TE OGH 1987/3/4 1Ob518/87

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Veröffentlicht am 04.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** T***, Tauplitz Nr. 158, vertreten durch

Dr. Roger Haarmann, Rechtsanwalt in Liezen, wider die beklagte Partei Dr. Helmut S***, praktischer Arzt, Aschach, Ablstraße 43, vertreten durch Dr. Arno Figl, Rechtsanwalt in Linz, wegen Übertragung des Eigentumsrechtes infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 4. November 1986, GZ. R 590/86-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Irdning vom 31. Dezember 1985, GZ. C 161/84-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.843,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 385,80 Umsatzsteuer und S 600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte, seine Eltern und sein Bruder Dr. Karl S*** waren seit dem Jahre 1927 regelmäßig Sommer- und Winterferiengäste in der Ortschaft Tauplitz. Der Beklagte promovierte 1943 zum Doktor der Medizin und ließ sich mit seinen Angehörigen in Tauplitz nieder. Ab 1945 war er dort als Arzt tätig und richtete sich eine sehr bescheidene "Praxis" in den von seinem Quartiergeber zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten ein. Von 1946 bis 1949 war der Beklagte als Turnusarzt in Linz tätig, übte aber an Urlaubs- und Feiertagen, soweit ihm dies gesundheitlich möglich war, die "Praxis" in Tauplitz aus. In der Folge bemühte sich der Vater des Beklagten, in Tauplitz einen Baugrund zu finden, damit sich der Beklagte dort als Arzt niederlassen könne. Mit dem Schreiben vom 25. Jänner 1947 ersuchte der Beklagte die klagende Partei unter Hinweis auf seine Vorsprachen um die Zuweisung eines Grundstückes im Orte Tauplitz zum ehestmöglichen Bau eines Ärztehauses mit Garage, Nutzgebäude und Garten. Die klagende Partei verfaßte einen schriftlichen Kaufvertragsentwurf, mit dem sie ihm den Erwerb des Grundstücks Nr. 610 am sogenannten Esslanger im Ausmaß von 1.000 m 2 zur Erbauung eines Arzthauses um den von der Preisüberwachungsstelle Liezen zur Zl. 1/6-5-E 26/1-47 am 3. Juli 1947 festgesetzten Preis von 70 Groschen pro m 2 anbot. Punkt 5 des Vertragsentwurfes bestimmte, daß das Grundstück gegen Rückerstattung des Kaufpreises an den Verkäufer zurückfällt, falls der Bau aus irgendeinem Grund nicht zustandekäme. Zur Unterzeichnung dieses Vertragsentwurfes kam es nicht, weil dem Beklagten, beraten durch seinen Bruder Dr. Karl S***, die Fassung des Rückkaufsrechtes "zu eng" war. Der Beklagte hatte damals schon die Befürchtung, daß die Niederlassung als Arzt in Tauplitz nicht möglich sein könnte. Einerseits traten Schwierigkeiten auf, weil er nicht alle Ausbildungszweige aus seiner Tätigkeit im Lazarett nachweisen konnte, andererseits waren Bestrebungen im Gange, die alten Verhältnisse im Sanitätsbezirk Bad Mitterndorf wiederherzustellen, was bedeutete, daß in Tauplitz keine Gemeindearztstelle eingerichtet würde. Dr. Karl S*** teilte diese Überlegungen im Auftrag des Beklagten dem Vertragsverfasser Dr. K***, Rechtsanwalt in Irdning, mit und regte gleichzeitig an, im Vertrag nicht die Errichtung eines Arzthauses, sondern nur eines Wohnhauses vorzusehen. Am 1. Mai 1948 kam der Grundstückskauf mit dieser Änderung zustande. Der Vertrag wurde vom Beklagten am 5. Mai 1948, von der klagenden Partei am 5. Juni 1948 unterfertigt.

