TE OGH 1987/2/24 10Os180/86

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Veröffentlicht am 24.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Februar 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schopper als Schriftführer in der Strafsache gegen Monika R*** wegen Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 15. Juli 1986, GZ 14 Vr 847/86-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Berger, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in der Ablehnung einer Verurteilung der Angeklagten auch wegen der ihr zu den Fakten a und c als Benützung falscher Urkunden zur Täuschung im Sinn des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB angelasteten Unterfertigung einer Rechnung sowie eines Bestell- und Lieferscheines mit einem falschen Namen gleichwie im Strafausspruch aufgehoben; in diesem Umfang wird nach § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Monika R*** ist weiters schuldig, am 24.Dezember 1985 in Vöcklabruck durch das Unterfertigen folgender Schriftstücke mit dem Namen Maria S*** falsche Urkunden mit dem Vorsatz hergestellt zu haben, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis für das Nichtbestehen dementsprechender Forderungsrechte nachgenannter Kaufleute gegen sie gebraucht werden, und zwar

1.)

einer Kredit-Rechnung des Walter L*** über 3.483 S sowie

2.)

eines Bestell- und Lieferscheines des Paul S*** über Waren im Wert von 1.236 S.

Sie hat hiedurch das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür und für das ihr nach dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch zur Last liegende Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB nach §§ 28 Abs. 1, 147 Abs. 2 StGB zu 5 (fünf) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Monika R*** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie am 24.Dezember 1985 in Vöcklabruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte nachgenannter Kaufleute dadurch, daß sie sich hinter dem falschen Schein einer zahlungsfähigen und zahlungswilligen Kreditkäuferin verbarg, also durch Täuschung über Tatsachen, zur Ausfolgung von Waren verleitet, die diese Kaufleute um insgesamt mehr als 5.000 S am Vermögen schädigten, und zwar

a)

des Walter L*** - von Spielzeug im Gesamtwert von 3.483 S,

b)

des Karl Heinz L*** - von Silberschmuck im Wert von 1.570 S und

              c)              des Paul S*** - von einem Radiorecorder samt drei Kassetten im Wert von zusammen 1.236 S.

Den Vorwurf hingegen, die Angeklagte habe in den Fakten a und c durch das Unterfertigen (zu a) einer Kredit-Rechnung sowie (zu c) eines Bestell- und Lieferscheines mit dem Namen ihrer Schwester Maria S*** den Betrug jeweils im Sinn des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB unter Benützung einer falschen Urkunde "zur Täuschung" begangen, lehnte das Schöffengericht mit der Begründung ab, die in Rede stehende Urkundenunterfertigung mit falschem Namen sei "für die Irrtumserregung" bei den Verkäufern und in weiterer Folge für die - bereits den Schadenseintritt bedeutende - Ausfolgung der Waren an sie nicht mehr ("ausschlaggebend" - ersichtlich gemeint:) kausal gewesen, weil auf Grund der dafür allein maßgebend gewesenen Umstände, und zwar der vorausgegangenen Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit sowie "der Nennung eines Namens", auch im Fall der Verwendung "eines anderen Namens bzw. ihres eigenen" der "Ablauf der selbe gewesen" wäre; gleichermaßen könne die jeweilige Herstellung der Falsifikate aber auch nicht als Urkundenfälschung nach § 223 StGB bestraft werden, weil sie im Hinblick darauf, daß sich die Angeklagte damit der vereinbarten späteren Bezahlung der von ihr gekauften Waren (teils "in den nächsten Tagen" und teils "nach den Feiertagen") sowie ihrer strafrechtlichen Verfolgung habe entziehen wollen, als bloße Deckungshandlung zum Betrug straflos sei (US 7).

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der die Annahme der vom Erstgericht abgelehnten Betrugsqualifikation oder doch immerhin eine Beurteilung des betreffenden Tatverhaltens der Angeklagten als Urkundenfälschung angestrebt wird.

Soweit sie gegen die Nichtannahme der Vergehensqualifikation nach § 147 Abs. 1 Z 1 StGB zu den Fakten a und c gerichtet ist, geht die Beschwerde fehl.

