TE OGH 1984/6/19 5Ob73/83

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Veröffentlicht am 19.06.1984
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Norm

ABGB §1486 Z1
WEG §5 Abs1
WEG §17 Abs1
WEG §19 Abs1

Kopf

SZ 57/111

Spruch

Liegt für eine Wohnungseigentumsanlage noch keine rechtskräftige Nutzwertfestsetzung vor, so kann der gemeinsame Verwalter die von ihm vorbehaltlich der endgültigen Nutzwertfestsetzung von den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern eingeforderten Vorschüsse auf sein Verwaltenhonorar und auf die von ihm gemachten Aufwendungen nach den voraussichtlichen Ergebnissen des Nutzwertfestsetzungsverfahrens schätzungsweise berechnen und den Wohnungseigentumsbewerbern anlasten. Bis zur rechtskräftigen Nutzwertfestsetzung können diese Forderungen nicht verjähren

OGH 19. 6. 1984, 5 Ob 73/83 (OLG Wien 1 R 82/83; KG St. Pölten 3 Cg 227/77)

Text

Der Beklagte benützt seit dem 16. 9. 1971 das im Erdgeschoß des Geschäftstraktes Block D der Wohnungseigentumsanlage S-Straße 35-109 in S gelegene Geschäftslokal Nr. 4 samt dem dazugehörigen Keller. Diese Anlage wurde in den Jahren 1969 bis 1973 in mehreren Bauetappen vom FW-Verein (VFW), der dabei als Wohnungseigentumsorganisator auftrat, auf der damaligen Liegenschaft EZ 1283 des Grundbuches über die KG S errichtet und im Jahre 1978 derart geteilt, daß die dort erbauten 32 Reihenhäuser nun in der neugebildeten Liegenschaft EZ 1354 und alle übrigen Baulichkeiten, darunter der Geschäftstrakt Block D mit seinen vier Geschäftslokalen, jetzt in der neugebildeten Liegenschaft EZ 1353 desselben Grundbuches vereint sind. Die zuletzt bezeichnete Liegenschaft steht im Miteigentum des VFW (2/3) und der BUWOG (1/3); das sie betreffende Nutzwertfestsetzungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. In dem mit dem VFW am 4. 7. 1967 geschlossenen Vertrag hat sich der Beklagte verpflichtet, einen durch die zuständige Behörde im Parifizierungsverfahren ziffernmäßig noch zu bestimmenden Anteil der Liegenschaft entsprechend dem im Geschäftstrakt Block D gelegenen Lokal, an welchem Wohnungseigentum eingeräumt werde, zu erwerben; er nahm zugleich zustimmend zur Kenntnis, daß die Verwaltung des fertiggestellten Hauses durch den VFW oder eine von ihm beauftragte Verwaltungskanzlei besorgt und hiefür von ihm eine Verwaltungsgebühr in der in den Richtlinien der zuständigen Innung festgelegten Höhe eingehoben wird. Die Klägerin wurde vom VFW beauftragt, sämtliche Gebäude dieses Vereins zu verwalten; sie verwaltet auch die ursprünglich vereinten und nun geteilten Wohnungseigentumsanlagen in der S-Straße 35-109 in S. Im Rahmen dieser Verwaltungstätigkeit verlangte sie von den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern Akontozahlungen für die Darlehenstilgung, die Betriebskosten, für die Heizkosten uä. und wies in entsprechenden Schreiben an die Wohnungseigentumsbewerber auch darauf hin, daß es sich um vorläufig ermittelte Beträge handle, deren Berichtigung und Rückverrechnung nach Vorliegen des Parifizierungsbescheides erfolgen werde. Erstmals im Jahre 1974 erstellte sie eine Globalabrechnung für die gesamte - damals noch ungeteilte - Liegenschaft, gab sie den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern mit Rundschreiben vom 1. 10. 1974 bekannt und lud diese ein, die Abrechnung bei den Hauswarten und die Originalbelege in ihrer Zweigstelle in S einzusehen; sie verwies darauf, daß die Betriebskosten gemäß § 8 WEG 1948 nach Liegenschaftsanteilen aufzuteilen seien und daß auf die unterschiedlichen Fertigstellungszeitpunkte der Gebäude Bedacht genommen worden sei. Im September 1975 erstellte sie einen Entwurf für eine Vereinbarung nach § 19 WEG 1975, die jedoch nicht zustande kam. Mit ihrem Rundschreiben vom 29. 12. 1976 gab die Klägerin den Wohnungseigentumsbewerbern die Beträge der Gesamtabrechnung für die Jahre 1969 bis 1974 unter Zugrundelegung des Nutzwertbescheides des Magistrates der Stadt St. Pölten vom 25. 11. 1976 - für die einzelnen Gebäudeblöcke summarisch - bekannt, wobei sie die unterschiedlichen Fertigstellungstermine der einzelnen Blöcke nach einem "gewogenen Schlüssel" berücksichtigte; für das Geschäftslokal des Beklagten berechnete sie einen Anteil von 1021/27826 und verrechnete die Heizkosten mangels eingebauter Verdunstungsmeßgeräte nach Nutzflächen. Der bezeichnete Nutzwertbescheid des Magistrates der Stadt St. Pölten ist zufolge Anrufung des Gerichtes außer Kraft getreten. Die Gesamtaufwendungen der Klägerin für den Geschäftstrakt Block D (Betriebskosten, Heizungskosten, Verwaltungsleistungen) für die Jahre 1971 bis 1977 betragen 722 456.47 S. Bei Zugrundelegung eines Nutzwertanteiles des Geschäftslokales des Beklagten von 51.317 vH errechnet sich die Schuld des Beklagten an die Klägerin, die mit ihren Leistungen in Vorlage getreten ist, mit 370 742.99 S. Auf seine Schuld hat der Beklagte mit der Widmungserklärung, daß er ausschließlich Betriebskosten, und zwar in erster Linie für das Jahr 1978, dann für das Jahr 1977 und zuletzt für das Jahr 1976 zahlen wolle, im Oktober 1978 100 000 S an die Klägerin überwiesen; da hievon jedoch 39 855.55 S auf die Betriebskosten für das Jahr 1978 entfallen - die nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites sind -, ist nur der Betrag von 60 144.45 S auf die Schuld von 370 742.99 S gutzubringen, sodaß die Restschuld 310 598.54 S beträgt.

Mit der am 4. 7. 1977 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin zuletzt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 314 758.79 S (samt stufenweise berechneter Zinsen von 7 vH pa. aus dem Titel Schadenersatz) für die von ihr vorgestreckten Zahlungen und Verwaltungsleistungen bei der Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage. Der Verjährungseinrede des Beklagten hielt die Klägerin entgegen, daß sie ihre Forderungen vor der Nutzwertfeststellung nicht habe fälligstellen können; vorher habe sie nur angemessene Vorschüsse verlangen können.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 310 598.54 S samt 7 vH Zinsen aus 295 198.58 S vom 21. 6. 1977 bis 4. 4. 1978, aus 370 742.99 S vom 5. 4. 1978 bis 30. 9. 1978 und aus 310 598.54 S seit 1. 10. 1978 sowie 18 vH Umsatzsteuer von den Zinsen; das Mehrbegehren auf Zahlung von 4 160.25 S samt 7 vH Zinsen seit 1. 10. 1978 und 7 vH Zinsen aus 75 544.41 S vom 21. 6. 1977 bis 4. 4. 1978 wies es ab. Die Klägerin sei vom VFW, dem Mehrheitseigentümer der Liegenschaft und Wohnungseigentumsorganisator, mit der Verwaltung der Wohnhausanlage beauftragt worden. Als Verwalter des gemeinschaftlichen Gutes habe sie Anspruch auf Ersatz aller zur Besorgung des Geschäftes notwendig oder nützlich gemachten Aufwendungen. Dem Beklagten sei auf Grund seines Vertrages mit dem VFW vom 4. 7. 1967 ein zu dieser Anlage gehöriges Geschäftslokal zur Benützung übergeben worden; er sei Wohnungseigentumsbewerber iS des § 23 WEG 1975 und habe als solcher einen Anspruch auf Einverleibung seines Eigentumsrechtes. Die Verwaltertätigkeit der Klägerin erstrecke sich auch auf sein Geschäftslokal. Der Klageanspruch sei nicht verjährt, weil die Fälligkeit und damit der Beginn der Verjährungsfrist die endgültige Bestimmtheit der zu erbringenden Leistungen voraussetze und vor der rechtskräftigen Nutzwertfeststellung der Lauf der Verjährungsfrist nicht beginnen könne. Bisher sei aber der Nutzwert nicht festgestellt worden. Die Klägerin habe erst auf Grund des in diesem Rechtsstreit eingeholten Sachverständigengutachtens die endgültige Bezifferung ihrer Ansprüche vorgenommen. Es erübrige sich deshalb eine Erörterung der Frage, ob der Klageanspruch in drei oder in dreißig Jahren verjähre (§§ 1486 bzw. § 1478 ABGB). Selbst wenn man annehme, daß die Klägerin bereits auf Grund des - später wieder außer Kraft getretenen - Bescheides des Magistrates der Stadt St. Pölten vom 25. 11. 1976 in der Lage gewesen wäre, eine Verwaltungsabrechnung vorzunehmen, so sei in Hinblick auf die am 4. 7. 1977 beim Gericht eingebrachte Klage der Anspruch nicht verjährt. Der Beklagte habe zu den bis 1977 angefallenen Liegenschaftsaufwendungen in dem Verhältnis beizutragen, der dem Liegenschaftsanteil seines Geschäftslokals entspreche. Alle von der Klage erfaßten Aufwendungen gehörten zu jenen, die § 19 Abs. 1 WEG 1975 bezeichnet. Bereits § 8 Abs. 1 des WEG 1948 habe gleiches bestimmt. Eine abweichende Vereinbarung sei zwar zulässig, sie sei aber nicht getroffen worden. Die Klägerin habe also so lange keine endgültige Abrechnung vornehmen können, als nicht eine rechtskräftige Nutzwertfeststellung oder eine Einigung sämtlicher Miteigentümer der Anlage über einen anderen Verteilungsschlüssel als dem nach Nutzwerten vorliege. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Ing. H, welches allen für die Nutzwertfeststellung nach dem WEG 1975 maßgeblichen Grundsätzen Rechnung trage, betrage das Verhältnis zwischen dem auf das Geschäftslokal des Beklagten entfallenden Nutzwertanteil und den Nutzwerten aller Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft 526:24 748. Die Klägerin habe jedoch bei der Berechnung des Anteiles des Beklagten in teilweiser Abweichung von der Regelung des § 19 WEG 1975 iS einer nicht zustande gekommenen Vereinbarung zwischen allgemeinen und direkten Betriebskosten der einzelnen Gebäudeblöcke unterschieden und die letzteren nur innerhalb der Blöcke gesondert berechnet und dort anteilsmäßig aufgeteilt. Dabei seien auf den Block D wesentlich geringere direkte Betriebskosten entfallen als auf die anderen Blöcke der Liegenschaft. Diese Berechnungsart sei für den Beklagten wesentlich günstiger als die nach § 19 WEG 1975 gebotene Berechnung, sodaß sie in diesem Verfahren anwendbar sei. Dies gelte insbesondere für die Heizkosten, denn auch dafür bedürfte es einer Vereinbarung zwischen den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern der dort befindlichen Geschäftslokale, anderenfalls müsse nach dem Anteilschlüssel aufgeteilt werden. Eine Aufteilung nach dem tatsächlichen Verbrauch sei rückwirkend undurchführbar, weil der vom Beklagten installierte Kalorienzähler erst seit dem Jahre 1977 funktioniere. Der Sachverständige B sei in seinem Gutachten der Berechnung der Klägerin insoweit gefolgt, als auch er zwischen allgemeinen und direkten Betriebskosten unterschieden und sämtliche auf den Block D entfallenden Betriebskosten gesondert berechnet und sodann innerhalb dieses Blocks den Anteil des Beklagten ermittelt habe; dabei habe er allerdings den vom Magistrat der Stadt St. Pölten in dem - später außer Kraft getretenen - Bescheid vom 27. 11. 1976 angenommenen Nutzwertschlüssel zugrunde gelegt. Bei Anwendung des Gutachtens des Sachverständigen Ing. H müsse der Anteil des Beklagten entsprechend umgerechnet werden. Dies habe die Klägerin bei der endgültigen Bestimmung ihres Klageanspruches auch getan. Der dabei verwendete Schlüssel sei auch sachgerecht; es bestunden auch gegen den für die Zeit bis zum Jahre 1973 in Hinblick auf die unterschiedlichen Fertigstellungszeitpunkte der einzelnen Gebäudeblöcke angewandten "gewogenen" Schlüssel keine Bedenken, zumal dieser nur geringfügig vom endgültigen Nutzwertschlüssel abweiche und gleichfalls entsprechend umgerechnet worden sei. Der Anteil des Beklagten an den auf den Block D entfallenden Betriebskosten und Heizkosten betrage für sein Geschäftslokal (Nr. 4) 51.317 vH. Es sei aber das anteilige Verwaltungshonorar der Klägerin offenbar versehentlich nicht entsprechend umgerechnet worden; er betrage richtig 9 917.57 S anstatt 17 424 S. Wegen seines schuldhaften Zahlungsverzuges müsse der Beklagte auch die Kosten der Inanpruchnahme von Fremdkapital ersetzen.

