TE OGH 1985/1/17 8Ob35/84

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Veröffentlicht am 17.01.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. G***** S*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Alois Heigl, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wider die beklagten Parteien 1.) G***** M*****, *****, und 2.) W***** O*****V*****, beide vertreten durch Dr. Werner Leimer, Rechtsanwalt in Linz, wegen 1,302.700 S samt Anhang und Feststellung (Streitwert 60.000 S, Revisionsstreitwert bezüglich klagender Partei 867.234,33 S und Feststellung 20.000 S, hinsichtlich klagender Partei 435.466,67 S und Feststellung 40.000 S), infolge Revision der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 26. Jänner 1984, GZ.5 R 242/83-79, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 30.September 1983, GZ.3 Cg 398/82-68, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

I. Es wird festgestellt, dass die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand der klagenden Partei für die Hälfte aller zukünftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 28.September 1977 in D***** haften, die zweitbeklagte Partei jedoch nur im Rahmen des bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages mit der erstbeklagten Partei.

II. 1.) Die Klagsforderung besteht mit 401.350 S zu Recht und mit 901.350 S nicht zu Recht.

    2.) Die eingewendete Gegenforderung besteht mit 4.500 S zu Recht und mit demselben Betrag nicht zu Recht.

    3.) Die beklagten Parteien sind daher zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von 396.850 S samt 4 % Zinsen aus 170.500 S vom 7.8.1978 bis 8.6.1979, aus 120.500 S vom 9.6.1979 bis 22.10.1979 und aus 396.850 S seit 23.10.1979 zu bezahlen.

III. Das Feststellungsmehrbegehren und das Leistungsmehrbegehren von 905.850 S s.A. werden abgewiesen.

IV. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand weiters schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen an Prozesskosten erster Instanz den Betrag von 52.961,99 S (darin 3.922,11 S an Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Hingegen ist die klagende Partei schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 5.066,62 S (darin 200 S an Barauslagen und 442,42 S an Umsatzsteuer) und an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von 6.924,15 S (darin 800 S Barauslagen und 491,91 S an Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 28.9.1977 ereignete sich um 17,45 Uhr auf der F***** Bezirksstraße *****, in der nähe der Ortschaft D***** ein Verkehrsunfall, an dem der am ***** geborene Kläger als Radfahrer und der Erstbeklagte mit seinem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug VW-Bus (O *****) beteiligt waren. Dabei wurde der Kläger schwer verletzt und das Fahrrad sowie der VW-Bus beschädigt. In dem wegen dieses Verkehrsunfalles eingeleiteten Strafverfahren wurde der Erstbeklagte letztlich freigesprochen.

Der Kläger begehrte (mit pflegschaftsbehördlicher Genehmigung) von den Beklagten zur ungeteilten Hand unter Bedachtnahme auf eine Teilzahlung von 50.000 S nach verschiedenen Einschränkungen und Ausdehnungen des Klagebegehrens die Bezahlung von 1'302.700 S s.A. und zwar für Schmerzengeld 1 Mill.S, als Verunstaltungsentschädigung den Betrag von 350.000 S und für Fahrradschaden den (außer Streit gestellten) Betrag von 2.700 S. Außerdem stellte er ausgehend vom alleinigen Verschulden des Erstbeklagten an dem gegenständlichen Verkehrsunfall ein entsprechendes Feststellungsbegehren. Der Erstbeklagte habe diesen Unfall dadurch allein verschuldet, dass er mit überhöhter Geschwindigkeit und unter Einhaltung eines zu geringen Seitenabstandes trotz einer unklaren Verkehrssituation den Kläger habe überholen wollen. Der Kläger sei schwer verletzt worden, habe zahlreiche Operationen und Behandlungen durchmachen müssen, sei 8 Monate bewusstlos gewesen und auf Grund der Unfallsfolgen linksseitig spastisch gelähmt. Ein Ende seiner Schmerzperioden sei derzeit noch nicht abzusehen. Außerdem sei er entstellt und in seinem Fortkommen beeinträchtigt.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Leistungs- und Feststellungsbegehrens, weil der Unfall vom Kläger selbst allein verschuldet worden sei und er sich außerdem für den Erstbeklagten als unabwendbares Ereignis dargestellt habe. Der Kläger sei für den Erstbeklagten völlig unvermittelt und ohne Zeichengebung nach links abgebogen, wobei er offenbar mit dem Fahrrad habe umkehren wollen. Der Erstbeklagte habe trotz Vollbremsung einen Anstoß nicht vermeiden können. Das begehrte Schmerzengeld sei wesentlich überhöht, eine Verunstaltungsentschädigung gebühre überhaupt nicht. Schließlich wendeten die Beklagten den am Fahrzeug des Erstbeklagten entstandenen (mit 9.000 S außer Streit gestellten) Schaden in der Höhe von 9.297,22 S der Klagsforderung gegenüber aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht gab - von einer Schadensteilung im Verhältnis 1:2 zugunsten des Klägers ausgehend - dem Feststellungsbegehren im Ausmaß von 2/3 statt und sprach aus, dass die Klagsforderung mit 438.466,67 S zu Recht und darüber hinaus nicht zu Recht bestehe, dass die Gegenforderung mit 3.000 S zu Recht und mit 6.297,22 S nicht zu Recht bestehe und die Beklagten daher zur ungeteilten Hand schuldig seien, dem Kläger 435.466,67 S samt Anhang zu bezahlen. Das Feststellungsmehrbegehren (Haftung für ein weiteres Drittel) und das Zahlungsmehrbegehren von 867.233,33 S samt Anhang wies es ab. Das Gericht zweiter Instanz gab keiner der von den Parteien erhobenen Berufung Folge.

Dagegen richten sich die Revisionen des Klägers und der Beklagten.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs.1 Z 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Leistungs-  und Feststellungsbegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs.1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten richtet sich gegen den klagsstattgebenden Teil des berufungsgerichtlichen Urteiles; die Beklagten beantragen die Abänderung des angefochtenen Urteiles im Sinne der Abweisung des gesamten Klagebegehrens; hilfsweise stellen auch sie einen Aufhebungsantrag.

Die Parteien beantragten in ihren Revisionsbeantwortungen wechselseitig, der Revision der Gegenseite keine Folge zu geben.

