TE OGH 1987/2/19 13Os183/86

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Veröffentlicht am 19.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Februar 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schopper als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz B*** und andere wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146 ff. StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz B*** sowie über die Berufung des Johann P*** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 4. November 1986, GZ. 9 Vr 1849/86-11, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wird das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt,

1. im Schuldspruch aller Angeklagten, sie haben auch durch den Verkauf von ungarischem Waldhonig als Steirischer Bienenhonig das Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 (erster Strafsatz) StGB. begangen,

2.

in der Qualifikation des Betrugs nach § 147 Abs. 2 StGB. sowie

3.

im gesamten Strafausspruch

aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen. Franz B*** und Johann P*** werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Franz B*** wurde des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 StGB. schuldig erkannt, weil er als Mittäter der mit demselben Urteil unangefochten schuldig gesprochenen Mitangeklagten Johann P***, Gustav M*** und Manfred F*** ein zu 95 % aus Pflanzenöl

bestehendes Salatöl als Kernöl und ungarischen Waldhonig als Steirischen Bienenhonig verkauft hat, mit einem von ihm zu verantwortenden Mindestschaden von 16.800 S.

Franz B*** macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a und 10 StPO. geltend. Er geht jedoch nicht von den Urteilskonstatierungen aus, wenn er das Öl und den Bienenhonig wegen der jeweiligen Farbe und Konsistenz als zur Täuschung ungeeignet erachtet. Abgesehen davon, daß ihm vollendeter und nicht bloß versuchter Betrug (den er ersichtlich im Auge hat - siehe § 15 Abs. 3 StGB.) zur Last liegt und nach den Urteilsfeststellungen das von ihm verkaufte Speiseöl dunkel und nicht, wie die Beschwerde vermeint, hell war, ist nach den weiteren Urteilsannahmen die wahre Beschaffenheit eines Kernöls in der Obersteiermark (dem Tatort) nicht ausreichend bekannt und eine Unterscheidung des ungarischen vom Steirischen Bienenhonig einer "laienhaften Hausfrau ohnedies nicht zuzumuten", wozu noch kommt, daß die geprellten Kunden die Beschaffenheit der erworbenen Lebensmittel erst nach deren Ankauf prüfen konnten.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beschwerdeführer begehrte (Z. 10) Wertung seines Tatbeitrags als Beihilfe statt als unmittelbare Täterschaft scheitert - abgesehen von der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB. - an der Urteilskonstatierung, daß der Nichtigkeitswerber bewußt mit den drei übrigen Angeklagten an der Tatausführung mitgewirkt hat (Mittäterschaft).

Die Rechtsrügen, die demnach nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt sind, waren nach § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, daß das Urteil, soweit es die Schuldsprüche aller Angeklagten wegen Betrugs durch Verkauf von ungarischem Waldhonig als Steirischer Bienenhonig betrifft, zu deren Ungunsten mit einem Feststellungsmangel behaftet ist.

Betrug verlangt Vermögensschädigung; geschädigt ist nur, wer für die Hingabe eines wirtschaftlichen Werts kein Äquivalent erhält (Leukauf-Steininger 2 RN. 33 zu § 146 StGB.). Kommt es bei einer Ware dem Konsumenten auf die Qualität an, nicht aber auf die Bezeichnung, dann schließt diese individuelle Komponente des Wertmaßstabs im Regelfall die Annahme eines relevanten Schadens durch eine Falschbezeichnung aus (SSt. 52/20). Aus den Richtlinien des Österreichischen Lebensmittelbuchs (insbesondere ÖLMB. 3 B 3) ist nicht zu entnehmen, daß die örtliche Herkunft des Honigs Qualitätsmerkmal ist und damit eine unrichtige Angabe darüber eine Qualitätsänderung bedeutet, noch dazu, wenn der Honig, wie im vorliegenden Fall aus einem Nachbarstaat des (fälschlich) bezeichneten Herkunftslands stammt, deren Pflanzenbestände sich nicht grundsätzlich unterscheiden.

Auf eine unrichtige Angabe der örtlichen Herkunft des Honigs allein kann daher ein Schuldspruch wegen Betrugs nicht gegründet werden. Folglich käme Betrug nur in Frage, wenn zwischen dem ungarischen Waldhonig und dem Steirischen Bienenhonig ein ins Gewicht fallender Qualitätsunterschied bestünde. Von einer anderen Rechtsansicht ausgehend hat aber das Erstgericht eine Prüfung, ob der angebotene und verkaufte Honig den Qualitätskriterien einer solchen Ware (ÖLMB. 3 B 3) entsprochen hat oder nicht, unterlassen. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein. Gelangt das Gericht zum Ergebnis, daß der Honig qualitätsmäßig einwandfrei war, ist der dem verbleibenden Betrugsfaktum (Kernöl) zuzuordnende Schaden noch zu ermitteln (weshalb das Urteil auch in der Qualifikation des § 147 Abs. 2 StGB. aufgehoben wurde). Die eigenmächtige Änderung der örtlichen Herkunftsangabe des Honigs ist sodann nach den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes 1975 zu prüfen. § 7 Abs. 1 lit. c LMG. 1975 verbietet nämlich das Inverkehrbringen (§ 1 Abs. 1 LMG. 1975) eines falsch bezeichneten Lebensmittels. Nach den Begriffsbestimmungen des § 8 lit. f LMG. 1975 liegt eine Falschbezeichnung insbesondere dann vor, wenn ein Lebensmittel, wie dies der Honig ist, mit einer irreführenden Angabe über die Herkunft versehen ist. Wer gegen dieses Verbot handelt, ist entweder gerichtlich nach § 63 Abs. 2 Z. 1 LMG. 1975 oder verwaltungsbehördlich nach § 74 Abs. 1 LMG. 1975 strafbar. Eine gerichtliche Strafbarkeit nach der erstgenannten Gesetzesstelle verlangt jedoch eine wissentliche Falschbezeichnung entgegen darüber im Österreichischen Lebensmittelbuch vorhandenen Bestimmungen. Da über die Falschbezeichnung des Honigs durch unrichtige Angabe der (örtlichen) Herkunft im Österreichischen Lebensmittelbuch ausdrücklich und konkret Bestimmungen enthalten sind (ÖLMB. 3 B 3 Abs. 23 unter Verweisung auf A 3, welches Kapitel im Absatz 40 eine unrichtige Angabe über die Herkunft als ein nicht mehr näher erläuterbares Beispiel nennt), ist im vorliegenden Fall für einen Schuldspruch nach § 63 Abs. 2 Z. 1 LMG. 1975 nur mehr die Feststellung der besonderen Schuldform der Wissentlichkeit (§ 5 Abs. 3 StGB.) nötig.

Vermeint das Erstgericht, diese Schuldform nicht annehmen zu können, wäre (unter einem mit dem korrespondierenden Freispruch) gemäß § 72 Abs. 1 LMG. 1975 vorzugehen.

Hinsichtlich der mehrfachen obigen Bezugnahmen auf das Österreichische Lebensmittelbuch wird der Vollständigkeit halber auf § 79 Abs. 3 LMG. 1975 verwiesen.

Anmerkung

E10275

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00183.86.0219.000

Dokumentnummer

JJT_19870219_OGH0002_0130OS00183_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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