TE OGH 1983/11/9 11Os98/83

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Veröffentlicht am 09.11.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.November 1983

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Borotschnik als Schriftführer in der Strafsache gegen Ludwig A und Walter B wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB und anderer Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 21.März 1983, GZ 29 Vr 4.403/80- 167, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Plattner und Dr. Mildner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Kodek zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden, teilweise abweichend von der Anklage, der am 30.April 1947 geborene Kraftfahrer Ludwig A - neben anderen Straftaten, und zwar dem Vergehen der fahrlässigen Krida nach den §§ 159 Abs. 1 Z 1 und 2, 161 Abs. 1 StGB und dem Vergehen nach dem § 114 Abs. 1 und 2 ASVG - und der am 7.Jänner 1932 geborene Walter B zu A I bzw. B I des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2

zweiter Fall StGB (A als Bestimmungstäter nach dem § 12 StGB), B überdies zu B II des Vergehens der versuchten Vollstreckungsvereitelung nach den §§ 15, 162 Abs. 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil in der Zeit vom 15.Juni 1979 bis 30.Juni 1980 in Stans Ludwig A als geschäftsführender Gesellschafter der Firmen A C Ges.m.b.H. & Co. KG, A D Ges.m.b.H. und E Ges.m.b.H. den Walter B durch Aufforderung, durch die Zusage späterer Abdeckung und durch die Äußerung, daß er Geld brauche, weil ansonsten sein Betrieb stillstehen würde, was zur Folge hätte, daß es dann auch für die Forderungen der X und für B selbst schlecht aussehen würde, zu der (nachstehend bezeichneten) strafbaren Handlung laut B I des Schuldspruchs bestimmte (A I des Urteilssatzes); Walter B die ihm als leitendem Angestellten der X durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über deren Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbrauchte und dadurch der X einen Vermögensnachteil zufügte, indem er sich von Ludwig A zu Gunsten der Firmen A C Ges.m.b.H. & Co. KG auf dem Konto Nr. 23.801, A D Ges.m.b.H. auf dem Konto Nr. 25.201 und E Ges.m.b.H. auf dem Konto Nr. 24.951 zu(r) pflichtwidrigen (Gestattung von) Kredit- und Kontoüberziehungen bestimmen ließ, und zwar auch durch Honorierung ungedeckter Schecks, wobei der durch die Tat herbeigeführte Schaden insgesamt 6,167.811 S betrug (B I des Urteilssatzes), und weil Walter B ferner am 25.Jänner 1980 in Schwaz als Schuldner sein Vermögen wirklich verringerte und dadurch die Befriedigung eines Gläubigers, nämlich der X, durch Zwangsvollstreckung zu schmälern versuchte, indem er auf seiner Liegenschaft EZ 230/II KG Stans ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zu Gunsten seiner Ehegattin und seiner Kinder einverleiben ließ, wobei der durch die Tat herbeigeführte, ziffernmäßig nicht feststehende Schaden jedenfalls 5.000 S überstiegen hätte (B II des Urteilssatzes).

(Nur) diese Teile des Schuldspruchs bekämpfen die beiden Angeklagten mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden jeweils aus den Nichtigkeitsgründen des § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO; seine auch gegen den Schuldspruch zu A II (Vergehen der fahrlässigen Krida nach den §§ 159 Abs. 1 Z 1 und 2, 161 Abs. 1 StGB) und III (Vergehen nach dem § 114 Abs. 1 und 2 ASVG) angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde zog der Angeklagte A ausdrücklich zurück.

Überdies wenden sich die Staatsanwaltschaft und die beiden Angeklagten gegen den Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten Ludwig A:

Der Beschwerdeführer vermeint zunächst eine Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO bewirkende Undeutlichkeit und Widersprüchlichkeit der Urteilsgründe darin zu erblicken, daß sich ihnen nicht entnehmen lasse, weshalb in dem schon vor dem 15.Juni 1979 stattgefundenen Einräumen von überziehungskrediten keine Untreue erblickt werde, ohne daß diesbezüglich ein Freispruch vom Anklagevorwurf ergangen sei. Während nämlich die Anklageschrift (ON 142/Bd. V) die Verwirklichung des Tatbildes der Untreue in der Zeit vom 1.Jänner 1979 bis 31.Jänner 1980 durch sogenannte Scheckreitereien und in der Zeit vom 1.Februar 1978 bis 1.Juli 1980 durch Gewährung von überziehungskrediten, sohin durch die gesamte Geschäftstätigkeit des Zweitangeklagten in bezug auf die Firmen des Erstangeklagten mit einer Gesamtschadenssumme von 7,380.681,92 S als verwirklicht ansah, erfaßt der - die beiden Begehungsmodalitäten nicht mehr trennende -

