TE OGH 1984/7/12 13Os96/84

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Veröffentlicht am 12.07.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juli 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Diexer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sieglinde A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach § 146, 147 Abs 3, 148 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 16.April 1984, GZ 36 Vr 4293/83-16, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Stöger, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 2.Juli 1955 geborene Kellnerin Sieglinde A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach § 146, 147 Abs 3, 148 (1. Fall) und 15 StGB (A), sowie der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2

(1. Fall) StGB (B), des Diebstahls nach § 127 Abs 1 StGB (C) und der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 StGB (D) schuldig erkannt.

Als Betrug (A) hat sie darnach in den Jahren 1978 bis 1983 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, in wiederholten Angriffen Verantwortliche von Versandhäusern und Angestellte verschiedener Unternehmen unter dem Anschein einer zahlungsfähigen und zahlungswilligen Kundin, zum Teil unter Verwendung ihres Mädchennamens B, eines falschen Namens oder eines falschen Geburtsdatums zur Versendung oder Ausfolgung von Waren - vorwiegend Bekleidungsgegenständen -, mithin durch Täuschung über Tatsachen (in 68 Fällen) zu Handlungen verleitet und (in weiteren zehn Fällen) zu verleiten getrachtet, welche die betreffenden Firmen an deren Vermögen um einen insgesamt 100.000 S bei weitem übersteigenden Betrag schädigten und, soweit versucht, schädigen sollten.

Rechtliche Beurteilung

Hiebei handelte sie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von (für sich allein zumeist nicht schweren) Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (S. 220, 222, 223). Mit ihrer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit c - der Sache nach Z 10

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StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Angeklagte das Urteil lediglich im Ausspruch, sie habe die teils vollendeten, teils versuchten Betrugshandlungen gewerbsmäßig begangen, sohin in Ansehung der Qualifikation nach § 148 StGB

Die Mängelrüge bezeichnet diesen Ausspruch deshalb als 'undeutlich', weil die Annahme der Absicht der Angeklagten, sich durch die wiederholte Begehung des Betrugsdelikts eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in den Urteilsgründen lediglich darauf gestützt werde, sie habe ausschließlich Waren bestellt, die sie selbst verwenden oder ihren Kindern schenken konnte, und Beweisergebnisse übergangen würden, denen zufolge sie die Betrugshandlungen nur deshalb begangen habe, um die Aufmerksamkeit ihres geschiedenen Ehegatten zu erlangen und diesen durch die zahlreichen Bestellungen wegen seiner häufigen Abwesenheit 'zu bestrafen'.

Die Argumentation des Erstgerichts, im zielstrebigen und auf Erlangung für sich selbst (oder für ihre Kinder) verwendbarer Waren (Bekleidungsgegenstände) gerichteten Gesamtverhalten der Angeklagten komme die für einen gewerbsmäßigen Betrug begriffsessentielle Tendenz klar und unmißverständlich zum Ausdruck, stellt indes - den Beschwerdeausführungen zuwider - eine durchaus einleuchtende, in den Verfahrensergebnissen gedeckte und daher zureichende Begründung für den bekämpften Ausspruch dar. Die Verantwortung der Angeklagten, die im übrigen selbst zugegeben hat, sich die Bekleidungsgegenstände verschafft zu haben, um sie für sich persönlich zu verwenden (S. 149, 191), hat das Schöffengericht im gegebenen Zusammenhang keineswegs übergangen, sondern dahin gewürdigt, daß ihre Schwierigkeiten in der Ehe und ihre Eifersucht gegenüber dem (geschiedenen) Ehegatten für die Angeklagte nur eine der Motivationen ihrer Betrügereien gewesen sind (S. 223). In bezug auf die Feststellung, es sei der Angeklagten darauf angekommen, sich durch die wiederholte Begehung des Betrugs eine fortlaufende Einnahmsquelle zu erschließen, liegt sohin ein formaler Begründungsmangel (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) nicht vor. Als unzutreffend erweist sich auch der Vorwurf unrichtiger Gesetzesanwendung (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO). Wenngleich für gewerbsmäßige Tatbegehung das Streben, dadurch ein Entgelt zu verdienen, und eine Wiederholungsabsicht allein nicht genügen, sondern der Täter beabsichtigen muß, durch die wiederholte Begehung von Straftaten desselben Deliktstypus ein ständiges oder doch für längere Zeit wirkendes, wenn auch nicht unbedingt regelmäßiges Einkommen zu erlangen, muß doch die Gewinnung einer solchen Einnahmequelle nicht die einzige Zielsetzung der begangenen und der für die Zukunft ins Auge gefaßten Straftaten sein. Genug daran, daß auch eine derartige innere Tendenz wirksam ist, die für die Angeklagte bei der Verübung der inkriminierten Betrugshandlungen vom Erstgericht, wie bereits dargelegt, ausdrücklich festgestellt worden ist. Soweit die Beschwerdeführerin demgegenüber von der urteilsfremden Annahme ausgeht, sie habe durch ihre zahlreichen Bestellungen lediglich ihren geschiedenen Ehemann an sich binden wollen, mangelt es der Rechtsrüge demnach an einer gesetzmäßigen Ausführung.