Das Berufungsgericht änderte in teilweiser Stattgebung der Berufung des Beklagten die Entscheidung ab: Es bestätigte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 197 483.68 S samt stufenweise berechneter Zinsen und wies das Mehrbegehren (117 275.11 S samt Zinsen) ab. Unter Zugrundelegung sämtlicher Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichtes und teilweiser Ergänzung dieser Feststellungen kam es im wesentlichen zu folgenden rechtlichen Schlußfolgerungen: Der Beklagte habe den VFW bevollmächtigt, mit der Verwaltung der Anlage einen gewerbsmäßigen Gebäudeverwalter zu betrauen; dieser Bevollmächtigung sei im Innenverhältnis eine entsprechende Ermächtigung zugrunde gelegen. Der VFW habe von der ihm erteilten Vollmacht Gebrauch gemacht und die Klägerin mit der Verwaltung betraut. Dadurch seien unmittelbare Rechtswirkungen auch in der Person des Beklagten eingetreten. Die Klägerin sei deshalb als (auch) vom Beklagten bestellter Verwalter berechtigt, von ihm die Bezahlung des Verwalterhonorars und den Ersatz des notwendig oder nützlich gemachten Aufwands zu begehren. Wenngleich der Beklagte weder Wohnungseigentümer noch Miteigentümer des von ihm benützten Geschäftslokals sei, müßten hier dennoch die Bestimmungen des 16. Hauptstückes des ABGB zumindest analog angewendet werden; die Wohnungseigentumsbewerber, darunter der Beklagte, benützten bereits seit Jahren die Wohnungseigentumsanlage; es sei von ihnen ein einer Miteigentumsgemeinschaft entsprechender Zustand geschaffen worden, sodaß auf sie die gemeinschaftlichen Lasten (und Nutzungen) nach dem Verhältnis ihrer Anteile auszumessen seien (§ 839 ABGB). Primär wäre zur Bestimmung ihrer Anteile eine von ihnen privatautonom getroffene Vereinbarung maßgeblich; in Ermangelung einer solchen Vereinbarung - wie hier - seien die Kriterien letztlich im erworbenen Grundanteil, dem Ausmaß der benützten Fläche oder einer sonst den Umständen besser entsprechenden tatsächlichen Übung zu finden. Die diesfalls von der Klägerin angewandten Aufteilungsgrundsätze hinsichtlich der Betriebskosten durch Teilung in allgemeine und besondere Betriebskosten erschienen auch dem Berufungsgericht unbedenklich, weil dadurch die Betriebskostenanteile des Beklagten jedenfalls günstiger ermittelt werden, als wenn bloß der vom Sachverständigen Ing. H ermittelte Nutzwertanteil zur Berechnung herangezogen werde. Es möge sein, daß dieser Schlüssel für den Beklagten - wie er behauptet - nachteilig sei, doch sei dies hier bedeutungslos; allfällige Ersatzforderungen, die sich bei der Berechnung seines tatsächlichen Heizaufwandes ergeben könnten, könne er ja gegen den weiteren Miteigentums- und Wohnungseigentumsbewerber im Gebäudeblock D geltend machen, wenn er für diesen einen Aufwand gemacht haben sollte, den dieser hätte tragen müssen. Sein Recht auf Festsetzung der Nutzwerte habe der Beklagte bisher nicht durchgesetzt. Eine auch nur analoge Anwendung der Verwaltungsvorschriften des WEG 1975, etwa auch der Antragsrechte nach § 19, finde nach überwiegender Lehre und einheitlicher Rechtsprechung (MietSlg. 30 571, 30 573, 32 500 uva.; Würth, Der Wohnungseigentumsbewerber, JBl. 1979, 57 ff., 60) nicht statt. Der Beklagte könne sich deshalb nicht iS der dort vorgesehenen Möglichkeiten daran orientieren, daß er nur die von ihm tatsächlich aufgewendeten Betriebs- und Heizungskosten zu ersetzen habe. Bestunden bezüglich der Bezahlung von Aufwendungen, insbesondere Betriebskosten, grundsätzlich keine Bedenken, die Wohnungseigentumsbestimmungen subsidiär analog anzuwenden, da es sich um ein rechtlich gleiches oder ähnliches Verhältnis des einzelnen, bloß obligatorisch Berechtigten zum Verwalter der Wohnungsanlage handle; bloße Gemeinschaftsrechte, insbesondere Verwaltungsrechte, stunden einem Wohnungseigentumsbewerber aber nicht zu (Würth aaO). Das Erstgericht sei mit Recht davon ausgegangen, daß auch vor der behördlichen Nutzwertfeststellung die Fälligkeit der Klageforderung eintreten könne und daß es zu deren näherer Bestimmung eines "Nutzwertgutachtens" bedürfe. Gegen die zahlenmäßigen Ausführungen der beiden Sachverständigen Ing. H und B habe der Beklagte gar nichts vorgebracht, sodaß die vom Erstgericht auf Grund der Ergebnisse der beiden Gutachten vorgenommenen Berechnungen der Betriebskostenanteile des Gebäudeblocks D rechtlich unbedenklich seien.