Punkt VI dieses Vertrages sieht vor: "Für den Fall, daß der von mir, dem Käufer, geplante Bau eines Wohnhauses nicht zustandekommen sollte, fällt das Trennstück wieder an die Verkäuferin, also an die W*** T*** zurück und räume ich dieser somit das Rückkaufsrecht ein, gegen Rückerstattung des von mir erlegten Kaufpreises, wobei die Kosten der Durchführung des Rückkaufes die Kosten der auszufertigenden Urkunde, und die Eigentumserwerbsgebühr, die Käuferin treffen." Eine Bestimmung darüber, wann vom Beklagten das Wohnhaus zu errichten sei, wurde in den Vertrag nicht aufgenommen. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages war dem Beklagten aber schon bekannt, daß zufolge mangelnder Zustimmung der Steiermärkischen Ärztekammer eine Praxiseröffnung in Tauplitz voraussichtlich nicht möglich sein werde. Im Jahre 1949 ließ sich der Beklagte in Aschach an der Donau als Arzt nieder, wo er 1951 Gemeindearzt wurde. Er fuhr in der Folge noch öfters nach Tauplitz auf Urlaub, umgekehrt kamen auch Bewohner aus Tauplitz zu ihm nach Aschach zu Besuch. Er hat bisher mit der Errichtung des Wohnhauses in Tauplitz nicht begonnen. Mit dem Schreiben vom 29. Juni 1981 machte die klagende Partei erstmals wegen Nichtausführung des Bauvorhabens ihr Wiederkaufsrecht geltend und führte aus, das Grundstück sei zur Errichtung eines Arzthauses überlassen worden. Mit der am 19. Juni 1984 eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes am Grundstück 610/2 KG Tauplitz Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises von S 697,90 zuzüglich 4 % Zinsen ab 20. Juli 1947 einzuwilligen. Sie brachte zur Begründung vor, einziger Zweck des Vertrages sei es gewesen, dem Beklagten die Möglichkeit zu verschaffen, sich in Tauplitz als praktischer Arzt niederzulassen und ein Wohnhaus samt Ordination zu errichten. Da der Beklagte kein Wohnhaus gebaut und sich in Tauplitz auch nicht als praktischer Arzt niedergelassen habe, mache sie von dem ihr vertragsmäßig zustehenden Wiederkaufsrecht Gebrauch. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Nach dem Kaufvertrag sei ihm das in Rede stehende Grundstück zum Zwecke der Errichtung eines Wohnhauses überlassen worden; eine Frist, innerhalb der mit dem Bau des Wohnhauses zu beginnen sei, sei nicht bestimmt worden. Er habe eine Stelle als Gemeindearzt in Tauplitz nicht erhalten und sich deshalb in Aschach niedergelassen. Dieser Umstand sei der klagenden Partei bekannt gewesen; sie habe auf das ihr eingeräumte Wiederkaufsrecht, das sie durch 33 Jahre hindurch nicht ausgeübt habe, konkludent verzichtet. Die Vorgangsweise der klagenden Partei stelle auch einen Verstoß gegen die guten Sitten dar und verletze den Grundsatz von Treu und Glauben. Der Wiederkaufsvorbehalt sei auch zufolge geänderter Verhältnisse erloschen, darüber hinaus sei die seinerzeitige Geschäftsgrundlage weggefallen, es liege auch Verletzung über die Hälfte vor. Jedenfalls sei aber eine Valorisierung des Wiederkaufspreises dringend geboten, weil das Grundstück derzeit einen Verkehrswert von S 498.000,-- darstelle. Er beabsichtige darüber hinaus, nach dem Übertritt in den Ruhestand ein Haus zu errichten, so daß das Wiederkaufsrecht von der klagenden Partei verfrüht ausgeübt worden sei.

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Er stellte fest, der Beklagte beabsichtige nicht mehr, ein Wohnhaus in Tauplitz zu errichten. In rechtlicher Hinsicht verneinte der Erstrichter einen schlüssigen Verzicht der klagenden Partei auf die Ausübung des Wiederkaufsrechtes. Mangels einer vertraglich vereinbarten Wertsicherung sei nur der seinerzeit vereinbarte Kaufpreis zuzüglich der gesetzlichen Zinsen zu entrichten.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, und gab ihr im übrigen nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,--, jedoch nicht S 300.000,-- übersteigt. Es erklärte die Revision für zulässig.

Das Berufungsgericht stellte nach Wiederholung des Beweisverfahrens fest, Partei- und Vertragswille sei lediglich die Errichtung eines Wohnhauses und nicht eines Arzthauses gewesen. Der Beklagte beabsichtige, nach seiner Pensionierung auf dem Grundstück ein Wohnhaus zu errichten. Aus Punkt VI des Kaufvertrages ergebe sich die beiderseitige Erwartung der Vertragsteile, daß in absehbarer Zeit gebaut werde.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, ein konkludenter Verzicht der klagenden Partei auf die Ausübung des Wiederkaufsrechtes sei nicht anzunehmen, das Wiederkaufsrecht sei auch nicht verjährt. Es könne auch nicht gesagt werden, daß die klagende Partei das Wiederkaufsrecht vorzeitig ausgeübt habe, weil sich aus Punkt VI des Kaufvertrages die beiderseitige Erwartung der Vertragsteile ergebe, daß in absehbarer Zeit gebaut werde. Als angemessener Zeitraum sei ein solcher von drei Jahren anzunehmen. Es sei auch keine Aufwertung des Wiederkaufspreises vorzunehmen. Eine solche werde zwar von Lehre und Rechtsprechung dann anerkannt, wenn die Geldwertveränderung zwischen Vertragsabschluß und Ausübung des Wiederkaufsrechtes so erheblich sei, daß sie eine Änderung der Geschäftsgrundlage bilde. Auf eine solche könne sich eine Vertragspartei aber dann nicht berufen, wenn mit der Veränderung der Umstände gerechnet werden mußte. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges sei der Lebenshaltungskostenindex für eine vierköpfige Arbeiterfamilie von 100 (im Jahr 1945) auf 380 (im Jahre 1948) gestiegen gewesen. In den folgenden Jahren habe die inflationäre Tendenz angehalten. Wenn die Parteien trotzdem eine Vereinbarung über die Höhe des zu entrichtenden Wiederkaufspreises im Falle der Ausübung des vereinbarten Wiederkaufsrechtes nicht getroffen haben, so sei der mögliche Geldwertverfall ein von den Vertragsteilen beim Vertragsabschluß zugrundegelegtes Risiko gewesen. Der Beklagte könne sich daher auf eine durch den eingetretenen Geldwertverfall bewirkte Änderung der Geschäftsgrundlage nicht berufen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.

Der Beklagte macht geltend, das Wiederkaufsrecht sei ein höchstpersönliches Recht und auf die Lebenszeit des Begünstigten eingeschränkt. Diese Begrenzung treffe jedoch nur physische, nicht auch juristische Personen; deren Privilegierung bei Ausübung des Wiederkaufsrechtes finde im Gesetz keine Stütze. Soweit diese Ausführungen dahin zu verstehen sind, daß ein Wiederkaufsrecht zugunsten juristischer Personen nicht rechtswirksam begründet werden kann, weil bei diesen die Beschränkung auf die Lebenszeit (§ 1070 erster Satz ABGB) nicht sinnvoll sei, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Die Vorschrift des § 1070 ABGB, wonach der Vorbehalt des Wiederkaufs dem Verkäufer nur für seine Lebenszeit gebühre, ist zwar zwingender Natur (Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 1067); ungeachtet dieses Gesetzeszweckes kann aber nach überwiegender Auffassung ein Wiederkaufsrecht auch zugunsten einer juristischen Person eingeräumt werden. Das Wiederkaufsrecht erlösche dann mit dem Untergang der juristischen Person (SZ 40/66; Aicher a.a.O. Rz 4 zu § 1070), die "Privilegierung" von juristischen Personen (so Mayer-Maly in Klang Komm. 2 IV/2, 738) folge aus der Natur der Sache. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 26 ABGB, wonach juristische Personen in der Regel gleiche Rechte wie naürliche Personen genießen, wird die Einräumung eines Wiederkaufsrechtes auf Bestanddauer der juristischen Personen als unbedenklich erachtet. Dieser Auffassung ist jedenfalls dann, wenn das Wiederkaufsrecht innerhalb eines Zeitraums ausgeübt wurde, der noch innerhalb der Lebenserwartung einer physischen Person liegt, beizutreten. Die Frage der Verjährung des einer juristischen Person eingeräumten Wiederkaufsrechtes ist nicht zu prüfen, weil der Beklagte Verjährung nicht geltend gemacht hat.

Das Wiederkaufsrecht sollte nur ausgeübt werden, wenn der Bau eines Wohnhauses auf dem dem Beklagten verkauften Grundstück nicht zustandekommt. Daß die klagende Partei in der Widerrufserklärung vom 29. Juni 1981 den Vertragsinhalt insoferne unrichtig wiedergab, als sie davon ausging, das Wiederkaufsrecht sollte nur ausgeübt werden, wenn die Errichtung eines Arzthauses nicht zustandekommt, steht der rechtswirksamen Ausübung des Rechtes nicht entgegen, weil es nur darauf ankommt, ob der Widerrufsfall eingetreten ist, nicht aber ob der klagenden Partei bei Wiedergabe der betreffenden Vertragsbestimmung ein Versehen unterlaufen ist. Eine Begründungspflicht bei Ausübung des Wiederkaufsrechtes in dem vom Beklagten gesehenen Sinn ist dem Gesetz fremd.

Der Beklagte macht geltend, der Kaufvertrag enthalte keine zeitliche Befristung für die Errichtung des Wohnhauses, so daß das Klagebegehren verfrüht sei. Das Berufungsgericht sei zu Unrecht zum Ergebnis gekommen, daß die vertragsschließenden Teile von der Erwartung ausgegangen seien, daß "in absehbarer Zeit" gebaut werde. Das Berufungsgericht hat diesen Vertragswillen lediglich durch Auslegung des Punktes VI des Kaufvertrages gewonnen, so daß in Wahrheit keine Tatsachenfeststellung, sondern rechtliche Beurteilung vorliegt (EvBl. 1967/152; SZ 25/198; Fasching Lehr- und Handbuch Rz 1926), die jedoch zutreffend ist. Dem Kaufvertrag zwischen den Streitteilen liegt offenbar die Absicht der klagenden Partei zugrunde, einem Arzt durch Überlassung eines Grundstückes die Möglichkeit der Niederlassung zu bieten. Der ursprüngliche Vertragsentwurf sah demgemäß die Errichtung eines Arzthauses vor. Im endgültig abgeschlossenen Vertrag ist nur die Errichtung eines Wohnhauses vorgesehen. Grund hiefür war, daß dem Beklagten bei Vertragsabschluß bereits bekannt war, daß einer Niederlassung in Tauplitz ausbildungsmäßige Hindernisse entgegenstehen und die Errichtung einer Gemeindearztstelle in Tauplitz nicht vorgesehen war. Die Vorinstanzen trafen keine Feststellungen darüber, ob der Beklagte der klagenden Partei bei Vertragsabschluß von diesen wesentlichen Umständen Mitteilung machte. Festgestellt wurde nur, daß aus diesem Grund über Ersuchen des Beklagten vom Vertragsverfasser als Vertragszweck nur die Errichtung eines Wohnhauses vorgesehen wurde. Aber auch in diesem Fall muß nach redlicher Verkehrssitte (§ 914 ABGB) der Vertrag dahin verstanden werden, daß mit dem Verkauf des Grundstückes an den Beklagten seine Anwesenheit in Tauplitz zumindest während der Sommer- und Winterferien gesichert werden sollte. Zweck der Vereinbarung konnte es nicht sein, dem Beklagten die Möglichkeit zu sichern, Jahrzehnte nach Vertragsabschluß und nach Beendigung seiner Berufstätigkeit die Ansiedlung in Tauplitz zu ermöglichen. Von einer verfrühten Ausübung des Wiederkaufsrechtes kann also nicht die Rede sein. Daß die Überlassung des Grundstückes aus Erkenntlichkeit wegen der vom Beklagten in der unmittelbaren Nachkriegszeit ausgeübten ärztlichen Tätigkeit erfolgte, ist nicht festgestellt.

Es liegt aber auch ein schlüssiger Verzicht der klagenden Partei auf die Ausübung des Wiederkaufsrechtes nicht vor. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der die Streitteile betreffenden Rechtssache 1 Ob 708/83 ausgesprochen hat, kann ein solcher nur angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, daß ein Verzicht ernstlich gewollt ist (MietSlg. 32.132, 32.128, 28.074; EvBl. 1976/20 u.a.). Die bloße Untätigkeit in der Geltendmachung eines Anspruchs allein rechtfertigt in aller Regel nicht die Annahme stillschweigenden Verzichts. Besondere Umstände, aus welchen der Beklagte nach Treu und Glauben einen Verzicht der klagenden Partei auf die Ausübung des Wiederkaufsrechts ableiten konnte, wurden nicht festgestellt. Der klagenden Partei fällt aber auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben zur Last, wenn sie erst im Jahre 1981 von dem ihr eingeräumten Wiederkaufsrecht Gebrauch machte. Treuwidrig ist es, wenn der Beklagte, der den dem Vertragsabschluß zugrundegelegten Zweck einer Bauführung in absehbarer Zeit vereitelte, aus dem Entgegenkommen der klagenden Partei einen Rechtsverlust ableiten will.

Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß eine Aufwertung des Wiederkaufspreises nicht zu erfolgen hat. Eine grundsätzliche Aufwertung ist mit dem Wortlaut des § 1068 zweiter Satz ABGB nicht vereinbar. Als Wiederkaufspreis ist mangels abweichender Vereinbarung der Preis geschuldet, den der Verkäufer beim Verkauf erhalten hat. Ohne Vereinbarung findet selbst keine Verzinsung dieses Kaufpreises statt. Die aus dem erlegten Kaufpreis und aus der Sache zwischenzeitlich gezogenen Nutzungen bleiben gegeneinander aufgehoben (§ 1068 ABGB am Ende). Die ältere Lehre und Rechtsprechung lehnte eine Anpassung des Wiederkaufspreises bei Geldentwertung grundsätzlich ab (SZ 3/61; Bettelheim in Klang, Komm. 1 II/2, 1015). Der Oberste Gerichtshof schloß sich in der Entscheidung JBl. 1979, 651 der Auffassung von Mayer-Maly a.a.O. 728 FN 108 an, wonach eine Valorisierung des Wiederkaufspreises zu erfolgen habe, wenn die Geldwertveränderung so erheblich ist, daß sie sich als Veränderung der Geschäftsgrundlage darstelle (in diesem Sinne auch Aicher a.a.O. Rz 20 zu § 1068 ABGB). Ob die seit Vertragsabschluß eingetretene erhebliche Geldwertveränderung in diesem Sinne eine Anpassung des Wiederkaufspreises rechtfertigen könnte, kann dahingestellt bleiben. Im vorliegenden Fall darf nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, daß das Wiederkaufsrecht vereinbart wurde, um die bestimmungsgemäße Verwendung der verkauften Liegenschaft zu sichern. Das Wiederkaufsrecht stellte sich damit als vereinbarte Sanktion auf ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten dar. Der mit der Einräumung des Wiederkaufsrechts verfolgte Vertragszweck entsprach damit dem der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung. Eine Aufwertung des Wiederkaufspreises ist dann als dem Sanktionszweck des Wiederkaufsrechtes widersprechend auszuschließen.

Der Berechtigung des Klagebegehrens steht aber auch nicht entgegen, daß der durch die Erklärung der klagenden Partei, das Wiederkaufsrecht auszuüben, wirksam gewordene Kaufvertrag wegen Verkürzung über die Hälfte unwirksam wäre. Bei der Verkürzung über die Hälfte handelt es sich um einen Mangel in der Wurzel des Rechtsgeschäftes. Das Mißverhältnis der Werte muß schon beim Vertragsabschluß und nicht erst bei der Abwicklung des Vertrages vorliegen (Koziol-Welser a.a.O. 246). Es muß sich aus dem Vergleich der vereinbarten Leistungen ergeben (Peter Bydlinski, Die Stellung der laesio enormis im Vertragsrecht, JBl. 1983, 410, 417). Die Vereinbarung des Wiederkaufsrechtes bildet nach den §§ 1067, 1068 ABGB einen Nebenvertrag des Kaufvertrages, es hat demnach seine Rechtsgrundlage bereits im ursprünglichen Kaufvertrag. Mit der Vereinbarung des Wiederkaufsrechtes wird der Vertrag über den Rückkauf geschlossen, der nur unter der aufschiebenden Bedingung steht, daß der Wiederkaufsberechtigte sein Recht ausübt. Damit wird der schon im Zusammenhang mit dem ersten Kaufvertrag abgeschlossene zweite Kaufvertrag voll wirksam (EvBl. 1971/318; SZ 5/228; Aicher a. a.O. Rz 2 und 12 zu § 1068 ABGB). Selbst wenn man aber die Ausführungen von Mayer-Maly im Klang-Kommentar 2 IV/2, 727, 728 dahin verstehen wollte, daß auch bei Vereinbarung des Kaufpreises als Wiederkaufspreis, also jener Regelung, die das Gesetz (§ 1068 ABGB) vorsieht, die Anfechtung des Vertrages wegen Verletzung über die Hälfte in Betracht kommt, wenn das Wertverhältnis im Zeitpunkt der Ausübung des Wiederkaufsrechtes eine entsprechende Änderung erfahren hat, käme doch aus den schon erwähnten Gründen, die die Aufwertung des Wiederkaufspreises ausschließen, die Anfechtung des Vertrages gemäß § 934 ABGB nicht in Betracht. Auf die Nichtigkeit wegen Wuchers (§ 879 Abs. 2 Z 4 ABGB) hat sich der Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht berufen, so daß hierauf nicht einzugehen ist (vgl. hiezu JBl. 1961, 279).

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E10289

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00518.87.0304.000

Dokumentnummer

JJT_19870304_OGH0002_0010OB00518_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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