TE OGH 1985/10/16 3Ob591/85

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Veröffentlicht am 16.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopoldine A, im Haushalt, Margarethengürtel 102/15/2, 1050 Wien, vertreten durch Dr. Helmut Payrits, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. Ernst B, Hauseigentümer, Elisabethstraße 6/3/17, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Fleischmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 65.000,-- samt Anhang, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 29. Mai 1985, GZ. 41 R 434/85-12, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. Jänner 1985, GZ. 43 C 460/84-7, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens über den Rekurs an den Obersten Gerichtshof sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin hatte als Hauptmieterin der Wohnung Nr. 7 im Haus Obere Amtshausstraße 21, 1050 Wien, des Beklagten am 3. Jänner 1984 an einen Dr. August B geschrieben, sie kündige das Bestandverhältnis zum 28. Februar 1984 auf und erhebe 'laut § 10 des Mietrechtsgesetzes einen Entschädigungsanspruch von S 100.000,-- für folgende Investitionen: Neue Fußböden in allen Räumen, Etagenheizung, Bad in der Spüle, Küche verfliest'. Der Rechtsvertreter der Klägerin schrieb am 24. Februar 1984 dem Beklagten, er habe den Auftrag zur Aufkündigung des Bestandvertrages und fordere zum Anerkenntnis der von der Klägerin schon am 3. Jänner 1984 erhobenen Forderung auf Zahlung von S 100.000,-- als Ersatz für die von ihr in der Wohnung getätigten Aufwendungen durch den Einbau einer Etagenheizung, eines Thermostates, eines Einbaubades, durch Verfliesung und durch Verlegung neuer Fußböden auf. Am 27. Februar 1984 kündigte die Klägerin durch ihren Rechtsvertreter das Mietverhältnis an der Wohnung zum 31. März 1984 gerichtlich auf. Die Sendung mit der für den Vermieter bestimmten Ausfertigung der gerichtlichen Aufkündigung wurde beim Postamt hinterlegt und der Beginn der Abholfrist mit dem 29. Februar 1984 bestimmt.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten nach Erhalt von S 35.000,-- am 24. September 1984 noch S 65.000,-- als Ersatz ihrer Aufwendungen auf die Wohnung (§ 10 MRG).

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Das Schreiben vom 3. Jänner 1984 sei an seinen Bruder gerichtet, der weder Eigentümer noch Verwalter des Hauses sei. Er habe erst nach Zustellung der Aufkündigung erstmals eine schriftliche Anzeige des Anspruchs erhalten, der jedoch nicht aufgegliedert und belegt sei. Die Klägerin habe nur beschränkt in der gemieteten Wohnung Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung gemacht, der Wert der über die Mietdauer hinaus wirksamen und nützlichen Aufwendungen sei durch den Betrag von S 35.000,-- abgegolten. Er wendete Gegenforderungen zur Aufrechnung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil nach § 10 Abs 4 MRG der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen auf eine Wohnung bei sonstigem Verlust dem Vermieter vom Hauptmieter unter Angabe der Höhe bei Aufkündigung des Mietverhältnisses durch den Hauptmieter spätestens mit der Aufkündigung schriftlich anzuzeigen sei und nach dem Zweck dieser Vorschrift die Grundlagen des Ersatzanspruches (Art und Zeitpunkt der Aufwendung, damalige Kosten) schon in der schriftlichen Anzeige zu bezeichnen seien (Würth-Zingher, MRG 2 , Anm. 13 zu § 10 MRG). Die Mitteilung der Klägerin, daß sie für den Einbau der Etagenheizung, die Erneuerung des Fußbodens, eine Verliesung in der Küche und Anschaffung des 'Bades in der Spüle' global S 100.000,-- begehre, erlaube dem Vermieter keine Beurteilung der Berechtigung des angemeldeten Anspruchs und stelle daher keine mit ausreichendem Inhalt versehene Anzeige nach § 10 Abs 4 MRG dar. Schon deshalb bestehe kein Ersatzanspruch.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und hob das Urteil unter Setzung des Rechtskraftvorbehaltes auf. Es verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Es sei zwar richtig, daß die Anzeige nach § 10 Abs 4 MRG, deren Versäumung den Verlust des Ersatzanspruches zur Folge habe, gewisse Merkmale aufweisen müsse, aus denen sich die Grundlage des Ersatzanspruches und seine Höhe ergebe. Es reiche aber aus, wenn unter Berufung auf die Rechtsgrundlage des § 10 MRG die Art der getätigten Aufwendungen und der Ersatzbetrag genannt seien. Damit werde dem Vermieter der vom Gesetzgeber angestrebte überblick verschafft, welche Aufwendungen der Hauptmieter ersetzt verlangt und welche Leistungen der Vermieter nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG erlaubt vom neuen Mieter ersetzt verlangen darf. Der Anspruchsverlust trete nicht ein, wenn rechtzeitig mit der Angabe des verlangten Betrages Ersatzleistung für Aufwendungen schriftlich verlangt und dabei zumindest die Art der Aufwendungen bezeichnet sei. Grund und Höhe des Ersatzanspruches und die Zuordnung der Werte auf die einzelnen Aufwendungen könnten dann nach erfolgter Anzeige ermittelt werden. Es sei daher der Mindestinhalt der Anzeige nach § 10 Abs 4 MRG entgegen der Ansicht des Erstgerichtes erfüllt und es bedürfe der Prüfung aller übrigen Anspruchsgrundlagen und der Feststellung der dafür maßgebenden Tatsachen. Der Rechtskraftvorbehalt sei zulässig, weil zu der Rechtsfrage, von deren Lösung die Entscheidung hier abhänge, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes noch fehle. Den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes bekämpft der Beklagte mit seinem auf Abänderung in die Wiederherstellung des abweisenden Urteils des Erstgerichtes abzielenden Rekurs. Die Klägerin beantragt, dem Rekurs des Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der nach § 519 Abs 1 Z 3 und § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässige Rekurs ist nicht berechtigt.