Berechtigt sei aber der Verjährungseinwand des Beklagten. Nach herrschender Auffassung der Rechtsprechung (SZ 52/137) verjähre sowohl der Honoraranspruch des Hausverwalters als auch sein Anspruch auf Ersatz bevorschußter Auslagen (Betriebskosten) binnen 3 Jahren; der Lauf der Verjährungsfrist beginne, wenn der Geltendmachung des Anspruches kein rechtliches Hindernis, etwa mangelnde Fälligkeit, mehr im Wege stehe. Zwischen dem Verwalter und dem Wohnungseigentümer - analog auch dem Wohnungseigentumsbewerber - bestehe ein Dauerauftragsverhältnis, das den Verwalter zur Abrechnung in bestimmten Rechnungsperioden - hier zum jeweiligen 31.

12. eines jeden Jahres - verpflichte. Für den Lauf der Verjährungsfrist sei das Ende des Abrechnungszeitraumes maßgeblich, und bei Fehlen einer Vereinbarung komme es mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung auf die Verkehrsübung an (EvBl. 1971/119). Bestehe keine besondere Vereinbarung, so sei der Aufwandersatzanspruch des Verwalters ohne unnötigen Aufschub fällig (§ 904 ABGB). Er könne seinen Aufwand auch ersetzt verlangen, wenn er noch keine Rechnung gelegt habe, müsse aber diesen Anspruch auf andere Weise beweisen (MietSlg. 27 104). Hier komme das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß alle von der Klägerin bis zum 31. 12. 1973 geltend gemachten Ansprüche (Betriebskosten und Heizkostenaufwand) verjährt seien. Die im Vertrag des Beklagten mit dem VFW am 4. 7. 1967 in Aussicht genommene behördliche Nutzwertfestsetzung, die bisher nicht erfolgt sei, stelle keine Voraussetzung für die Fälligkeit der Klageforderung und den Beginn der Verjährungsfrist. Für die Annahme eines Verzichtes des Beklagten auf die Verjährungseinrede böten die Urteilsfeststellungen keine Grundlage.

