TE OGH 1984/12/13 13Os188/84

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Veröffentlicht am 13.12.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Müller (Berichterstatter), Dr.Schneider, Dr.Felzmann und Dr.Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Mahn als Schriftführers in der Strafsache gegen Edwin A wegen der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht Innsbruck vom 2.Oktober 1984, GZ 20 Vr 3319/81-106, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr.Tschulik, und des Verteidigers Dr.Hora, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 3.Jänner 1958 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Edwin A wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (I) und des Verbrechens des schweren Raubs nach § 142 Abs 1, 143 (zweiter Fall) StGB (II) schuldig erkannt. Darnach hat er am 22.September 1983 in Kitzbühel Eva B durch mehrere Schläge mit einem über einen halben Meter langen Eisenrohr auf den Kopf vorsätzlich getötet (I) und ihr solcherart mit Gewalt unter Verwendung einer Waffe etwa 23.000 S Bargeld geraubt (II). Die Geschwornen hatten die Hauptfrage 1 wegen Mordes mit 5 zu 3 Stimmen und die Hauptfrage 2 wegen schweren Raubs stimmeneinhellig bejaht. Demzufolge entfiel eine Beantwortung der für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1 und der gleichzeitigen Bejahung der Hauptfrage 2 gestellten Zusatzfrage 3: 'Hat die zur Hauptfrage 2 angeführte Gewaltanwendung den Tod der Eva B zur Folge gehabt ?'.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs 1 Z 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Unvollständig (und daher unrichtig) sei nach Ansicht des Beschwerdeführers die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung deshalb, weil das Wesen der Idealkonkurrenz (der Tatbestände von Mord und Raub) nur am Rand und in einer für Laienrichter unverständlichen Weise dargetan worden sei. Die Formulierung, wenn nur die Hauptfrage 2 (in Richtung schwerer Raub, nämlich mit Waffe) bejaht würde, bliebe außer Berücksichtigung, welche Folgen die Gewaltanwendung hatte, sei nämlich geeignet gewesen, bei den Geschwornen den Eindruck zu erwecken, daß lediglich durch die Bejahung der Hauptfrage 1 (in Richtung Mord) auch die Folgen der Gewaltanwendung erfaßt würden.

Für die Beurteilung, ob eine Rechtsbelehrung infolge Unvollständigkeit unrichtig und die Geschwornen irrezuleiten geeignet ist, ist indes deren gesamter Inhalt maßgebend (SSt. XXIV/32 u.a.). Im gegenständlichen Fall wurde in der Rechtsbelehrung zur Zusatzfrage dargelegt, daß Idealkonkurrenz von Raub und Mord dann anzunehmen ist, wenn der Täter durch die Gewaltanwendung den Tod des Opfers - wenn auch nur bedingt - gewollt herbeiführt bzw. den Vorsatz hat, das Opfer zu berauben, und es zu diesem Zweck tötet, wobei in einem solchen Fall das vorsätzliche Tötungsdelikt (§ 75 StGB) nur mit dem hinzugekommenen Grunddelikt (§ 142 StGB) konkurriert, sofern der Raub nicht durch sonstige Umstände (etwa durch Verübung in Gesellschaft eines oder mehrerer Beteiligter oder unter Verwendung einer Waffe) zu einem schweren Raub qualifiziert wird.

Hingegen ist für die Zurechnung der Todesfolge beim Verbrechen des schweren Raubs Fahrlässigkeit erforderlich (S. 6 der Rechtsbelehrung, Beilage zum Hauptverhandlungsprotokoll, Band III ON 105).

Damit wurde in einer für Laien durchaus verständlichen Form klargestellt, daß ein Täter, dessen zumindest bedingter Vorsatz nicht nur darauf gerichtet ist, sich durch Gewaltanwendung fremder beweglicher Sachen zu bemächtigen, sondern auch den Tod des Sachinhabers herbeizuführen, sowohl Mord als auch Raub in Tateinheit zu verantworten hat, wogegen ihm bei Verneinung des Tötungsvorsatzes die Todesfolge nur im Rahmen der Qualifikation des § 143, letzter Fall, StGB zuzurechnen wäre (EvBl. 1976/236 = LSK. 1976/89; SSt. 46/75; 13 0s 118/83). Nicht anders kann auch die vom Beschwerdeführer zitierte Passage verstanden werden, wonach bei Verneinung der auf Mord gerichteten Hauptfrage 1 die (zumindest fahrlässig herbeigeführte Todes-)Folge der Gewaltanwendung als strafsatzerhöhende Qualifikation des Raubdelikts erfaßt werden müßte. In ihrer Gesamtheit betrachtet, konnte demnach die Rechtsbelehrung zu Mißdeutungen des Sinns der Fragestellung, des Verhältnisses zwischen dem Mord- und dem Raubtatbestand sowie der Voraussetzungen für die Annahme eines tateinheitlichen Zusammentreffens dieser Delikte keinen Anlaß geben. So gesehen erweisen sich die den Geschwornen erteilten Anleitungen als fehlerfrei.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 28, 75 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe. Dabei waren erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die Tatbegehung an einer bejahrten Frau, die dem Täter, dessen eigener Einlassung zufolge, nur Gutes getan hatte, und das durch zwei einschlägige Vorstrafen (darunter einer wegen Raubs) getrübte Vorleben des Angeklagten; mildernd hingegen, daß der Angeklagte bereits am 16.Oktober 1983 den Versuch unternahm, sich selbst zu stellen, und am 18.November 1983 ein, wenn auch in der Folge stets widerrufenes, damals aber reumütiges Geständnis abgelegt hatte, das zur Wahrheitsfindung wesentlich beigetragen hat, sowie der vom psychiatrischen Sachverständigen festgestellte Persönlichkeitsabbau des Angeklagten und seine Wesensveränderung infolge chronischen Alkoholismus und der Alkohol-Epilepsie.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine schuldangemessene Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Auch ihr bleibt ein Erfolg versagt.

Der Versuch einer Selbststellung und das Geständnis wurden als mildernd gewertet. Auch wenn man im Opfer des Angeklagten nicht seine Wohltäterin erblicken will, bleibt, daß die 64-jährige Frau 'immer sehr freundlich' zum Berufungswerber war (Band III S. 116). Diese aus einer früheren persönlichen Begegnung mit dem Opfer gewonnene positive Erfahrung blieb ohne Eindruck auf den Angeklagten. Vermochte sie ihn doch ebensowenig von seinen Verbrechen abzuhalten wie eine Vorverurteilung u.a. wegen eines versuchten Bankraubs zu einer einjährigen (allerdings bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe. Die besondere Brutalität der Tatausführung läßt einen skrupellosen, ungemein gefährlichen Rechtsbrecher erkennen, über den die Tatrichter angesichts der Konkurrenz zweier schwerer Verbrechen zu Recht die Höchststrafe verhängt haben.

Anmerkung

E04973

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00188.84.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19841213_OGH0002_0130OS00188_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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