TE OGH 1987/6/9 5Ob317/87

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Veröffentlicht am 09.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Konkurseröffnungssache betreffend das Vermögen der zu HRB 2386 des Kreisgerichtes Wels registrierten S*** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Bad Ischl infolge Revisionsrekurses des Hermann S***, Rauchfangkehrermeister, 4820 Bad Ischl, Steinfeld 93, vertreten durch Dr. Peter Heigenhauser, Rechtsanwalt in Bad Ischl, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 12. September 1986, GZ 4 R 256/86-13, womit der Rekurs der Helga S***, Kellnerin, 4656 Kirchham, Kaltenmarkt, Neubau, und des Hermann S***, Rauchfangkehrermeister, 4820 Bad Ischl, Steinfeld 93, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 23. April 1986, GZ S 17/86-4, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Laut Handelsregisterauszug vom 10. April 1986 ist zu HRB 2386 des Handelsregisters beim Erstgericht die S*** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Bad Ischl registriert, als deren alleinige Geschäftsführerin Helga S*** aufscheint (ON 2). Nach der zuletzt (im Frühjahr 1985) vorgelegten Gesellschafterliste sind Friedrich L***, Barbara L***, Helga S*** und Hermann S***

Gesellschafter mit je einer voll eingezahlten Stammeinlage von 25.000 S (ON 7).

Am 10. April 1986 beantragte die S*** GmbH in einem Schreiben an das Erstgericht, das "für die Gesellschafter" von Barbara L***, Friedrich L*** und Helga S*** unterzeichnet war, die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit infolge Überschuldung (ON 1). Das Erstgericht nahm an, daß der Konkursantrag von der im Sinne des § 69 Abs 3 KO vertretungsbefugten Person ausgeht. Es zog Erkundigungen über die Vermögenssituation der Gesellschaft ein und wies den Konkursantrag sodann mit Beschluß vom 23. April 1986 mangels Masse ab (§ 72 Abs 3 KO).

Dieser Beschluß wurde der Gesellschaft zu Handen der Geschäftsführerin Helga S*** unter der Adresse 4820 Bad Ischl, Steinfeld 93, am 29. April 1986 durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt zugestellt. Davon ausgehend, daß der Beschluß in Rechtskraft erwachsen sei, veranlaßte das Erstgericht dessen Bekanntmachung. Der Beschluß wurde am 5. Juni 1986 an der Gerichtstafel des Erstgerichtes angeschlagen und noch im selben Monat im Amtsblatt zur Wiener Zeitung sowie im Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister veröffentlicht.

Am 11. Juli 1986 teilte der in 4820 Bad Ischl, Steinfeld 93, wohnhafte Hermann S*** dem Erstgericht mit, daß er "laut Gesellschaftsvertrag vom 9. Dezember 1983 die Rechte an sämtlichen Gesellschaftsanteilen laut Anbot selbigen Datums in Evidenz habe, weshalb ein Konkursantrag seiner Zustimmung bedürfe." Am 21. Juli 1986 und 8. August 1986 präzisierte er seinen Standpunkt dahin, daß Helga S*** am 6. Dezember 1985 (durch den Verkauf ihrer Gesellschaftsanteile) aus der Gesellschaft ausgeschieden sei und als Geschäftsführerin abberufen worden sei. Am 29. August 1986 wurde Hermann S*** eine Ausfertigung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 23. April 1986 mit dem Beisatz zugestellt, daß dagegen der Gemeinschuldner gemäß § 1 Abs 1 Amtslöschungsgesetz und § 176 Abs 1 KO binnen 14 Tagen Rekurs erheben könne. Am 1. September 1986 gaben Helga S*** und Hermann S*** einen Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 23. April 1986 mit dem Antrag zur Post, daß die Gesellschaft wieder in den Zustand vom 22. April 1986 gebracht wird und Helga S*** wieder für die Gesellschaft zeichnungsberechtigt ist, bis ihre Löschung im Handelsregister durchgeführt ist. Die Rekurswerber brachten vor, daß am 6. Dezember 1985 Helga S*** als Geschäftsführerin abberufen und Barbara L*** zur Geschäftsführerin bestellt worden sei. Abberufung und Bestellung seien bisher im Handelsregister nicht durchgeführt worden. Die Unterschrift unter dem Konkurseröffnungsantrag sei Helga S*** unter Vorspiegelung falscher Tatsachen abverlangt worden.