Auszugehen ist ferner davon, daß das Qualifikationsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit auch durch eine auf die wiederholte Zueignung unmittelbar der Befriedigung von Lebensbedürfnissen dienender Sachen gerichteten Absicht des Täters verwirklicht werden kann und es ohne Bedeutung ist, ob der Täter solche Sachen veräußern oder sie für sich verwenden will (LSK 1977/8). Gewerbsmäßigen Betrug nach § 148 StGB kann daher auch derjenige begehen, der fortlaufend auf betrügerische Weise Waren zu persönlichem Gebrauch herauslockt. So gesehen stellen die für die Bestreitung eines zusätzlichen Aufwands bestimmten Sachen, deren Erlangung die Angeklagte mit ihren wiederholten Betrügereien anstrebte, ebenfalls eine fortlaufende Einnahmsquelle im Sinn des § 148 (§ 70) StGB

dar. Der Beurteilung eines solchen Vermögenszuflusses, wie die Beschwerdeführerin ihn sich verschaffte, als fortlaufende Einnahme und der auf deren Erschließung abzielenden Tendenz der Angeklagten als auf gewerbsmäßige Begehung der ihr angelasteten Betrugshandlungen gerichtete Absicht haftet sohin auch ein Rechtsirrtum nicht an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war daher zu verwerfen.

Der Schuldspruch wegen § 133 Abs 1 und 2, erster Fall, StGB (B) beruht darauf, daß Sieglinde A zwischen 28.Juni 1977 und 8.März 1983 in verschiedenen Orten Tirols in sechs Fällen fremde Güter im Gesamtwert von 17.596,52 S veruntreut, derjenige wegen § 127 Abs 1 StGB (C) darauf, daß sie am 19.Jänner 1979 in Telfs einen Wandteppich im Wert von 3.000 S gestohlen, derjenige wegen Vergehens nach § 159 Abs 1 Z 1 StGB (D) schließlich darauf, daß sie von September 1978 bis Ende 1979 in Mötz und anderen Orten Tirols als Schuldnerin mehrerer Gläubiger fahrlässig ihre Zahlungsunfähigkeit dadurch herbeigeführt hat, indem sie übermäßigen Aufwand trieb und leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benutzte. Der Inhalt des Schuldspruches wegen Betruges (A) wurde bereits einleitend angeführt.

Unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16.November 1983, GZ 36 Vr 715/83-30 (Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2, erster Fall, StGB, Schaden über 50.000 S; Vergehen des schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs 2 StGB, Schaden fast 9.000 S;

Freiheitsstrafe von sechs Monaten) verhängte das Schöffengericht über die Angeklagte nach § 28, 147 Abs 3 StGB eine zusätzliche Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Dabei waren erschwerend eine einschlägige Vorstrafe (dies allerdings nicht für den gewerbsmäßig begangenen Betrug), ferner, daß der Betrugsschaden 100.000 S weit übersteigt, die Wiederholung der Veruntreuungstaten, die mehrfache Qualifikation beim Betrug und das Zusammentreffen von vier Delikten. Mildernd waren hingegen das umfassende und reumütige Geständnis, daß es teilweise beim Versuch geblieben war sowie die besondere Situation, in der sich die Angeklagte rein persönlich befand und die das auslösende Moment für ihr strafbares Verhalten war (S. 224, 225).

Ausgehend von einer fiktiven Strafe von 20 Monaten für alle den Gegenstand der im Verhältnis des § 31 StGB zueinander stehenden Urteile bildenden Straftaten ergab sich bei einer Vorstrafe von 6 Monaten nunmehr eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte eine Herabsetzung der Zusatzstrafe an. Sie beschränkt sich auf die Behauptung, die verhängte Strafe sei überhöht, weil ihr umfassendes Geständnis nicht ausreichend gewertet worden sei.

Gerade das aber trifft nicht zu. Hat das Schöffengericht doch ausdrücklich erklärt, daß hier zu Recht von einem qualifizierten Geständnis gesprochen werden kann (S. 224) und demgemäß ein Strafausmaß gefunden, das sich weit im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens bewegt. Es war daher auch der Berufung kein Erfolg beschieden.

Anmerkung

E04613

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00096.84.0712.000

Dokumentnummer

JJT_19840712_OGH0002_0130OS00096_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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