TE OGH 1987/5/6 8Ob563/87

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Veröffentlicht am 06.05.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Evelyne K***, 1050 Wien, Schloßgasse 18, vertreten durch Dr. Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rudolf J***, Hauseigentümer, 8054 Graz, Weizenweg 18, vertreten durch Dr. Helmut Pfalz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 31.000,-- s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Dezember 1986, GZ 48 R 492/86-10, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. Juli 1986, GZ 45 C 57/86-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache dahin erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.357,85 (darin keine Barauslagen und S 214,35 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 5.329,75 (darin S 2.500,-- Barauslagen und S 257,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin forderte vom Beklagten den Betrag von

S 31.000,-- s.A. und brachte vor, sie sei Hauptmieterin der Wohnung Nr. 8, Hetzgasse 38 - Löwengasse 37, 1030 Wien, gewesen. Das Mietverhältnis sei mit 31. Mai 1985 aufgelöst worden; mit Schreiben vom 23. April 1985 seien dem Beklagten die begehrten Aufwendungen für Wohnungsverbesserungen mit S 31.000,-- bekanntgegeben worden. Es handle sich hiebei um Elektroinstallationen in der Küche, im Schlafzimmer und im Kabinett, um die Entfernung eines Klebebelages in Küche und Vorraum, um das Abschleifen und Neuversiegeln des Parkettbodens, das Abklopfen des desolaten Ölanstriches und um Neuverputz im Schlafzimmer, um Verputzausbesserungen in der Küche, sowie die Installation eines Elektrospeichers und die Erneuerung der Abflußleitung in der Küche. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses am 31. Mai 1985 sei der Wert der geleisteten Wohnungsverbesserungen zumindest mit S 31.000,-- einzuschätzen gewesen. Der Beklagte habe die Wohnung wieder vermietet. Eine Weitergabe der Mietrechte an dritte Personen, die von der Klägerin benannt worden seien, habe der Beklagte ebenso abgelehnt, wie eine Vergütung der Aufwendungen nach § 10 MRG.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und brachte vor, daß das Begehren verspätet gestellt worden sei. Das Mietverhältnis sei durch Annahme der außergerichtlichen Aufkündigung der Klägerin durch die Beklagte einvernehmlich aufgelöst worden. Die Willensübereinstimmung sei mit Schreiben des Beklagten vom 28. Februar 1985 erfolgt. Im übrigen habe die Klägerin keine wesentlichen Verbesserungen in der Wohnung durchgeführt, die über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging: Die Klägerin war Hauptmieterin der Wohnung top.Nr.8 im Hause Hetzgasse 34; der Beklagte ist Eigentümer dieses Hauses. Mit Schreiben vom 26. Februar 1985 (Beilage ./) kündigte die Klägerin dem Beklagten das verfahrensgegenständliche Objekt außergerichtlich auf und teilte gleichzeitig mit, daß sie einen Folgemieter für ihr Objekt in Aussicht habe, ohne diesen namentlich zu nennen. Der Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 28. Februar 1985 (Beilage ./3), den Erhalt des Schreibens Beilage ./2 und gab darin zu verstehen, daß er die außergerichtliche Aufkündigung zustimmend zur Kenntnis nehme, verwies jedoch gleichzeitig auf die vertragliche Kündigungsfrist von drei Monaten und somit darauf, daß die Wohnung spätestens am 31. Mai 1985 geräumt zu übergeben sei. Der Beklagte führte in diesem Schreiben gleichzeitig aus, daß er gegen einen Nachmieter aus dem Bekanntenkreis der Klägerin nichts einzuwenden habe, sofern dieser bereit sei, zu den gleichen Bedingungen einen Mietvertrag abzuschließen. Mit Schreiben vom 26. März 1985 (Beilage ./4) forderte der Beklagte die Klägerin auf, nähere Details über einen etwaigen Wohnungsinteressenten und Termine für Wohnungsbesichtigungen bekanntzugeben. Die Klägerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 2. April 1985 (Beilage./5) und mit Schreiben vom 9. April 1985 (Beilage./6), wobei im letzteren Schreiben bekanntgegeben wurde, daß das "Kuratorium für psychosoziale Dienste" und das "Genesungsheim Kalksburg" die Wohnung für vier Personen ab Mai mieten würde. Nähere Angaben über die Namen und Anschrift der die Wohnung beziehenden Personen wurden nicht gemacht. Mit Schreiben vom 15. April 1985 (Beilage./7) gab der Beklagte seine ablehnende Haltung gegenüber den namhaft gemachten Institutionen bekannt. Die Klägerin begehrte in ihrem Schreiben vom 23. April 1985 (Beilage ./8) vom Beklagten die Rücküberweisung des Betrages von S 30.000,--, den sie bei Mietvertragsabschluß geleistet hatte. Dabei handelte es sich um die üblicherweise bei Mietvertragsabschluß von Mietern zu leistende Kaution für Mietzinsentgang und allfällige vom Mieter zu vertretende Schäden am Objekt. Im Schreiben der Klägerin Beilage ./8 wird gleichzeitig ausgeführt, daß der gegenwärtige Wert der geleisteten Wohnungsverbesserungen sich auf S 31.000,-- beläuft, ohne daß die Klägerin diesen Betrag ausdrücklich vom Beklagten begehrte. Dieses ausdrückliche Begehren kommt erst im Schreiben der Klägerin vom 11. Mai 1985 (Beilage./10) zum Ausdruck. Eine Aufschlüsselung des Betrages von S 31.000,-- erfolgte nicht; es wurden lediglich die von der Klägerin behaupteten Investitionen in Beilage ./8 aufgezählt. Der Zeitpunkt der einzelnen Aufwendungen, die damaligen Kosten und der auf die jeweilige Aufwendung entfallende Teilbetrag wurden jedoch nicht angegeben, es wurde vielmehr im Schreiben Beilage ./10 eine Übersendung von Unterlagen auf Wunsch des Beklagten in Aussicht gestellt.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß der auf § 10 MRG gestützte Anspruch der Klägerin erloschen sei, da die Klägerin ihre Ansprüche nicht rechtzeitig, nämlich anläßlich der außergerichtlichen Auflösung des Bestandverhältnisses dem Beklagten schriftlich angezeigt habe. Darüber hinaus fehle der zu spät erfolgten Anzeige der erforderliche Mindestinhalt, da Art und Zeitpunkt der einzelnen Aufwendungen in diesem Anspruchsschreiben nicht genannt seien.

