TE OGH 1986/3/11 11Os35/86

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Veröffentlicht am 11.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.März 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Breycha als Schriftführers, in der Strafsache gegen Nihat W*** wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach den §§ 15, 169 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengerichts vom 11.November 1985, GZ 27 Vr 177/85-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt bzw. den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt A des Schuldspruches zur Gänze und in dem im Punkt B des Schuldspruches enthaltenen Ausspruch der Herbeiführung eines 5.000 S übersteigenden Schadens sowie in der rechtlichen Unterstellung der im Punkt B umschriebenen Straftaten auch unter den § 126 Abs. 1 Z 7 StGB und demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochenen Urteil wurde der am 14.Dezember 1966 geborene - zur Tatzeit noch jugendliche - Hilfsarbeiter Nihat W*** des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach den §§ 15, 169 Abs. 1 StGB (Punkt A des Urteilssatzes) und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB (Punkt B) schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruches hatte der Angeklagte in Linz (A) am 20.November 1984 dadurch, daß er an dem beim Haus Madersbergerstraße 29 abgestellten Wohnwagen des Robert S*** die Plastikplane an drei Stellen anzündete, wodurch die Plane und der Wohnwagen Feuer fingen und die Gefahr eines Übergreifens auf das hölzerne Vordach des Wohnhauses Madersbergerstraße 29 und damit auch auf das angebaute Wohnhaus Madersbergerstraße 27 bestand, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, sowie (B) fremde Sachen beschädigt und dadurch einen 5.000 S übersteigenden Schaden herbeigeführt, indem er 1. am 25. November 1984 neun Aluzaunpflöcke zum Nachteil des Robert S*** aus dem Boden riß (Schaden ca. 1.000 S); 2. am 4. September 1983 von den Personenkraftwagen der Ingrid T***, des Alois H*** und des Kurt S*** die Außenrückspiegel abbrach, vom PKW der Erna M*** den linken Scheinwerfer herunterriß und vom PKW des Reinhard L*** die Autoantenne abbrach (Schaden 4.136 S);

3. in der Nacht zum 21.September 1983 vom PKW des Franz B*** den Mercedesstern herunterbrach (Schaden 175 S); und 4. in der Nacht zum 14. Oktober 1983 den Heckscheibenwischer des PKW des Franz P*** mehrmals knickte und einen ca. 10 cm langen Kratzer in die Lackierung des Fahrzeuges machte (Schaden 1.300 S). Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt.

Im wesentlichen zutreffend wird in der Rechtsrüge - sinngemäß zusammengefaßt - darauf hingewiesen, daß das Schöffengericht wohl die äußere Tatseite der dem - grenzdebilen - Angeklagten zur Last gelegten Delikte konstatiert habe, die Feststellungen zur inneren Tatseite jedoch unzulänglich seien.

Das Schöffengericht ging im Zusammenhang mit dem Brandstiftungsfaktum davon aus, daß der Angeklagte die Plastikplane, die über den beim Haus Madersbergerstraße 29 abgestellten Wohnwagen des Robert S*** gespannt war, an drei Stellen anzündete, wodurch die Plane und der Wohnwagen Feuer fingen. Es habe die Gefahr eines Übergreifens auf das hölzerne Vordach des Wohnhauses Madersbergerstraße 29 und damit auch die Gefahr, daß das angebaute Wohnhaus Madersbergerstraße 27 Feuer fange, bestanden. W*** habe versucht, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen, und vorsätzlich gehandelt. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht im gegebenen Zusammenhang erneut aus, daß der Angeklagte bei der Brandstiftung vorsätzlich vorging und daß es sich beim gegebenen Wohnwagen um eine fremde Sache handelte. Die Gefahr eines Übergreifens des Feuers auf Wohnobjekte, Garagenbauten und Vordächer sei zweifellos gegeben gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Diese Formulierungen lassen - wie in der Rechtsrüge zutreffend hervorgehoben wird - offen, ob sich der Vorsatz des Angeklagten bloß auf die Inbrandsetzung des Wohnwagens erstreckte (vgl. Seite 29 f.) oder ob Nihat W*** auch das Übergreifen des von ihm am Wohnwagen gelegten Feuers auf die angrenzenden Garagen und Wohnobjekte zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand (§ 5 Abs. 1 StGB), somit das Tatbildmerkmal der Herbeiführung einer Feuersbrunst in seine Zielvorstellung aufgenommen hatte. Ein Brand schlechtin, das heißt, daß Gegenstände - wie hier Plane und Wohnwagen - Feuer fangen, entspricht noch nicht dem Tatbestandserfordernis der Feuersbrunst. Die Feststellungen des Schöffengerichtes decken zwar die Vorsätzlichkeit des Brandlegungsaktes im engeren Sinn, nicht aber die Annahme dieser Schuldform in Ansehung von Art und Umfang des damit entfesselten Schadensfeuers (vgl. RZ 1979/20 ua).

Auch bei den Sachbeschädigungsfakten blieben die Feststellungen zur inneren Tatseite, und zwar in bezug auf die Wertfrage, unvollständig. Hier beschränkte sich das Schöffengericht im Rahmen der Sachverhaltskonstatierungen nach Schilderung der technischen Ausführungshandlungen auf folgende Formulierung: "In den angeführten Fällen beschädigte W*** vorsätzlich fremde Sachen. Der Gesamtschaden beträgt mehr als 5.000 S" (vgl. Seite 120). Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung heißt es: "Bei der Sachbeschädigung hat es sich um ein vorsätzliches Verhalten seinerseits gehandelt und es waren jeweils fremde Sachen, die er beschädigt hat" (vgl. Seite 125, 126). Diesen Konstatierungen kann nicht entnommen werden, von welchen zumindest annähernden Wertvorstellungen der Beschwerdeführer bei seinen schädigenden Handlungen ausging und ob er sohin einen 5.000 S übersteigenden Schaden (§ 126 Abs. 1 Z 7 StGB) in seinen zumindest bedingten Vorsatz aufgenommen hatte (vgl. EvBl. 1983/167; JBl. 1984, 269 ua).

Aus dem Urteilsspruch, der sich auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränkt, ist für die Frage der subjektiven Tatseite allein nichts zu gewinnen.

Da sich somit erweist, daß im aufgezeigten Umfang die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war insoweit gemäß dem § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Sitzung wie im Spruch zu erkennen.

Die Zurückweisung des auf den Schuldspruch wegen des Grundtatbestandes nach dem § 125 StGB Bezug habenden Teiles der in diese Richtung nicht näher substantiierten und daher nicht gesetzmäßig ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde gründet sich auf die Bestimmung des § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen bzw. zu beschließen.

Anmerkung

E07836

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00035.86.0311.000

Dokumentnummer

JJT_19860311_OGH0002_0110OS00035_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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