TE OGH 1983/10/13 6Ob694/83

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Veröffentlicht am 13.10.1983
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Norm

ABGB §879

Kopf

SZ 56/144

Spruch

Ein Bierbezugsvertrag kann aus wichtigen Gründen vorzeitig gelöst werden. Ist die Vertragsbindung infolge ihrer zeitlichen Ausdehnung sittenwidrig, hat der Richter die Bindung unter Bedachtnahme auf die Parteiinteressen auf ein billiges Ausmaß zu verringern

OGH 13. 10. 1983, 6 Ob 694/83 (OLG Innsbruck 1 R 24/83; LG Feldkirch 5 Cg 2687/81)

Text

Josefine D, die Mutter der Beklagten, betrieb ein Gasthaus in B bis 1972; in diesem Jahre übernahm es die Beklagte, die auf Grund des Schenkungsvertrages vom 9. 7. 1976 auch Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 81 KG B, auf der sich das Gasthaus befindet, wurde. Mit Schreiben vom 9. 9. 1970 erklärte sich die klagende Brauerei bereit, für das Gasthaus die gesamte Buffetanlage einschließlich Gläserschrank und Abwaschunterbau im Wert von 65 116 S leihweise unter der Bedingung zur Verfügung zu stellen, daß die Anlage von Josefine D versichert und instand gehalten werde und Josefine D sich überdies zum ausschließlichen Bezug von von der klagenden Partei gebrautem Bier und den von der klagenden Partei erzeugten oder vertriebenen alkoholfreien Getränken auf die Dauer von 20 Jahren verpflichte. Damit erklärte sich die Mutter der Beklagten einverstanden. Außerdem wurde in einem von ihr, der Beklagten und Herlinde D unterfertigten Schreiben vom 1. 10. 1970 zum Ausdruck gebracht, man freue sich über das Schreiben der klagenden Partei vom 9. 9. 1970 und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit. Tatsächlich wurde der Vertrag von beiden Seiten etwa zehn Jahre lang ordnungsgemäß eingehalten. 1980 begann die Beklagte mit dem groß angelegten und grundlegenden Umbau des Gasthauses, das hiedurch völlig verändert und erheblich vergrößert wurde. So ließ die Beklagte Appartements und zusätzliche Fremdenzimmer einrichten und vergrößerte auch das Restaurant erheblich. Hiedurch stieg der Umsatz - allerdings nur infolge vermehrten Speisenabsatzes - auf das Drei- bis Vierfache. Die Beklagte spezialisierte den Betrieb als Speiserestaurant, wobei drei Viertel des Umsatzes durch die Verabreichung von Speisen erreicht werden, während der Umsatz bei Bier und alkoholfreien Getränken etwa gleich geblieben ist. Im Zuge des Umbaues im Herbst 1980 trat die Beklagte an die klagende Partei mit dem Ansinnen heran, ihr ein zusätzliches Anbot als Gegenleistung für den Getränkebezug zu unterbreiten. Es kam in der Folge in ihrem Lokal zu einer Besprechung zwischen ihrem Ehemann, Hugo Z, dem sie die Verhandlungsführung überlassen hatte, und zwei Vertretern der klagenden Partei. Dabei wurde insbesondere auch erörtert, daß der Bezugsvertrag erst 1990 auslaufen werde. Die klagende Partei erklärte sich zur leihweisen Überlassung von Gasthausinventar im weiteren Wert von 150 000 S bereit, wobei sie von der Vorstellung ausging, daß die Beklagte die Auswahl treffen werde. Die Beklagte äußerte sich zu diesem Angebot selbst nicht; ihr Ehegatte bedankte sich hiefür, ohne allerdings ausdrücklich zuzustimmen. Er erkundigte sich vielmehr nach den Folgen, sollte es zu keiner Einigung kommen; die Vertreter der klagenden Partei bedeuteten ihm, daß der Vertrag bis 1990 laufe und die Beklagte ohnedies keine Möglichkeit habe "auszusteigen". Als dies erörtert wurde, war auch die Beklagte zugegen. Etwas später erkundigte sich der Ehegatte der Beklagten bei der klagenden Partei, ob sie zur Übernahme der Bürgschaft für ein Darlehen im Betrag von 1 Mio. S neben der schon erklärten Zusage bereit sei. Das wurde von seiten der klagenden Partei nicht zuletzt auch im Hinblick auf die hohe bücherliche Belastung der Liegenschaft (9 Mio. S) abgelehnt. Auch damals stand die klagende Partei nach wie vor zu ihrem bereits erklärten Angebot und wies erneut auf das aufrechte Vertragsverhältnis hin. Inzwischen hatte sich nämlich die Beklagte wegen der Bürgschaftsübernahme bei der Bierbrauerei F erkundigt. Deren Vorstand, Dr. Walter I, hatte der Beklagten versichert, der Bezugsvertrag mit der klagenden Partei sei sittenwidrig und es sei ein leichtes, aus dem Vertrag auszusteigen. Die Beklagte vertraute auf die Richtigkeit dieses Hinweises und schloß mit der Bierbrauerei F einen neuen Bezugsvertrag ab, mit dem sich diese zur Übernahme der Bürgschaft in Höhe von 1 Mio. S verpflichtete. Einen schon mit der klagenden Partei vereinbarten Termin ließ die Beklagte deshalb unbesucht.

Die klagende Partei hatte der Mutter der Beklagten 1970 bei Vertragsbeginn eine komplette Schankanlage im Wert von 65 116 S leihweise zur Verfügung gestellt. Daraus errechnet sich unter Zugrundlegung des damals üblichen Zinsfußes von 8% für Privatkredite, bezogen auf die Vertragsdauer, eine Annuität von 6632 S. Die klagende Partei sicherte sich um diesen Einsatz einen jährlichen Durchschnittsabsatz von 105 hl a 620 S. Infolge Erhöhung der Kreditzinsrate auf 10% pa. betrug die Annuität in der Folge sogar 10 597 S. Die von der klagenden Partei der Beklagten angebotene Verbesserung des Vertrages um 150 000 S für die restliche Vertragsdauer (= zehn Jahre) bedeutet unter Bedachtnahme auf den Kreditzinsfuß von derzeit 13% eine Annuität von 27 643 S.

In der Zeit von Ostern 1981 (Eröffnung des umgebauten Lokales) bis Ende Oktober 1981 bezog die Beklagte 41 hl Bier und 20 hl alkoholfreie Getränke, jedoch nicht von der klagenden Partei. Durch diesen Umsatzverlust erleidet die klagende Partei einen Schaden von 27 753.85 S.

Die klagende Partei begehrte zuletzt die Feststellung, die Beklagte sei schuldig, bei der klagenden Partei für das Gasthaus in B das gesamte dort zum Ausschank gelangende Bier sowie die alkoholfreien Getränke, soweit sie von der klagenden Partei erzeugt und vertrieben werden, Zug um Zug gegen die leihweise Überlassung von Gasthausinventar im Wert von 150 000 S zuzüglich 18% Umsatzsteuer nach Wahl der Beklagten kaufweise zu beziehen, und den Ersatz ihres mit 27 753.85 S bezifferten Schadens.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete insbesondere ein, sie sei infolge des Umbaues zur Kündigung des Bierlieferungsvertrages, der überdies sittenwidrig sei, berechtigt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und führte in rechtlicher Hinsicht aus, Dauerschuldverhältnisse könnten zwar aus wichtigen Gründen jederzeit aufgelöst werden, doch könne sich kein Vertragspartner auf die Änderung einer als dauernd vorausgesetzten Sachlage berufen, sofern mit der Möglichkeit einer solchen Änderung zu rechnen gewesen sei. Mit einer Lokalvergrößerung habe die Beklagte jedenfalls rechnen müssen; überdies sei damit eine Umsatzsteigerung bei den betroffenen Getränken ohnedies nicht eingetreten. Die ao. Kündigung sei der Beklagten deshalb verwehrt. Der Bezugsvertrag sei auch nicht sittenwidrig, weil die beiderseitigen Leistungen einander angemessen seien. Die Beklagte sei im übrigen durch das zusätzliche Angebot, zu dem die klagende Partei gar nicht verpflichtet gewesen sei, sogar begünstigt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteigt. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und beurteilte den Sachverhalt rechtlich dahin, die Bezugsverträge könnten aus wichtigen Gründen einseitig aufgelöst werden, wenn einem der Vertragsteile die Aufrechterhaltung des Schuldverhältnisses nicht mehr zugemutet werden könne. Der Eintritt eines Sachverhaltes, mit dem schon bei Vertragsabschluß habe gerechnet werden müssen, und von den Parteien in Kauf genommene Veränderungen bildeten keinen solchen wichtigen Grund. Es sei nicht einzusehen, daß selbst eine Absatzsteigerung als ein wichtiger Grund zu beurteilen sei. Beim Bierbezugsvertrag sei es typisch, daß der Bedarf noch unbestimmt sei. Der Wegfall des Vertragszweckes mache ihn anfechtbar. Eine Änderung der Sachlage, mit deren Eintritt die Partei als möglich gerechnet habe, rechtfertige die Anwendung der Umstandsklausel noch nicht. Im Schreiben vom 1. 