TE OGH 1986/6/18 9Os75/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Juni 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Dragisa R*** und Viktorija R*** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Berufungen der Angeklagten Dragisa R*** und Viktorija R*** sowie der Staatsanwaltschaft hinsichtlich Viktorija R*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22.November 1985, GZ 3 e Vr 6665/83-206, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug als Vertreter der Generalprokuratur und der Verteidiger Dr.Peter Scheichelbauer für Dragisa R*** und Dr.Karl Bernhauser für Viktorija R***, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Dragisa R*** und Viktorija R***, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem sie der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1, Abs 2, erster Fall, StGB und des Quälens oder Vernachlässigens eines Unmündigen, Jugendlichen oder Wehrlosen nach § 92 Abs 1 und Abs 3, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt worden waren, hat der Oberste Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß vom 28.Mai 1986, GZ 9 Os 75/86-6, dem der für den Schuldspruch maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, zurückgewiesen.

Beim Gerichtstag war also nur mehr über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der beiden Angeklagten zu befinden. Das Schöffengericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend bei beiden Angeklagten die wiederholten Angriffe, bei Dragisa R*** überdies die einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen mehrerer mit Strafe bedrohter Handlungen. Als mildernd zog es hingegen bei Viktorija R*** die untergeordnete Rolle und den bisher ordentlichen Lebenswandel, bei Dragisa R***

keinen Umstand in Betracht und verhängte über die Angeklagten gemäß §§ 28, 87 Abs 2, erster Strafsatz, Freiheitssstrafen, und zwar über Dragisa R*** in der Dauer von zehn und über Viktorija R*** im Ausmaß von fünf Jahren.

Mit ihren Berufungen streben die beiden Angeklagten Strafermäßigung, die Anklagebehörde hingegen hinsichtlich der Viktorija R*** eine Erhöhung des Strafausmaßes an.

Rechtliche Beurteilung

Keine der Berufungen ist begründet.

Der Anklagebehörde ist zwar darin beizupflichten, daß auch der Viktorija R*** - ebenso wie ihrem Ehemann - das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend zur Last fällt. Die von ihr hervorgekehrten Dauerfolgen bei Ivana R*** hingegen sind Tatbestandselement und können nicht bei der Strafbemessung zusätzlich in Betracht gezogen werden. Schließlich kann auch an der untergeordneten Rolle der Zweitangeklagten nach den tatrichterlichen Konstatierungen nicht gezweifelt werden. Eben dieser Milderungsgrund rechtfertigte im Verein mit der bisherigen Unbescholtenheit der Viktorija R*** die in der Mitte des gesetzlichen Strafrahmens bei ihr gefundene Unrechtsfolge bzw den Abstand zu der über Dragisa R*** verhängten Strafe.

Andererseits konnte auch dem Begehren der Zweitangeklagten um Strafreduzierung nicht nähergetreten werden. Der Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB ist nur dann gegeben, wenn der Täter einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht. Das letztangeführte Moment bedarf daher keiner besonderen Hervorhebung, zumal dann nicht, wenn - wie vorliegend - sich deliktisches Verhalten über einen längeren Zeitraum erstreckt. Daß sie nichts unternahm, um ihre Stieftochter von ihren Qualen zu befreien wurde - entgegen der Berufung - nicht als Erschwerungsgrund gewertet sondern ersichtlich nur als ein ihr aktives Verhalten kolorierendes Element angeführt.

In Ansehung der Berufung des Dragisa R*** bedarf es keiner weitwendigen Erörterungen. Seiner Behauptung zuwider wurde ihm "der Umstand, daß schwere Dauerfolgen zweifach vorhanden sind," nicht als erschwerend zugerechnet und es wurde auch kein Milderungsgrund bei der Strafzumessung übersehen. Welchen vorhandenen das Erstgericht neglegiert haben soll, wird in der Berufung nicht dargetan und kann auch den Akten nicht entnommen werden. Daß aber "viel gravierendere Verbrechen dieser Art leicht vorstellbar" seien, steht der Verhängung der Höchststrafe nicht entgegen; denn jedes konkrete Verbrechen kann in der Phantasie, ja sehr häufig auch durch Tatsachenbeispiele aus der Kriminalgeschichte überboten werden. Hier genügt es festzuhalten, daß Schuld- und Unrechtsgehalt der vom Angeklagten gegenüber seiner leiblichen Tochter Ivana R*** gesetzten Verfehlungen die Verhängung der Höchststrafe rechtfertigen, deren Ermäßigung also nicht in Betracht kommt. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E08652

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00075.86.0618.000

Dokumentnummer

JJT_19860618_OGH0002_0090OS00075_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten