TE OGH 1986/4/8 11Os206/85

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Veröffentlicht am 08.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.April 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Breycha als Schriftführers, in der Strafsache gegen Hans L*** und andere wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und Z 2, Abs. 3, letzter Fall, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Hans L*** und Dragan Z*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 23.April 1985, GZ 4 b Vr 12.310/82-147, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Bassler als Vertreters der Generalprokuratur, des Vertreters der Privatbeteiligten Ö*** N*** Dr. Mölzer, des Angeklagten Hans L*** und der Verteidiger Dr. Gerö sowie Dr. Holzberger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Dragan Z*** zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (neben einem weiteren Angeklagten) der am 10.Juni 1941 geborene Angeklagte Hans L*** des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und 2, Abs. 3, letzter Fall, StGB (I 1 a und 2) und des Verbrechens der Weitergabe nachgemachten Geldes nach dem § 233 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 StGB (II) sowie der am 18.Juni 1951 geborene Angeklagte Dragan Z*** des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB (I 1 c) schuldig erkannt. Nur den Schuldspruch wegen Verbrechens der Weitergabe nachgemachten Geldes nach dem § 233 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB (II) bekämpft der Angeklagte L*** mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Unter Anrufung derselben Nichtigkeitsgründe wendet sich der Angeklagte Dragan Z*** gegen seinen Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hans

L***:

Ihm liegt - soweit mit der Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft - zur Last, in Wien dadurch, daß er am 26.11.1981 480 Stück und am 1.12.1981 490 Stück nachgemachte inländische Fünfhundertschillingmünzen im Gesamtnennwert von 485.000 S zugunsten seines Kontos Nr. 1154-011966 bei der L***

N***, Zweigstelle Herrengasse, einzahlte und in der Folge über das ihm daraufhin eingeräumte Guthaben verfügte, nachgemachtes Geld als echt ausgegeben zu haben (Punkt II des Schuldspruches).

Seiner Verantwortung, er habe die Münzen gutgläubig von Karl K*** als "Kaution" (Teilablöse für die Aufgabe des Mietrechtes am Objekt Nelkengasse 3) übernommen, schenkte das Erstgericht keinen Glauben. Der Schöffensenat hielt vielmehr Karl K*** als Interessent für das Objekt Nelkengasse und die K*** Ges.m.b.H. für eine (vom Angeklagten) fingierte Person und folgerte aus dem Umstand, daß der Angeklagte ersichtlich bestrebt war, den "tatsächlichen Lieferanten" der im Dezember 1980 vermutlich in Beirut von unbekannten Tätern nachgemachten Münzen nicht zu nennen, er habe schon bei der Übernahme gewußt, daß es sich "um Falschgeld" handelte (Aktenseite 51 unten ff Band V).

Die Mängelrüge erschöpft sich - in grundsätzlicher Verkennung des Wesens der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) sowie der Art und des Umfanges der gesetzlichen Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) - in einer Erörterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der vom Gerichtshof verwerteten Beweismittel (aus denen der Beschwerdeführer andere, für ihn günstigere Schlußfolgerungen gezogen wissen will) und somit - bei gleichzeitiger Übergehung bedeutsamer Darlegungen des Urteiles - in einem unzulässigen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung.

Rechtliche Beurteilung

Ohne Verstoß gegen die Denkgesetze schloß das Erstgericht aus dem Umstand, daß der Angeklagte durch Vorschieben einer fingierten Person die Ausforschung des "tatsächlichen Lieferanten" der Münzen verhinderte, er habe (von allem Anfang an; Aktenseite 52 Band V) "die Qualität der von ihm begebenen Münzen gekannt" (im Sinn von:

"um die Fälschung gewußt"; Aktenseite 56 Band V). Mag auch diese Schlußfolgerung (Schutz des "Lieferanten" vor Strafverfolgung, Verhinderung einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts) nicht zwingend sein, kann doch von unzureichender Begründung im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht gesprochen werden, weil auch bloße Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht zu Tatsachenfeststellungen berechtigen. Gerade "innere Tatsachen", wie etwa das Wissen um eine Fälschung, können in der Regel nur im Weg einer Schlußfolgerung aus dem nach außen hin in Erscheinung getretenen Verhalten des Täters festgestellt werden.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider zog das Erstgericht aus der illustrativen Anführung, es sei "äußerst ungewöhnlich", daß eine Privatperson eine so große Anzahl von Fünfhundertschilling-Gedenkmünzen besitze und über ein Jahr aufbewahre, eine derartige Vorgangsweise sei - was auch der Angeklagte erkannte - "völlig unwirtschaftlich" und werde daher von Kaufleuten nie als Geldanlage gewählt, keine tragenden Schlußfolgerungen, sondern sah, wie bereits erwähnt, das Verschweigen des "tatsächlichen Lieferanten" als entscheidungswesentlich an (Aktenseiten 53 ff, Band V). Auch widerspricht es nicht den Gesetzen logischen Denkens - wie die Beschwerde in weitwendigen Ausführungen mit Beziehung auf die Angaben des Zeugen Franz R*** (des Filialleiters der Zweigstelle Herrengasse der L*** N***)

darzutun sucht -, daß der Angeklagte das Falschgeld gerade in jener Bankfiliale unterzubringen trachtete, in der er dem Filialleiter - ohne besonderes Vertrauensverhältnis, aber doch namentlich - bekannt war. Denn die Beschwerdeargumentation läßt dabei außer Acht, daß die Falsifikate nach den Urteilskonstatierungen von hoher Qualität und geeignet waren, nicht nur bei Laien, sondern auch bei Fachleuten und ständig mit Geld befaßten Personen "selbst bei genauer Betrachtung und Untersuchung den Eindruck zu erwecken, es handle sich um amtliche Scheidemünzen" (Aktenseite 52 Band V), woraus sich ergibt, daß der Angeklagte L*** das Risiko der Entdeckung der Fälschung nicht hoch einzuschätzen brauchte. Aus dem Umstand aber, daß aus den genannten Prämissen denkmöglich auch andere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können, läßt sich der angerufene Nichtigkeitsgrund nicht ableiten.

Neuerlich auf das ihm verwehrte Gebiet der Bekämpfung der Beweiswürdigung begibt sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, bei Würdigung seiner Verantwortung "müsse man davon ausgehen, daß Karl K*** den Mantel der K*** Ges.m.b.H. übernehmen wollte" (Aktenseite 131 Band V) und sich darüberhinaus "für das Unternehmen in der Nelkengasse interessierte" (Aktenseite 132 Band V). Denn gerade diesen Behauptungen versagte das Erstgericht mit ausführlicher Darlegung der dafür maßgebenden Gründe und unter hinreichender Berücksichtigung der diesbezüglichen Angaben des Mitangeklagten Michael K*** den Glauben (Aktenseiten 43 ff; 55 ff Band V).

Dem Beschwerdevorbringen zuwider steht auch die Urteilsannahme, wonach es "Karl K*** gar nicht gibt" (Aktenseite 55 Band V), der Konstatierung des Schöffengerichtes nicht entgegen, daß dem Mitangeklagten K*** "der unbekannte Lieferant der Münzen, der mit dem vorgeblichen Firmenerwerber durchaus ident gewesen sein kann, als 'K***' vorgestellt wurde", zumal es sich dabei nach der Überzeugung des Erstgerichtes nur um ein vom Beschwerdeführer inszeniertes Schauspiel handelte, um später in K*** "einen Zeugen für seine Gutgläubigkeit zu haben" (Aktenseite 57 Band V). Gleichermaßen ohne inneren Widerspruch konnte das Erstgericht davon ausgehen, der Angeklagte habe schon bei der Übernahme der Münzen gewußt, daß es sich um Falschgeld handelt (Aktenseiten 52, 56 Band V), ohne bloß aus der als unglaubwürdig verworfenen, einen Kautionserlag durch "K***" behauptenden und solcherart eine Ausforschung des "Lieferanten" der Münzen erfolgreich hindernden Verantwortung (Aktenseite 56 Band V) den - wie die Nichtigkeitsbeschwerde selbst einräumt denkmöglichen, dem Beschwerdeführer allerdings zum Nachteil gereichenden - Schluß zu ziehen, der Angeklagte habe das Falschgeld im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann (§ 232 Abs. 2 StGB) übernommen (Aktenseite 59 Band V).

Die Mängelrüge ist sohin teils unbegründet, teils nicht gesetzmäßig ausgeführt.