10. 1970, das auch die Beklagte unterzeichnet habe, sei übrigens auf den Umbau und die damit verbundene Betriebserweiterung geradezu hingewiesen worden. Der Ansicht der Beklagten, der Bezugsvertrag sei infolge krassen Mißverhältnisses zwischen ihrer Bindung und der Gegenleistung der klagenden Partei sittenwidrig, sei entgegenzuhalten, daß Gegenstand des Vertrags keineswegs eine bestimmte Abnahmeverpflichtung, sondern bloß die Bezugsbindung sei, die die Brauerei üblicherweise durch die Bereitstellung von Leihinventar oder durch die Gewährung von Zuschüssen oder Darlehen abgelte. Berücksichtige man die Zusage der klagenden Partei, weiteres Inventar leihweise zur Verfügung zu stellen, und das Ausmaß der Rabattwirkung ihrer Leistungen, bestehe das von der Beklagten behauptete Mißverhältnis zu ihren Lasten nicht. Da die Beklagte keine Abnahmeverpflichtung übernommen habe, könne von einer sittenwidrigen Knebelung nicht gesprochen werden. Auch dem Einwand, die Beklagte müsse für die von ihrer Mutter eingegangene Verbindlichkeit nicht einstehen, komme keine Berechtigung zu. Abgesehen davon, daß die Beklagte ihr Einverständnis in dem auch von ihr unterzeichneten Schreiben vom 9. 9. 1970 zum Ausdruck gebracht habe, habe sie den Vertrag nach Übernahme des Gasthauses zirka zehn Jahre hindurch klaglos eingehalten. Wenngleich die Bestimmung des § 1409 ABGB nicht auch die Verpflichtung, ein Dauerschuldverhältnis nach der Übernahme fortzusetzen, in sich begreife, könne doch kein Zweifel bestehen, daß die Beklagte, die den Inhalt des Bezugsvertrages von Anfang an gekannt habe, Vertragspartnerin der klagenden Partei sei. Die Anfechtung des Vertrages gemäß § 934 ABGB sei ausgeschlossen, weil der Vertrag für die Beklagte ein Handelsgeschäft sei; die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes kämen nicht zur Anwendung, weil die Beklagte Unternehmerin iS des § 1 Abs. 1 KSchG und der Vertrag überdies vor Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sei. Auch die Schadensberechnung des Erstgerichtes sei unbedenklich.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten teilweise Folge und änderte die Urteile der Vorinstanzen insoweit ab, als er die Bezugsbindung der Beklagten nur bis zum 9. 9. 1985 feststellte und das Mehrbegehren abwies.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Soweit die Beklagte meint, sie sei als Übernehmerin der Gastwirtschaft nicht verbunden, das von ihrer Mutter eingegangene Dauerschuldverhältnis fortzusetzen, kann ihr nicht beigepflichtet werden. Die Beklagte hat ihre Zustimmung zum Vertrag schon im Schreiben vom 1. 10. 1970 zum Ausdruck gebracht, jedenfalls aber den Inhalt des Bierlieferungsvertrages gekannt und seit der Übernahme der Gaststätte im Jahre 1972 den Vertrag acht Jahre hindurch "ordnungsgemäß und klaglos" erfüllt; bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, daß die Streitteile die zwischen der klagenden Partei und der Mutter der Beklagten getroffene Vereinbarung auch zur Grundlage ihrer gegenseitigen rechtlichen Beziehungen machten (EvBl. 1977/68; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz. 17 zu § 863). Die Beklagte kann sich schon deshalb nicht darauf berufen, sie sei nicht Vertragspartnerin der klagenden Partei, sodaß es dahinstehen kann, ob die Beklagte auf Grund der Übernahme der Gastwirtschaft gemäß § 1409 ABGB verpflichtet sei, das Dauerschuldverhältnis mit der klagenden Partei fortzusetzen.

