981, 10,15 Uhr (S 64), gemäß § 38 StGB angerechnet, nicht aber die vorangegangenen erwähnten beiden Zeiträume der militärbehördlichen Haft sowie die vom Ende dieser Haft am 6. April 1981, 10,50

Uhr bis zur Einlieferung des Beschuldigten in das Gerichtsgefängnis am gleichen Tag um 16,40 Uhr verstrichene Zeitspanne, in welcher sich der Beschuldigte ersichtlich im Gewahrsam der Gendarmerie befand.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil erwuchs zufolge Berufungsanmeldung durch den Beschuldigten nicht in Rechtskraft; dieser wurde daraufhin enthaftet (S 64 u. ON 10 a). Mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 22. Juli 1981, 9 Bs 281/81

(ON 13), wurde die nicht ausgeführte Berufung des Angeklagten mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung der Berufungspunkte als unzulässig zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Linz unterließ es, den bezeichneten, Nichtigkeit bewirkenden Fehler in der Vorhaftanrechnung urteilsmäßig zu beheben.

II. Die Haftanrechnung im Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Mai 1981, ON 10, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 38 Abs 1 StGB Nach dieser Gesetzesstelle sind unter den in Z 1 und Z 2 genannten Voraussetzungen die verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Verwahrungshaft sowie die Untersuchungshaft ohne Begrenzung nach unten oder oben auf Freiheits- und Geldstrafen anzurechnen. Auch eine auf Grund militärbehördlicher Festnahme (§ 502 StPO) erlittene Haft ist als verwaltungsbehördliche Vorhaft anzurechnen.

Die Nichtanrechnung einer solchen Haft verstößt gegen das Gesetz. Sie verwirklicht - zum Nachteil des Verurteilten - den gemäß §§ 290 Abs 1, 1.Fall (477 Abs 1) StPO auch von Amts wegen aufzugreifenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO (vgl. LSK 1982/37, 9 Os 161/82, 10 Os 103/82 u.a.). Demgemäß hätte auch das Oberlandesgericht Linz gemäß den §§ 489, 477 Abs 1 StPO aus Anlaß der - wenngleich nicht gesetzmäßig ausgeführten (vgl. Mayerhofer-Rieder, E Nr. 15-16 zu § 477 StPO) - Berufung des Beschuldigten von Amts wegen die vorangeführte Nichtigkeit aufzugreifen und mit Urteil die unterbliebene Anrechnung der Vorhaft nachzuholen gehabt. Durch das Unterbleiben der Wahrnehmung dieser materiellrechtlichen Nichtigkeit durch das Berufungsgericht wurde das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 489, 477 Abs 1 (281 Abs 1 Z 11) StPO und § 38 StGB verletzt.

Anmerkung

E04260

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00066.83.0616.000

Dokumentnummer

JJT_19830616_OGH0002_0120OS00066_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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