Schuldspruch den Zeitraum vom 15.Juni 1979 (nämlich dem Zeitpunkt der entscheidenden Vorstandssitzung, in dem ein Kreditansuchen des Erstangeklagten abgelehnt und dem Zweitangeklagten aufgetragen wurde, um die eheste Abdeckung der gewährten Kontoüberziehungen bemüht zu sein) bis zum 30.Juni 1980 mit einer Gesamtschadenssumme von 6,167.811 S. Ein formeller Freispruch erging bezüglich der vom Schuldspruch nicht erfaßten Geschäftsfälle nicht.

Gleichwohl ist das Rechtsmittel des Erstangeklagten insoweit nicht zu seinen Gunsten ausgeführt; ebenso wie er den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 7 StPO - wie er selbst einräumt - nicht für sich in Anspruch nehmen kann, kann er das Unterbleiben eines Schuldspruchs (der für den Zeitraum vor dem 15.Juni 1979 bezüglich seiner Person nur wegen versuchter Bestimmung des Zweitangeklagten in Betracht gekommen wäre, weil diesem vom Erstgericht die Begehung der Straftat in dieser Zeit nicht angelastet wurde) nicht (wirksam) anfechten, weil er dadurch nicht beschwert ist. Damit erledigt sich auch die auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gestützte Rüge, die unter Bezugnahme auf die vorstehend zusammengefaßten Ausführungen einen Nichtigkeit aus rechtlichen Gründen bewirkenden Mangel im Fehlen der Feststellung, weshalb die überziehungen bis 15.Juni 1979 keine Untreue im Sinn des § 153 StGB darstellen, erblickt. Soweit der Beschwerdeführer aber aus der unterschiedlichen strafrechtlichen Beurteilung seines Tuns vor und nach dem 15.Juni 1979 eine Widersprüchlichkeit der Urteilsfeststellungen ableiten will und dem Urteil deshalb mangelnde Begründung seiner Täterschaft ab dem 15.Juni 1979

vorwirft, kann ihm gleichfalls nicht gefolgt werden: Das Erstgericht stellte ausdrücklich fest, daß der Beschwerdeführer von dem Befugnismißbrauch des Zweitangeklagten in der Zeit vom 15.Juni 1979 an wußte und daß er sich mit dem der X dadurch entstehenden Schaden abfand, zumal ihm bekannt war, daß seine Firmen im Monat Juni 1979 bereits zahlungsunfähig waren (vgl. den rechtskräftigen Schuldspruch zu A II 2 und S 745 f, 762/VI d.A).

Diese entscheidende Feststellung wurde auch ausführlich und schlüssig, insbesondere damit begründet, daß der Zweitangeklagte dem Erstangeklagten in zahlreichen Gesprächen auseinandergesetzt hatte, nicht die Befugnis zu haben, Kontoüberziehungen dieses Ausmaßes zu dulden, und ihm ein Schreiben der X vom 7.November 1978 zugegangen war, aus dem klar hervorging, daß Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber Walter B weisungsbefugt waren und ihm strikt aufgetragen hatten, weitere Kontoüberziehungen einzuschränken und die bereits stattgefundenen abzudecken (S 760/VI).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist dem Ersturteil auch klar zu entnehmen, welche überlegungen die Annahme des Zeitpunktes 15.Juni 1979 als Beginn des deliktischen Verhaltens im Faktum Untreue bestimmten: Für den Zweitangeklagten ist mit diesem Zeitpunkt die Wissentlichkeit in Ansehung seines Befugnismißbrauches durch die oben erwähnte Vorstandssitzung eindeutig klargestellt; der Beschwerdeführer hinwieder erkannte die Zahlungsunfähigkeit seiner Firmen im Juni 1979 (S 719/VI) und wurde im Sommer 1979 von der J durch Prokurist K aufgefordert, die Scheckreitereien zwischen diesem Bankinstitut und der X zu beenden (S 762/VI).