Infolge Berufung der Klägerin hob das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht führte aus, mit Schreiben vom 26. Februar 1985 (Beilage ./2) habe die Klägerin dem Beklagten erklärt, ihr Mietverhältnis aufzulösen. Diesem Anbot stehe die Antwort des Beklagten vom 28. Februar 1985 gegenüber, in dem der Beklagte diese Erklärung zum 31. Mai 1985 akzeptiert habe. Dadurch sei es zu einer einvernehmlichen Auflösung des Bestandverhältnisses gekommen, die auch bei mietrechtlich geschützten Mietverhältnissen jederzeit zulässig sei. Damit liege der Anwendungsfall des § 10 Abs 4 Z 1 MRG vor. Die gesetzliche Regelung selbst biete keinen Anhaltspunkt dafür, ob mit "Zeitpunkt dieser Auflösung" der Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung oder der Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Bestandverhältnisses, also der Zeitpunkt zu dem diese Auflösungserklärung wirksam werden soll, gemeint sei. Nach § 10 Abs 1 MRG sollen dem Mieter Aufwendungen abgegolten werden, die er in den letzten 20 Jahren vor Beendigung des Mietverhältnisses getätigt habe. Das bedeute, daß dieser Zeitraum von 20 Jahren vom Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Mietverhältnisses an rückzurechnen sei. Im Fall einer erst für einen späteren Zeitpunkt wirksam werdenden Auflösungserklärung würde sich demnach dieser Zeitraum von 20 Jahren um den Zeitraum vermindern, der zwischen Abgabe der Auflösungserklärung und Wirksamkeit dieser Auflösungserklärung verstreiche. Die klare Anordnung des § 10 Abs 1 MRG, die von 20 Kalenderjahren ausgehe, lasse aber eine solche Lösung als unbefriedigend erscheinen. Demnach scheine es auch gerechtfertigt, den nach § 10 Abs 4 Z 1 MRG zu bestimmenden Zeitpunkt mit der tatsächlichen Beendigung des Bestandverhältnisses also dem Wirksamwerden der Auflösungserklärung anzunehmen. Für diese Argumentation lasse sich aber auch die grammatikalische Interpretation der anzuwendenden Gesetzesstelle heranziehen. Hätte der Gesetzgeber das Ergebnis gewollt, daß bei einvernehmlicher Auflösung des Mietverhältnisses die Anzeige gleichzeitig zu erfolgen habe, so hätte er dieselbe Textierung gewählt, wie er dies unter Z 2 dieser Gesetzesstelle getan habe. Dort heiße es nämlich, daß bei Aufkündigung des Mietverhältnisses durch den Hauptmieter die Anzeige spätestens mit der Aufkündigung zu erfolgen habe. Demnach müßte es in Z 1 dieser Gesetzesstelle heißen, daß bei einvernehmlicher Auflösung des Mietverhältnisses die Anzeige spätestens mit dieser Auflösung zu erfolgen habe. Daß der Gesetzgeber aber hier die Worte "spätestens zum Zeitpunkt dieser Auflösung" gewählt habe, spreche dafür, daß damit dem Mieter die Möglichkeit gegeben sein sollte, bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Auflösungserklärung, also bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses seinen Anspruch nach § 10 MRG dem Vermieter schriftlich anzuzeigen. Auch sei es mit dem Zweck der Regelung des § 10 MRG nicht vereinbar, die für den Mieter gefährlichen Präklusionsregelungen eng auszulegen. Ansprüche, die auf § 1097 ABGB gestützt werden, könne der Mieter auch binnen 6 Monaten nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern. Auch Ansprüche des Bestandgebers nach § 1111 ABGB seien binnen einem Jahr nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich geltend zu machen. Wenn auch die §§ 1097 und 1111 ABGB Präklusivfristen für gerichtliche Geltendmachung aufstellten, so regeln doch beide den Beginn dieser Fristen mit der Zurückstellung des Bestandstückes. In der Regel werde dies auch der Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Bestandverhältnisses sein. Dem trage auch die Regelung des § 10 Abs 4 Z 3 MRG