Durch die Regelung nach § 10 MRG wird der Ersatz bestimmter nützlicher Aufwendungen des Hauptmieters auf die gemietete Wohnung im Sinne der §§ 1097, 1037 ABGB behandelt. § 10 Abs 4 MRG knüpft an die Unterlassung der vom Hauptmieter an den Vermieter zu dem maßgebenden Zeitpunkt zu richtenden schriftlichen Anzeige des Anspruchs auf Ersatz die Rechtsfolge, daß der Anspruch verloren ist. Zu rechtfertigen ist dieser drohende Anspruchsverlust, weil der Vermieter bei Abschluß des neuen Mietvertrages über die Wohnung nach Beendigung des bisherigen Mietverhältnisses den Betrag kennen muß, den er allenfalls als Ersatz leisten muß. Er kann ja den nach § 10 MRG dem bisherigen Mieter zu ersetzenden Aufwand vom neuen Mieter rückersetzt verlangen, ohne daß diese Vereinbarung unter das Verbot des § 27 Abs 1 Z 1 erster Halbsatz MRG fallen kann (Würth-Zingher, MRG 2 Anm. 13 zu § 10 MRG und Anm. 1 zu § 27 MRG). Zum Inhalt der schriftlichen Anzeige bestimmt das Gesetz nur, daß die Höhe des vom Hauptmieter angesprochenen Ersatzanspruches anzugeben ist (§ 10 Abs 4 MRG). Hier ist das Gesetz unverändert dem Entwurf (dort § 7 Abs 2) gefolgt, der die Erweiterung des Anspruchs auf Investitionskostenersatz für Aufwendungen des scheidenden Mieters mit dem Interesse an der Standardverbesserung begründet (RV 425 BlgNR 15.GP A. III.7.). Aus dem Gesetz folgt klar, daß der Hauptmieter rechtzeitig seinen bezifferten Anspruch auf Aufwandersatz bei sonstigem Anspruchsverlust dem Vermieter bekanntzugeben hat (Rieder, Mietrechtsgesetz, 71; Schuppich, Die Neuordnung des Mietrechts, 111, Edlbacher, Aufwandersatzanspruch des Hauptmieters, ÖJZ 1985, 145 ff, 148). Der Zweck der Befristung dieser Anzeige und des sonst drohenden Anspruchsverlustes liegt in der Notwendigkeit, daß der Vermieter mit dem neuen Mieter bei Abschluß des neuen Mietvertrages Ansprüche des scheidenden Mieters auf Ersatz seiner Aufwendungen berücksichtigen muß, soll sie der Vermieter nicht endgültig selbst tragen. Der Vermieter soll daher wissen, daß der bisherige Mieter solche Ersatzansprüche stellt und auch die Höhe des geforderten Betrages kennen und, wenn ihm eine Anzeige nicht rechtzeitig zukommt, damit rechnen können, daß später derartige Ansprüche nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können.

Der Mieter hat in seiner Anzeige daher die Grundlagen seines Ersatzanspruches zu bezeichnen und deren Höhe anzugeben. Während die Bezifferung des Anspruchs neben der Schriftform und der Einhaltung der jeweils maßgebenden Frist zur Wahrung der Ersatzforderung erforderlich ist, fehlt im § 10 Abs 4 MRG eine nähere Umschreibung, welcher Mindestinhalt bei der Angabe der Anspruchsgrundlage den Anspruchsverlust verhindert. Würth-Zingher (MRG 2 Anm. 13 zu § 10 MRG), Schimetschek, Aufwandersatzansprüche des Mieters ImmZ 1982, 197, Würth (in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 10 MRG) und dieser Ansicht folgend Krejci (in Korinek-Krejci, HBzMRG, 267) meinen, die Anzeige des Mieters müsse über die Anspruchsgrundlagen nähere Angaben enthalten, also Art und Zeitpunkt der Aufwendungen und die dafür aufgewendeten Kosten, enthalten. Das Erstgericht ist dieser Auslegung gefolgt und hat aus der Unterlassung der näheren Angaben auf den Anspruchsverlust geschlossen.

Der Oberste Gerichtshof tritt jedoch der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht bei, daß es genügt, wenn die Anspruchsgrundlagen durch Angabe der auf die Wohnung während der Mietdauer getätigten Aufwendungen dargelegt und die Höhe des behaupteten Anspruchs angegeben wird, um den drohenden Anspruchsverlust zu verhindern. Es ist zweckmäßig und geboten, dem Vermieter so rasch als möglich eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit des erhobenen Anspruchs zu ermöglichen, ihm also alle maßgebenden Tatsachen wie Art und Zeitpunkt der zur wesentlichen Verbesserung des Mietgegenstandes getätigten Aufwendungen, ihrer Kosten und des Zustandes am Ende der Mietdauer mitzuteilen, doch kann sich der Vermieter diese Aufklärung auch noch verschaffen, nachdem ihm die Anzeige nach § 10 Abs 4 MRG zugekommen ist, insbesondere auf einer Besichtigung der Wohnung bestehen, weil der Ersatz der Aufwendungen nach § 10 Abs 3 MRG nach ihrem gegenwärtigen Wert zu erfolgen hat, soweit dieser den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt. Ob die Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung, wie die Errichtung oder die den Erfordernissen der Haushaltsführung dienende Umgestaltung von Wasserleitungs-, Lichtleitungs-, Gasleitungs-, Beheizungs- oder sanitären Anlagen oder die gänzliche Erneuerung schadhaft gewordener Fußböden über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, kann durch Nachweis der Aufwendungen allein ohnedies nicht beurteilt werden. Der gegenwärtige Wert wird durch Zeitpunkt und Kosten der Aufwendungen zwar eingegrenzt, hängt aber vor allem auch vom Maß der Abnützung und von der jeweiligen Auffassung über den Wohnungsstandard und den Stand der Technik ab. Hätte der Gesetzgeber schon an mangelhafte Angaben über die Anspruchsgrundlagen die Rechtsfolge des Anspruchsverlustes knüpfen wollen, hätte dies im Gesetz Ausdruck finden können. So wurde nicht einmal auf das Inhaltserfordernis einer Klage, die nicht nur ein bestimmtes Begehren enthalten muß, sondern auch die kurze und vollständige Angabe der Tatsachen, auf welche sich der Anspruch gründet (§ 226 Abs 1 ZPO) oder die Anmeldung einer Forderung im Konkurs, die neben dem Betrag der Forderung auch die Angabe der Tatsachen zu enthalten hat, auf die sich die Forderung gründet (§ 103 Abs 1 KO) Bezug genommen und eine nähere Regelung, wie etwa für die erstmalige Vorschreibung des Erhaltungsbeitrages im § 45 Abs 2 letzter Halbsatz MRG nicht vorgenommen. Da die Anzeige zur Wahrung eines Ersatzanspruches dient, darf über die gesetzlichen Anforderungen hinaus an ihren Inhalt kein zu strenger Maßstab angelegt werden. Würde der Anspruchsverlust schon an jede mangelhafte Angabe der Anspruchsgrundlagen geknüpft, würde dies zur überspannung der Pflicht des Hauptmieters führen, in dessen Interesse es zwar in aller Regel sein wird, seinen Ersatzanspruch sogleich zu belegen, um dem Vermieter die Berechtigung erkennbar zu machen; der Anspruchsverlust tritt aber nicht schon dann ein, wenn sich die Anzeige darauf beschränkt, daß mit dem Hinweis auf § 10 MRG einerseits bestimmt bezeichnete Aufwendungen ersetzt verlangt werden und andererseits der dafür beanspruchte Geldbetrag genannt ist.

Diesen Anforderungen entsprechen die Schreiben der Klägerin. Es wird daher zunächst darauf ankommen, ob sie dem Vermieter zum maßgebenden Zeitpunkt zugekommen sind und sodann, ob und welche Aufwendungen auf die Wohnung dem Bereich ersatzfähiger Verbesserungen nach § 10 MRG zuzuordnen sind und mit welchem gegenwärtigen Wert sie bei Beendigung des Mietverhältnisses über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen waren, schließlich, ob Gegenforderungen des Beklagten bestehen.

Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß muß daher ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

Anmerkung

E06721

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00591.85.1016.000

Dokumentnummer

JJT_19851016_OGH0002_0030OB00591_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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