Soweit der Beschwerdeführer in weiterer Ausführung seiner Rechtsrüge nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO vorbringt, wenn der Zweitangeklagte mangels rechtsgeschäftlicher Befugnisse das Verbrechen der Untreue nicht begehen konnte, könne ihm auch nicht Bestimmung hiezu angelastet werden, ist er auf die folgenden Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten zu verweisen.

Die teilweise nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte und im übrigen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten war daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten Walter B:

Das Schwergewicht der Anfechtung des Schuldspruchs zu B I wegen Untreue zum Nachteil der X bildet, und zwar sowohl in der auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge als auch in der Mängelrüge nach der Z 5 dieser Gesetzesstelle, der Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers, er könne nicht Täter des Sonderdelikts der Untreue sein, weil er - nach den Urteilsfeststellungen - nicht Geschäftsleiter im Sinn des § 4 Abs. 3 KreditwesenG und nicht vertretungsbefugt war; Geschäftsführer und vertretungsbefugt waren vielmehr jeweils zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam. Der Beschwerdeführer war zu keiner rechtsgeschäftlichen Tätigkeit ermächtigt und hatte keine Kompetenzen zu der von ihm eingeräumten Kontoüberziehung. Er hatte vielmehr nur die Befugnis, in dringenden Fällen kurzfristige Kredite bis zu 15.000 S und die überziehung von Konten in laufender Rechnung bis zu 20.000 S zu gewähren.

Von diesen zutreffend wiedergegebenen Urteilsfeststellungen ausgehend vertritt der Beschwerdeführer nun die Auffassung, seine als deliktisch gewertete Tätigkeit sei eine rein faktische gewesen, die aber - wie er ebenfalls darlegt (1 d der Beschwerdeschrift) - auch dem Tatbild der Veruntreuung nicht entspricht. Von dieser Rechtsauffassung her rügt er auch das Fehlen von Feststellungen, die für die rechtliche Beurteilung erforderlich gewesen wären, hinsichtlich der Stellung des Vorstandes und der des Beschwerdeführers dem Vorstand gegenüber sowie hinsichtlich der Art, in der der Vorstand seine Tätigkeit - nach Auffassung der Beschwerde nicht pflichtgemäß -

ausübte (1 e, aa bis jj der Beschwerdeschrift). Eben diese angeblichen Feststellungsmängel werden auch nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO aus dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit gerügt (2 a der Beschwerdeschrift).

Es erübrigt sich jedoch, auf die behaupteten Feststellungsmängel einzugehen, weil die Rüge bereits im rechtlichen Ansatz verfehlt ist und daher die Frage, ob und inwieweit Vorstand und Aufsichtsrat der X ihren Obliegenheiten nachkamen, für die Schuld des Beschwerdeführers irrelevant bleibt. Die Urteilsfeststellungen reichten vielmehr für die abschließende rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht aus, die auch zutreffend ist:

Wie das Erstgericht richtig erkannte und der Beschwerdeführer selbst ausführt, kann Täter der Untreue nur sein, wem durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft die Befugnis eingeräumt wurde, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten. Er muß somit selbständig zu rechtlichen Verfügungen über das Vermögen des Treugebers befugt sein. Für die Untreue reicht es jedoch aus, wenn die ausgeübte Befugnis ihrer Art nach - als Vertretungsmacht - in den Wirkungsbzw. Geschäftskreis des Täters fällt, mag sie auch in ihrer konkreten Gestaltung als Befugnisüberschreitung zu beurteilen sein (SSt. 41/68; 10 Os 37/81; Kienapfel, BT II, RN 24, 27, 32 zu § 153 StGB). Gegenteiliges ist auch den vom Beschwerdeführer zitierten Ausführungen Liebschers im WK, RN 12 zu § 153 nicht zu entnehmen:

