TE OGH 1986/10/2 7Ob635/86

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Veröffentlicht am 02.10.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatpräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hildegard U***, Hausfrau, St.Stefan 40, vertreten durch Dr. Anton, Dr. Peter und Dr. Gerhard Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei Maria LEX, Hausfrau, St.Georgen, Semmering 3, vertreten durch Dr. Josef Pollan, Rechtsanwalt in Villach, wegen Teilung einer Liegenschaft infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7. Mai 1986, GZ. 1 R 70/86-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6. März 1986, GZ. 26 Cg 313/85-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 21.413,05 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 10.000,-- Barauslagen und S 1.037,55 USt.) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 6.10.1984 verstorbene Ehemann der Klägerin Georg U*** war Eigentümer der Liegenschaft EZ 259 KG St.Stefan mit dem Haus Nr.40. Die Beklagte ist Testamentserbin nach Georg U***.

Die Klägerin begehrt die Einwilligung der Beklagten zur Zivilteilung der Liegenschaft mit der Begründung, sie habe mit ihrem Ehemann im Jahre 1962 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zur Errichtung des Familienwohnhauses gegründet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen haben die Klägerin und Georg U*** im Jahre 1954 geheiratet. Der Ehe entstammen die Töchter Hildegard, geboren am 13.8.1954, und Lydia, geboren am 20.4.1958. Die Familie lebte vorerst in einem alten, gepachteten Haus, wo auch der außereheliche Sohn der Klägerin wohnte. Bei der Eheschließung waren beide Ehegatten vermögenslos. Es wurden auch keine Ehepakte oder andere vermögensrechtliche Verträge errichtet. Georg U*** war gebürtiger Ausländer, hatte jedoch die österreichische Staatsbürgerschaft. Er war als Holzknecht, später als Hilfsarbeiter im Baugewerbe tätig. Die Klägerin führte eine kleine Wirtschaft. Da das gepachtete Haus schon sehr baufällig war, beschlossen die Ehegatten im Jahre 1962, ein Einfamilienhaus zu errichten. Aus den Ersparnissen erwarben sie von der Pfarre ein Grundstück, wobei für den Erwerb ausschlaggebend war, daß die Klägerin mit Georg U*** verheiratet war, er allein hätte das Grundstück nicht erwerben können. Das Grundstück wurde von den Ehegatten gemeinsam ausgesucht und es wurden auch gemeinsam die Baupläne gemacht. Bei der Errichtung des Einfamilienhauses half die gesamte Familie mit, beide Ehegatten wurden auch von Freunden unterstützt. Das gesamte Geld wurde in den Hausbau gesteckt, die Familie mußte ihre Bedürfnisse zugunsten des Hausbaues einschränken. Nach Errichtung des Hauses sprach Georg U*** vom gemeinsamen Wohnhaus. Es war auch der Wille der Ehegatten, daß beide Eigentum an der Liegenschaft erwerben sollten. Die Situation änderte sich erst, als Georg U*** im Jahre 1972 die Beklagte kennnenlernte und zu ihr zog. Nach der Auffassung des Erstgerichtes liege ein schlüssiger Gesellschaftsvertrag zum Erwerb der Liegenschaft und zur Errichtung des Familienwohnhauses vor. Diese Erwerbsgesellschaft sei für die Dauer der Ehe geschlossen und durch den Tod des Georg U*** aufgelöst worden. Mangels einer Vereinbarung sei davon auszugehen, daß die Anteile beider Ehegatten gleich groß sein sollten. Infolge Auflösung der Erwerbsgesellschaft könne die Klägerin Teilung gemäß § 830 ABGB verlangen. Umstände, die der Teilung entgegenstünden, seien nicht einmal behauptet worden.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteigt, und erklärte die Revision für zulässig. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes über die schlüssige Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes und deren Auflösung durch den Tod des Ehemanns der Klägerin, kam jedoch zur Klagsabweisung, weil die Klägerin nicht einmal als außerbücherliche Miteigentümerin anzusehen sei. Mangels Vorliegens einer Eigentumsgemeinschaft könne die Klägerin nicht die Zivilteilung der im Alleineigentum der Beklagten stehenden Liegenschaft begehren. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung erblickte das Berufungsgericht in der Beurteilung der Legitimation der Klägerin zur Teilungsklage.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der Klägerin ist berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung kommt zwischen Ehegatten ein Gesellschaftsvertrag zur Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes schlüssig dadurch zustande, daß die Ehegatten über die eheliche Beistandspflicht hinaus ihre Mühe, ihr Kapital, ihr Einkommen und sonstige Sachen zur Anschaffung eines Grundstückes und zur Errichtung eines Familienwohnhauses in einer Weise vereinigen, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte gibt, wobei die Beurteilung, ob eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes errichtet wurde, jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu erfolgen hat (EFSlg. 38.516 f.; MietSlg. 32.218, 29.194 uva). Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen aufgrund der Vereinigung des gesamten Einkommens beider Ehegatten und des Einsatzes ihrer Arbeitskraft zur Errichtung des Familienwohnhauses und der Mitwirkungsrechte beider bei der Anschaffung des Grundstückes und bei der Gestaltung des Hauses das Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bejaht. Gegen die Beurteilung dieser Frage durch das Berufungsgericht wird von der Beklagten im Revisionsverfahren auch nicht mehr Stellung genommen. Im Revisionsverfahren ist lediglich die Frage strittig, ob der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nach Auflösung der Gesellschaft zur Teilungsklage hinsichtlich einer Liegenschaft legitimiert ist, die im bücherlichen Alleineigentum eines Mitgesellschafters steht.

Für den Fall der Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes fehlt ein gesetzlich geordnetes Liquidationsstadium. Der § 1215 ABGB ordnet vielmehr die Teilung des gesellschaftlichen Vermögens an, wobei neben den Bestimmungen des 27.Hauptstückes des ABGB die Vorschriften zu beobachten sind, welche in dem Hauptstück von der Gemeinschaft des Eigentums über die Teilung der gemeinschaftlichen Sache überhaupt aufgestellt worden sind. Was zum Gesellschaftsvermögen gehört und somit der Teilung unterliegt, ist bei körperlichen Sachen nicht allein nach sachenrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ist nach herrschender Auffassung keine juristische Person, Rechtsträger sind daher die Gesellschafter (Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 13 zu § 1175 mwN auch aus der Rechtsprechung). Mangels Rechtspersönlichkeit kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes daher auch nicht ins Grundbuch eingetragen werden, sondern nur die Gesellschafter. Erfolgt bei der Einbringung oder beim Erwerb einer Liegenschaft für die Gesellschaft keine Einverleibung des Eigentumsrechtes für alle Gesellschafter, so erwerben zwar die Mitgesellschafter kein Eigentum an der Liegenschaft, dies ist aber nur sachenrechtlich, nicht auch gesellschaftsrechtlich von Bedeutung. Für die Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen, das sich aus dem Hauptstamm und dem später im Rahmen der Geschäftsführung erworbenen Vermögen zusammensetzt, kommt es nämlich lediglich auf die Widmung bzw. den Erwerb für Gesellschaftszwecke an (Strasser aaO Rdz 4 zu § 1182, Wahle in Klang 2 V 583). Wird eine körperliche Sache in die Gesellschaft "quoad sortem" eingebracht, das heißt, daß der Eigentümer zwar sachenrechtlich verfügungsberechtigt bleibt, im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern die Sache jedoch wie Eigentum der Gesellschafter behandelt werden soll, fällt sie im Falle der Auflösung der Gesellschaft im Zweifel nicht an den Eigentümer, sondern in die Liquidationsmasse (vgl. Wahle aaO 585; Strasser aaO Rdz 5 zu § 1182). Nur Sachen, die bloß "quoad usum", bloß zum Gebrauch, der Gesellschaft zur Verfügung gestellt wurden, fallen im Auflösungsfalle an den Eigentümer zurück. Nichts anderes gilt auch für eine Liegenschaft, die nicht in die Gesellschaft als Einlage (und daher zum Hauptstamm gehörig) eingebracht, sondern später erworben wurde, an der aber nur ein Gesellschafter als Eigentümer grundbücherlich einverleibt wurde. Die Zugehörigkeit einer solchen Liegenschaft zum Gesellschaftsvermögen wird umso weniger zweifelhaft sein, wenn sie im Rahmen der Geschäftsführung erst in Verfolgung der Gesellschaftszwecke erworben wurde. Daraus folgt, daß der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nach deren Auflösung zur Teilungsklage in Ansehung einer zum Gesellschaftsvermögen gehörigen und der Gesellschaft nicht bloß zum Gebrauch überlassenen Liegenschaft auch dann legitimiert ist, wenn er nicht bücherlicher Miteigentümer ist.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen, daß die Liegenschaft aus den gemeinsamen Ersparnissen der Ehegatten in Verfolgung des Gesellschaftszweckes, der Errichtung eines Familienwohnhauses, erworben wurde und daß es auch der Wille der Ehegatten war, gemeinsames Eigentum zu erwerben. Damit ist aber auszuschließen, daß die Liegenschaft der Gesellschaft bloß zum Gebrauch überlassen wurde, sodaß unbeschadet des bücherlichen Alleineigentums des Georg U*** die Liegenschaft im Innenverhältnis als Eigentum der Gesellschafter anzusehen ist. Sie unterlag daher der Teilung nach § 1215 ABGB. Eine Einrede, daß die Teilung zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen erfolge, wurde von der Beklagten nicht einmal erhoben. Die Teilung hat zwar primär durch Naturalteilung zu erfolgen. Ist die Möglichkeit einer Naturalteilung aber unwahrscheinlich, wie im vorliegenden Fall, bei dem es sich um eine Liegenschaft mit einem Familienwohnhaus handelt, hätte die Beklagte die Möglichkeit einer Naturalteilung dartun müssen (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 843 mwN). Auch in dieser Richtung wurde von der Beklagten nichts vorgebracht. Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E09411

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00635.86.1002.000

Dokumentnummer

JJT_19861002_OGH0002_0070OB00635_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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