TE OGH 1986/10/9 13Os105/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kuras als Schriftführers in der Strafsache gegen Karl B*** und Michael C*** wegen des Verbrechens der Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1 ff. StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Berufungen der Angeklagten Karl B*** und Michael C*** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 17.März 1986, GZ 1 c Vr 9528/85-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Strasser, des Angeklagten Michael C*** sowie der Verteidiger Dr. Gürtler und Dr. Kojer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Karl B***, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Michael C*** gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er und der Angeklagte Karl B*** des Verbrechens der (schweren) Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1, 85 Z. 3 StGB (1 a) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (1 b und c) und der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z. 7 StGB schuldig erkannt worden waren, wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 18.September 1986, GZ 13 Os 105/86-8, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen.

Gegenstand des Gerichtstags waren die Berufungen der beiden Angeklagten.

Das Schöffengericht verhängte über diese nach §§ 28 und 85 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Karl B*** zweieinhalb und über Michael C*** zwei Jahre. Dabei waren erschwerend die Deliktskonkurrenz und je eine (nur bei B*** einschlägige) geringfügige Vorstrafe (bei C*** nur eine Vorverurteilung), bei B*** überdies das besonders massive Vorgehen und der entscheidende Tatbeitrag; mildernd waren hingegen die Teilgeständnisse und bei C*** das Alter unter 21 Jahren.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen und deren bedingte Nachsicht an.

Rechtliche Beurteilung

Das Schöffengericht hielt im Hinblick auf "die massive Vorgangsweise der Täter" (S. 177) Strafen im Mittelbereich des gesetzlichen Strafrahmens für angebracht. Bei dem von sechs Monaten bis zu fünf Jahren reichenden Strafsatz des § 85 StGB trifft dies auf die - keineswegs "deutlich in der oberen Hälfte dieses Strafrahmens" (S. 185) - geschöpften Strafen auch zu. Im Verhalten der Angeklagten fällt zunächst die Beharrlichkeit auf, mit der sie mit ihrem Fahrzeug jenes verfolgten, in dem sich ihre künftigen Opfer befanden. Das Schöffengericht hat in Würdigung der Verfahrensresultate in ihrer Gesamtheit, insbesondere aber auch in Einschätzung der Persönlichkeit der Angeklagten deren Entschlossenheit erblickt, in Verärgerung über die durchaus begreifliche Ablehnung einer Einladung "es zu einer Auseinandersetzung kommen zu lassen" (S. 162). Der später schwerstens verletzte Helmut J*** ist aus dem von R*** gelenkten Personenkraftwagen erst ausgestiegen, um die hartnäckigen Verfolger zur Rede zu stellen, als es trotz intensiver Versuche nicht gelungen war, diese abzuschütteln (S. 162, 163). J*** wurde sogleich nach dem Verlassen des Fahrzeugs von B***, der ihm einen "Denkzettel" verpassen wollte, zu Boden gerissen und mit Füßen getreten. Die sohin eindeutig nicht von den Opfern ausgehenden Tätlichkeiten steigerten sich im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung, bei der auch Tamara B*** und Andrej R*** verletzt wurden, bis zu der geradezu unfaßbaren Roheit, mit der die beiden Angeklagten den auf einen solchen Angriff nicht gefaßten und daher nicht abwehrbereiten Helmut J*** hinterrücks ergriffen und aus kurzer Entfernung in eine Auslagenscheibe warfen. Es liegt auf der Hand, daß durch den nicht berechenbaren Glasbruch schwerste Folgen für den Mißhandelten entstehen konnten und, wie der Fall zeigt, auch eingetreten sind. Die Angeklagten, die das sehr wohl abgeschätzt haben, haben sich nach dieser Tat auch sogleich aus dem Staub gemacht, um ihrer Verantwortung zu entgehen.

Zu Recht wurde diese unerhörte Gewalttat durch das Gericht als "massive Vorgangsweise" gekennzeichnet (S. 177), die entgegen dem Berufungsvorbringen des Angeklagten B*** keineswegs vom "Tatbild" (gemeint: von der Qualifikation) des § 85 StGB erfaßt ist, weil eine schwere Dauerfolge durch eine unglückliche Verkettung von Umständen auch aus einer weit gelinderen Mißhandlung entstehen kann. Wird aber ein Mensch in eine Auslagenscheibe geworfen, wäre es im Gegenteil eher ungewöhnlich, wenn daraus nicht sehr schwere Verletzungen resultierten.

Weder von einer Unbesonnenheit noch von einem Geständnis, wie B*** weiter reklamiert, kann hier die Rede sein, hat er doch den Verletzungsvorsatz rundweg bestritten (S. 125). Geradezu abwegig erscheint es, dem Helmut J*** einen Vorwurf daraus machen zu wollen, daß er das Auto verließ, um die beharrlichen Verfolger zur Rede zu stellen, und daraus eine schuldmildernde Komponente abzuleiten (S. 184). Daß vorsätzliche und fahrlässige Taten auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen können, kann füglich nicht bezweifelt werden (Leukauf-Steininger 2 § 71 StGB, RN. 7). Wenn der Angeklagte B*** um den Verlust seines Arbeitsplatzes bei Vollstreckung einer unbedingten Freiheitsstrafe fürchtet (S. 185), ist ihm entgegenzuhalten, daß durch seine Tat Helmut J*** zumindest für lange Zeit berufsunfähig geworden ist. Die über B*** verhängte Strafe ist angemessen.

Dem Angeklagten C*** ist einzuräumen, daß seine

Vorverurteilung nicht auf der gleichen schädlichen Neigung wie seine nunmehrige Verfehlung beruht und demnach nicht erschwerend ist. Dennoch sieht sich der Oberste Gerichtshof auch bei diesem Angeklagten zu keiner Herabsetzung der Strafe bewogen, weil auch er an der folgenschweren Tat durch das Schleudern des J*** in eine Auslagenscheibe durchaus gleichwertig beteiligt war und daher keineswegs eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Auch bei ihm ist ein Handeln aus Unbesonnenheit zu verneinen.

Der Oberste Gerichtshof würdigt die vom Schöffengericht für geboten erachtete Abstufung in den Strafen, die im Altersunterschied, im verschieden belasteten Vorleben und einer nuancierten kriminellen Intensität der Beteiligung der beiden Angeklagten auch schon durch ihr Verhalten vor den Taten zu begründen ist. Eine bei Michael C*** im Hinblick auf die Tatzeit (18.Juni 1985) gemäß § 31 StGB gebotene Bedachtnahme auf das Urteil des Strafbezirksgerichts Wien vom 10.Juli 1985, AZ. 15 U 1955/85 (§ 125 StGB; 40 Tagessätze zu je 40 S) bleibt angesichts der minimalen Sanktion hier ohne praktische Auswirkung. Da die besonderen Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB fehlen, war dem Angeklagten C*** die bedingte Strafnachsicht zu verwehren. Beim Angeklagten B*** steht schon die Strafhöhe einer solchen Maßnahme entgegen.

Anmerkung

E09498

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00105.86.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19861009_OGH0002_0130OS00105_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten