TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/8 2001/03/0397

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Veröffentlicht am 08.06.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8;
VStG §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des GD in B, Deutschland, vertreten durch Dr. Brigitte Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 11. September 2001, Zl. KUVS-K1-716/4/2001, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 20. Jänner 2001 gegen 14.20 Uhr auf der A 10 Tauernautobahn, in Höhe Parkplatz Rennweg/Ried, Gemeindegebiet von Rennweg am Katschberg, Richtungsfahrbahn Villach-Salzburg, als Lenker eines den Kennzeichen nach bestimmten Sattelkraftfahrzeuges die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern im Transit durch Österreich, von Italien kommend mit Zielland Richtung Deutschland vorgenommen, ohne als Fahrer

"-

ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; oder

-

ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("Ecotag") bezeichnet wird; oder

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die in Art. 13 angeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C, handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

-

geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt, mitzuführen."

Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission, verletzt; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zum genannten Zeitpunkt als Lenker eines Sattelzugfahrzeuges von Italien kommend im Bereich des Parkplatzes Ried von Beamten der Zollwacheabteilung Mauthen/MÜG angehalten und einer Kontrolle unterzogen worden sei. Im Rahmen der Amtshandlung habe der Beschwerdeführer einen Frachtbrief vorlegt, aus dem hervorgegangen sei, dass die Ware in Griechenland geladen und nach Deutschland zu transportieren gewesen sei. Im vorliegenden Fall sei von einer gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern im Transit durch Österreich auszugehen, weil bereits im Zeitpunkt des Grenzeintrittes in das österreichische Hoheitsgebiet ein Zielpunkt außerhalb Österreichs bestimmt gewesen sei. Die bloße Behauptung in der Berufung, dass keine ökopunktepflichtige Fahrt durchgeführt worden sei, sei mit den Angaben im vorgelegten Frachtbrief nicht in Einklang zu bringen. Vom Beschwerdeführer sei keine ausgefüllte Ökopunktekarte vorgelegt worden. Die weitere Überprüfung durch die Beamten habe ergeben, dass auch vom Ecotag Gerät für die gegenständliche Fahrt keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt sei. In der Anzeige sei auch festgehalten, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, dass er bei der Einreise über den Grenzübergang Thörl-Maglern irgendeine Fahrspur benützt habe. Der Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges, welcher grenzüberschreitende Fahrten durchführe, habe bei der Einreise besonders darauf zu achten, dass er die entsprechende Einreisespur, welche durch Hinweisschilder gekennzeichnet sei, benütze. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer lediglich als Aushilfsfahrer tätig gewesen und von seinem Arbeitgeber nicht darauf hingewiesen worden sei, dass er beim Grenzübergang Thörl-Maglern eine spezielle Fahrspur zu nehmen habe, sei nicht geeignet, ein geringfügiges Verschulden anzunehmen, weil auch ein Aushilfsfahrer für die ordnungsgemäße Abbuchung von Ökopunkten verantwortlich sei. Weiters wäre es dem Beschwerdeführer bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt wohl auch möglich gewesen, bei der Einreise die Ökospur zu benützen. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG seien im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und der Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Auffassung der belangten Behörde, dass er die im angefochtenen Bescheid näher dargestellte Transitfahrt durchgeführt habe, lässt der Beschwerdeführer unbekämpft. Wenn die belangte Behörde angenommen hat, dass auf dem Boden der (zutreffend) herangezogenen Rechtslage für diese Transitfahrt Ökopunktepflicht bestand, ist dies - entgegen der bloßen Behauptung in der Beschwerde, dass eine solche Pflicht nicht bestanden habe - nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal im Beschwerdefall Anhaltspunkte für eine Ausnahme von dieser Pflicht nicht gegeben sind.

Der Lenker eines Lastkraftwagens ist bei der Einreise in das Hoheitsgebiet Österreichs im Fall der beabsichtigten Benutzung des Umweltdatenträgers aber verpflichtet, sich so zu verhalten, dass eine automatische Abbuchung auch tatsächlich vorgenommen werden kann (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0262). Dazu zählt auch, dass er eine für die Benutzung des Umweltdatenträgers vorgesehene Fahrspur benützt. Andernfalls würde dem Ziel der in Rede stehenden Regelung, die Entrichtung der Ökopunkte sicherzustellen, nicht entsprochen werden. Ein Lenker, der - wie der Beschwerdeführer - eine für eine automatische Abbuchung der Ökopunkte nicht vorgesehene Fahrspur benützt, ist zur Verwendung einer Ökokarte verpflichtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2001, Zl. 2000/03/0223). Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe "vorsorglich eine ordnungsgemäß ausgefüllte Ökokarte mitgeführt und Ökopunkte entwertet bzw. die Abbuchung der Ökopunkte durch das mitgeführte funktionstüchtige Ecotag-Gerät veranlasst", entfernt sich von dem von der belangten Behörde festgestellten und gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Prüfung zu Grunde zu legenden Sachverhalt, sodass die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des ihm zur Last gelegten Deliktes verwirklicht hat, nicht als rechtswidrig zu erkennen ist.

Bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0119). Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen die Ansicht der belangten Behörde, sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen vermöge ihn nicht zu exkulpieren, nicht zuträfe. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag solches nicht zu erkennen. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe die Einvernahmen des Beschwerdeführers und des Fahrzeughalters im Rechtshilfeweg nicht durchgeführt, aus denen sich ergeben hätte, dass der Beschwerdeführer als Aushilfsfahrer sämtliche ihn treffenden Informationen eingeholt und sämtliche ihn nach dem Güterbeförderungsgesetz treffenden Verpflichtungen ordnungsgemäß eingehalten habe, als nicht zielführend.

Der Beschwerdeführer ist weiters nicht im Recht, wenn er geltend macht, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 20 VStG gegeben seien, weil seinem Vorbringen nicht einmal ansatzweise ein Milderungsgrund zu entnehmen ist, der im vorliegenden Fall zum Tragen kommen könnte. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall nicht nach § 21 VStG von der Strafe abgesehen hat. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist das Verschulden geringfügig, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- oder Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Angesichts der im vorliegenden Fall gegebenen Sachlage - nämlich des Umstandes, dass mit dem Umweltdatenträger für die gegenständliche Fahrt keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgte und der Beschwerdeführer bei der Einreise über den Grenzübergang Thörl-Maglern nicht die Ökospur (sondern "irgendeine" Fahrspur) benützt hat - ist diese Voraussetzung im Beschwerdefall jedoch nicht gegeben.

In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z. 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Im genannten Erkenntnis, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am 8. Februar 2002 unter BGBl. I Nr. 37, hat der Verfassungsgerichtshof ferner - gestützt auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG - Folgendes ausgesprochen:

"(2) Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z. 8 bezieht."

Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten gesetzlichen Bestimmung auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweist sich der auf dem Boden dieser Bestimmung getroffene Ausspruch über die im Beschwerdefall verhängte Strafe als inhaltlich rechtswidrig.

Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 8. Juni 2005

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001030397.X00

Im RIS seit

30.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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