Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hirnschall als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A und andere wegen des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach § 209
StGB über die vom Angeklagten Peter B gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 8. März 1983, GZ 11 a Vr 101/83-39, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Verlesung der Berufung des Angeklagten und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß dem genannten Angeklagten die im Verfahren AZ 3 Vr 3809/82 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz erlittene Verwahrungs- und Untersuchungshaft vom 17. November 1982, 0,30 Uhr, bis 6. Dezember 1982, 8,00 Uhr, und vom 4. Februar 1983, 8,00 Uhr, bis 8. März 1983, 16,05 Uhr, gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 StGB auf die Strafe angerechnet wird.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde - unter anderen - der am 12. Juli 1962 geborene Hilfsarbeiter Peter B des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen als Beteiligter nach §§ 12, 209 StGB schuldig erkannt und nach § 209 StGB sowie gemäß §§ 31, 40
StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22. Juni 1982, AZ 9 E Vr 1697/82, und das Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 14. Juli 1982, AZ 4 U 986/82, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht beim Angeklagten B als mildernd eine gewisse Enthemmung durch Alkoholgenuß, als erschwerend - im Hinblick auf die Verhängung der Zusatzstrafe - die Begehung strafbarer Handlungen verschiedener Art. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht lehnte das Erstgericht unter Hinweis auf die, wenn auch nicht einschlägigen, so doch nicht unerheblichen unbedingt verhängten Vorstrafen des Angeklagten B und aus generalpräventiven Gründen, nämlich mit dem Hinweis auf die Aufrechterhaltung der Disziplin in gerichtlichen Gefangenenhäusern (gemeint: in Strafvollzugsanstalten), ab.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B wurde vom Obersten Gerichtshof bereits bei der nichtöffentlichen Beratung mit dem Beschluß vom 3. August 1983, GZ 9 Os 111/83-7, zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde hatte der Oberste Gerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen, daß das angefochtene Urteil - was von keiner Seite gerügt wurde - insoweit mit einer Nichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z 11 StPO behaftet ist, als darin die vom Angeklagten B im Verfahren AZ 3 Vr 3809/82 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz erlittene Vorhaft entgegen der Vorschrift des § 38 Abs. 1 Z 2 StGB nicht auf die Strafe angerechnet wurde, obwohl diese Vorhaft - auch im Zeitpunkt der nunmehrigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes - noch nicht auf eine andere, in Vollzug gesetzte Strafe angerechnet wurde. Das Ersturteil war daher gemäß § 290 Abs. 1
StPO in Ansehung des Angeklagten B aus Anlaß dessen Nichtigkeitsbeschwerde entsprechend zu ergänzen.
Der Berufung dieses Angeklagten, der die Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.
Zutreffend ist allerdings das Berufungsvorbringen, wonach das Erstgericht es verabsäumte, dem Berufungswerber - im übrigen auch den Mitangeklagten A und C, die das Urteil unangefochten ließen - als mildernd zuzurechnen, daß die Tat vor Vollendung des 21. Lebensjahres verübt wurde (§ 34 Z 1 StGB).
Zutreffend verweist die Berufung auch auf den dominierenden Einfluß des 'Zellenältesten' Gerhard A als Milderungsgrund, einen Umstand, den das Erstgericht im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung ausdrücklich konstatierte (S 167 d.A).
Allerdings kann - entgegen den Berufungsausführungen - von einer Unbesonnenheit des Berufungswerbers angesichts der Tatausführung, nämlich einer Fesselung des Tatopfers, keine Rede sein.
Eine vernachlässigte Erziehung kann vom Berufungswerber ebenfalls nicht mehr mit Grund als mildernd ins Treffen geführt werden, weil allfälligen Erziehungsmängeln jedenfalls bereits durch die gebotene erzieherische Beeinflussung im Rahmen eines länger dauernden Jugendstrafvollzuges (§ 56 JGG) begegnet wurde und es sich darnach der Berufungswerber selbst zuzuschreiben hat, wenn er solchen positiven Erziehungsmaßnahmen gegenüber unzugänglich blieb.
Das vom Erstgericht gefundene Maß der Zusatzfreiheitsstrafe entspricht jedoch auch unter Beachtung der aufgezeigten weiteren Milderungsumstände im Ergebnis dem vor allem durch eine brutale Mißachtung der Menschenwürde gekennzeichneten Schuldgehalt der Tat und ist auch der Täterpersönlichkeit angepaßt. Es steht letztlich auch in ausgewogener Relation zu den über die Mittäter verhängten Freiheitsstrafen. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, das Strafmaß zu reduzieren.
Angesichts der bereits manifesten kriminellen Persönlichkeitsentwicklung des Berufungswerbers, der selbst in der Strafhaft strafbare Handlungen begeht, fehlt es an den Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 StGB für die Gewährung bedingter Strafnachsicht.
Der Berufung war somit Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E04287European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00111.83.0830.000Dokumentnummer
JJT_19830830_OGH0002_0090OS00111_8300000_000