Nicht gerechtfertigt sind die Revisionsausführungen auch, soweit die Beklagte darauf beharrt, sie sei zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigt. Zwar kann auch der Bierbezugsvertrag als Dauerschuldverhältnis (Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, I. 157 f.) aus wichtigen Gründen vorzeitig gelöst werden (Ehrenzweig, System[2], II/1, 353), doch setzt die außerordentliche Kündigung voraus, daß die Einhaltung des Vertrages durch außerhalb der Verantwortung des Schuldners liegende Umstände erheblich gefährdet wurde und ihm deshalb nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann (SZ 48/77 ua.; vgl. auch EvBl. 1983/12). Ein Verhalten der klagenden Partei, welches die Beklagte zur unverzüglichen Auflösung des Schuldverhältnisses berechtigte, hat diese nicht einmal behauptet. Die Vergrößerung des Betriebes räumt ihr, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ein solches Recht nicht ein, weil ihr auch die Erhöhung des Umsatzes der vom Vertrag betroffenen Getränke die Einhaltung der vertraglichen Pflichten keineswegs unzumutbar macht; überdies ist durch die Betriebsvergrößerung eine Umsatzsteigerung in einem wesentlichen Ausmaß beim Getränkeabsatz gar nicht eingetreten.

Berechtigung kommt allerdings dem Einwand der Sittenwidrigkeit zu. Nach Lehre und Rechtsprechung (EvBl. 1983/12 mwN; Krejci in Rummel, ABGB Rdz. 86 zu § 879) verstößt der Bierbezugsvertrag weder gegen ein gesetzliches Verbot noch ist er schon an sich sittenwidrig. Dem Bemühen der Brauerei, durch langfristige Absatzverträge Grundlagen für eine wirksame Erzeugungs- und Investitionsplanung zu schaffen, steht die dem Gastwirt damit eröffnete Möglichkeit gegenüber, sich durch Abschluß solcher Verträge von der Brauerei Kredite oder sonst Mittel für die Gründung, den Ausbau oder die Erneuerung seines Betriebes zu verschaffen. Ein Verstoß gegen die guten Sitten kann allerdings darin liegen, daß die Bindung und deren besondere Ausgestaltung im Einzelfall die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und die Selbständigkeit des Gastwirtes derart einengen, daß er in ein Abhängigkeitsverhältnis zur Brauerei gerät, das mit den Anschauungen des redlichen Geschäftsverkehrs nicht mehr vereinbar ist. Ob ein Bierbezugsvertrag sittenwidrig ist, hängt somit einerseits von der Bindungsdauer, zum andern ganz allgemein vom Inhalt, Motiv und Zweck des Vertrages ab; dabei sind die beiderseitigen schutzwürdigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Die Interessen der Brauerei sind umso höher anzusetzen, je bedeutsamer ihre Gegenleistung für die Bindung und je geringer die Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Vertragspartners ist. Im Normalfall ist die Bezugsbindung in der Dauer von 15 Jahren noch zu billigen; nur in Sonderfällen kann eine Bindungsdauer von 20 Jahren hingenommen werden (EvBl. 1983/12 unter Berufung auf BGHZ 74, 298; Krüger - Nieland - Zöller in BGB-RGRK[12], Rdz. 79 zu § 138; vgl. auch NJW 1974, 2089; NJW 1972, 1459 ua.; ferner Mayer - Maly in MünchKomm. Rdz. 70 zu § 138 BGB; Soergel - Hefermehl, BGB[11], Rdz. 106 zu § 138; Staudinger - Dilcher BGB[12], Rdz. 37 zu § 138). Ist die Vertragsbestimmung infolge ihrer zeitlichen Ausdehnung sittenwidrig, bewirkt dies jedoch nicht etwa die Nichtigkeit des gesamten Vertrages. Der Richter hat vielmehr, sofern dem zwingende Parteiinteressen nicht entgegenstehen, die sittenwidrigen Bestimmungen auf ein billiges, nicht mehr zu beanstandendes Ausmaß zu verringern, und damit den Bezugsvertrag unter Bedachtnahme auf die Parteiinteressen mit einer den Umständen angemessenen und daher nicht mehr sittenwidrigen Laufzeit aufrechtzuerhalten (EvBl. 1983/12 mwN; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 169, 214; Soergel - Hefermehl aaO Rdz. 109).

Ein Sonderfall, der eine 20jährige Bindung der Beklagten an die klagende Partei rechtfertigte, ist in den Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen nicht zu erkennen. Die Bezugsbindung umfaßt nicht bloß den Bierabsatz, sondern auch alle von der klagenden Partei erzeugten oder von ihr vertriebenen alkoholfreien Getränke und erstreckt sich über einen Zeitraum, in dem die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens sowie die Änderungen der Marktlage vom Gastwirt auch nicht annähernd abgeschätzt werden können. Wenngleich der Bezugsvertrag keine Mindestabnahmeverpflichtung enthält, ist die Beklagte doch an das Erzeugungsprogramm der klagenden Partei in einem wesentlichen Bereich des Getränkeabsatzes gebunden und kann während der Laufzeit des Vertrages weder auf die Preisgestaltung - etwa durch Ausnützung der Wettbewerbslage - Einfluß nehmen noch einer etwaigen Änderung des Publikumsgeschmackes Rechnung tragen. Dieser langjährigen und weitreichenden Bindung der Beklagten an die klagende Partei steht in der leihweisen Überlassung eines Buffets im Wert von etwa 65 000 S für die Vertragsdauer - auf das nachträgliche Anbot der Überlassung weiteren Inventars im Wert von 150 000 S kann bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit des Vertrages nicht Bedacht genommen werden - keine solche adäquate Gegenleistung gegenüber, daß damit schon eine Ausnahme von der noch zu billigenden Bindungsdauer von 15 Jahren gerechtfertigt erschiene.

Da dem wichtige Parteiinteressen - daß die Beklagte trotz Kenntnis ihrer Bezugsbindung einen Bierlieferungsvertrag mit einer anderen Brauerei abgeschlossen hat, kann nicht als ein solches Interesse berücksichtigt werden - nicht entgegenstehen, war das Ausmaß der Bezugsbindung auf die im Normalfall zu billigende Vertragsdauer von 15 Jahren zu reduzieren, die Zug-um-Zug-Verpflichtung allerdings auszuschalten, weil sich die klagende Partei nur für den Fall der 20 jährigen Laufzeit hiezu erboten hatte.

Anmerkung

Z56144

Schlagworte

Bierbezugsertrag, Kündigung aus wichtigen Gründen, Bierbezugsertrag, Verringerung der zeitlichen Ausdehnung durch Richter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0060OB00694.83.1013.000

Dokumentnummer

JJT_19831013_OGH0002_0060OB00694_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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