 

Die von den Vorinstanzen über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen und deren rechtliche Beurteilung lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

 

I. Zum Unfallshergang, zur Haftung der Beklagten für die Unfallsfolgen dem Grunde nach und die Schadensteilung:

Die Unfallstelle liegt etwa 75 m nördlich außerhalb des Ortsendes von D*****. Die asphaltierte Fahrbahn der F***** Bezirksstraße ist ca.5,56 m breit; Bodenmarkierungen waren nicht vorhanden. Die Sicht für einen vom verbauten Gebiet kommenden Verkehrsteilnehmer beträgt in Fahrtrichtung des Klägers und des Erstbeklagten 300 bis 400 m. Der Kläger fuhr mit seinem Fahrrad von dem etwa auf Höhe des Ortsendes liegenden Haus seiner Eltern D***** Richtung W*****; er hielt eine langsame Fahrgeschwindigkeit von etwa 10 km/h und eine Fahrlinie mit einer Radspur etwa 30 cm vom rechten Asphaltrand entfernt ein. Sein Überhang über die Spurmitte betrug ca. 35 cm. Aus Richtung W***** kam ihm E***** K***** sen. mit einem 1,8 m breiten Traktor samt einem 2,2 m breiten Ladewagen mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 bis 25 km/h entgegen. Die Fahrlinie dieses 8,58 m langen Gespannes lag im Bereich der rechten Fahrbahnhälfte oder möglicherweise auch so, dass der Traktor etwa 1 m vom rechten Fahrbahnrand entfernt war. 55 bis 70 m nach dem Ortsende von D***** "kreuzte der Kläger mit dem entgegenkommenden Traktor"; dabei winkten die auf dem Ladewagen des Traktors mitfahrenden Kinder E***** K***** (geboren *****) und J***** K***** (geboren *****) und der Kläger einander zu. Zur gleichen Zeit näherte sich der Erstbeklagte mit seinem ebenfalls in Richtung W*****fahrenden 1,72 m breiten VW-Kombibus mit einer Geschwindigkeit von etwa 66 km/h. Als der Kläger und das Traktorgespann einander "kreuzten", befand sich der Erstbeklagte etwa im Bereich des Ortsendes von D*****. Als er das Zuwinken der Kinder sah, gab er, um den Kläger auf sein Ankommen aufmerksam zu machen und auch die auf dem Ladewagen sitzenden Kinder zu warnen, ein Hupzeichen ab. Der Kläger hörte dieses Hupzeichen offenbar infolge des Traktorgeräusches nicht und drehte sich nicht um. Seine Fahrgeschwindigkeit verringerte der Erstbeklagte nicht. Er beabsichtigte den Kläger kurz nach dem "Kreuzen des VW-Bus mit dem Traktor" mit einem Seitenabstand vom 50 cm zu überholen. Der Kläger wollte dem Traktorgespann nachfahren und lenkte sein Fahrrad ohne Abgabe eines Handzeichens und ohne Beachtung des nachfolgenden Verkehrs nach links, um umzudrehen. Der Erstbeklagte erkannte dies aus einer Position während des "Kreuzens" oder unmittelbar nach dem "Kreuzen mit dem Traktorgespann" und leitete unverzüglich eine Bremsung ein. Nach Abzeichnung einer ca.1 m langen Bremsspur stieß er mit einer Geschwindigkeit von ca. 62 km/h gegen den Kläger; das Fahrrad befand sich dabei senkrecht zur Fahrbahnlängsachse und ragte mit dem Vorderrad ca. 40 cm über die Fahrbahnmitte. Das Fahrzeug des Erstbeklagten war im Anstoßzeitpunkt mit der rechten Begrenzung ca. 1,15 m vom rechten Fahrbahnrand und mit der linken Begrenzung ca. 10 cm von der Fahrbahnmitte entfernt. Es kam schließlich nach Abzeichnung einer insgesamt 19,2 m langen und über diese Strecke um 65 cm  nach links verlaufende Bremsspur zum Stillstand. Auch wenn sich für den Erstbeklagten keine Abbremsnotwendigkeit ergeben hätte, wäre ihm bis zum Überholen des Klägers ein weiteres Verlenken nach links nicht möglich gewesen. Auch wenn der Ausgangsseitenabstand während des Überholens zum Radfahrer 1-1,5 m betragen hätte, wäre es noch zu einer vollen Überdeckung des Radfahrers mit dem VW-Bus gekommen, der Anprall wäre daher in gleicher Weise erfolgt. Erst ein Abstand des VW-Bus von mehr als 3 m vom rechten Fahrbahnrand wäre unfallverhindernd gewesen. Das Erreichen eines größeren Seitenabstandes zum Kläger als des tatsächlich eingehaltenen von 0,5 m war dem Erstbeklagten wegen des entgegenkommenden Traktorgespannes, mit dem der Kläger etwa 1 Sekunde vor dem folgenden Anstoß kreuzte, nicht möglich. Der Erstbeklagte hätte den Anstoß verhindern können, wenn er bei gleicher Reaktion zum Zeitpunkt der Reaktionseinleitung eine Geschwindigkeit von ca. 41 km/h eingehalten hätte. Diese Geschwindigkeit hätte ihm ein Anhalten vor dem Ereignispunkt möglich gemacht. Auch eine Ausgangsgeschwindigkeit von etwa 43 km/h hätte zur Unfallverhinderung ausgereicht und zwar in der Form, dass der Erstbeklagte hinter bzw. neben dem Kläger vorbeifahren hätte können. Auch wenn der Erstbeklagte zu dem Zeitpunkt, als der Kläger und das Traktorgespann einander kreuzten und der Erstbeklagte etwa im Bereich des Ortsendes von D*****war, eine Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten und diese beibehalten hätte, hätte sich bis zum Einsetzen der Reaktion eine solche zeitliche Verschiebung ergeben, dass der Kläger bereits umgedreht hätte. Der Anhalteweg für den Erstbeklagten hätte bei 66 km/h knapp 40 m betragen. Bei dieser Geschwindigkeit wäre ein Anhalten hinter dem mit etwa 10 km/h fahrenden Kläger im Falle dessen Abbremsens nur aus einer Entfernung von mindestens etwa 38 m möglich gewesen. Bei entsprechender Geschwindigkeitsreduktion wäre dann bis zur Erreichung der gleichen Geschwindigkeit ein Aufschließen auf etwa 3 m möglich gewesen. Zum Zeitpunkt der tatsächlichen Reaktionseinleitung aus 66 km/h war der Erstbeklagte 19,3 m  von der späteren Zusammenstoßstelle entfernt, was 1,06 Sekunden vor dem Zusammenstoß entspricht. Zu diesem Zeitpunkt war der Abstand des Beklagtenfahrzeuges zum rechten Fahrbahnrand noch geringer als beim Anstoß, die rechte Begrenzung des VW-Kombibus war also weniger als 50 cm links der Fahrlinie des Klägers. Dem Erstbeklagten wäre bei dieser Fahrgeschwindigkeit und dem Erkennen des Kreuzens des Traktorgespanns mit dem Kläger aus einer Entfernung von etwa 70 m durchaus möglich gewesen, seine eigene Geschwindigkeit der des Radfahrers anzupassen bzw. auf eine solche herabzumindern, die ein Anhalten hinter dem Kläger auch für den Fall des plötzlichen Abbremsens ermöglicht hätte. Hätte er eine solche Geschwindigkeitsreduktion vorgenommen und dann nach dem Kreuzen mit dem entgegenkommenden Traktorgespann sein Fahrzeug nach links verlenkt, um zunächst einen Seitenabstand zur Fahrlinie des Klägers von zumindest 1 m zu erreichen und sodann erst den "Sicherheitsabstand" unterschritten, hätte ebenfalls der Kläger bereits umgekehrt gehabt und es wäre der Unfall vermieden worden. Der Kläger war vor dem Unfall ein braves, ruhiges, pflichtbewusstes und geistig normal entwickeltes Kind und neigte nicht zu unüberlegten Handlungen. Er hatte kurz zuvor mit dem Besuch des 1.Klassenzuges der Hauptschule begonnen. Vor den Sommerferien, im zweiten Semester der 4.Klasse Volksschule war in der Schule Verkehrserziehung betrieben worden. Nach Ablegung einer Radfahrprüfung erhielt der Kläger von der Bezirkshauptmannschaft V***** am 10.Mai 1977 eine Radfahrbewilligung gemäß § 65 Abs.2 StVO. Er war geistig in der Lage, die grundlegenden Regeln des Straßenverkehrs zu erfassen, so auch, dass man beim Reversieren besonders den Folgeverkehr beachten muss, und sich auch danach zu verhalten.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, dass dem Kläger der Beweis eines Verschuldens des Erstbeklagten an dem Unfall insoweit gelungen sei, als dieser nicht dem § 18 Abs.1 StVO entsprochen habe. Diese Bestimmung, wonach der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten habe, dass ihm das rechtzeitige Anhalten möglich sei, selbst wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst werde, gelte nämlich auch für den Fall eines beabsichtigten Überholens. Der Überholende dürfe sich also vor dem Fahrstreifenwechsel nur so weit dem zu Überholenden nähern, dass ihm die Einhaltung des § 18 Abs.1 StVO möglich sei. Diesem Gebot entsprechend wäre der Erstbeklagte verpflichtet gewesen, sich auf den Sicherheitsabstand an den Radfahrer anzunähern und erst ab diesem Sicherheitsabstand von 38 m das Überholmanöver zu beginnen bzw. aus diesem Sicherheitsabstand die Geschwindigkeit so zu verlangsamen, bis ein sicheres Überholen mit Einhaltung eines Seitenabstandes von mindestens 1 m möglich gewesen wäre. Den Kläger treffe allerdings ein Mitverschulden. Er wäre nach § 14 Abs.1 StVO verpflichtet gewesen, sich vor Durchführung des Umkehrens zu vergewissern, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung möglich gewesen wäre. Diesfalls hätte er das nachfolgende Fahrzeug wahrnehmen und durch Geradeaus-Weiterfahren den Unfall verhindern können. Infolge seines Alters von knapp 11 Jahren sei sein Verschulden jedoch geringer zu werten, sodass unter Bedachtnahme auf die vom Kraftfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr eine Schadensteilung von 1:2 zugunsten des Klägers vorzunehmen sei.