Rechtliche Beurteilung

Dazu ist vorweg klarzustellen, daß es bei der Entscheidung darüber, ob der Täter "einen Betrug begeht, indem er zur" - tatbestandsmäßigen, sohin für einen Irrtum und für ein darauf zurückzuführendes (selbst-) schädigendes Verhalten des Irregeführten kausalen - "Täuschung eine falsche .... Urkunde ... benützt", ausschließlich auf seine dahingehenden Zielvorstellungen ankommt, die er der Urkundenverwendung zugrunde legt, also auch im Fall eines im Grundtatbestand vollendeten Betruges nicht etwa darauf, ob der in concreto schadenskausale Irrtum des Getäuschten tatsächlich auf die Benützung des Falsifikats durch ersteren zurückgeht (vgl. 10 Os 99/86 ua); denn darin entspricht der Begriff "Benützen" dem des "Gebrauchens" in § 223 Abs. 2 StGB (vgl. Kienapfel, BT II, RN 41, Liebscher im WK, Rz 4, jeweils zu § 147), welches lediglich voraussetzt, daß die Urkunde in Ansehung ihres rechtserheblichen Inhalts einem anderen zugänglich gemacht wird, aber nicht erfordert, daß dieser vom Urkundeninhalt wirklich Kenntnis erlangt (vgl. Kienapfel aaO, RN 42, Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 34 zu § 223).

Mit Bezug darauf ist zunächst jener Beschwerdevorwurf (sachlich Z 10) nicht stichhältig, demzufolge für die - in Ansehung der subjektiven Zielrichtung des Täterverhaltens im Urteil zwar nicht ausdrücklich deklarierte, nach dem Zusammenhang der hiefür aktuellen Entscheidungsgründe (US 7) aber durchaus zu Recht

unterstellte - Annahme, daß die Unterfertigung der in Rede stehenden Urkunden durch die Angeklagte mit einem falschen Namen "nicht mehr zum Zwecke der Täuschung erfolgt" sei, "jegliche tatsächliche Grundlage fehle".

Ist doch die solcherart bekämpfte (rechtliche) Annahme zum einen unzweifelhaft bloß dahin zu verstehen, daß die Angeklagte mit der Errichtung der falschen Urkunden keine schadenskausale Täuschung bezweckt habe, und zum anderen insoweit deutlich genug auf diejenigen Feststellungen bezogen, wonach sie sich auf diese Weise nur noch einer späteren Bezahlung und der Strafverfolgung entziehen wollte, wogegen ihr die für die Ausfolgung der Waren an sie ohne Gegenleistung allein maßgeblich gewesene Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit schon vorher gelungen war, sodaß die (darauf beruhende) Warenübergabe lediglich - gleichsam pro forma - von der Nennung irgendeines Namens durch sie abhängig gemacht worden war.

Vom Fehlen eines Tatsachensubstrats für den Ausspruch, daß die falschen Urkunden von der Angeklagten nicht (uno actu mit ihrer Errichtung) im Sinn des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB "zur Täuschung benützt" wurde, kann daher keine Rede sein.

Die demzufolge dieser Beurteilung zugrunde liegende Tatsachenannahme aber, daß die Angeklagte bei der Unterfertigung der Urkunden mit dem Namen ihrer Schwester angesichts der bloßen "pro forma"-Bedeutung der Unterschriftsleistung nicht auf eine schadenskausale Irreführung der Verkäufer - über einen für die Ausfolgung der Waren maßgebenden Umstand - abzielte, steht keineswegs im Widerspruch (Z 5) dazu, daß das Erstgericht die Herstellung der Falsifikate in Ansehung des Betruges als Deckungshandlung beurteilte; denn das in jenem Zusammenhang als erwiesen angenommene Bestreben der Angeklagten, sich durch das Verschleiern ihrer Identität der Verpflichtung zum Ersatz des Schadens und der Strafverfolgung zu entziehen, ist damit, daß diese Identitätsverschleierung auf die Übergabe der Waren an sie, also auf den Eintritt des Schadens, nach dem soeben Gesagten keinen Einfluß haben sollte und auch tatsächlich keinen Einfluß hatte, an sich durchaus vereinbar.

