TE OGH 1985/6/25 11Os59/85

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Veröffentlicht am 25.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Juni 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Kral, Dr. Walenta und Dr. Brustbauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mader als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred und Theresia A wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der beiden Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 12.Feber 1985, GZ 11 b Vr 299/84-33, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Gehart, der Angeklagten Manfred und Theresia A und des Verteidigers Dr. Schira zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, in den Schuld- und Strafaussprüchen aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 15.April 1948 geborene Steinmetzmeister Manfred A und dessen nunmehrige Ehefrau, die am 11.Februar 1951 geborene Angestellte Theresia A, des Verbrechens der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs. 1 StGB, Manfred A überdies des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers nach dem § 158 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Dem Schuldspruch zufolge haben in Gänserndorf vorsätzlich I./ das Vermögen des Manfred A verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger geschmälert, und zwar 1./ Manfred A und Theresia A im bewußten und

gewollten Zusammenwirken durch unentgeltliche Übertragung eines PKWs der Marke Saab im Wert von ca 60.000 S in das Eigentum der Theresia A, indem sie am 20.Februar 1982 einen diesbezüglichen Kaufvertrag errichteten und am 18.März 1982 die Ummeldung des Fahrzeuges von Manfred auf Theresia A veranlaßten,

2./ Manfred A allein in der Zeit vom 12.März 1982 bis 18. März 1982 durch Entnahme von Bargeld in der Höhe von insgesamt 25.321,60 S aus der Betriebskasse,

II./ Manfred A in der Zeit vom 15.März 1982 bis 17. März 1982 nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit vorsätzlich Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger benachteiligt, und zwar dadurch, daß er Schulden von insgesamt 115.606,79 S zahlte.

Von weiteren Anklagefakten wurde Manfred A rechtskräftig freigesprochen.

Die Angeklagten bekämpfen die Schuldsprüche unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs. 1 Z 1, 3, 5, 8 und 9 lit a (inhaltlich auch 9 lit b) StPO jeweils mit (einer gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerde. Überdies fechten sie - ebenso wie die Staatsanwaltschaft - den Strafausspruch mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt schon aus dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu.

Gemäß dem § 68 Abs. 1 Z 2 StPO ist von der Wirksamkeit als Richter (oder Protokollführer) in allen Instanzen unter anderem ausgeschlossen, wer in dieser Sache als Anzeiger aufgetreten ist. Im vorliegenden Fall ordnete Dr.Günter B, der nunmehr dem erkennenden Schöffensenat angehörte, im Konkursverfahren des Gemeinschuldners Manfred A, AZ 6 S 9/82 des Kreisgerichtes Korneuburg, am 29.Juli 1982 die Übermittlung eines Berichtes des Masseverwalters, der sodann den Anlaß zur Einleitung dieses Strafverfahrens bildete, an die Staatsanwaltschaft an. Auf Grund dieser von ihm getroffenen Verfügung ist er jedenfalls als Anzeiger (vgl hiezu den Wortlaut des § 177 KO) im Sinn des § 68 Abs. 1 Z 2 StPO anzusehen und war mithin von der Mitwirkung als Richter in dem sich anschließenden Strafverfahren ausgeschlossen. Da sich demnach ein ausgeschlossener Richter an der Entscheidung beteiligte, liegt der Nichtigkeitsgrund der Z 1 des § 281 Abs. 1 StPO vor.

Entgegen der Auffassung der Generalprokuratur sind die Angeklagten aber auch legitimiert, diese Urteilsnichtigkeit geltend zu machen. Denn mit Rücksicht darauf, daß Dr. B im vorzitierten Konkursverfahren nur vertretungsweise einschritt (siehe Äußerung des Vorsitzenden im Vorlagebericht ON 38 des Vr-Aktes) und kein Nachweis dafür vorliegt, daß die Erstattung der Anzeige durch ihn den beiden Angeklagten oder ihrem Verteidiger amtlich zur Kenntnis gebracht wurde, kann nicht davon ausgegangen werden, daß den Angeklagten bereits bei Beginn oder doch noch im Verlauf der Hauptverhandlung der Ausschließungsgrund bekannt wurde und sie sich somit durch Unterlassung einer sofortigen Rüge dieses Beschwerdegrundes verschwiegen hätten (§ 281 Abs. 1 Z 1, zweiter Halbsatz, StPO). Mithin war über die Nichtigkeitsbeschwerden gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 1 StPO wie im Spruch zu erkennen, wobei auf das übrige Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden brauchte. Mit ihren durch die Urteilsaufhebung auch im Strafausspruch gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E06192

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00059.85.0625.000

Dokumentnummer

JJT_19850625_OGH0002_0110OS00059_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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