TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/30 2002/20/0077

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Veröffentlicht am 30.06.2005
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §15 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des M in L, geboren 1972, vertreten durch Dr. Harald Pohlhammer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Herrenstraße 29, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. Oktober 2001, Zl. 218.477/0-VIII/22/00, betreffend §§ 7, 8 und 15 AsylG (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung (Spruchpunkt I) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem - nach Beschwerdepunkt, Anfechtungserklärung und Inhalt des Aufhebungsantrages lediglich angefochtenen - ersten Spruchpunkt des beschwerdegegenständlichen Bescheides vom 16. Oktober 2001 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, eines im August 1999 in das Bundesgebiet eingereisten Staatsangehörigen des Irak, gegen die Abweisung seines Asylantrages durch das Bundesasylamt gemäß § 7 AsylG ab.

Sie erachtete das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Gefahr einer strafrechtlichen Verurteilung auf Grund unzutreffender, mit korrupten Umtrieben eines Vorgesetzten zusammenhängender Vorwürfe als unglaubwürdig, traf in Bezug auf die Gefährdung des - illegal aus dem Irak ausgereisten - Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr in den Irak jedoch folgende Feststellungen zu den (im Zeitpunkt der Bescheiderlassung aktuellen) Verhältnissen im Irak:

"Es ist zumindest zu vermuten, dass selbst Iraker, die keine Probleme mit dem Regime hatten, in Schwierigkeiten kommen, wenn sie illegal das Land verlassen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ein Rückkehrer, der im westlichen Ausland um Asyl angesucht hat, nebst der Bestrafung für die illegale Ausreise damit rechnen muss, gemäß Artikel 180 des irakischen Strafgesetzbuches wegen Verbreitung unwahrer Gerüchte über den Irak angeklagt zu werden, wobei zumindest eine langjährige Haftstrafe zu erwarten ist."

Diesen "mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Problemen" billigte die belangte Behörde in der rechtlichen Würdigung des Falles - ohne Hinzutreten eines glaubwürdigen "zweiten Faktums" - aber keinen Zusammenhang mit den in der Flüchtlingskonvention genannten Verfolgungsgründen zu.

Im zweiten Spruchpunkt ihrer Entscheidung erklärte die belangte Behörde in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak für unzulässig. Im dritten Spruchpunkt erteilte sie ihm gemäß § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

Der Verwaltungsgerichthof hat über die gegen den ersten Spruchpunkt dieses Bescheides gerichtete Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde in Bezug auf den behaupteten fluchtauslösenden Sachverhalt hält der auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof - auch bei Bedachtnahme auf die in der Beschwerde dazu vorgetragenen Argumente - stand.

Die Beurteilung der davon unabhängigen Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers unter den im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblichen Verhältnissen im Irak steht hingegen im Widerspruch zur inzwischen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die jeweils zusammenfassenden Judikaturnachweise in den hg. Erkenntnissen vom 22. November 2001, Zl. 98/20/0221 (mit Nachweisen auch aus der Zeit vor Erlassung des angefochtenen Bescheides), vom 21. März 2002, Zl. 99/20/0401 (Punkt 4. der Entscheidungsgründe), vom 21. November 2002, Zl. 99/20/0160 (mit Ausführungen zu älterer Judikatur betreffend die Übertretung "pass- und fremdenpolizeilicher ... Vorschriften" und zur "latenten Gefährdungslage"), vom 22. Mai 2003, Zl. 2001/20/0268, und zuletzt etwa vom 1. April 2004, Zl. 2002/20/0347).

Dies führt - da der Verwaltungsgerichthof den angefochtenen Bescheid anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat - ungeachtet der seither eingetretenen Änderungen der Lage im Irak zur Aufhebung des angefochtenen Spruchpunktes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 30. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002200077.X00

Im RIS seit

29.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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