Gleichermaßen ist - einer weiteren Beschwerdeauffassung (Z 5) zuwider - daraus allein, daß die Ausstellung der falschen Urkunden durch die Angeklagte der Ausfolgung der Waren an sie zeitlich vorausging (US 4, 5), keineswegs zwingend abzuleiten, daß die (damit verbundene) Benützung der Falsifikate durch sie hiefür doch (immerhin mit-) ursächlich gewesen sei (und/oder hätte sein sollen):

aus den damit relevierten Feststellungen ergibt sich nämlich insoweit nur, daß die Unterfertigung der Urkunde an sich eine Voraussetzung für die Warenübergabe war, ohne daß darin ein Widerspruch zu jener (bereits mehrfach relevierten und insoweit entscheidenden) anderen Feststellung (US 6, 7) läge, wonach lediglich die Verwendung irgendeines Namens vorausgesetzt wurde. Die (durch den bloßen Hinweis auf den "Weihnachtsrummel", US 6, nicht behebbare) Unvereinbarkeit eben jener Konstatierung, derzufolge durch die Unterfertigung mit falschem Namen kein zur Warenausfolgung veranlassender Irrtum der Verkäufer ausgelöst wurde, mit allgemeiner Lebenserfahrung hinwieder - nach der gewiß anzunehmen wäre, daß diese Verkäufer (obgleich leichtfertigerweise ohne Kontrolle, aber doch jedenfalls) die Verwendung des eigenen Namens durch die Angeklagte vorausgesetzt haben und ihr ohne eine Täuschung darüber die Waren nicht übergeben hätten - ist von der Anklagebehörde, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, weder ausdrücklich noch der Sache nach gerügt worden und kann auch nicht (zum Nachteil der Angeklagten) von Amts wegen aufgegriffen werden (§ 290 Abs. 1 StPO).

Davon schließlich, daß die Angeklagte durch die Benützung der falschen Urkunden den (die Verkäufer tatsächlich zur Warenausfolgung veranlassenden, durch ihre Zahlungsversprechen verursachten) Irrtum über das Fehlen einer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit ihrerseits hätte "bekräftigen" wollen, ist das Schöffengericht gar nicht ausgegangen, sodaß sich ein Eingehen auf das eine derartige Annahme betreffende Beschwerdeargument erübrigt.

Soweit die Staatsanwaltschaft gegen die Nichtannahme der Vergehensqualifikation nach § 147 Abs. 1 Z 1 StGB remonstriert, ist sie daher mit der Beschwerde nicht im Recht. Zutreffend hingegen reklamiert sie eine Beurteilung des betreffenden Tatverhaltens der Angeklagten als Urkundenfälschung im Sinn des § 223 Abs. 1 StGB. Denn nach dem (insoweit unbedenklich konstatierten) Urteilssachverhalt hat diese durch die Unterfertigung der in Rede stehenden Schriftstücke mit dem Namen ihrer Schwester falsche Urkunden hergestellt, die ihr zum Nachweis des Nichtbestandes dementsprechender Forderungsrechte der Getäuschten gegen sie dienen sollten; davon, daß der Unrechtsgehalt der solcherart verwirklichten Urkundenfälschung als einer vermeintlich bloßen Deckungshandlung zum Betrug durch dessen Aburteilung vollständig erfaßt würde, kann entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung schon mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der durch die beiden Strafbestimmungen geschützten Rechtsgüter nicht gesprochen werden (vgl. 10 Os 99/86 ua).

In diese Richtung hin war demnach in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde (Z 10) sogleich ein zusätzlicher Schuldspruch zu fällen.

Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung nach §§ 28 Abs. 1, 147 Abs. 2 StGB waren die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen (§ 39 StGB), der rasche Rückfall, die Wiederholung der Betrügereien und das Zusammentreffen von zwei Vergehen erschwerend; mildernd hingegen das reumütige Geständnis sowie weiters - was vom Erstgericht nicht berücksichtigt wurde - eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende Notlage der Angeklagten in Verbindung mit dem allgemein begreiflichen Tatmotiv, ihren Kindern eine Weihnachtsfreude zu bereiten.

Wenngleich nunmehr gegenüber den vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründen ein Erschwerungsgrund (§ 33 Z 1 zweiter Fall StGB) hinzugetreten ist, konnte unter Berücksichtigung des oben aufgezeigten zusätzlichen Milderungsgrundes wiederum eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Monaten - also in derselben Höhe, wie sie schon in erster Instanz ausgesprochen worden war - als angemessen verhängt werden.

Anmerkung

E10220

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00180.86.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19870224_OGH0002_0100OS00180_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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