TE OGH 1986/2/19 9Os2/85 (9Os3/85, 9Os4/85)

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Veröffentlicht am 19.02.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Februar 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hausmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann P*** wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 11. April 1983, GZ U 133/83-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 11.April 1983, GZ U 133/83-12, wurde der am 7.Jänner 1945 geborene Johann P*** des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hatte er im Oktober 1982 in Vorderlimberg eine fremde Sache, und zwar den Weg der Bringungsgemeinschaft K***-Steinbauerkeusche in Vorderlimberg beschädigt, indem er quer über den Weg einen Graben von 60 Zentimeter Breite und einer Tiefe von rund 40 Zentimeter zog und überdies den Weg auf eine Breite von einem Meter und einer Länge von 1 1/2 Meter abgegraben hatte, wodurch ein Schaden von 3.710 S entstand.

Nach Ansicht der Generalprokuratur verletzt dieses Urteil das Gesetz in der Bestimmung des § 125 StGB, weil das Vergehen der Sachbeschädigung nur an (auch unbeweglichen) "fremden" Sachen begangen werden könne, wobei der sogenannte "juristische" (strengere) Eigentumsbegriff maßgebend sei. Im juristischen Sinne gebe es aber kein selbständiges Eigentum an einem Weg oder einer Weganlage sondern nur an Grund und Boden, über den der betreffende Weg führe; dies unbeschadet des Umstandes, daß das Eigentumsrecht an Grund und Boden durch Rechte Dritter eingeschränkt sein könne. Im vorliegenden Fall habe nun Johann P*** Beschädigungen an der Wegtrasse der genannten Bringungsgemeinschaft auf im Eigentum seiner Mutter Regina P. stehenden Grundstücken und, wie sich aus den Akten ergebe, ersichtlich mit deren Einverständnis, vorgenommen. Ungeachtet des allfälligen Bestehens zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche der Bringungsgemeinschaft gegen den Beschuldigten oder seine Mutter wegen Behinderung des bestehenden Bringungsrechtes erscheine somit in strafrechtlicher Hinsicht der Tatbestand des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB nicht erfüllt.

Rechtliche Beurteilung

Obschon der Senat die von der Generalprokuratur geäußerten Rechtsmeinungen im Grundsätzlichen teilt, vermag er der Beschwerde im Ergebnis nicht beizutreten.

Der Ansatzpunkt hiefür ist darin gelegen, daß der Beschuldigte nicht bloß einen "Weg" im üblichen Wortsinn beschädigte, sondern daß sich seine Handlungen gegen eine zum Befahren mit allen landesüblichen Fahrzeugen bestimmte bauliche Anlage richtete, die seitens der genannten Bringungsgemeinschaft mit behördlicher Genehmigung durch Ausschiebung mit einem Caterpillar (zum Teil) in Form einer (dammähnlichen) Böschung unter Aufbringung einer Schotterung von 10 bis 15 Zentimeter Stärke und Verfestigung durch Planierung neu errichtet worden war (vgl. S 15, 23 ff des U-Aktes sowie S 44 f des Aktes 9 E Vr 2547/79 des Landesgerichtes Klagenfurt).

Damit erhebt sich die - in der Beschwerde nicht ausdrücklich behandelte, im Ergebnis aber negierte (S 6) - Frage, ob die gegenständliche Weganlage nicht ein "Bauwerk" (Superädifikat) im Sinne des § 435 ABGB und damit ein Objekt darstellt, das nicht Zubehör des Grundstückes, sondern Gegenstand selbständigen Eigentums ist und damit für den Grundeigentümer den Charakter einer "fremden Sache" besitzt.

An Hand der von Lehre und Rechtsprechung (siehe insbesondere A***, Die rechtliche Behandlung von Überbauten, ÖJZ 1972, 119 und die dort zitierte Judikatur und Literatur) herausgearbeiteten Kriterien ist diese Frage zu bejahen. Sind darnach doch nicht nur Gebäude der üblichen Art, sondern auch etwa Gleis- und Wasserleitungsanlagen als "Bauwerke" zu qualifizieren, sofern sie - wie auch die gegenständliche Weganlage - unter Einsatz von Arbeit und unter Verwendung von Materialien hergestellt, mit dem Boden in eine feste Verbindung gebracht und ihrer Zweckbestimmung nach nicht an einen anderen Ort bewegt werden sollen. Es erscheint vorliegend aber auch die weitere Voraussetzung der Sonderrechtsfähigkeit nach § 435 ABGB, nämlich die - ex lege gegebene - zeitliche Begrenzung des Grundbenützungsrechts, erfüllt (vgl. dazu JBl. 1985, 289). Sind doch gemäß § 11 Abs. 3 des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1969 vom 1.Juli 1969, LGBl. Nr. 46 - nach welchem Gesetz die gegenständliche Bringungsanlage errichtet wurde - alle Bringungsanlagen, zu denen gemäß § 4 leg. cit. auch nichtöffentliche Wege zählen, ganz oder teilweise zu beseitigen, wenn sich die Voraussetzungen für die Einräumung des Bringungsrechtes geändert haben oder gänzlich weggefallen sind. Da Johann P*** mithin nach dem Gesagten durch seine Handlungsweise eine - auch nach dem "juristischen" Eigentumsbegriff - "fremde Sache" im Sinne des § 125 StGB vorsätzlich beschädigte, ist das Urteil des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 11.April 1983 frei von Rechtsirrtum und war sonach wie von der Generalprokuratur gemäß § 33 StPO erhobenen Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Damit ist den weiteren, in der Wahrungsbeschwerde gestellten Anträgen - betreffend die Folgen, die ein Freispruch des Beschuldigten vom Vorwurf der Sachbeschädigung nach sich gezogen hätte - der Boden entzogen und muß hierauf nicht weiter eingegangen werden.

Anmerkung

E07823

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00002.85.0219.000

Dokumentnummer

JJT_19860219_OGH0002_0090OS00002_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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