Gerade die Gleichstellung der überschreitung des Rahmens der Vertretungsmacht mit dem Fall des - nach allgemeiner Ansicht als Täter einer Untreue nicht in Betracht kommenden - falsus procurator zeigt, daß Liebscher in diesem Zusammenhang nur an eine überschreitung der Befugnisse durch Rechtsgeschäfte denkt, zu denen der Machthaber schon ihrer Art nach nicht befugt war. Der Beschwerdeführer war nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen in gewissen Fällen zur betragsmäßig begrenzten Kreditvergabe und Bewilligung der überziehung von Konten ermächtigt (S 721 f, 765/VI). Die rechtliche (und nicht bloß faktische) Wirksamkeit seiner gegenständlichen Rechtshandlungen zu Lasten der von ihm als weitgehend selbständig agierendem Angestellten vertretenen X bestreitet auch die Beschwerde nicht. Gerade in der vom Beschwerdeführer hervorgehobenen überschreitung der (internen) Kompetenzen liegt der ihm angelastete Befugnismißbrauch. Weil er ohne Zustimmung des Vorstandes, ja gegen dessen erklärte Weisungen, Kredite im festgestellten Umfang gewährte, Kontoüberziehungen ermöglichte und ungedeckte Schecks honorierte, wodurch seinem Machtgeber ein Schaden in Millionenhöhe erwuchs, hat er diesen Schaden zu verantworten. Im Zusammenhang mit der Honorierung ungedeckter Schecks durch die Scheckreiterei zwischen der X und der J hat dies übrigens der Zweitangeklagte selbst eingesehen und sich insofern ausdrücklich schuldig bekannt (S 406/VI). Es kann daher nicht bezweifelt werden, daß der Beschwerdeführer entgegen seinem Vorbringen durch seine Rechtsstellung als leitender Angestellter der X zu den ihm angelasteten Handlungen nach außen hin befugt war und durch sie die ihm im Innenverhältnis gesetzten Grenzen seiner Befugnisse überschritt.

In weiterer Ausführung der Rechtsrüge (1 b der Beschwerdeschrift) bestreitet der Beschwerdeführer das Vorliegen der subjektiven Tatseite hinsichtlich des ihm angelasteten Verbrechens der Untreue. Dabei entfernt er sich jedoch in einer bei Darstellung der Rechtsrüge unzulässigen Weise von den Urteilsfeststellungen: Sowohl die Wissentlichkeit in bezug auf den oben erörterten Befugnismißbrauch als auch den - insoweit ausreichenden - bedingten Vorsatz hinsichtlich des dem Machthaber durch den Befugnismißbrauch entstehenden Schadens stellte das Erstgericht ausdrücklich fest (S 741 ff/VI).

Soweit der Beschwerdeführer aber darauf hinweist, daß er 30 Jahre lang die ihm anvertraute Filiale der X vor Schaden bewahrte und auch im vorliegenden Fall bestrebt war, die Außenstände wieder einbringlich zu machen, vermag er damit nicht die Urteilsfeststellungen zum bedingten Schädigungsvorsatz zu entkräften.

Erfolgloses Bemühen um die Wiedergutmachung des durch sein strafgesetzwidriges Handeln zugefügten Schadens ist für die Lösung der Schuldfrage hier unerheblich. Mit der Behauptung aber, daß es ihm an dem für Untreue 'spezifischen Vorsatz' gefehlt habe, weil er ein riskantes Geschäft in der Hoffnung einging, 'bei Glücken des Geschäftes den Geschäftsherrn zu retten', setzt sich der Beschwerdeführer in Widerspruch zu den erstgerichtlichen Feststellungen, denen zufolge er sich mit einer Vermögensschädigung der X innerlich abfand (S 743/VI).

Ein Begründungsmangel wird des weiteren darin erblickt, daß bestimmte Verfahrensergebnisse im Urteil nicht berücksichtigt worden seien, die gegen den festgestellten bedingten Schädigungsvorsatz sprächen (2 a aa bis ff der Beschwerdeschrift). Auch dieser Vorwurf verfängt nicht. Das Erstgericht erwähnte in seiner überaus ausführlichen Urteilsbegründung bei Erörterung der Verantwortung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den (zwecks Bestimmung des Beschwerdeführers zu weiterer Kreditgewährung unternommenen) Täuschungsversuchen des Erstangeklagten auch dessen Erklärung, er bemühe sich um eine Umschuldung bei der J (S 750/VI), wie übrigens der Beschwerdeführer selbst einräumt. Von einer Unvollständigkeit der Urteilsgründe kann daher insoferne keine Rede sein. Die entscheidende Feststellung über das Vorliegen bedingten Schädigungsvorsatzes für die Zeit vom 15.Juni 1979 an, wurde ausführlich und den Denkgesetzen entsprechend auf das Verhalten des Beschwerdeführers in der Sitzung des Vorstandes der X (unvollständige, ja unrichtige Information dieses Gremiums) und später, vor allem im Zusammenhang mit der vom Erstangeklagten in großem Umfang geübten Scheckreiterei zwischen X und J, das der Zweitangeklagte durch seine Förderung erst ermöglichte, gestützt (S 753 ff/VI). Bei der Hoffnung auf eine Umschuldung ging es, ebenso wie bei den noch zu erörternden Bemühungen um die Einräumung einer Hypothek auf den Grundstücken des Johann A (des Vaters des Erstangeklagten) und bei der (wirtschaftlich wertlosen) persönlichen Haftungsübernahme des Erstangeklagten nur um Versuche des Beschwerdeführers, den zu diesem Zeitpunkt überwiegend bereits eingetretenen Schaden gutzumachen.

