TE OGH 1985/7/3 3Ob83/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei minderjährige Alexandra A, Schülerin, 3400 Klosterneuburg, Leopoldstraße 21/10, gesetzlich vertreten durch die eheliche Mutter Renate B, Erzieherin, ebendort, diese vertreten durch Dr. Walter und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Walter A, Fernmeldeinspektor, 1190 Wien, Grinzinger Straße 147/3/52, vertreten durch Dr. Helmut Meindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 118.100 S, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 18. April 1985, GZ 46 R 120/85-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 3. Dezember 1984, GZ E 3865/84-5, 'ersatzlos aufgehoben' wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß er

zu lauten hat:

'Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß des Richters des Erstgerichtes vom 3. 12. 1984, ON 5, wird dahin abgeändert, daß der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Rechtspflegers des Erstgerichtes vom 14. 11. 1984, ON 1, mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß die überweisung der gepfändeten Dienstbezüge dem Exekutionsgericht vorbehalten bleibt.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses gegen den wiederhergestellten Beschluß selbst zu tragen.

Die Rekurskosten der betreibenden Partei werden mit 4.098,60 S (darin keine Barauslagen und 372,60 S Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.'

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die ehelichen Eltern der minderjährigen betreibenden Partei waren miteinander vom 20. April 1968 bis 18. Dezember 1973 und vom 20. April 1979 bis 13. Mai 1983 verheiratet. Laut pflegschaftsgerichtlich genehmigter Vereinbarung der Eltern stehen der Mutter alle im § 144 ABGB genannten Rechte und Pflichten allein zu. Mit pflegschaftsgerichtlichem Beschluß vom 30. Dezember 1982 wurde der Vater verpflichtet, für die Minderjährige ab 22. Dezember 1982 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 3.000 S zu leisten. In einem am 17. Februar 1983 vor dem Pflegschaftsgericht geschlossenen Vergleich wurde der monatliche Unterhaltsbeitrag mit 3.300 S festgesetzt. Dabei galt als vereinbart, daß der Vater weiterhin die Familienbeihilfe bezieht. Am 6. Juli 1983 beantragte die Minderjährige, den väterlichen Unterhaltsbeitrag mit 3.500 S festzusetzen. (Die Familienbeihilfe, die bis April 1983 dem Vater ausgezahlt wurde, bezieht seither die Mutter.) Dieser Erhöhungsantrag wurde am 2. November 1983 mangels einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse abgewiesen. Am 14. März 1984 beantragte die Minderjährige, den väterlichen Unterhaltsbeitrag mit 4.000 S festzusetzen. Der Vater beantragte, diesen Antrag abzuweisen (Akt P 6/74-1 bis 33a des Erstgerichtes).

Mit Beschluß vom 26. Mai 1984, P 6/74-34, wurde der Vater verpflichtet, 'anstelle seiner bisherigen Unterhaltsleistung (hg. Vergleich vom 17. Februar 1983, ONr. 13) nunmehr angefangen vom 14. März 1983' - die Jahreszahl wurde mit Beschluß vom 30. Mai 1984,

ON 35, auf 1984 berichtigt - bis auf weiteres ... 'noch einen Betrag

von monatlich S 3.200 ... zu bezahlen. Die bis zum Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses fällig gewordenen Beträge sind binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Unterhaltsbeiträge jeweils am Ersten eines jeden Monates im voraus zu entrichten'. Das auf einen Unterhaltsbeitrag von insgesamt S 4.000 gerichtete Mehrbegehren der Mutter wurde 'als überhöht abgewiesen.'

Eine berichtigte Ausfertigung des Beschlusses ON 34 und der Berichtigungsbeschluß ON 35 wurden für den Vater beim Postamt 1190 Wien hinterlegt. Diese Beschlüsse gelten mit dem Beginn der Abholfrist am 6. Juni 1984 als zugestellt. Die Zustellung dieser Beschlüsse an den Vertreter der Minderjährigen erfolgte am 5. Juni 1984.

Am 8. Juni 1984 langte der am 7. Juni 1984 zur Post gegebene Rekurs des Vaters gegen den Beschluß ON 34 ein. Der Beschluß wurde 'insoweit angefochten, als damit dem Unterhaltserhöhungsantrag teilweise Folge gegeben wurde'. Der Rekurswerber beantragte, 'den Unterhaltserhöhungsantrag zur Gänze abzuweisen bzw. zumindest den monatliche Unterhaltsbeitrag auf S 2.600 herabzusetzen.'

Dieser Rekurs wurde vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht mit Beschluß vom 12. September 1984, 43 R 910, 911/84-39, mit der Begründung zurückgewiesen, der Vater, der in erster Instanz keinen Herabsetzungsantrag gestellt habe, sei durch den seinen Unterhaltsbeitrag in Wahrheit herabsetzenden angefochtenen Beschluß gar nicht beschwert.

Gegen diese, dem Vertreter des Vaters am 24. Oktober 1984 zugestellte, beim Pflegschaftsgericht bereits am 11. Okotber 1984 eingelangte Entscheidung der zweiten Instanz erhob der Vater am 29. Oktober 1984 Rekurs, dem der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 20. Dezember 1984, 7 Ob 698/84-43, aus den als richtig erachteten Gründen der zweiten Instanz nicht Folge gab. Am 14. November 1984 beantragte die betreibende Partei beim Erstgericht (als Titelgericht), ihr auf Grund des vollstreckbaren Beschlusses vom 26. Mai 1984 zur Hereinbringung a) der vollstreckbaren bereits fälligen (restlichen) Unterhaltsforderung von S 9.300, das sei der rückständige Unterhalt für die Zeit vom 14. März 1984 bis 30. November 1984 abzüglich bezahlter S 17.850,

b) weiters der ab 1. Dezember 1984 am Ersten eines jeden Monats fällig werdenden Unterhaltsbeiträge von je S 3.200 und der Antragskosten die Pfändung und überweisung zur Einziehung der dem Verpflichteten als Fernmeldeinspektor gegen den Drittschuldner Post- und Telegraphendirektion Wien zustehenden Bezüge zu bewilligen. Als Exekutionsgericht habe das Exekutionsgericht Wien einzuschreiten.

Der Rechtspfleger des Erstgerichtes bewilligte die beantragte Exekution am 14. November 1984 - und zwar infolge Verwendung der uneingeschränkten Formulierung 'Bew.St.' auch hinsichtlich der überweisung - und verfügte die unmittelbare Zustellung des Bewilligungsbeschlusses an die Parteien und den Drittschuldner, weil er entgegen dem Beschlußtext nicht das Exekutionsgericht Wien, sondern das Bezirksgericht Klosterneuburg als Vollzugsgericht angesehen haben dürfte.

In seinem dagegen erhobenen Rekurs beantragte der Verpflichtete den Exekutionsantrag abzuweisen, weil er gegen die Zurückweisung seines Rekurses gegen den Titel am 29. Oktober 1984 Rekurs erhoben habe.

Der Richter des Erstgerichtes gab dem Rekurs des Verpflichteten mit Beschluß vom 3. Dezember 1984, ON 5, Folge und wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, daß der Titel noch nicht rechtskräftig sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen den Beschluß des Richters erhobenen Rekurs der betreibenden Partei Folge, hob den angefochtenen Beschluß ersatzlos auf und erklärte einen weiteren Rekurs für nicht zulässig. Es vertrat die Meinung, der vom Richter des Erstgerichtes selbst erledigte Rekurs des Verpflichteten habe sich gegen einen im Exekutionsverfahren ergangenen Beschluß gerichtet. Nach § 67 Abs. 2 EO komme aber dem Rekurs eine die Ausführung des angefochtenen Beschlusses hemmende Wirkung nur in den im Gesetz besonders bezeichneten Fällen zu. Mangels einer solchen Ausnahme habe das Erstgericht dem Rekurs gegen seine Exekutionsbewilligung zu unrecht Folge gegeben, weshalb diese Entscheidung ersatzlos aufzuheben sei. Die Begründung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit des weiteren Rekurses besteht nur in der Anführung der einschlägigen Bestimmungen.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten.

Rechtliche Beurteilung

Das außerordentliche Rechtsmittel ist ungeachtet des gegenteiligen Ausspruches des Gerichtes zweiter Instanz, an den der Oberste Gerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit gemäß § 526 Abs. 2 ZPO nicht gebunden ist, nach § 528 Abs. 2 ZPO zulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vorliegen. Es handelt sich nämlich nicht um die Vollstreckbarkeit eines im Exekutionsverfahren ergangenen Beschlusses, sondern um den Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft (und Vollstreckbarkeit) einer im Verfahren außer Streitsachen ergangenen Entscheidung bei Unzulässigkeit eines dagegen erhobenen Rechtsmittels. Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet.

Nach § 1 Z 6 EO sind in nichtstreitigen Rechtsangelegenheiten ergangene Verfügungen der Zivilgerichte, soweit sie nach den dafür geltenden Vorschriften in Vollzug gesetzt werden können (§ 12 AußStrG), Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung. Der bezogene § 12 AußStrG bestimmt, daß solche Verfügungen in der Regel sogleich in Vollzug gesetzt werden können (Abs. 1), daß aber nach bereits angebrachtem Rekurs die erste Instanz bis zur Erledigung desselben dem Vollzuge des Bescheides nicht mehr stattzugeben hat (Abs. 2).

Nach Lehre (Fasching III 691, IV 7 und 348; ders. C RZ 1494) und Rechtsprechung (SZ 25/298; JBl. 1965, 524 ua.) schieben jedoch unzulässige Rechtsmittel den Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der unzulässigerweise bekämpften Entscheidung nicht hinaus.

Dieser für den Zivilprozeß entwickelte Grundsatz gilt wegen der gleichen verfahrensrechtlichen Situation auch im Außerstreitverfahren. Auch in diesem Verfahren ist also ein unzulässiger Rekurs zumindest bei Entscheidungen der gegenständlichen Art kein Hindernis, einen unzulässigerweise bekämpften Beschluß nach § 12 AußStrG vor der Entscheidung über das unzulässige Rechtsmittel in Vollzug zu setzen.

Daß es sich bei dem gegen den Exekutionstitel erhobenen Rekurs des nunmehrigen Verpflichteten um ein unzulässiges Rechtsmittel handelte, steht auf Grund des bereits zitierten Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 20. Dezember 1984, 7 Ob 698/84-43, fest. Der Rechtspfleger des nach § 4 Abs. 1 Z 3 EO als Pfelgschaftsgericht zur Bewilligung der Exekution zuständigen Titelgerichtes hat daher die beantragte Forderungsexekution mit Recht bewilligt, hätte dabei allerdings nicht auch über die überweisung entscheiden dürfen, weil über diesen Antrag nach § 303 Abs. 2 EO in jedem Fall das Exekutionsgericht zu entscheiden hat, als welches nach § 18 Z 3 EO zutreffend das Exekutionsgericht Wien bezeichnet wurde.

Der unzutreffend begründete und auch mißverständlich formulierte angefochtene Beschluß der zweiten Instanz erweist sich somit im Ergebnis als richtig.

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben und der angefochtene Beschluß mit einer seinen Spruch verdeutlichenden Maßgabe zu bestätigen.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 78 EO und den §§ 40, 41 und 50 ZPO.

Die nunmehr rechtskräftig bewilligte Exekution wird vom zuständigen Exekutionsgericht weiter zu vollziehen sein.

Anmerkung

E06124

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00083.85.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19850703_OGH0002_0030OB00083_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten