TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/28 2004/05/0311

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Veröffentlicht am 28.06.2005
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Index

L85004 Straßen Oberösterreich;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

LStG OÖ 1991 §13;
LStG OÖ 1991 §32 Abs2;
LStG OÖ 1991 §40a Abs1;
UVPG 2000 §17 Abs4;
UVPG 2000 §17 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Franz Leitner in Puchenau, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer, Dr. Ludwig Beurle, u.a. Rechtsanwälte in Linz, Landstraße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Oktober 2003, Zl. BauR-251077/5-2003-See/Pa, betreffend Enteignung für eine Landesstraße nach dem Oberösterreichischen Landesstraßengesetz 1991 (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren des Landes Oberösterreich in seiner Eigenschaft als mitbeteiligte Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 7. Juni 1978, BGBl. Nr. 296, wurde der Straßenverlauf der damaligen Bundesstraße B 127 Rohrbacher Straße im Bereich der Gemeinden Altenfelden und Arnreit gemäß § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 bestimmt. Diese Straße ist nunmehr (auf Grund des Bundesstraßen-Übertragungsgesetzes, BGBl I Nr. 50/2002) eine Landesstraße. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer von Grundstücken im Gebiet der Gemeinde Arnreit, die für die Errichtung der (neu trassierten) Landesstraße (und der entsprechenden Anbindungen an Gemeindestraßen) im Bereich des Bauloses "Umfahrung Arnreit" (darauf bezieht sich das gegenständliche Beschwerdeverfahren) sowie für die Errichtung von Gemeindestraßen in diesem Zusammenhang (darauf bezieht sich das hg. Beschwerdeverfahren Zl. 2004/05/0310) in Anspruch genommen werden sollen.

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, hat die belangte Behörde (über Antrag des Landes Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) mit dem angefochtenen Bescheid für die Umlegung der Landesstraße B 127 im Baulos Umfahrung Arnreit unter anderem näher bezeichnete Grundflächen des Beschwerdeführers enteignet (es geht ua. um einen LKW-Abstellplatz) und hiefür eine Entschädigung festgesetzt.

Begründend heißt es insbesondere, dass der für das gegenständliche Straßenbauvorhaben neu festgelegte Straßenverlauf durch eine gemäß § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 erlassene Verordnung vom 7. Juni 1978, BGBl. Nr. 296, bestimmt worden sei und damit das öffentliche Interesse am Straßenbau grundsätzlich dokumentiert sei. Auf Grund der Bestimmungen der Oö. Straßengesetz-Novelle 2002 (LGBl. Nr. 44) iVm dem Bundesstraßen-Übertragungsgesetz sei bei Bestehen einer solchen rechtswirksamen Verordnung eine gesonderte Widmung und Einreihung dieser Straße nach § 11 Oö. Straßengesetz 1991 nicht mehr erforderlich; solche Straßen gälten als Landesstraßen im Sinne des § 8 Abs. 1 Oö. Straßengesetz 1991 und damit als öffentliche Straßen im Sinne des § 2 Z 3 dieses Gesetzes. Weiters sei für den Bau einer solchen Straße aber auch die Durchführung eines straßenrechtlichen Bewilligungsverfahrens gemäß den §§ 31 f Oö. Straßengesetz 1991 nicht mehr notwendig, sodass das gegenständliche Straßenprojekt auch bereits als straßenrechtlich bewilligt anzusehen sei.

Bezüglich der von der Behörde zu beurteilenden Kriterien des Gegenstandes, der Notwendigkeit und des Umfanges der Enteignung sei grundsätzlich festzustellen, dass die enteigneten Grundstücksflächen nach den gutachtlichen Feststellungen des beigezogenen technischen Amtssachverständigen mit dem Grundeinlöseplan samt den in der Natur überprüften Flächen übereinstimme und zum Bau der geplanten Maßnahmen nur solche Flächen in Anspruch genommen würden, die tatsächlich benötigt würden.

Ungeachtet des Umstandes, dass das gegenständliche Straßenbauprojekt als bereits straßenrechtlich bewilligt gelte, werde festgestellt, dass diese Umfahrungsstraße insbesondere der Verkehrsentlastung sowie der Hintanhaltung von unzumutbaren Immissionsbeeinträchtigungen für das Ortszentrum von Arnreit dienen solle. In diesem Zusammenhang werde vornehmlich auf die diesbezüglich erhobenen Verkehrsdaten verwiesen, wonach der jährlich durchschnittlich tägliche Verkehr für das Jahr 2001 mit

10.100 Kfz - 24h mit einem Schwerverkehrsanteil von 8 % ermittelt wurde. Hochgerechnet auf das Jahr 2013 ergäbe sich daraus eine künftige Verkehrsstärke von 13.200 KfZ - 24h mit einem Schwerverkehrsanteil von 9 %. Damit sei insbesondere das entsprechende Verkehrsbedürfnis dokumentiert. Dem Projekt liege weiters auch eine entsprechende schalltechnische Untersuchung zu Grunde, nach welcher die im Projekt vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen ausgerichtet seien, sodass damit dem Schutz der Nachbarn vor Immissionsbeeinträchtigungen Rechnung getragen werde. (Es folgt unter anderem eine Beschreibung des Vorhabens; aus den Planunterlagen ist festzuhalten, dass diese Umfahrung, eine zweispurige Straße, ungefähr 1,5 km lang ist).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der nach Durchführung eines Vorverfahrens mit Beschluss vom 29. November 2004, B 1699/03-19, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Oberösterreichische Straßengesetz 1991, LGBl. Nr. 84, idF der Novelle LGBl. Nr. 44/2002, anzuwenden. Im Beschwerdefall ist insbesondere § 40a Abs. 1 leg. cit. betreffend die Übertragung aufgelassener Bundesstraßen von Bedeutung. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

"(1) Die gemäß § 4 des Bundesgesetzes über die Auflassung und Übertragung von Bundesstraßen (Artikel 5 des Bundesstraßen-Übertragungsgesetzes) dem Land übertragenen Straßenzüge in Oberösterreich, die bereits gebaut sind oder für die bereits rechtswirksame Verordnungen nach § 4 des Bundesstraßengesetzes 1971 bestehen, gelten als Landesstraßen im Sinn des § 8 Abs. 1 und damit als öffentliche Straßen im Sinn des § 2 Z. 3. Eine Widmung und Einreihung nach § 11 ist für sie ebenso wenig erforderlich wie eine straßenrechtliche Bewilligung nach dem

6. Hauptstück. ..."

Der Beschwerdeführer bringt (nur) vor, das Vorhaben sei rechtswidrig keiner umweltrechtlichen Prüfung unterzogen worden. Es sei weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß UVP-Gesetz 2000 erfolgt noch sei ein Umweltbericht gemäß dem Oö. Straßengesetz 1991 eingeholt worden. Damit entspreche das Vorhaben auch nicht der UVP-Richtlinie und es hätte weder das Straßenprojekt als solches genehmigt, noch die Enteignung seiner dafür angeblich notwendigen Grundstücke verfügt werden dürfen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2003, Zl. 2003/06/0078). Damit sei der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig. Vielmehr wäre die Behörde verpflichtet gewesen, entweder die Projektwerberin zur Vorlage entsprechender Unterlagen aufzufordern oder sie hätte selbst im Zuge des Enteignungsverfahrens entsprechende umweltrechtliche Erhebungen und Feststellungen machen müssen. Da sie dies unterlassen habe, sei der angefochtene Bescheid auch rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Der im § 13 Oö. Straßengesetz 1991 näher determinierte Umweltbericht ist im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren nach diesem Gesetz (siehe § 32 Abs. 2 leg. cit.) von Bedeutung, nicht aber im Enteignungsverfahren. Eine straßenrechtliche Bewilligung für das Vorhaben ist aber gemäß § 40a Abs. 1 leg. cit. hier nicht erforderlich.

Der Beschwerdeführer verweist weiters auf das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2003, Zl. 2003/06/0078. Dieses betraf eine Enteignung für den Bau der Wiener Außenringschnellstraße S 1, wobei für dieses Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bloß auf Grund des innerstaatlichen Rechtes, sondern (im Übrigen) auch aus europarechtlichen Gründen (UVP-Richtlinie) durchzuführen war. In diesem Erkenntnis kam der Verwaltungsgerichtshof (stark zusammengefasst) zum Ergebnis, dass ungeachtet der damals maßgeblichen Trassenverordnung eine Enteignung nur in dem Umfang und soweit bewilligt werden durfte, als dies zur Verwirklichung eines Vorhabens erforderlich sei, bei welchem die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 17 Abs. 4 und 5 UVP-G 2000 Berücksichtigung fänden.

Der Anhang 1 zum UVP-G 2000 enthält die gemäß § 3 UVPpflichtigen Vorhaben. In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei im Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die "Neuerrichtung", der "Neubau" oder die "Neuerschließung" erfasst. In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP-Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Ergibt diese Einzelfallprüfung eine UVP-Pflicht, so ist nach dem vereinfachten Verfahren vorzugehen. Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 definiert.

Der Anhang 1 enthält in seinem Abschnitt "Infrastrukturprojekte" unter Z 9 Straßenvorhaben. Dort sind aufgelistet:

Infrastrukturprojekte

 

 

a) Neubau von Schnellstraßen oder ihrer Teilabschnitte; als Neubau gilt auch die Zulegung von zwei oder mehr Fahrstreifen auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km;

b) Neubau sonstiger Straßen oder ihrer Teilabschnitte mit einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km; als Neubau gilt auch die Zulegung von zwei oder mehr Fahrstreifen;

c) Errichtung einer zweiten Richtungsfahrbahn auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km;

d) Neubau sonstiger Straßen oder ihrer Teilabschnitte mit einer durchgehenden Länge von mindestens 5 km, wenn auf der neuen Straße eine durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) von mindestens 15.000 KFZ in einem Prognosezeitraum von fünf Jahren zu erwarten ist;

e) Ausbaumaßnahmen sonstiger Art an Schnellstraßen oder Neubau sonstiger Straßen oder ihrer Teilabschnitte, wenn ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A, B oder D berührt wird und eine durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) von mindestens 2.000 KFZ in einem Prognosezeitraum von fünf Jahren zu erwarten ist;

ausgenommen ist die Berührung von Schutzgebieten ausschließlich durch Schutzbauten zur Beseitigung von Gefahrenbereichen oder durch auf Grund von Katastrophenfällen, durch die Niveaufreimachung von Eisenbahnkreuzungen oder durch Brückenneubauten bedingte Umlegungen von bestehenden Straßen.

Bei lit. e) ist § 3a Abs. 5 UVP-G 2000 nicht anzuwenden.

Von Z 9 sind Bundesstraßen, Forststraßen und Güterwege nicht erfasst.

Im Beschwerdefall liegen sachverhaltsmäßig keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass das der Enteignung zugrunde liegende Projekt einen dieser Tatbestände erfüllen würde und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne dieser Bestimmungen (oder auch auf Grund der UVP-Richtlinie, 85/337/EWG idF 97/11/EG, die keine weitergehenden Anforderungen als das UVP-G 2000 enthält) durchzuführen gewesen wäre, was auch dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenersatzbegehren des Landes Oberösterreich als mitbeteiligte Partei war abzuweisen, weil es im Beschwerdeverfahren nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG, was sinngemäß für die mitbeteiligte Partei zu gelten hat).

Wien, am 28. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004050311.X00

Im RIS seit

27.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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