Wenn aber der Beschwerdeführer meint, die fehlende Feststellung über die erhoffte Umschuldung wäre auch für das Faktum Vollstreckungsvereitelung (B II) von Bedeutung gewesen, so genügt es, ihm zu entgegnen, daß er seiner eigenen Verantwortung nach am Tag der grundbücherlichen Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf seiner Liegenschaft zu Gunsten seiner Ehefrau und seiner ehelichen Kinder bereits wußte, daß die X von der J mit den nicht gedeckten Schecks des Erstangeklagten rückbelastet wird (S 563, 612/VI).

Gegenüber diesem Wissen um eine wesentliche weitere Vermehrung der Außenstände der X tritt die Bedeutung allfälliger Versprechungen des Erstangeklagten so sehr in den Hintergrund, daß weitere Ausführungen hiezu in den Urteilsgründen entbehrlich waren.

Auch das übrige Vorbringen zu diesem Beschwerdepunkt ist nicht zielführend, zumal das Erstgericht die Verantwortung des Beschwerdeführers ohnedies auch in diesen Belangen erörterte (S 750 ff/VI). Es stellt sich im Kern - zumindest teilweise - lediglich als unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar.

Worin letztlich die Relevanz einer Feststellung, daß der Angeklagte nicht befugt war, einen Rechtsanwalt mit der Eintreibung der Außenstände (gemeint wohl bei den Firmen des Erstangeklagten) zu beauftragen (Pkt. 2 ee der Beschwerdeschrift), liegen soll, ist nicht erkennbar.

Als Aktenwidrigkeit rügt der Beschwerdeführer eine seinem Vorbringen nach unrichtige und unvollständige Wiedergabe von Tatsachen. Er behauptet indes nicht, wie es einer Aktenwidrigkeit entspräche, die unrichtige Wiedergabe des Inhaltes von Urkunden oder Aussagen, sondern die fehlende Deckung getroffener Feststellungen in den Ergebnissen des Beweisverfahrens, der Sache nach somit eine unzureichende Begründung. Auch dies jedoch zu Unrecht:

Die Zeugen Hermann L (S 548 ff/VI), Friedrich B (S 552 ff/VI) und Alfred M (S 556 ff/VI) haben nämlich entgegen dem Beschwerdevorbringen eindeutig deponiert, daß sie sich zufolge ihres Vertrauens zum Beschwerdeführer mit dessen mündlicher Information, A habe sein Konto (nur) um 200.000 S überzogen, begnügten und die vor dem Beschwerdeführer liegenden Computerauszüge nicht in Augenschein nahmen (S 549 f, 553, 557/VI), wobei lediglich die exakte Höhe der vom Beschwerdeführer fälschlich angegebenen überziehung der A-Konten divergierend angegeben wurde (Zeuge M 250.000 S). Daß der Beschwerdeführer den erwähnten Vorstandsmitgliedern wahrheitswidrig erklärte, die Kontoabdeckung sei bis 15.Juli 1979

erfolgt, ist an sich nicht von entscheidender Bedeutung; die diesbezügliche Urteilsfeststellung, der Beschwerdeführer habe (mehrmals) geäußert, es sei alles in Ordnung (S 737, 754/VI), ist jedoch ebenfalls durch die Aussage der genannten Zeugen zumindest dem Sinn nach gedeckt (S 549, 557/VI). Im übrigen hat der Zweitangeklagte selbst eingeräumt, dem Vorstand nach dem 15.Juni 1979 über die Entwicklung der 'A-Konten' nicht mehr berichtet zu haben (S 558, 611/VI).

Ebensowenig liegt eine Widersprüchlichkeit der Urteilsbegründung in Verbindung mit der Würdigung der Aussage des Zeugen N vor, wie sie der Beschwerdeführer darzustellen versucht (Pkt. 2 b cc der Beschwerdeschrift). Denn das Erstgericht brachte in den bemängelten Urteilspassagen nichts anderes zum Ausdruck, als daß optimistische Auskünfte dieses Zeugen über die Wirtschaftslage der 'AUnternehmen' nur noch im ersten Drittel des Jahres 1979

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danach aber nicht mehr - erteilt wurden. Ein Handeln mit (bedingtem) Schädigungsvorsatz des Beschwerdeführers wurde aber erst

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aus anderen Erwägungen - ab einem späteren Zeitpunkt (15.Juni 1979) angenommen. Somit konnte das Schöffengericht berechtigt davon ausgehen, daß die Verantwortung des Angeklagten, er habe im Tatzeitraum wegen positiver Äußerungen (u.a.) des genannten Zeugen auf die wirtschaftliche Bonität der 'A-Unternehmen' vertraut, widerlegt sei.

Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß auch die behaupteten Begründungsmängel dem Urteil durchwegs nicht anhaften. Den Schuldspruch zu B II wegen des Vergehens der Vollstreckungsvereitelung bekämpft der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels aus den bereits zum Faktum Untreue behandelten Gründen hinsichtlich der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit des Erstangeklagten, die für ihn noch nicht im Juni 1979 und auch noch nicht zur Tatzeit (25.Jänner 1980), sondern erst im Juni 1980 gegeben gewesen sei. Dazu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Ist aber die solcherart bekämpfte Feststellung mängelfrei begründet, weicht die Rechtsrüge, es fehle an der inneren Tatseite, weil der Beschwerdeführer zur Tatzeit noch nicht erkennen habe können, daß er haftbar gemacht werde, vom festgestellten Sachverhalt unzulässig ab. Auch wenn der Beschwerdeführer den Bestand einer Schadenersatzforderung negiert, weil keine Untreue vorliege, genügt es, ihn auf die Erledigung seiner diesbezüglichen Bekämpfung des Ersturteils zu B I zu verweisen, wozu noch zu ergänzen ist, daß eine Schadenersatzforderung eine Haftung wegen eines (strafgesetzwidrigen) Delikts gar nicht voraussetzt. Soweit der Beschwerdeführer aber meint, die vorgenommene Einverleibung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zu Gunsten seiner Ehefrau und seiner Kinder sei für die X anfechtbar gewesen, so daß sich dieser gegenüber sein Vermögen nicht verringert habe, übersieht er, daß die Schmälerung der Befriedigung seines Gläubigers durch Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zunächst schon mit der einen solchen exekutiven Schritt hindernden grundbücherlichen Eintragung eintrat. Daß die Forderung allenfalls später, nach erfolgreicher Anfechtung, doch hereingebracht hätte werden können, ändert daran nichts mehr (vgl. LSK 1982/137 und 138). Auch der Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten war daher der Erfolg zu versagen.

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagten unter Heranziehung des § 28 StGB nach dem 2.Strafsatz des § 153 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Ludwig A unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6.April 1981, GZ 29 Vr 3.953/80-5, im Ausmaß von zwei Jahren und neuneinhalb Monaten und über Walter B im Ausmaß von zwei Jahren, wobei bei diesem Angeklagten der Vollzug der Freiheitsstrafe gemäß dem § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht beim Angeklagten Ludwig A als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, eine einschlägige Vorstrafe wegen Vergehens nach dem § 114 ASVG, die Begehung von Straftaten während eines anhängigen Strafverfahrens, den die qualifikationsbegründende Wertgrenze von 100.000 S bei der Untreue um ein Vielfaches übersteigenden hohen Schaden, den hohen volkswirtschaftlichen Schaden bei der fahrlässigen Krida sowie deren zweifache Qualifikation, die Wiederholung aller drei strafbaren Handlungen, die Begehung der Untreue durch einen langen und der fahrlässigen Krida durch einen sehr langen Zeitraum und schließlich den Umstand, daß der Angeklagte A bei der Untreue den Zweitangeklagten massiv zur Tatausführung bestimmte, als mildernd hingegen das Teilgeständnis zur fahrlässigen Krida und zum Vergehen nach dem § 114 ASVG sowie die teilweise Schadensgutmachung bei diesen beiden Delikten.