Das Rekursgericht wies den Rekurs sowohl in Ansehung der Helga S*** als auch in Ansehung des Hermann S*** zurück. Es sprach aus, daß der von seiner Entscheidung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000, nicht jedoch S 300.000 übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Begründung führte das Rekursgericht aus:

Gemäß § 71 Abs 1 KO könnten Beschlüsse, mit denen der Antrag auf Konkurseröffnung abgewiesen wird, von allen Personen angefochten werden, deren Rechte dadurch berührt werden. Daraus ergebe sich die Rechtsmittellegitimation der Gesellschaft, aber auch der einzelnen Gesellschafter. Da die Abweisung eines Konkursantrages mangels Masse zur Auflösung der Gesellschaft führe (§ 1 Abs 1 Amtslöschungsgesetz), seien sie durch eine solche Entscheidung unmittelbar betroffen. Dennoch sei der Kreis der Rekursberechtigten nicht so leicht zu ziehen. § 72 Abs 3 KO ordne nämlich an, den Beschluß über die Abweisung eines Konkursantrages mangels Masse nach dem Eintritt seiner Rechtskraft öffentlich bekanntzumachen. Dies habe in derselben Weise zu geschehen wie bei der Eröffnung des Konkurses (§ 79 Abs 1 KO), also durch Anschlag an der Gerichtstafel (§ 75 Abs 1 KO) und Veröffentlichung in den dazu vorgesehenen Medien (§ 75 Abs 2 KO). Um diesen Gesetzesauftrag wortgetreu zu erfüllen, müßte der Beschluß vor seiner Veröffentlichung allen Personen zugestellt werden, die im Sinne des § 71 Abs 1 KO zur Erhebung eines Rechtsmittels legitimiert sind (§ 88 GOG, § 126 Abs 2 lit d Geo). § 72 Abs 3 KO könnte daher so zu verstehen sein, daß er - abweichend von § 71 Abs 1 KO - nur den Parteien des Konkurseröffnungsverfahrens, nicht aber den sonstigen Beteiligten die Rechtsmittelbefugnis zuerkenne (vgl. § 171 KO in Verbindung mit § 427 ZPO und § 1 Abs 1 Amtslöschungsgesetz). Damit wäre jedenfalls die Anwendbarkeit des § 72 Abs 3 KO gegenüber § 71 Abs 1 KO gesichert, es würde aber auch der offenkundige Widerspruch zu § 174 Abs 2 KO vermieden. Diese Gesetzesbestimmung ordne nämlich an, daß die Folgen der Zustellung schon durch die öffentliche Bekanntmachung eintreten, wenn daneben eine besondere Zustellung vorgschrieben ist. Das werde so interpretiert, daß für alle Personen, denen gegen den veröffentlichten Beschluß ein Rechtsmittel zusteht, die gleiche Anfechtungsfrist gelte. Die vom Gesetz vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachung eines Beschlusses durch Anschlag an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes (allein darauf komme es an) setze also die Rechtsmittelfrist für alle Beteiligten in Lauf. Die spätere (aber auch die frühere) individuelle Zustellung an einzelne Personen sei rechtlich ohne Bedeutung. Der vom Gesetzgeber offensichtlich gewollte Vorteil einer einheitlichen Rechtsmittelfrist wäre nicht gewahrt, wollte man sie für die individuell verständigten Person (im gegenständlichen Fall für die Gemeinschuldnerin, allenfalls auch die Gesellschafterin Helga S***) mit der Zustellung beginnen lassen, für andere mit dem Anschlag des Beschlusses an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes. Halte man also daran fest, daß § 71 Abs 1 KO allen rechtlich Beteiligten die Anfechtung eines Beschlusses über die Abweisung eines Konkursantrages mangels Masse ermögliche, dann müsse der vorgeschriebenen Veröffentlichung im Sinne des § 174 Abs 2 KO die Funktion zukommen, die Rechtsmittelfrist für alle Beteiligten in Lauf zu setzen. Ähnliches werde zB auch für den Fall der Veröffentlichung des rechtskräftigen Konkursaufhebungsbeschlusses vertreten. Der Wunsch des Gesetzgebers, vor der Veröffentlichung die Rechtskraft des Beschlusses über die Abweisung eines Konkursantrages abzuwarten (siehe dazu den Justizausschußbericht zum Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982, 1147 BlgNR 15.GP 22), könne diesfalls nur so gedeutet werden, daß derartige Beschlüsse erst dann veröffentlicht werden sollten, wenn sie voraussichtlich keiner Anfechtung mehr ausgesetzt seien. Für den gegenständlichen Fall könne die Lösung der aufgezeigten Rechtsprobleme dahingestellt bleiben. Beschränkte man den Kreis der Anfechtungsberechtigten auf die Parteien des Konkurseröffnungsverfahrens, dann wäre der Rekurs der Gesellschaft (diesfalls vertreten durch Helga S***) auf jeden Fall verspätet (§ 176 Abs 1 KO), der Rekurs der Gesellschafter Helga S*** und Hermann S*** unzulässig. Im anderen Fall wäre der Rekurs der Gesellschafter verspätet, weil sie die 14-tägige Rechtsmittelfrist seit dem Anschlag des angefochtenen Beschlusses an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes (5. Juni 1986) nicht gewahrt hätten. Der Rekurs sei daher auf jeden Fall ohne Verbesserungsversuch zurückzuweisen gewesen.