Das Berufungsgericht erachtete die in den Berufungen vorgetragenen Verfahrens- bzw. Beweisrügen sowie die Rechtsrügen als unberechtigt. Es billigte die Ansicht des Erstgerichtes, dass die Bestimmung des § 18 Abs.1 StVO auch für den Fall eines beabsichtigten Überholens gelte. Der Sicherheitsabstand sei auch dann einzuhalten, wenn vor dem Überholen das zu überholende Fahrzeug zunächst eingeholt werde. Der Erstbeklagte wäre verpflichtet gewesen, sich auf den - unbekämpft - festgestellten Sicherheitsabstand von 38 m an den Radfahrer anzunähern und erst ab diesem Abstand das Überholmanöver zu beginnen oder aus diesem Sicherheitsabstand die Geschwindigkeit so zu verlangsamen, dass ein sicheres Überholen mit Einhaltung eines Seitenabstandes von mindestens 1 m möglich gewesen wäre. Der Auffassung der Beklagten, es wäre zu dem Unfall auch dann gekommen, wenn der Erstbeklagte schon 38 bis 40 m vor der späteren Kollision mit einem Seitenabstand von 1,5 m zum Kläger gefahren wäre, könne nicht beigepflichtet werden. Ein solches Fahrmanöver sei dem Erstbeklagten wegen des entgegenkommenden 2,2 m breiten Traktorgespannes gar nicht möglich gewesen. Die Einhaltung eines erforderlichen Folgeabstandes zum Kläger hätte aber den Erstbeklagten bei den gegebenen Umständen (Gegenverkehr mit breitem Fahrzeug) zu einer Verringerung seiner Geschwindigkeit veranlassen müssen. Der Erstbeklagte habe damit gegen die Schutznorm des § 18 Abs.1 StVO verstoßen und den ihm obliegenden Beweis, dass der Schaden auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre, nicht erbracht. Entgegen den Ausführungen des Klägers sei jedoch dem Erstbeklagten ein Verstoß gegen den Grundsatz des Fahrens auf Sicht ebensowenig anzulasten wie die Einhaltung eines zu geringen Seitenabstandes an sich, da einerseits die festgestellten Sichtverhältnisse an der Unfallstelle die vom Erstbeklagten eingehaltene Geschwindigkeit durchaus erlaubt hätten und anderseits der Schaden ebenso eingetreten wäre, wenn der Erstbeklagte den erforderlichen Seitenabstand eingehalten hätte. Das Gericht zweiter Instanz billigte auch die Annahme eines auf dem Verstoß gegen § 14 Abs.1 StVO gestützten Mitverschuldens des Klägers durch das Erstgericht. Das plötzliche und unvermutete Umkehrmanöver des Klägers ohne Rücksicht auf den nachkommenden Verkehr sei auch unfallsauslösend gewesen. Dem Erstgericht sei durchaus beizupflichten, dass von dem zur Unfallszeit fast 11 Jahre alten Kläger, der noch dazu eine Verkehrsausbildung genossen und eine Radfahrbewilligung erteilt erhalten hätte, die Einsicht in die grundlegenden Verkehrsregeln habe erwartet werden können. Auch Unmündige seien nicht notwendig deliktsunfähig, ihre Verantwortlichkeit sei vielmehr im Einzelfall unter Bedachtnahme auf das vorhandene Maß an Einsicht und auf die Art ihres Verhaltens zu prüfen. Der zur Unfallszeit fast 11 Jahre alte Kläger habe die behördliche Bewilligung zum Lenken eines Fahrrades gemäß § 65 Abs.2 StVO besessen, sodass schon deshalb seine erforderliche körperliche und geistige Eignung hiefür anzunehmen sei. Eine Beeinträchtigung der seinem Alter entsprechenden geistigen Fähigkeiten sei im Verfahren nicht hervorgekommen; einem geistig und körperlich normal entwickelten Kind in diesem Alter habe aber klar sein müssen, wie gefährlich es sei, mit einem Fahrzeug vom rechten Straßenrand aus und ohne Rücksicht auf den nachkommenden Verkehr plötzlich nach links zu lenken und ein Umkehrmanöver zu beginnen. Dass sich der Kläger dieser auch von ihm zu fordernden Einsicht zuwider grob unachtsam verhalten habe, müsse ihm trotz seines kindlichen Alters zum Vorwurf gemacht werden. Wenn nun auch ein solches Mitverschulden eines unmündigen Kindes nach §§ 1304 und 1310 ABGB grundsätzlich leichter zu werten sei als das eines Erwachsenen, so falle doch das grob unachtsame Verhalten des Klägers auch unter Bedachtnahme auf sein Alter erheblich ins Gewicht. Unter diesen Gesichtspunkten könne in der vom Erstgericht als gerechtfertigt erkannten Verschuldensteilung im Verhältnis 2:1 zugunsten des Klägers ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.

II. Zu den Unfallsfolgen sowie dem Schmerzengeld- und Verunstaltungsbegehren:

Der Kläger erlitt einen rechtsseitigen Scheitelbein-Schläfenbein-Schädelbasisbruch mit ausgedehnter Hirnquetschung und subturalem Hämatom beiderseits, ferner einen linksseitigen Schienbeinbruch sowie Zahnbeschädigungen. Der Heilungsverlauf war sehr kompliziert. Es waren in der Zeit bis 12.9.1980 8 stationäre Behandlungen in der Dauer von insgesamt 225 Tagen notwendig. Bei seinem ersten Aufenthalt im Krankenhaus V***** (bis 23.12.1977: 87 Tage) mussten ihm sofort Infusionen gegeben, eine beiderseitige Schädeltrepanation mit Duraplastik durchgeführt und ein Luftröhrenschnitt angelegt werden; bis 8.11.1977 lag er auf der Intensivstation. Bei seinem zweiten 45 Tage dauernden Aufenthalt im Krankenhaus V***** (26.12.1977 bis 8.2.1978) wurden Bewegungsübungen und physikotherapeutische Maßnahmen eingeleitet. Durch 10 Wochen wurde ein Oberschenkelgipsverband angelegt und es kam zur Heilung des linksseitigen Unterschenkelbruches. Wegen des psychischen Befundes wurde der Kläger in das Rehabilitationszentrum Wien-Meidling verlegt (3. Spitalsaufenthalt). Er hatte ein Mittelhirnsyndrom, ein apallisches Syndrom, ein Coma vigile, eine Bewusstseinsstörung im Sinne einer Somnolenz bis Sopor und ein organisches Psychosyndrom, wobei die tiefergreifenden Bewusstseinsstörungen graduell ineinander übergingen, aber glaubhaft 8 Monate anhielten. Es kam aber dann auch zu posttraumatischen epileptischen Anfällen. Am 13.3.1978 wurde der Kläger in das Unfallkrankenhaus Wien-Meidling überstellt, wo er bis 22.4.1978 weiterbehandelt wurde. Am 14.3.1978 wurde ein Ventil eingebaut, nämlich von dem sich entwickelnden - besonders rechtsseitigen - Wasserkopf, die rechte Hirnkammer punktiert, mit einer Pumpe über die Vene in den rechten Vorhof eingeleitet. Es wurde daher ein ventriculo-arteriärer Shunt gemacht, der sich jedoch verlegte und am 22.3.1978 ausgewechselt werden musste. In der Folge kam es noch zu einer Staphylokokkeninfektion und umschriebenen Gehirnentzündung; am 7.4.1978 wurde dieser Shunt entfernt und eine Beruhigung der Entzündung empfohlen. Vom 2.5. bis 8.5.1978 (7 Tage) wurde der Kläger auf der Nervenklinik in Salzburg (Neurochirurgie) behandelt. Am 3.5.1978 wurde ein neuerliches Shunt mit einem Pudenz-Drain eingeführt. Diese Drainage funktionierte und verhinderte einen stärkeren Hirndruck mit Erweiterung des Ventrikelsystemes. In der Zeit vom 8.5. bis 13.5.1978 (5 Tage) und vom 12.10. bis 27.10.1978 (16 Tage) befand er sich auf der Kinderabteilung des Krankenhauses V*****. Dort wurde am 14.10.1978 eine autologe Schädeldachplastik durchgeführt. Der Luftröhrenschnitt hat sich geschlossen. Allmählich hellte sich die Bewusstseinslage des Klägers auf und es wurden ambulante Kontrollen vierteljährlich in der Neurochirurgie Salzburg und gehäuft im Krankenhaus durchgeführt, mit logopädischer und physikotherapeutischer Behandlung. Der Kläger musste ein Jahr im Rollstuhl fahren und hat dann allmählich gelernt, als Spastiker zu gehen, wobei besonders eine linksseitige spastische Hemiparese zurückgeblieben ist. Schließlich war noch vom 4. bis 12.9.1980 ein weiterer stationärer Aufenthalt in der Landesnervenklinik Salzburg notwendig. Der linksseitige Schienbeinbruch des Klägers ist gut abgeheilt, das Bein ist um einige Millimeter verkürzt. Es besteht eine Muskelschwäche links. Ansonsten sind die Folgen der Schädel-Hirn-Verletzung vorhanden, wobei man zwei gedeckte große Trepanationsstellen von 8 x 11 cm rechts und etwas kleiner links findet, mit einer Narbe von 15 cm rechts und 16 x 1 cm links und einer 8 x 3 cm messenden kahlen Stelle und Narbe am Hinterhaupt. Ferner findet man in der rechten Halsseite eine 8 cm messende Narbe und eine 7 x 2 cm messende Narbe nach Luftröhrenschnitt. Das EEG zeigt mittelschwere Allgemeinveränderungen mit epilepsieartigen Ausbrüchen; es liegt eine schwere Hirnläsion vor, die zur Störung der Peripherie führte, wobei vor allem eine spastische Hemiparese besonders der oberen Gliedmaßen vorhanden ist. Auch der Gang ist stark hinkend, das linke Bein wird nachgezogen und zirkumduziert, Zehenballengang und Fersengang sind nicht möglich. Der Kläger ist aber nicht mehr an den Rollstuhl gebunden. Es bestehen Harn- und Stuhlentleerungsstörungen, der Kläger muss Abführmittel nehmen, zeitweilig hat er einen erhöhten Harndrang; er ist im allgemeinen aber nicht direkt inkontinent. Trotz medikamentöser Behandlung kommt es immer wieder zu epileptischen Anfällen, die eindeutig posttraumatischer Natur sind. Diese epileptischen Anfälle treten unregelmäßig auf, im Durchschnitt etwa 4mal pro Monat. Es ist eine schwere motorische Störung vorhanden; der Kläger ist sehr verlangsamt und behindert. Es besteht auch eine Restgesichtsmuskelnervenlähmung, die Sehschärfe ist deutlich vermindert. Die Unfallsfolgen sind kaum mehr wesentlich besserungsfähig, eine Verschlimmerung durch die Epilepsie und allfällige Hirnathrophie bei Hirndrucksteigerung ist möglich. Es können auch noch weitere Operationen, nämlich der Austausch des Entlastungsventiles und an den spastischen Gliedmaßen notwendig werden. Bei der Untersuchung am 15.7.1980 wies der Kläger im WIP-Test einen IQ von 88 % auf, beim SPM-Test schnitt er viel schlechter ab; bei der Untersuchung am 16.Mai 1983 zeigte sich die Rückläufigkeit der Hirnleistungsfähigkeit, der IQ betrug nur mehr 79 %. Jedenfalls liegt die Intelligenz weit unter der Norm; es liegt eine posttraumatische Demenz vor. Zwischen dem 15.7.1980 und dem 16.5.1983 hat sich auch die Spastizität der linken Seite verstärkt. Es besteht weiters eine linksseitige Hämihypästesie. Wie sich die Hirnveränderungen weiterentwickeln werden, kann nicht vorausgesagt werden; auch eine künftige Prognose hinsichtlich der Epilepsie ist nicht möglich. Bei den Anfällen werden Schmerzen auftreten, deren Frequenz nicht vorausgesehen werden kann. Auch lässt sich für die gesamte künftige Entwicklung des Klägers, der sich gerade in einem Entwicklungsstadium befindet, keine Prognose stellen. Insgesamt litt der Kläger an leiblichen Schmerzen etwa 2 1/2 Monate starke Schmerzen, drei Monate mittlere Schmerzen und ein Jahr und 6 Wochen leichte Schmerzen. Dabei sind die während der Anfangszeit vorhandenen leibnahen psychischen Störungen berücksichtigt, nicht aber die folgenden, auf den Verletzungsfolgen beruhenden psychischen Beschwerden und Leiden. Das äußere Erscheinungsbild des Klägers ist geprägt durch die Halbseitenlähmung mit der Krampfstellung des Armes und dem Nachziehen des Beines sowie durch die Narbe im Bereiche des Halses nach dem Luftröhrenschnitt. Der Gesichtsausdruck des Klägers ist leer, er zeigt nicht jenes Mienenspiel, wie dies bei einem geistig regen und vifen Kind der Fall ist. Dazu kommt die etwas verwaschene Sprache. Eine Besserung dieses körperlichen Erscheinungsbildes ist nicht zu erwarten, durch gehäufte epileptische Anfälle könnte eine Verschlimmerung eintreten. Der Kläger wird eine dem Sinne der Ehe entsprechende harmonische Lebensgemeinschaft nicht führen können. Er besucht die Sonderschule. Für Aufgaben, die ein anderer in einer Viertelstunde erledigt, benötigt er drei Stunden. Er hat keine Freunde. Er wird von seinem Bruder oft sekkiert, die kleineren Kinder verspotten und hänseln ihn. Mahlzeiten müssen ihm vorgeschnitten werden, essen kann er selbst. Er kann das WC aufsuchen. Beim An- und Ausziehen hat er Schwierigkeiten, beim Baden muss ihm geholfen werden. Das Erstgericht nahm im Hinblick darauf, dass die Auswirkungen der Verletzungen hinsichtlich der Schmerzen für die Zukunft zumindest nicht im vollen Umfang abgeschätzt werden könnten, die Schmerzengeldbemessung nur für die vom Kläger bisher (Schluss der mündlichen Streitverhandlung) erlittenen Schmerzen vor; unter Bedachtnahme auf die in den festgestellten Schmerzperioden zum Ausdruck kommenden physischen Schmerzen und auf das Leid des Klägers, das damit verbunden sei, dass er kein normales Leben führen und keine normale Schule besuchen könne, keinen Freundeskreis habe, kaum ein Spiel spielen könne und vor einer Zukunft stehe, in der er sich nie als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft werde betrachten können, erachtete das Erstgericht (ohne Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers) ein Schmerzengeld in der Höhe von 600.000 S als angemessen.