Bei Bemessung der über den Angeklagten Walter B verhängten Strafe zog das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, den die qualifikationsbegründende Wertgrenze um ein Vielfaches übersteigenden hohen Schaden bei der Untreue, deren Wiederholung und Begehung durch lange Zeit sowie den Mißbrauch der Vertrauensstellung bei der X; als mildernd demgegenüber den Umstand, daß der Angeklagte B bisher einen ordentlichen Lebenswandel führte und die Taten mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen, ferner den Umstand, daß seine Aussagen wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrugen, seine Verleitung zur Untreue durch Ludwig A, sein ernstliches Bemühen, den der X verursachten Schaden am Ende seiner Geschäftsführertätigkeit noch gutzumachen und letztlich der Umstand in Betracht, daß die Vollstreckungsvereitelung nur bis zum Versuch gedieh. Den Strafausspruch bekämpfen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Angeklagten mit Berufung: Während Ludwig A und Walter B die Herabsetzung der Freiheitsstrafe, Ludwig A auch die Gewährung bedingter Strafnachsicht, anstreben, begehrt die Staatsanwaltschaft in Ansehung beider Angeklagter die Erhöhung der Freiheitsstrafen und bei Walter B auch die Ausschaltung des Ausspruches über die bedingte Strafnachsicht.

Keine der Berufungen ist berechtigt.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt. Sie bedürfen in Ansehung des Angeklagten Walter B nur insofern einer Korrektur, als der Vertrauensmißbrauch ein Charakteristikum der Untreue ist und somit auf Grund des Doppelverwertungsverbotes nicht gesondert als Erschwerungsgrund berücksichtigt werden kann.

Eine Abwägung der Strafzumessungsgründe und die Beachtung des Umstandes, daß der Angeklagte Walter B den Schaden - wie dies aus den im Gerichtstag vorgelegten Zahlungsbestätigungen und Belegen hervorgeht - weitgehend gutmachte, ergibt, daß einerseits die Strafen vom Schöffengericht keineswegs zu gering bemessen und andrerseits auch die qualifizierten Voraussetzungen der bedingten Strafnachsicht nach dem § 43 Abs. 2 StGB bei Walter B zu Recht als gegeben angenommen wurden. Für eine Korrektur des Strafausmaßes oder die Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht, wie von der Staatsanwaltschaft begehrt, besteht folglich kein Anlaß. Aber auch das Berufungsvorbringen der Angeklagten schlägt nicht durch.

Daß über Ludwig A vom Erstgericht eine unbedingte und mit 2 Jahren und 9 1/2 Monaten das beim Mitangeklagten B gefundene Strafausmaß merklich übersteigende (Zusatz-) Freiheitsstrafe verhängt wurde, erscheint sachlich durchaus gerechtfertigt. Allein der Umstand, daß sich der - zum Teil einschlägig vorbestrafte -

Angeklagte A außer dem auch B zur Last liegenden Verbrechen der Untreue (wenn auch in anderer Beteiligungsform) noch zwei weitere strafbare Handlungen zuschulden kommen ließ, wobei das Vergehen der fahrlässigen Krida nach den Urteilsfeststellungen einen hohen volkswirtschaftlichen Schaden verursachte, erfordert eine deutlich strengere Sanktion. Im Zusammenhang mit den weiteren, vom Erstgericht in übereinstimmung mit der Aktenlage festgestellten Erschwerungsgründen entspricht daher die in erster Instanz gefundene Strafe dem Unrechts- und Schuldgehalt der Taten.

Damit kommt aber schon wegen der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe eine bedingte Strafnachsicht nicht in Betracht.

Entgegen dem Berufungsvorbringen des Angeklagten Walter B hielt ihm das Erstgericht seine bisherige Unbescholtenheit sehr wohl zugute. Dieser Umstand geht im zitierten Milderungsgrund des bisherigen ordentlichen Lebenswandels auf. Auch den übrigen in der Berufung angeführten Gründen, die die Taten dieses Angeklagten in milderem Licht erscheinen lassen könnten, wurde im erstgerichtlichen Strafausspruch bereits ausreichend Rechnung getragen. Eine Strafermäßigung ist sohin auch hier nicht geboten.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04417

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00098.83.1109.000

Dokumentnummer

JJT_19831109_OGH0002_0110OS00098_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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