In seiner Rechtsrüge stellt der Angeklagte zum Teil nicht auf den Urteilssachverhalt ab, sondern behauptet feststellungswidrig, nicht gewußt zu haben, daß es sich bei den in Rede stehenden Silbermünzen um Falschgeld handelte. Insoweit bringt er den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten an dem gesamten im Urteil konstatierten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den daraus abgeleiteten Nachweis verlangt, daß dem Erstgericht bei der Subsumierung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes ein Irrtum unterlief, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Soweit der Beschwerdeführer darüberhinaus meint, die Bestimmung des § 233 Abs. 1 Z 2 StGB pönalisiere als "subsidiärer Tatbestand" zu § 232 Abs. 2 StGB nur das In-Verkehr-Bringen von Falschgeld, er habe aber die gegenständlichen Falsifikate nicht in Verkehr gebracht, sondern lediglich einer Bank übergeben, irrt er in mehrfacher Hinsicht:

Nach dem § 232 Abs. 2 StGB ist zu bestrafen, wer nachgemachtes oder verfälschtes Geld im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten (§ 12) oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz übernimmt, es als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen. Das Delikt setzt sohin - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - die Übernahme der Falsifikate mit dem Vorsatz voraus, daß diese (Falsifikate) als echtes und unverfälschtes Geld in Verkehr gebracht werden. Als Absichtsdelikt (im weiteren Sinn) ist es mit der Übernahme der Falsifikate, um sie in Verkehr zu bringen, vollendet (SSt 48/77; ÖJZ-LSK 1977/271 = EvBl 1977/263 u.a.; Leukauf-Steininger 2 RN 5, 7 zu § 232; Foregger-Serini 3 , Anm. IV zu § 232); daß das Falschgeld tatsächlich in Verkehr gesetzt wurde, ist zur Tatbestandsverwirklichung - in objektiver Beziehung - nicht erforderlich; vielmehr genügt, daß dieser Umstand - subjektiv - vom Vorsatz des Täters umfaßt war. In Verkehr gebracht wird Falschgeld dadurch, daß es unmittelbar oder mittelbar erstmals als Geld in Umlauf gesetzt wird (EBRV 1971, 376; Leukauf-Steininger 2 RN 6 zu § 232). Dazu genügt aber - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - auch die Übergabe an eine Bank

(Foregger-Serini 3 aaO).

Demgegenüber erfaßt das Tatbild des sogenannten Münzbetruges nach dem § 233 StGB die Weitergabe nachgemachten oder verfälschten Geldes ohne Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann. Die Tathandlung besteht im Übernehmen oder im sonstigen Sich-Verschaffen von nachgemachtem oder verfälschtem Geld zum Zweck der Ausgabe als echt und unverfälscht (§ 233 Abs. 1 Z 1 StGB) oder - wie hier - in der (vorsätzlichen) Ausgabe von Falschgeld als echt und unverfälscht (§ 233 Abs. 1 Z 2 StGB). Dabei kommt es nicht - wie der Beschwerdeführer meint - auf das "In-Verkehr-Setzen", also das erstmalige In-Umlauf-Setzen als Geld an; erfaßt wird vielmehr auch jede spätere Weitergabe, durch die das Falschgeld (unmittelbar oder mittelbar) als Geld in Umlauf gehalten wird (EBRV 1971, 377; Leukauf-Steininger 2 RN 5 zu § 233 StGB). Da somit der Angeklagte auf Grund der in erster Instanz getroffenen (Tatsachen-)Feststellungen des Verbrechens der Weitergabe nachgemachten oder verfälschten Geldes nach dem § 233 Abs. 1 Z 2 Abs. 2 StGB zu Recht schuldig erkannt wurde, war die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dragan

Z***:

Dem Angeklagten Dragan Z*** liegt zur Last, in Wien in der Zeit vom 26.März 1980 bis Mai 1981 gleich einem Schuldner mehrerer Gläubiger als geschäftsführender Gesellschafter der K*** Ges.m.b.H. fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit dadurch herbeigeführt zu haben, daß er, nachdem der Geschäftsbetrieb ohne entsprechende Eigenmittel aufgenommen worden war, leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benützte und sich nicht sorgfältig um einen ertragreichen Geschäftsgang kümmerte, insbesondere auch dadurch, daß er die beiden Treugeber seiner Geschäftsanteile (nämlich die Mitangeklagten Hans L*** und Michael K***) "schalten und walten ließ, ohne sich um deren Gestionen zu kümmern" (Schuldspruchfaktum I/1/c des Urteilstenors).

In seiner Mängelrüge löst der Beschwerdeführer zunächst einzelne Passagen der Verantwortungen der Mitangeklagten L*** und K*** aus ihrem inneren Zusammenhang und moniert in Art einer Schuldberufung im Ergebnis das Fehlen einer Urteilskonstatierung des Inhalts, daß die K*** Ges.m.b.H. aus Automatenaufstellungen hohe Erlöse erzielte und "in der Lage war, bei Abverkauf ihrer Automaten etwa 4,000.000 S einzunehmen" (AS 118/Band V). Hiebei übersieht der Angeklagte jedoch, daß für ihn selbst durch eine derartige - für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im übrigen

unerhebliche - Feststellung nichts gewonnen wäre. Denn entscheidungswesentlich ist der tatsächliche Geschehensablauf und nicht die Frage, was hypothetisch unter Umständen möglich gewesen wäre.

Gleichfalls ohne Einfluß auf die Entscheidung über die Schuld des Angeklagten Z*** müßte eine - unter Berufung auf das eingeholte Buchsachverständigengutachten (ON 109) als fehlend reklamierte - Urteilskonstatierung bleiben, wonach der Umsatz der K*** Ges.m.b.H. im Jahr 1980 rund 5,800.000 S und (sinngemäß) im ersten Halbjahr 1981 rund 3,500.000 S betrug (AS 118, 119/Band V). Denn abgesehen davon, daß das Erstgericht das erwähnte Sachverständigengutachten ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezog (vgl S 41 Bd V), besteht zwischen der Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit und dem jeweiligen Geschäftsumsatz kein unmittelbarer Zusammenhang.

Die Urteilskonstatierung, wonach "die Einnahmen aus den gastgewerblichen Betrieben und dem Betrieb der Spielautomaten nicht ausreichten, um" - was der Beschwerdeführer außer Acht läßt - angesichts der "äußerst kostspieligen Einrichtung und Renovierung der Geschäftslokale" (AS 17/Band V) "einen kostendeckenden oder gar gewinnorientierten Geschäftsbetrieb zu ermöglichen", findet in den Verantwortungen der drei Angeklagten ihre ausreichende Stütze. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge meint, diese Feststellung hätte "bei bestimmungsgemäßer Verwendung der Automateneinnahmen" nicht getroffen werden können (AS 119/Band V), stellt er neuerdings auf einen hypothetischen Geschehensablauf ab und setzt sich über die - mängelfrei getroffene - Urteilskonstatierung hinweg, der Mitangeklagte L*** habe im Einvernehmen und mit Unterstützung des Mitangeklagten K*** der K*** Ges.m.b.H. "laufend größere Summen" für private Zwecke entzogen, was zu einer "permanenten Illiquidität, verbunden mit einer sich immer stärker ausweitenden Verschuldung" der Ges.m.b.H. führte (AS 21, 22/Band V). Ein vom Beschwerdeführer behaupteter Widerspruch zwischen den bekämpften Urteilskonstatierungen ist nicht erkennbar, zumal das Erstgericht unter Berücksichtigung der täglichen Einnahmen aus dem Automatengeschäft ohnedies treffend von einer vorhandenen "Scheinliquidität" spricht (AS 16/Band V).

Unter Punkt b/ der Mängelrüge zieht der Beschwerdeführer in weitwendigen Ausführungen den vom Erstgericht mit ausführlicher und mängelfreier (vgl S 41 ff Band V) Begründung konstatierten Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit in Zweifel; des weiteren sucht er (nach Inhalt und Zielsetzung seines Vorbringens unter Wiederholung seiner Verantwortung) die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit ausschließlich auf - ihn vorgeblich exculpierende - "unkontrollierte Entnahmen" der Mitangeklagten L*** und K*** zurückzuführen (AS 119 ff/Band V).

Soweit er hier abermals auf angeblich "hohe Umsätze", die Möglichkeit eines "Erlöses" aus einem allfälligen Anlagenverkauf und - gleichfalls urteilsfremd - auf eine nicht besonders gravierende Überschuldung der K*** Ges.m.b.H. zum Jahresende 1981 abstellt, verkennt er - und darauf wies die Generalprokuratur richtig hin - das Wesen der Zahlungsunfähigkeit:

Zahlungsunfähig im Sinn des § 159 StGB ist nämlich ein Schuldner dann, wenn er mangels flüssiger Mittel nicht imstande ist, binnen angemessener Frist und bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung alle seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen (vgl ÖJZ-LKS 1977/316 u. a.). Zahlungsunfähigkeit setzt also weder eine Überschuldung noch das Fehlen von Vermögenswerten schlechthin voraus und steht auch mit der Höhe allfälliger Umsätze in keinem unmittelbaren Zusammenhang. Im übrigen übersieht der Beschwerdeführer (worauf im Rahmen der Rechtsrüge noch näher einzugehen sein wird), daß er als Geschäftsführer der K*** Ges.m.b.H. vom 26.März 1980 bis Mai 1981 auch für die sogenannten "unkontrollierten Entnahmen" der Mitangeklagten L*** und K*** strafrechtlich haftet. So besehen fehlt daher den bezüglichen Beschwerdeeinwänden die rechtliche Relevanz.

Die Annahme des Zeitpunktes des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit der K*** Ges.m.b.H. mit "spätestens im Mai 1981" findet aber im Hinweis auf die Aufgabe von Vermögenswerten ab Jänner 1981 und die Unmöglichkeit, die Mieten und laufenden Kosten zu bezahlen, ferner auf die Anhäufung von Schulden und die zahlreichen Klagen und Exekutionsschritte gegen die Firma sowie auf die Betriebseinstellung und Räumung einzelner Lokale ihre ausreichende Stütze (AS 42/Band V). Überdies sind die den Beschwerdeführer betreffenden Urteilskonstatierungen zur objektiven und subjektiven Tatseite in seiner eigenen Verantwortung gedeckt (AS 39 ff/Band V; vgl auch AS 73 ff, insbesondere AS 79, 80/Band IV). Mit dem wiederholten, unzureichend konkretisierten und die ausführlich und sorgfältig verfaßte Urteilsbegründung vernachlässigenden Hinweis, das Erstgericht habe "wichtige Verfahrensergebnisse übergangen", alle diese Feststellungen seien widersprüchlich und unzureichend begründet, sie stellten zum Teil "reine Vermutungen" dar, wird aber der angerufene formelle Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. In seiner Rechtsrüge stellt der Angeklagte zunächst seine strafrechtliche (Mit-)Haftung für jene Tathandlungen (Privatentnahmen) der Mitangeklagten L*** und K*** in Abrede, die in die Zeit seiner Geschäftsführung bei der K*** Ges.m.b.H. fallen. Die Mitangeklagten L*** und K*** seien ihm gegenüber auf Grund des Treuhandvertrages über die Geschäftsanteile weisungsberechtigt gewesen, die Hinnahme von Befugnisbeschränkungen im Innenverhältnis mache für sich allein den Geschäftsführer eines Unternehmens noch nicht strafrechtlich haftbar.

Die Rüge versagt:

Pflicht jedes Geschäftsführers einer Ges.m.b.H. ist die Überwachung des gesamten Betriebes. Die faktische Verteilung der Geschäfte im Geschäftsbetrieb (AS 16/Band V) zwischen dem Angeklagten als bestelltem Geschäftsführer (Gastronomiebetriebe und Grundaufzeichnungen) und den Eigentümern der Ges.m.b.H. als leitende Angestellte (L***: Erstellung des Unternehmenskonzeptes, finanzielle Gebarung und Buchhaltung; K***: Automatengeschäft) ist daher unentscheidend und konnte nur unter Beibehaltung der Verantwortung des Beschwerdeführers für den gesamten Geschäftsbereich vorgenommen werden (vgl 11 Os 73/84 u.a.). Zu den zwingenden Pflichten des Geschäftsführers einer Ges.m.b.H. gehört es auch, für die Führung der erforderlichen Bücher der Gesellschaft Sorge zu tragen; hier sind an die erwähnte Überwachungspflicht besonders strenge Anforderungen zu stellen (11 Os 73/84; SZ 52/116 u.a.).