Bei der Bemessung der Verunstaltungsentschädigung ging das Erstgericht davon aus, dass neben den geistigen Veränderungen des Klägers wesentliche nachteilige Veränderungen der äußeren Erscheinung vorlägen. Schon auf den ersten Anblick erscheine der Kläger als Krüppel und gestört, sodass schon und auch aus diesem Gesichtspunkt seine Fortkommenschancen erheblich verhindert seien. So sei er nicht einmal in der Lage, etwa in einem Gasthaus eine Fleischspeise, ohne fremde Hilfe zu sich zu nehmen. Auch seine Chancen, einmal eine Frau zu finden und ein Familienleben zu führen, seien nahezu Null. Bei den festgestellten nachteiligen Veränderungen der äußeren Erscheinung, zu denen auch die Sprachstörungen und Ungeschicklichkeiten zählten, erscheine eine Verunstaltungsentschädigung in der Höhe von 130.000 S als angemessen. Das Gericht zweiter Instanz schloss sich der Ansicht des Erstgerichtes an, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise Schmerzengeld lediglich bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung zuzusprechen sei. Es brachte allerdings zum Ausdruck, dass die Dauerfolgen, insoweit sie überblickbar seien, berücksichtigt werden müssten. Wenngleich die Auswirkungen der Verletzungen hinsichtlich der Schmerzen für die Zukunft nicht in vollem Umfang abgeschätzt werden könnten und es hier nur möglich sei, das Schmerzengeld für die bisher erlittenen Schmerzen zu bemessen, so sei doch nicht nur auf die physischen Beeinträchtigungen, sondern vor allem auf das Leid des Klägers infolge seiner Hirnverletzung Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles, aber auch des von der Rechtsprechung für die Schmerzengeldbemessung ganz allgemein gezogenen Rahmens erscheine das dem Kläger vom Erstgericht zugesprochene Schmerzengeld auch unter Bedachtnahme auf die seit dem Unfall eingetretene Geldwertänderung als angemessen. Bei Beurteilung der begehrten Verunstaltungsentschädigung ging das Berufungsgericht davon aus, dass an die Behauptungs- und Beweispflicht zur Begründung dieses Anspruches keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürften, insbesondere dann nicht, wenn sich die Behinderung des besseren Fortkommens schon nach der Lebenserfahrung von selbst ergebe. Dass der Kläger verunstaltet sei, bedürfe angesichts der getroffenen Feststellungen keiner näheren Begründung. Zutreffend habe das Erstgericht darauf verwiesen, dass die Heiratschancen des Klägers durch den Unfall praktisch vernichtet worden seien. Nach ständiger Rechtsprechung gebühre eine Verunstaltungsentschädigung wegen der Verminderung der Heiratssaussichten auch Männern. In Anbetracht der Schwere der Verunstaltung und des geringen Alters des Klägers sei auch die vom Erstgericht ausgemittelte Verunstaltungsentschädigung von 130.000 S noch als angemessen anzusehen; zu einer Erhöhung bestehe ebensowenig ein Anlass wie zu einer Herabsetzung dieses Betrages. Während die Beklagten mit ihrer Revision die Annahme ihrer Haftung für die Unfallsfolgen dem Grunde nach überhaupt und allenfalls die vorgenommene Verschuldensteilung bekämpfen, wendet sich der Kläger in seiner Revision gegen die Ansicht der Vorinstanzen, es treffe auch ihn ein Verschulden an dem Unfall. Schließlich richten sich beide Revisionen gegen die Ausmessung des Schmerzengeldes sowie den von den Vorinstanzen vorgenommenen Zuspruch einer Verunstaltungsentschädigung.

Wegen des sachlichen Zusammenhanges empfiehlt es sich, beide Revisionen gemeinsam zu behandeln.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zur Haftung der Beklagten dem Grunde nach sowie zur Frage der Schadensteilung:

Vorweg ist festzuhalten, dass eine sachgerechte Beurteilung der Haftung des Erstbeklagten für die Unfallsfolgen nur dann möglich ist, wenn das Fahrverhalten des Erstbeklagten unter Bedachtnahme auf das Verkehrsgeschehen in seiner Gesamtheit betrachtet wird. Die vom Erstbeklagten zu bewältigende Verkehrssituation war dadurch gekennzeichnet, dass er die Absicht hatte, einen Radfahrer trotz Gegenverkehrs zu überholen. Die Abwicklung des Überholvorganges war jedenfalls dadurch erschwert, dass dem Erstbeklagten einerseits ein Traktor entgegenkam, von dem er keine hohe Fahrgeschwindigkeit erwarten konnte, und auch der von ihm zu überholende Verkehrsteilnehmer nur eine geringe Geschwindigkeit einhielt, und dass er anderseits das Überholmanöver kurz nach der Begegnung von Traktor und Radfahrer vornehmen wollte. Dazu kommt noch, dass er ausgehend von den von den Vorinstanzen festgestellten Fahrlinien des Traktors und des Radfahrers Bedenken haben musste, ob er nach der Vorbeifahrt des ihm entgegenkommenden (rund 8 1/2 m langen) Traktorgespannes noch jenen seitlichen Sicherheitsabstand werde erreichen können, der zum Überholen des Radfahrers erforderlich gewesen wäre. Mit der von den Vorinstanzen festgestellten Absicht des Erstbeklagten, den Kläger - ohne Herabsetzung der Fahrgeschwindigkeit - kurz nach dem Kreuzen des VW-Busses mit dem Traktor mit einem Seitenabstand von 50 cm zu überholen, wurde der Erstbeklagte diesem Verkehrsgeschehen ohne Zweifel nicht gerecht, zumal er bei dieser Situation den bei Radfahrern zu berücksichtigenden Schwankungen nicht Rechnung getragen hätte und er daher auch einen "Auffahrunfall" damit nicht hätte ausschließlich können. Nach § 20 Abs.1 StVO hat ein Fahrzeuglenker die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen- und Verkehrsverhältnissen anzupassen. Nimmt ein Fahrzeuglenker eine unklare Verkehrslage wahr, dann hat er seine Fahrgeschwindigkeit dieser Situation sofort anzupassen, sie in der Regel also herabzusetzen. Im vorliegenden Fall hätte sich der Erstbeklagte im Hinblick auf die ihm zur Bewältigung des Begegnungsverkehrs und die Durchführung des anschließenden Überholmanövers zur Verfügung stehende beträchtlich eingeschränkte Verkehrsfläche und den Umstand, dass die Kinder einander zuwinkten und damit eine gewisse Ablenkung des Radfahrers zu befürchten war, mit der Abgabe eines Hupsignals allein nicht begnügen dürfen. Die gesamte Verkehrssituation musste für den Erstbeklagten vielmehr ein Gefahrenmoment bedeuten, dem er durch entsprechende Herabsetzung seiner Fahrgeschwindigkeit und erhöhte Aufmerksamkeit hätte begegnen müssen. Dies hat der Erstbeklagte aber nicht getan. In der Beibehaltung seiner Fahrgeschwindigkeit von 66 km/h ist daher in erster Linie ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 20 Abs.1 StVO zu erblicken. Unter den gegebenen Umständen liegt aber auch ein Verstoß gegen § 18 Abs.1 StVO vor, weil diese Vorschrift auch im Falle eines beabsichtigten Überholens zu beachten ist (ZVR 1972/42 ua). Die Beklagten vertreten dazu die Ansicht, dass der Erstbeklagte § 18 Abs.1 StVO nicht verletzt habe. § 18 Abs.1 StVO sei nämlich für den überholenden nur so lange anzunehmen, als er sich mit irgendeiner seitlichen Überdeckung hinter dem vor ihm fahrenden Fahrzeug befinde; sobald der Überholende zu dem anderen Fahrzeug keine seitliche Überdeckung mehr habe, sei § 18 Abs.1 StVO begrifflich nicht mehr anwendbar, weil es dann - selbst wenn das voranfahrende Fahrzeug plötzlich abgebremst werde - nicht mehr zu einem Auffahrunfall kommen könne, sondern das überholende Fahrzeug im Zuge einer allfälligen Abbremsung des voranfahrenden Fahrzeuges dieses kollisionsfrei überhole. Da der Erstbeklagte mit seinem Fahrzeug (schon beim Passieren des Traktors) mit einem fiktiven Seitenabstand zum Kläger von 50 cm gefahren sei, habe er sich gegenüber dem Kläger von allem Anfang an "in Überholposition" befunden und hätte er bei plötzlicher Abbremsung des Fahrrades den Kläger in einem Seitenabstand von 50 cm überholt. § 18 Abs.1 StVO sei daher hier nicht anwendbar.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Von einem "Hintereinanderfahren" im Sinne des § 18 Abs.1 StVO ist dann zu sprechen, wenn sich zwei oder mehrere Fahrzeuge in gleicher oder annähernd gleicher Spur nacheinander fortbewegen, wobei der Abstand nicht so groß ist, dass das Verhalten des Vorausfahrenden unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände keinerlei Einfluss mehr auf das des Nachfahrenden haben kann (vgl. Dittrich-Veit-Schuchlenz Anm.1) zu § 18 StVO). Die Beklagten übersehen vor allem, dass der vor dem Erstbeklagten fahrende Verkehrsteilnehmer ein Fahrrad gelenkt hat und bei Radfahrern unter Bedachtnahme auf deren geringe Fahrgeschwindigkeit auch mit gewissen, mit dem Tretvorgang zusammenhängenden unwillkürlichen Schwankungen gerechnet werden muss. Diesen bei Radfahrern immer wieder zu beobachtenden seitlichen Veränderungen der Fahrlinie muss auch beim Überholen durch einen entsprechenden seitlichen Sicherheitsabstand Rechnung getragen werden (vgl. ZVR 1963/259, 1969/10, 1977/251 u.a.). Die von den Beklagten vertretene Rechtsmeinung, das Vorliegen einer "seitlichen Überdeckung" sei Voraussetzung für die Notwendigkeit zur Einhaltung der sich aus § 18 Abs.1 StVO ergebenden Verpflichtung, trifft daher im gegenständlichen Fall nicht zu.

Den Beklagten kann aber auch darin nicht gefolgt werden, dass kein "Rechtswidrigkeits- bzw. Kausalzusammenhang der Verletzung des § 18 Abs.1 StVO mit dem Unfall bestehe", weil der Unfall auch bei Einhaltung eines seitlichen Sicherheitsabstandes von 1,5 m eingetreten wäre. Damit bringen sie nämlich nur zum Ausdruck, dass dem Erstbeklagten die Unterlassung der Einhaltung eines zu geringen Seitenabstandes seines Fahrzeuges vom Fahrrad des Klägers und damit ein Verstoß gegen § 15 Abs.4 StVO nicht vorgeworfen werden könne. Auf die Frage der Zurechenbarkeit des Verstoßes gegen die Bestimmung des § 18 Abs.1 StVO gehen sie damit nicht ein. In diesem Zusammenhang ist allerdings dem Kläger insoweit zuzustimmen, als er den Vorinstanzen zum Vorwurf macht, sie hätten dem Erstbeklagten auch ein auf einer Verletzung des § 15 Abs.4 StVO beruhendes Verschulden anlasten müssen. Dass diese Bestimmung dem Schutz des zu überholenden Verkehrsteilnehmers dient, steht außer Zweifel. Der Erstbeklagte hat somit gegen ein Schutzgesetz im Sinn des § 1311 ABGB verstoßen. Den Beweis, dass sich der Unfall auch bei Einhaltung dieser Schutzvorschrift mit denselben Unfallsfolgen ereignet hätte, haben die Beklagten nicht eindeutig erbracht. Unter diesen Umständen kann aber keine Rede davon sein, dass den Beklagten der Entlastungsbeweis im Sinn des § 9 EKHG gelungen wäre. Es ist vielmehr von einem Verschulden des Erstbeklagten wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen der §§ 15 Abs 4, 18 Abs 1 und 20 Abs 1 StVO auszugehen. Hat der Erstbeklagte sich aber selbst verkehrswidrig verhalten (ZVR 1974/130, 1976/2 und 126 ua) und damit jene Sorgfalt außer Acht gelassen, die im Interesse der Sicherheit des Verkehrs verlangt werden muss, dann kann er sich zur Rechtfertigung seines Verhaltens auch nicht auf den Vertrauensgrundsatz des § 3 StVO berufen (ZVR 1975/74, 1980/96, 1982/343 ua). Die Annahme einer Haftung der Beklagten für die Unfallsfolgen durch die Vorinstanzen entspricht daher der Sach- und Rechtslage.

