TE OGH 1986/2/12 3Ob133/85

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Veröffentlicht am 12.02.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei STADT WIEN, Magistratsabteilung 17 - Anstaltenamt, 1010 Wien, Schottenring 24, vertreten durch Dr.Harald Wolzt, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Rosa D***, vertreten durch den Sachwalter Dr.Kurt Scheffenegger, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Grillparzerstraße 5, wegen 445.191,28 S s.A. infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 26.September 1985, GZ 46 R 772/85-13, womit der Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 17.April 1985, GZ 6 E 4790/85-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes zu lauten hat wie folgt:

"Auf Grund der rechtskräftigen und vollstreckbaren Zahlungsaufforderung des Magistrates der STADT WIEN, Magistratsabteilung 17, Anstaltenamt, vom 30.3.1981, AZ Y 49/864, wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 445.191,28 S und der mit 40 S bestimmten Kosten des Exekutionsantrages die Exekution durch Pfändung des in der Gewahrsame der E***N ÖSTERREICHISCHEN S***, Zweigstelle Wien 1., Graben 21, befindlichen Sparbuches der E***N ÖSTERREICHISCHEN S***, Konto-Nr. 1921-65828, mit einem Einlagenstand von derzeit 138.055,39 S mehr oder weniger, lautend auf die verpflichtete Partei, bewilligt.

Die Pfändung wird derart eingeschränkt, daß der verpflichteten Partei ein Betrag von 10.000 S auf dem genannten Sparbuch zu verbleiben hat.

Als Exekutionsgericht hat das Exekutionsgericht Wien einzuschreiten, dem zum gegebenen Zeitpunkt die Entscheidungen über die Verwertung des gepfändeten Sparbuches obliegen."

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei binnen 14 Tagen die mit 14.739,45 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 1.339,95 S Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei stellte auf Grund einer Zahlungsaufforderung der betreibenden Partei zur Hereinbringung von Pflegegebühren gemäß § 41 Abs. 1 des Wiener Krankenanstaltengesetzes von 445.191,28 S s.A. den Antrag auf "Fahrnisexekution" bzw. den Antrag auf "Bewilligung von Pfändung und Verwertung der Fahrnisse der verpflichteten Partei" (so die Überschrift und Bezeichnung des Antrages im Kopf des verwendeten Antragsformulars) in der Weise, daß die Exekution durch "Abhebung des Rückstandes" mit Kosten und Überweisung auf das u.a. Konto der betreibenden Partei eines bei einer bestimmten Sparkasse erliegenden bestimmten Sparbuches der verpflichteten Partei mit einem Einlagenstand von derzeit 138.055,39 S m.o.w. lautend auf die Verpflichtete, wobei die "Pfändung" derart eingeschränkt werde, daß der verpflichteten Partei ein Betrag von 10.000 S auf ihrem Sparbuch zu verbleiben habe (so die Formulierung im Antrag selbst).

Das Erstgericht bewilligte die Exekution.

Am 4. Juli 1985 pfändete der Gerichtsvollzieher das fragliche

Sparbuch und nahm es in gerichtliche Verwahrung.

Gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß erhob der Sachwalter der verpflichteten Partei einen Rekurs mit der Begründung, es mangle an einem Exekutionstitel der betreibenden Partei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag der betreibenden Partei abgewiesen wurde. Es fehle zwar nicht an einem Exekutionstitel, da § 41 Abs. 2 und 3 des Wiener KrankenanstaltenG die Erlassung einer Zahlungsaufforderung vorsehe und diese gemäß § 41 Abs. 5 Wiener KrankenanstaltenG als Rückstandsausweis einen Exekutionstitel darstelle. Die betreibende Partei habe aber eine falsche Exekutionsart begehrt. Ein Sparbuch könne nur dadurch in Exekution gezogen werden, daß der Vollstrecker das Einlagebuch unter Aufnahme eines Pfändungsprotokolles an sich nehme und bei Gericht erlege. Eine Pfändung nach § 294 EO, also ohne Abnahme des Einlagebuches sei nicht denkbar. § 296 EO bestimme den bei Pfändung von Forderungen aus Einlagebüchern allein zulässigen Weg. Eine Exekution auf die Einlage, losgelöst vom Einlagebuch, sei dem Gesetz fremd. Dem vorliegenden Exekutionsantrag könne nur entnommen werden, daß die betreibende Partei auf ein Sparbuch Exekution führen wollte, die erforderlichen Angaben über das anzuwendende Exekutionsmittel könnten aber dem Antrag nicht entnommen werden. Eine Exekution durch Abhebung des Rückstandes und Überweisung eines bei einer Sparkasse erliegenden Sparbuches sehe das Gesetz nicht vor. Das Fehlen dieser notwendigen Angaben über das anzuwendende Exekutionsmittel müsse aber zur Abweisung des Exekutionsantrages führen.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern oder ihn aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist begründet.