Obwohl der Angeklagte nach den Urteilskonstatierungen erkannt hatte, daß L*** seiner intern übernommenen Verpflichtung zur Erstellung eines Unternehmenskonzeptes nicht nachkam (AS 25/Band V) und K*** die Erlöse aus dem Automatengeschäft der K*** Ges.m.b.H. nicht einmal zur buchmäßigen Erfassung meldete (AS 21, 24/Band V), unternahm er gegen seine "Partner" nichts, sondern duldete ihr Vorgehen, was mit ein Grund für die in der Folge eingetretene Zahlungsunfähigkeit (AS 24/Band V) und die hohen Verluste der Gesellschaftsgläubiger (AS 25, 26/Band V) war. Auch kümmerte er sich nicht darum, ob L*** der von ihm

übernommenen Aufgabe zur Führung der Buchhaltung nachkam (AS 26/Band V).

Ohne Rechtsirrtum lastete sohin das Erstgericht dem Beschwerdeführer - ungeachtet des Mitverschuldens der beiden Mitangeklagten - auch die Unterlassung der pflichtgemäßen Überwachung des gesamten Geschäftsbetriebes und die reaktionslose Hinnahme der "Fehlhandlungen" der Mitangeklagten (AS 24/Band V) als Tathandlungen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach den §§ 159 Abs. 1 Z 1, 161 Abs. 1 StGB an.

Es versagt aber auch der weitere Einwand des Beschwerdeführers, der dem Urteilstenor zu entnehmende Vorwurf, er habe leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benützt, finde in den Urteilskonstatierungen keine Deckung, zumal er - keinesfalls leichtsinnig - nur einen einzigen Kredit, und zwar den bei der RAIKA L*** aufgenommen habe.

Leichtsinnig benützt Kredit, wer nicht sorgfältig erwägt, ob er den Kredit rechtzeitig werde zurückzahlen können

(EvBl 1969/334 u.a.). Unverhältnismäßige Kreditbenützung liegt dann vor, wenn der Umfang der Kreditbenutzung außer jedem Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners steht, sodaß die Geschäftsführung unter derartiger Kreditbenutzung riskant und gefährlich ist (vgl abermals EvBl 1969/334; 11 Os 73/84 u.a.). Nach den insoweit maßgebenden Urteilsannahmen erkannte der Angeklagte Z*** schon kurz nach Übernahme der Geschäftsführung, daß die Weiterführung der K*** Ges.m.b.H. nur unter Benützung von Fremdkapital möglich war und nicht einmal die laufenden Zahlungen termingerecht geleistet werden konnten (AS 31/Band V). Am 6. August 1980 übernahm er die persönliche Bürgschaft für fünf von der Ö*** B*** AG gewährte Darlehen in der HÖhe von

zusammen 400.000 S (AS 18; 33, 34, 35/Band V). Ungeachtet des Umstandes, daß termingerecht keinerlei Tilgungen dieser Darlehen stattfanden (AS 34/Band V), nahm der Angeklagte als Geschäftsführer der K*** Ges.m.b.H. im Sommer 1980 von Johann D*** ein Privatdarlehen in der Höhe von 60.000 S und am 27.Oktober 1980 bei der RAIKA L*** drei weitere Darlehen in der Höhe von zusammen 350.000 S auf (AS 18/19; 34/Band V). Angesichts dieser - vom Beschwerdeführer weitgehend übergangenen - Urteilskonstatierungen kann aber nicht zweifelhaft sein, daß er sowohl leichtsinnig als auch unverhältnismäßig Kredit benützte, zumal für ihn nur die - nicht einmal die Kosten des laufenden Betriebes deckenden (AS 21 f/Band V) - Einnahmen aus den Gastronomiebetrieben, nicht aber jene aus dem Automatengeschäft überschaubar und greifbar waren. Die Rechtsrüge erweist sich darum insoweit zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt, zum Teil als unbegründet.

Soweit der Angeklagte schließlich den Schuldvorwurf, er habe sich "nicht sorgfältig um einen ertragreichen Geschäftsgang gekümmert" (AS 4/Band V), als rechtlich verfehlt zurückweist, weil "zwischen nicht sorgfältig und fahrlässig Welten stehen" (AS 124/Band V), ist ihm entgegenzuhalten:

Fahrlässig bei Herbeiführung der gemäß dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB tatbildlichen Zahlungsunfähigkeit im Sinn des § 6 StGB handelt auch, wer eine risikoträchtige Tätigkeit, wie hier die Geschäftsführung, übernimmt, sich darauf - wenn auch zunächst im Vertrauen auf die Mitarbeit anderer - einläßt (vgl 11 Os 181/84), dann aber, von seinen Partnern und ihrem Verhalten enttäuscht, "bereits nach kurzer Tätigkeit jedes Interesse an einer ordentlichen und sachgemäßen Geschäftsführung verliert" (AS 24/Band V) und sich in gröblicher Mißachtung der ihm auch im Interesse der Gläubiger obliegenden Verpflichtungen um die Belange des zu führenden Unternehmens in Kenntnis der aussichtslosen finanziellen Lage und der zunehmenden, eine Gläubigerschädigung nahelegenden Verschuldung (AS 31/Band V) de facto überhaupt nicht mehr kümmert, sohin schon nahe der Grenze zum bedingten Vorsatz agiert. Durch die Verwendung der auf unbewußte Fahrlässigkeit infolge Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt hinweisenden Worte "nicht sorgfältig" im Urteilstenor kann sich der Angeklagte angesichts der die Annahme fahrlässigen Handelns voll deckenden Konstatierungen in der Urteilsbegründung nach Lage des Falles nicht beschwert erachten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Z*** war somit gleichfalls zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Hans L*** nach dem § 233 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26.Mai 1983, AZ 3 e Vr 12.061/82 (§§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3 und § 12 StGB; 18 Monate Freiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre) eine (Zusatz-)Strafe von einem Jahr und über Dragan Z*** nach dem § 159 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25.Mai 1983, AZ 6 c E Vr 13.382/82 (§ 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 StGB; 100 Tagessätze zu je 100 S im Nichteinbringungsfall 50 Tage Freiheitsstrafe), eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe von vier Monaten und zehn Tagen. Bei Dragan Z*** wurde die Freiheitsstrafe gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend bei Dragan Z*** keinen Umstand, bei Hans L*** die Begehung zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art, die "verstärkte Tatbildmäßigkeit durch Verwirklichung zweier Tatbestände des § 159 Abs. 1 StGB" und die einschlägige Vorstrafe. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber bei L*** das letztlich abgelegte reumütige Geständnis in den Kridafakten und den Umstand, daß er durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug. Der letztgenannte Umstand war auch bei Dragan Z*** mildernd. Überdies fanden bei Z*** sein bisher ordentlicher Lebenswandel und der Umstand Berücksichtigung, daß seine Tathandlungen "mit seinem sonstigen Verhalten in auffälligem Widerspruch stehen."

Mit ihren Berufungen streben der Angeklagte L*** die Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht sowie die Aufhebung des Zuspruches (§ 369 Abs. 1 StPO) von 474.000 S an die Privatbeteiligte Ö*** N***, Dragan Z*** die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine (bedingt nachgesehene) Geldstrafe an.

Die Berufungen sind nicht begründet.

Die für die beiden Angeklagten in erster Instanz jeweils gefundenen Strafmaße werden der Täterpersönlichkeit der beiden Berufungswerber sowie der Art und dem erheblichen Umfang der von ihnen zu verantwortenden Straftaten durchaus gerecht und tragen - bei Dragan Z*** auch durch die (wenngleich nicht begründete) Abstandnahme von der Anwendung des Strafumwandlungsrechtes nach dem § 37 StGB - dem Umstand Rechnung, daß L*** und Z*** bei den Kridadelikten - wie bereits erwähnt - in bedenkenloser Weise nahe der Grenze zum bedingten Vorsatz handelten. Für eine Korrektur des schöffengerichtlichen Strafausspruches besteht sohin in keiner Richtung hin Anlaß. Auch der Berufung des Hans L*** gegen den Zuspruch eines Betrages von 474.000 S an die Ö*** N*** konnte

kein Erfolg beschieden sein, weil das Schöffengericht seine diesbezügliche Entscheidung zutreffend auf das ausdrückliche Anerkenntnis (vgl S 331/V) dieses Schadenersatzbetrages stützte und bei dem Begehren auf Abzug des Wertes des Silbergehaltes der verfahrensgegenständlichen Münzen übersehen wird, daß sich der in diesem Zusammenhang von der Berufung bezogene § 79 Abs. 3 Nationalbankgesetz u.a. nur auf außer Kurs gesetzte Silbermünzen bezieht, was vorliegend nicht zutrifft. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E08078

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00206.85.0408.000

Dokumentnummer

JJT_19860408_OGH0002_0110OS00206_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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