Den Vorinstanzen ist aber - entgegen der Ansicht des Klägers - auch kein Rechtsirrtum darin unterlaufen, dass sie auch dem Kläger ein Mitverschulden an dem Unfall angelastet haben. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, dass auch gegenüber Kindern und Unmündigen eine Schadensteilung nicht ausgeschlossen ist. Ihnen ist nämlich ein Mitverschulden (§ 1304 ABGB) in Analogie zu § 1310 ABGB dann anzulasten, wenn sie in concreto ihr Fehlverhalten in eigenen Angelegenheiten einsehen und danach handeln konnten. Es ist allerdings gemessen an dem eines in gleicher Situation stehenden Vollsinnigen milder zu beurteilen (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 14 zu § 1310 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zutreffend haben die Vorinstanzen den Standpunkt vertreten, dass sich aus der Zulassung von zehnjährigen mit Fahrradprüfung als Radfahrer am öffentlichen Verkehr (§ 65 Abs.2 StVO) ergibt, dass ihnen der Gesetzgeber ein verkehrsgerechtes Verhalten zutraut (ZVR 1982/167). Insoweit der Kläger in seiner Revision zum Ausdruck bringt, er sei im Unfallszeitpunkt nicht fähig gewesen, die Gefahr eines Einbiegens nach links zu erkennen, er sei auch nicht reif genug gewesen, in Sekundenschnelle seinem seelischen Antrieb, zu seinen Freunden zu kommen, Widerstand entgegenzusetzen, geht er nicht von der für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage aus, wonach eine Beeinträchtigung der seinem Alter entsprechenden geistigen Fähigkeiten im Verfahren nicht hervorgekommen ist. Der Kläger versucht in seiner Revision auch gar keine konkreten Umstände aufzuzeigen, die die von ihm gewünschte rechtliche Beurteilung ermöglichen würden. Die Vorinstanzen haben daher mit Recht ein Mitverschulden des Klägers an dem Unfall angenommen.

Was nun das Ausmaß der Verschuldensteilung anlangt, so wird von den Beklagten nicht bestritten, dass das Mitverschulden eines Unmündigen milder zu beurteilen ist als jenes eines Erwachsenen. Stellt man nun das verkehrswidrige Verhalten des Erstbeklagten jenem des Klägers an sich gegenüber, so muss unter Bedachtnahme auf alle Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das schuldhafte Verhalten beider Teile im allgemeinen und im konkreten Fall bewirkten Gefahr und die Wichtigkeit der verletzten Vorschriften für die Sicherheit des Verkehrs (ZVR 1975/162, 1978/314, 1979/10, 1981/106 ua) doch gesagt werden, dass das Fehlverhalten des Klägers deutlich überwiegt. Wird aber - wie bereits ausgeführt - in Rechnung gestellt, dass Kinder und Unmündige nicht im gleichen Maße verantwortlich sind wie Erwachsene und daher ihr Verschulden in der Regel milder zu beurteilen ist als unter sonst gleichen Umständen jenes Erwachsener (ZVR 1971/81, 1974/39, 1976/139, 1979/32, 1981/146; ZVR 1982/2, 104, 132, 167, 324, 342; ZVR 1983/46, 215 uva), und weiters berücksichtigt, dass die Verantwortlichkeit Unmündiger umso weniger anzunehmen ist, je mehr das Alter unter der Mündigkeitsgrenze liegt (vgl. Reischauer aaO RZ 4 zu § 1310), so führt dies dazu, dass beiden Verkehrsteilnehmern der Unfall annähernd gleich schwer anzulasten ist, was eine Schadensteilung im Verhältnis 1:1 zur Folge hat. Insoweit erweist sich bloß die Revision der Beklagten als teilweise berechtigt.

2. Zum Schmerzengeld- und Verunstaltungsbegehren:

In beiden Revision wird die Unterlassung einer Globalbemessung des Schmerzengeldes durch die Vorinstanzen auch für künftige Schmerzen bekämpft. Darüber hinaus vertreten die Beklagten den Standpunkt, das für die "bisherigen" Schmerzen zuerkannte Schmerzengeld sei wesentlich überhöht, während der Kläger meint, es hätte gemäß § 273 ZPO mit dem begehrten Betrag von 1 Mill.S ausgemessen werden müssen. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemachte Aktenwidrigkeit (§ 503 Abs 1 Z 3 ZPO) liegt nicht vor, was jedoch keiner Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO). Richtig ist, dass Schmerzengeld prinzipiell eine einmalige Abfindung ist und alles Ungemach abgelten soll, das der Verletzte bereits erduldet hat und noch zu erdulden haben wird, wobei zukünftige Folgen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu beurteilen sind. Was in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung als Folge vorhersehbar und in den Auswirkungen überschaubar ist, ist dabei zu berücksichtigen und kann in einem späteren Verfahren nicht mehr zugesprochen werden. Nach Lehre und nun bereits ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt jedoch eine zukünftige Unfallsfolgen nicht erfassende und damit auch eine ergänzende (ZVR 1974/116, 1976/77, 1979/264) oder wiederholte (ZVR 1976/18) Schmerzengeldbemessung - wie die Vorinstanzen richtig erkannten - dann in Frage, wenn die Schmerzen bei der (ersten oder vorangegangenen) Bemessung nicht vorhersehbar sind (waren) (ZVR 1972/101, 1975/14, 1979/308) oder ihre Auswirkungen nicht (ZVR 1970/37) oder nicht annähernd in vollem Umfang (ZVR 1974/116, 1976/77) erfasst werden können (Reischauer aaO RZ 49 zu § 1325). Nach der für die Schmerzengeldbemessung hier bedeutsamen Sachverhaltsgrundlage ist noch ungewiss, ob die Unfallsfolgen durch die Epilepsie und eine allfällige Hirnathrophie bei Hirndrucksteigerung noch verschlimmert werden; es konnte auch nicht vorhergesagt werden, wie sich die Hirnveränderungen und die Epilepsie selbst entwickeln werden und mit welcher Anfallshäufigkeit wird gerechnet werden müssen. Offen blieb weiters noch die Frage, ob und bejahendenfalls welche und wieviele Operationen (Austausch des Entlastungsventiles und an den Gliedmaßen) sich in Zukunft noch als notwendig herausstellen werden. Unter diesen Umständen haben die Vorinstanzen mit Recht die Voraussetzungen für eine nicht auch alle zukünftigen Schmerzen und Unlustgefühle umfassende Teilbemessung des Schmerzengeldes als gegeben angenommen. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings auch darauf hingewiesen, dass Dauerfolgen, soweit sie bereits Überblickbar sind, jetzt schon berücksichtigt werden müssen. Beurteilt man die festgestellten Unfallsfolgen unter diesem Gesichtspunkt, so zeigt sich, dass der Kläger - abgesehen von den epileptischen Anfällen - "keine besonderen Schmerzen" mehr hat und - ebenfalls ohne Berücksichtigung der Folgen von allenfalls noch notwendig werdenden

Operationen - auch nicht mehr haben wird; er empfindet nur mehr "allgemeine Unlustgefühle", die einschließlich der Kopfschmerzen bei der Schmerzengeldbemessung global zu berücksichtigen sind und in den gutächtlich festgestellten Schmerzperioden auch nicht erfasst sind (vgl. AS 153 ff.). Ausgenommen von der hier vorzunehmenden Schmerzengeldbemessung bleiben somit nur jene Schmerzen und Unlustgefühle, die mit den heute noch nicht überschaubaren ab Schluss der Verhandlung erster Instanz auftretenden epileptischen Anfällen sowie allenfalls mit weiteren, wegen der Unfallsfolgen notwendig werdenden Operationen verbunden sind. Zu beachten ist allerdings, dass bei Zuspruch von Schmerzengeld in mehreren Teilbeträgen im Ergebnis nicht mehr zuerkannt werden darf, als bei Globalbemessung (Jarosch-Müller-Piegler, Schmerzengeld4  165, samt Rechtsprechungsnachweis).

Das Berufungsgericht hat wohl die für die Ausmessung des Schmerzengeldes maßgeblichen Kriterien im einzelnen durchaus zutreffend zur Darstellung gebracht. Bei Beurteilung und Einschätzung dieser Kriterien muss jedoch gesagt werden, dass die auf den Unfall zurückzuführende weitgehende Zerstörung der Persönlichkeit des dem Kindesalter kaum entwachsenen Klägers doch schwerer ins Gewicht fällt, als dies von den Vorinstanzen angenommen wurde. Unter den gegebenen Umständen reicht das von den Vorinstanzen zuerkannte Schmerzengeld zur Abgeltung der durch den Unfall ausgelösten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen und der hier zu berücksichtigenden Schmerzen und Unlustgefühle nicht voll aus, es erscheint vielmehr dazu ein Betrag von 700.000 S erforderlich, sodass dem Kläger unter Berücksichtigung des von ihm zu vertretenden Mitverschuldens aus diesem Titel ein Betrag von 350.000 S zuzusprechen war.

Was den Zuspruch einer Verunstaltungsentschädigung anlangt, sind die Beklagten der Ansicht, dass dem Kläger überhaupt keine Verunstaltungsentschädigung zustehe, weil der Kläger in erster Linie wegen seines herabgesetzten Geisteszustandes in seinem Fortkommen behindert sein werde, wofür ihm gegebenenfalls eine Entschädigung für Verdienstentgang gebühren würde; die äußerliche nachteilige Veränderung des Klägers könne sich daher nicht in einer noch zusätzlichen Verminderung der Fortkommenschancen auswirken. Für eine Verunstaltungsentschädigung für verminderte Heiratsaussichten des Klägers die in erster Linie auch auf seinen Geisteszustand und nicht auf das äußere Erscheinungsbild zurückzuführen seien, wären aber maximal 30.000 S angemessen. Der Kläger hingegen führt seine diesbezügliche Rechtsrüge dahin aus, dass die Verunstaltungsentschädigung für sein ganzes Leben bemessen werden müsse und ihm dafür doch der begehrte Betrag von 350.000 S gebühre.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu entgegnen:

Die Ansprüche nach den §§ 1325 und 1326 ABGB bestehen grundsätzlich nebeneinander (ZVR 1962/61, 1965/144, 1970/138, 1978/181). Lediglich dann, wenn die Verhinderung des besseren Fortkommens allein eine Folge einer Erwerbsunfähigkeit ist, wäre dies im Rahmen einer Entschädigung nach § 1325 ABGB und nicht nach § 1326 ABGB abzugelten (vgl. Wolff in Klang2  VI 147; Ehrenzweig, Schuldrecht 628; Reischauer aaO. Rz 11 zu § 1326 samt Rechtsprechungshinweis). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die Ausführungen der Beklagten zum Grunde dieses Ersatzbegehrens gehen daher ins Leere.

Betrachtet man die auf den Unfall zurückzuführenden nachteiligen Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes des Klägers, vor allem die Halbseitenlähmung mit der Krampfstellung des Armes und dem Nachziehen des Beines (vgl. ZVR 1962/196, 1979/159) seinen leeren Gesichtsausdruck und seine verwaschene Sprache (ZVR 1970/181, 1976/79, 1978/184, 1979/159; die am Hals vorhandene Narbe und nicht zuletzt - was von den Vorinstanzen offenbar übersehen wurde - auch die epileptischen Anfälle (ZVR 1976/79), so muss doch gesagt werden, dass dadurch die Gewinnung einer günstigeren Lebenslage, vor allem im Hinblick auf seine Heiratsaussichten, ganz entscheidend beeinträchtigt wurde. Da diese Behinderung seines besseren Fortkommens in ihrer Gesamtheit im wesentlichen heute schon überblickbar ist, gebührt dem Kläger hiefür ein Ersatz in Form einer einmaligen Kapitalzahlung (Koziol, HaftpflichtrechtII 145). Zur Abgeltung des dem Kläger daraus entstehenden Schadens erscheint jedoch auch unter Bedachtnahme auf sein Alter ein Betrag von 200.000 S als angemessen. Dem Kläger steht somit eine Verunstaltungsentschädigung von 100.000 S zu.

Damit erweisen sich aber auch die Revisionsausführungen des Klägers als teilweise berechtigt, was jedoch wegen des Revisionserfolges der Beklagten im Ergebnis keine Auswirkung hat. Ausgehend von einer Schadensteilung im Verhältnis 1:1 gebührt dem Kläger somit ein Schmerzengeld von 350.000 S und eine Verunstaltungsentschädigung in der Höhe von 100.000 S und für das beschädigte Fahrrad ein Betrag von 1.350 S (insgesamt daher 451.350 S), wovon allerdings die Teilzahlung von 50.000 S sowie die um die Mitverschuldensquote verminderte Gegenforderung des Erstbeklagten (4.500 S) in Abzug zu bringen sind. Dementsprechend mussten die Entscheidungen der Vorinstanzen spruchgemäß abgeändert werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf den §§ 43 Abs.1 und 2 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf den §§ 43 Abs.1 und 50 ZPO.

Textnummer

E08945

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00035.84.0117.000

Im RIS seit

17.04.1985

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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