Zutreffend geht das Gericht zweiter Instanz zwar davon aus, daß ein Sparbuch zu den im § 296 Abs. 1 EO genannten Einlagebüchern zählt und daher nur die dort beschriebene Exekutionsart zulässig ist. Gemäß § 296 Abs. 1 EO wird in einem solchen Fall die Pfändung der Forderung der verpflichteten Partei aus dem Sparbuch dadurch bewirkt, daß das Vollstreckungsorgan das Sparbuch zufolge Auftrages des Exekutionsgerichtes unter Aufnahme eines Pfändungsprotokolles an sich nimmt und bei Gericht erlegt. Die Verwertung geschieht entweder dadurch, daß das Exekutionsgericht das Vollstreckungsorgan im Sinne des § 297 Abs. 2 EO ermächtigt, die fällige Forderung aus dem Sparbuch einzuziehen (zulässig nur bei Gefahr im Verzuge), oder daß die Forderung im Sinne des § 305 Abs. 1 EO der betreibenden Partei durch Übergabe des Sparbuches mit zumindest in der Regel nötigem Anschluß einer Übertragungserklärung überwiesen wird (Heller-Berger-Stix 2161 ff., Avancini, Das Sparbuch im österr. Recht 122, 123, Entscheidungen wie EvBl 1952/11, EvBl 1958/369, JBl. 1978, 321). Auch dann, wenn sich das Sparbuch in Verwahrung eines zur Herausgabe bereiten Dritten befindet, gilt nichts anderes. Entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz kann bei lebensnaher Auslegung des Exekutionsantrages der betreibenden Partei nicht davon ausgegangen werden, daß diese diesbezüglich eine andere (und daher unzulässige) Exekutionsart begehrt hätte oder daß ihrem Antrag nicht entnommen werden könne, welche Exekutionsart beantragt werde. Die betreibende Partei hat keineswegs beantragt, die Pfändung etwa ohne Abnahme des Sparbuches durch bloße Zustellung eines Drittverbotes zu bewerkstelligen. Die zweite Instanz widerlegt also mit ihrem Hinweis, es könne keine vom Einlagebuch losgelöste Exekution nur auf die Einlage geführt werden, einen von der betreibenden Partei gar nicht eingenommenen Standpunkt. Gemäß dem im Formbuch zur Zivilprozeßordnung und Exekutionsordnung aufscheinenden E-Form Nr. 238 genügt es, in einen Antrag auf Bewilligung der Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf beweglicher Sachen den Satz aufzunehmen, es werde die Pfändung der im § 296 EO angeführten Papiere und Einlagebücher beantragt. Alles weitere hat dann von Amts wegen zu geschehen, weil ohnedies alles im Gesetz vorgezeichnet ist. Weitere Angaben der betreibenden Partei sind also entbehrlich (so ausdrücklich auch Petschek, Zwangsvollstreckung in Forderungen, 64; ähnlich Bum, JBl. 1898, 578).

Im vorliegenden Fall hat die betreibende Partei mit noch hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß sie in Anlehnung an einen Fahrnisexekutionsantrag gemäß EForm Nr. 238 die "Pfändung eines Sparbuches" beantrage, was nur eine Pfändung der Forderung der verpflichteten Partei aus diesem Sparbuch bedeuten kann, welcher Antrag durchaus ausreichend war.

Problematisch ist lediglich der Verwertungsantrag der betreibenden Partei, welche hier - überflüssigerweise - die Abhebung eines bestimmten Betrages vom gepfändeten Sparbuch offenbar nicht durch die betreibende Partei sondern durch den Gerichtsvollzieher anstrebt (sonst wäre ja der Antrag auf Überweisung auf ihr Konto nicht verständlich).

Dieser Antrag entspricht im Sinne der vorstehenden Ausführungen nicht dem Gesetz, so zweckmäßig und ökonomisch er auch sein mag (vgl. dazu Heller-Berger-Stix 2161, 2162 mit dem Hinweis auf eine diesbezüglich zuweilen geübte Praxis der Exekutionsgerichte), zumal bei einem Sparbuch kaum einmal der Fall von Gefahr im Verzuge im Sinne des § 297 Abs. 2 EO vorliegen wird. Dieser Verwertungsantrag vermag aber keinesfalls den im übrigen durchaus richtigen und mit einem ausreichenden Inhalt versehenen Exekutionsantrag zu Fall zu bringen. Denn für die Verwertungsform sieht das Gesetz hier überhaupt keinen Antrag der betreibenden Partei vor, so daß auch ein insoweit nicht bzw. nicht völlig zutreffender Antrag der Pfändungsbewilligung nicht entgegensteht.

Hinsichtlich der Entscheidung über die Exekutionsbewilligung an sich war daher die Entscheidung der zweiten Instanz im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses der ersten Instanz abzuändern. Hinsichtlich der Gültigkeit des Exekutionstitels kann dabei auf die zutreffenden Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz verwiesen werden.

Über die Verwertung hatte hingegen das Erstgericht im Zeitpunkt der Entscheidung über die Exekutionsbewilligung noch nicht abzusprechen. Die nähere Form der Verwertung kann nämlich, ohne daß hier eine Bindung an den diesbezüglich gestellten Antrag der betreibenden Partei bestünde, erst nach Erlag des gepfändeten Sparbuches bei Gericht im Sinne des § 296 Abs. 1 EO beschlossen werden, weil z.B. von der Art des Sparbuches die Formulierung der Übertragungserklärung, allenfalls auch die Entbehrlichkeit einer solchen abhängt (Heller-Berger-Stix 2195 und JM zu § 305 EO) oder etwa der wirkliche Einlagenstand Einfluß auf die Höhe einer allenfalls zu bestellenden Sicherheit nach § 304 Abs. 1 EO hat, und dergleichen mehr. Durch die Stampiglienerledigung des Erstgerichtes wurde aber unter einem noch vor dem Vorliegen des Sparbuches auch über den, wie schon gesagt unmaßgeblichen und überflüssigen Verwertungsantrag der betreibenden Partei im stattgebenden Sinne abgesprochen, was nicht zutreffend war. Diesbezüglich war daher der Beschluß des Erstgerichtes nicht wiederherzustellen, sondern klarzustellen, daß diese Entscheidungen erst zum gegebenen Zeitpunkt zu erfolgen haben.

Die Entscheidung der zweiten Instanz war daher insgesamt, wie im Spruch ersichtlich, abzuändern.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 74, 78 EO, 50, 41 ZPO

Anmerkung

E07475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00133.85.0212.000

Dokumentnummer

JJT_19860212_OGH0002_0030OB00133_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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