Rechnung, die in allen übrigen Fällen auf einen Zeitpunkt von 2 Monaten ab Eintritt der Rechtskraft des Räumungstitels, bei früherer Zurückstellung auf den Zeitpunkt der Zurückstellung abstelle. Dem Argument, der Bestandgeber müsse schon bei Zustimmung zur außergerichtlichen Auflösung des Bestandverhältnisses genaue Kenntnis vom Umfang allfälliger gegen ihn erhobenen Forderungen haben, könne damit begegnet werden, daß es sich ja einesfalls um die Auflösung des Vertragsverhältnisses, andernfalls um vermögensrechtliche Ansprüche als Folge des Vertragsverhältnisses handle. Auch dies spreche nicht für eine erforderliche Gleichzeitigkeit. Dem Umstand, daß die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen des scheidenden Mieters nach § 10 MRG noch bis zur tatsächlichen Beendigung seines Bestandverhältnisses offen sei, könne der Bestandgeber bei Abschluß eines neuen Mietvertrages über dieses Bestandobjekt dadurch Rechnung tragen, daß er sich in geeigneter Form die Überwälzung der Ansprüche des Vormieters auf den Nachmieter vorbehalte. Zur Frage der inhaltlichen Voraussetzungen der Anzeige nach § 10 MRG habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. Oktober 1985, 3 Ob 591/85 (MietSlg 37.273/42), Stellung genommen. Demnach genüge es, wenn die Anspruchsgrundlagen durch Angabe der auf die Wohnung während der Mietdauer getätigten Aufwendungen dargelegt und die Höhe des behaupteten Anspruchs angegeben werde, um den drohenden Anspruchsverlust zu verhindern. Dabei sei es zweckmäßig und geboten, dem Vermieter so rasch wie möglich eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit des erhobenen Anspruches zu ermöglichen, ihm also alle maßgebenden Tatsachen wie Art und Zeitpunkt der zur wesentlichen Verbesserung des Mietgegenstandes getätigten Aufwendungen, ihrer Kosten und des Zustandes am Ende der Mietdauer mitzuteilen. Doch könne sich der Vermieter diese Aufklärung auch noch verschaffen, nachdem ihm die Anzeige nach § 10 Abs 4 MRG zugekommen sei, insbesondere könne er auf einer Besichtigung der Wohnung bestehen, weil der Ersatz der Aufwendungen nach § 10 Abs 3 MRG nach ihrem gegenwärtigen Wert zu erfolgen habe, soweit dieser den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteige. Ob die Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen seien, könne durch den Nachweis der Aufwendungen allein ohnedies nicht beurteilt werden. Der Oberste Gerichtshof gehe davon aus, daß der Gesetzgeber, hätte er schon an mangelnde Angaben über den Anspruchsgrund die Rechtsfolge des Anspruchsverlustes knüpfen wollen, dies im Gesetz zum Ausdruck gebracht hätte. Über die gesetzlichen Anforderungen hinaus dürfe an den Inhalt einer solchen Anzeige kein zu strenger Maßstab angelegt werden, da dies zu einer Überspannung der Pflicht des Hauptmieters führen würde. Diesen Anforderungen, nämlich Bekanntgabe der Art der getätigten Arbeiten und Höhe der begehrten Summe entspreche aber das Schreiben der Klägerin vom 23. April 1985 (Beilage ./8). Da das Erstgericht infolge der von ihm angenommenen Verfristung des Anspruches nach § 10 MRG inhaltlich nicht geprüft habe, inwieweit der Anspruch zu Recht bestehe, habe dies zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen müssen. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren die Klägerin zur Aufschlüsselung des von ihr geltend gemachten Gesamtanspruches aufzufordern und sodann die Höhe der seinerzeit getätigten Aufwendungen sowie den Wert der Investitionen im Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses zu prüfen haben. Erst dann werde sich beurteilen lassen, ob und welche Ansprüche der Klägerin nach der Bestimmung des § 10 MRG als berechtigt anzusehen seien.

Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes.

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichtes noch keine diesbezügliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des § 10 Abs 4 Z 1 MRG vorlag, er ist auch berechtigt.

Der Beklagte vertritt in seinem Rechtsmittel u.a. die Auffassung, daß bei einvernehmlicher Auflösung des Mietvertrages (§ 10 Abs 4 Z 1 MRG) der Ersatzanspruch nach § 10 MRG spätestens im Zeitpunkt der Annahme der Auflösungserklärung des Hauptmieters durch den Vermieter dem letzteren unter Angabe der Höhe des begehrten Ersatzes anzuzeigen sei, ebenso wie das nach § 10 Abs 4 Z 2 MRG für den Fall einer Aufkündigung durch den Hauptmieter gelte.

Hiezu ist folgendes auszuführen: Was die in den Rechtsmittelschriften im Rekursverfahren nicht mehr relevierte Frage der Beurteilung des Verhaltens der Streitteile betreffend die "Aufkündigung" (Beilage ./2) als einvernehmliche Auflösung des Mietvertrages anlangt, folgt der Oberste Gerichtshof der Auffassung des Berufungsgerichtes, auf dessen zutreffende Begründung verwiesen werden kann (vgl. MietSlg 31.451 ua.). Wie der Oberste Gerichtshof kürzlich in seiner einen gleichgelagerten Fall betreffenden Entscheidung vom 24. März 1987, 2 Ob 535/87, der sich der erkennende Senat anschließt, ausgesprochen hat, ist zur Auslegung des § 10 Abs 4 Z 1 MRG zunächst auf die Bestimmung des § 10 Abs 4 Z 2 MRG Bedacht zu nehmen, nach welcher der Anspruch auf Ersatz bei sonstigem Verlust des Anspruches dem Vermieter vom Hauptmieter unter Angabe der Höhe bei Aufkündigung des Mietverhältnisses durch den Hauptmieter spätestens mit der Aufkündigung schriftlich anzuzeigen ist. Daß in diesem Falle die Anzeige spätestens mit der Aufkündigung und nicht etwa erst mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist zu erfolgen hat, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Gesetzestext; es ist aber auch unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien keinerlei Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber in der Z 1 des Abs 4 mit dem Zeitpunkt der Auflösung nicht jenen der Annahme der Auflösungserklärung des Hauptmieters durch den Vermieter, sondern etwa jenen der Beendigung des Mietverhältnisses nach Ablauf der einvernehmlich vereinbarten Frist gemeint haben sollte, ohne dies im Text der Bestimmung zum Ausdruck zu bringen. Aber auch eine Auslegung nach dem Zweck der Bestimmung des Abs 4 Z 1 führt zum gleichen Ergebnis. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 591/85 (veröffentlicht in JBl 1986, 392, vgl. auch ImmZ 1986, 235) ausgesprochen hat, wird in der Vorschrift des § 10 MRG der Ersatz bestimmter nützlicher Aufwendungen des Hauptmieters auf die gemietete Wohnung im Sinne der §§ 1097, 1037 ABGB behandelt. § 10 Abs 4 MRG knüpft an die Unterlassung der vom Hauptmieter an den Vermieter zu dem maßgebenden Zeitpunkt zu richtenden schriftlichen Anzeige des Anspruchs auf Ersatz die Rechtsfolge des Verlustes des Anspruchs. Zu rechtfertigen ist dieser drohende Anspruchsverlust, weil der Vermieter bei Abschluß des neuen Mietvertrages über die Wohnung nach Beendigung des bisherigen Mietverhältnisses den Betrag kennen muß, den er allenfalls als Ersatz zu leisten hat. Er kann ja den nach § 10 MRG dem bisherigen Mieter zu ersetzenden Aufwand vom neuen Mieter rückersetzt verlangen, ohne daß diese Vereinbarung unter das Verbot des § 27 Abs 1 Z 1 erster Halbsatz MRG fallen kann (Würth-Zingher, MRG2 Anm. 13 zu § 10 MRG und Anm. 1 zu § 27 MRG). Zum Inhalt der schriftlichen Anzeige bestimmt das Gesetz nur, daß die Höhe des vom Hauptmieter angesprochenen Ersatzanspruches anzugeben ist (§ 10 Abs 4 MRG). Hier ist das Gesetz unverändert dem Entwurf (dort § 7 Abs 2) gefolgt, der die Erweiterung des Anspruchs auf Investitionskostenersatz für Aufwendungen des scheidenden Mieters mit dem Interesse an der Standardverbesserung begründet (RV 425 BlgNR 15.GP A. III.7.). Aus dem Gesetz folgt klar, daß der Hauptmieter rechtzeitig seinen bezifferten Anspruch auf Aufwandersatz bei sonstigem Anspruchsverlust dem Vermieter bekanntzugeben hat (Rieder, Mietrechtsgesetz, 71; Schuppich, Die Neuordnung des Mietrechts, 111, Edlbacher, Aufwandersatzanspruch des Hauptmieters, ÖJZ 1985, 145 ff, 148). Der Zweck der Befristung dieser Anzeige und des sonst drohenden Anspruchsverlustes liegt in der Notwendigkeit, daß der Vermieter mit dem neuen Mieter bei Abschluß des neuen Mietvertrages Ansprüche des scheidenden Mieters auf Ersatz seiner Aufwendungen berücksichtigen muß, soll sie der Vermieter nicht endgültig selbst tragen. Der Vermieter soll daher wissen, daß der bisherige Mieter solche Ersatzansprüche stellt und auch die Höhe des geforderten Betrages kennen und, wenn ihm eine Anzeige nicht rechtzeitig zukommt, damit rechnen können, daß später derartige Ansprüche nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können. Daraus folgt aber, daß die Annahme einer unterschiedlichen Regelung des zur Vermeidung des Anspruchsverlustes festgelegten Zeitpunktes der schriftlichen Anzeige des Ersatzanspruches des Hauptmieters in Z 1 und Z 2 des Abs 4 auch aus dem Zweck des Gesetzes nicht zu rechtfertigen wäre. Für die Auslegung des § 10 Abs 4 Z 1 MRG kann aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes aus § 10 Abs 1 MRG nichts abgeleitet werden, weil die letztgenannte Bestimmung lediglich Art und Umfang des Aufwandersatzanspruches des Mieters regelt, jedoch keine Vorschriften darüber enthält zu welchem Zeitpunkt dieser Anspruch spätestens geltend zu machen ist; diese Frage wird nur im Abs 4 geregelt. Zutreffend hat daher das Erstgericht das Klagebegehren schon wegen Verwirkung des Anspruches des Hauptmieters zufolge nicht rechtzeitiger Anzeige an den Vermieter abgewiesen, sodaß eine Erörterung des Vorliegens der inhaltlichen Voraussetzungen der Anzeige nach § 10 MRG im vorliegenden Fall entbehrlich war.

Gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO war somit in der Sache selbst im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes zu erkennen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz beruht auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E11210

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00563.87.0506.000

Dokumentnummer

JJT_19870506_OGH0002_0080OB00563_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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