Die vom Erstgericht angewendeten und auch sonst zu billigenden Berechnungsmethoden könnten nur in diesem Streitfall zwischen den Parteien Gültigkeit haben. Bei ihrer Anwendung seien die jeweils für die Jahre 1971 bis 1973 aufgelaufenen Betriebskosten von 90 737.65 S und Heizungskosten von 129 686.11 S (insgesamt also 220 423.76 S) von der Klageforderung abzuziehen. Demgemäß belaufe sich der auf den Beklagten bei Anwendung des Nutzwertschlüssels von 51.317 vH entfallende Betrag auf 257 628.13 S. Davon sei noch die für die Jahre 1976 und 1977 zu den Betriebskosten zu veranschlagende Teilzahlung des Beklagten von 60 144.45 S abzuziehen, sodaß sich seine Restschuld letztlich auf 197 483.68 S belaufe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge. Über Revision der Klägerin stellte der OGH das Urteil des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die - auch mit dem Willen des beklagten Wohnungseigentumsbewerbers - vom Wohnungseigentumsorganisator VFW zur Verwalterin der Wohnungsanlage bestellte Klägerin von den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern, also auch vom Beklagten, laufend Akontierungen für die von ihr vorgeschossenen Aufwendungen bei der Verwaltung der Anlage mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf verlangt, daß es sich um vorläufig ermittelte Beträge handle, deren Berichtigung und Rückverrechnung nach Vorliegen des Parifizierungsbescheides erfolgen werde. Da es eine andere Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentumsbewerbern und dem VFW oder der Klägerin direkt nicht gab, entsprach dieser Hinweis durchaus der objektiven Rechtslage; ihre Verwaltungsleistungen sind von den Wohnungseigentumsbewerbern entsprechend zu honorieren; es müssen ihr auch die dabei vorgeschossenen Beträge für die Aufwendungen an dem verwalteten Objekt erstattet werden. Sowohl nach dem 16. Hauptstück des ABGB (§ 839) als auch nach dem Wohnungseigentumsrecht (§ 8 WEG 1948 bzw. § 19 WEG 1975) sind die Aufwendungen für die gemeinsame Liegenschaft von den Teilhabern der Gemeinschaft nach ihren Anteilen zu tragen, wenn keine andere Regelung vertraglich getroffen wurde. Diese gesetzlichen Regelungen sind in Ermangelung einer anderslautenden Vereinbarung für das Stadium der Entfaltung einer auf die zukünftige Begründung von Wohnungs- und Miteigentum zielenden Personengemeinschaft vergleichsweise heranzuziehen, denn es kann in aller Regel angenommen werden, daß es das gemeinsame Ziel aller Wohnungseigentumsbewerber ist, möglichst bald die Rechtsstellung als Wohnungs- und Miteigentümer zu erlangen, sodaß auch die anteilige Verrechnung der Verwaltungsaufwendungen schon in diesem Stadium möglichst nahe an das Ergebnis der Nutzwertfeststellung herangebracht werden soll. Liegt - wie dies hier der Fall ist - keine rechtskräftige Nutzwertfeststellung durch die zuständige Behörde vor, so kann der gemeinsame Verwalter die von ihm vorbehaltlich der endgültigen Nutzwertfeststellung von den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern eingeforderten Vorschüsse auf sein Verwalterhonorar und auf die von ihm gemachten Aufwendungen nach den voraussichtlichen Ergebnissen des Nutzwertfeststellungsverfahrens - also unter Beachtung der dabei geübten Methoden - schätzungsweise berechnen und den Wohnungseigentumsbewerbern anlasten. Da es sich dabei nur um die Ermittlung angemessener Vorschüsse handeln kann, ist der Verwalter nicht gezwungen, ein dem gesetzlichen Verfahren gleichartiges (privates) Feststellungsverfahren - etwa durch Beiziehung von Sachverständigen uä. - abzuführen; dies könnte schon wegen seiner Kostenaufwendigkeit nicht gebilligt und den Wohnungseigentumsbewerbern deshalb auch nicht zugemutet werden. Es kommt vielmehr nur darauf an, ihnen angemessene Vorschüsse zu verrechnen, die nach Möglichkeit dem zu erwartenden Ergebnis des behördlichen Nutzwertfeststellungsverfahrens nahekommen.

Diesem Gebot entsprach jedenfalls die zuletzt von der Klägerin in diesem Verfahren der Feststellung ihrer Forderung zugrunde gelegte Berechnungsmethode, der sich - im Ergebnis gleichartig - sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht mit nicht erheblichen Auffassungsunterschieden anschlossen. Dem ist schließlich auch deshalb beizupflichten, weil es - wie beide Vorinstanzen übereinstimmend erkannt haben - für den Beklagten eine - wenigstens vorläufig - geringere Belastung brachte als bei Anwendung der (unterschiedlichen) Methoden, die die Vorinstanzen ihren Berechnungen zugrunde gelegt haben.

Aus diesen Erwägungen konnte die Revision des Beklagten - welche die ermittelten Beträge selbst, sieht man vom Berechnungsmodus ab, unbekämpft ließ - keinen Erfolg haben, denn sie zieht einen Verteilungsschlüssel in Betracht, der ohne Vereinbarung der Gemeinschaftsteilnehmer nicht in Anwendung kommen kann, nämlich die Aufteilung nach tatsächlichem Verbrauch bzw. Aufwand für sein Geschäftslokal.

Der vom Berufungsgericht stattgegebenen Verjährungseinrede des Beklagten kann kein Erfolg beschieden sein; ist nämlich die endgültige Forderung der klagenden Verwalterin der gemeinsamen Sache vom rechtskräftigen Ergebnis des Nutzwertfeststellungsverfahrens abhängig, so kann es bis dahin auch nicht zum Ablauf der Verjährungsfrist kommen.

Anmerkung

Z57111

Schlagworte

Nutzwertfestsetzung, s. a. Wohnungseigentum, Verwalter, s. a. Wohnungseigentum, Wohnungseigentum, Verjährung der vom Verwalter gemachten Aufwendungen, vor Nutzwertfestsetzung, Wohnungseigentum, Verjährung des Verwalterhonorars vor, Nutzwertfestsetzung, Wohnungseigentum, Vorschüsse auf die vom Verwalter gemachten Auslagen, vor rechtskräftiger Nutzwertfestsetzung, Wohnungseigentum, Vorschüsse auf Verwalterhonorar vor rechtskräftiger, Nutzwertfestsetzung, Wohnungseigentumsbewerber, Pflicht zur Begleichung des, Verwalterhonorars und der vom Verwalter gemachten Aufwendungen vor, rechtskräftiger Nutzwertfestsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00073.83.0619.000

Dokumentnummer

JJT_19840619_OGH0002_0050OB00073_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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