Der Revisionsrekurs erscheine gemäß § 171 KO in Verbindung mit §§ 502 Abs 4 Z 1, 528 Abs 2 ZPO zulässig, weil zum Problem der Rechtsmittelfrist bei der Abweisung eines Konkursantrages mangels Masse und zum Kreis der anfechtungsberechtigten Personen keine höchstgerichtliche Rechtsprechung aufzufinden gewesen sei. Gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Hermann S*** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß sowie das bisherige Verfahren aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, den Beschluß vom 23. April 1986 den Gesellschaftern der S*** GmbH neuerlich zuzustellen. Der Revisionsrekurswerber vertritt die Auffassung, daß er als Gesellschafter der S*** GmbH zur Erhebung des Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 23. April 1986 legitimiert gewesen sei und daß die 14-tägige Rekursfrist für ihn ab Zustellung dieses Beschlusses an ihn zu laufen begonnen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 5 Ob 301/80 unter Hinweis auf SZ 18/108, Bartsch-Pollak3 I 359 f und Petschek-Reimer-Schiemer 47 f (Fußnote 27), 61 (Fußnote 3) ausgesprochen hat, ist die Rekurslegitimation der Gesellschaft mbH im Falle der wegen Mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens erfolgten Abweisung eines Antrages, über ihr Vermögen den Konkurs zu eröffnen, zu bejahen, weil dadurch ihre Rechte im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 73 (nunmehr 72) Abs 3 Satz 1 KO, 3 Abs 1 Z 2 AO, 87 Abs 1 Z 1 iVm § 13 Abs 3 und 4 GewO 1973 sowie § 1 Abs 1 Amtslöschungsgesetz berührt wurden (vgl. dazu nunmehr auch Bartsch-Heil4, 153 Rz 231).

In der zu 5 Ob 313/79 ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (veröffentlicht in GesRZ 1980, 92) wurde dargelegt, daß zu den im § 72 Abs 1 (nunmehr § 71 Abs 1) KO genannten Personen insbesondere der Gemeinschuldner und die Konkursgläubiger gehören; ist der Gemeinschuldner eine Gesellschaft mbH, so kommt die Rechtsmittellegitimation im Regelfall den Geschäftsführern (Liquidatoren), nicht aber den Gesellschaftern zu; die Rechtsmittellegitimation des Gesellschafters einer Gesellschaft mbH ist zu bejahen, wenn Geschäftsführer oder Liquidatoren nicht vorhanden sind - wobei dieser Fall nicht gegeben ist, wenn es um die Frage geht, wer als wirksam bestellter Geschäftsführer anzusehen ist - oder wenn der Gesellschafter gleich einem Dritten als Konkursgläubiger der Gesellschaft auftritt (vgl. dazu nunmehr auch Gellis, GmbHG2, 447 f; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 660 f; Hachenburg, GmbHG7, Rz 58 und 63 zu § 63).

Geht man von dieser Rechtsauffassung aus, dann hat das Rekursgericht den gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurs in Ansehung des Revisionsrekurswerbers schon wegen dessen mangelnder Rekurslegitimation mit Recht zurückgewiesen, sodaß die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels nicht mehr zu prüfen war. Hermann S*** trat weder als Geschäftsführer noch gleich einem Dritten als Konkursgläubiger der Gesellschaft auf. Strittig ist bloß, ob Helga S*** oder Barbara L*** wirksam bestellte Geschäftsführerin der Gesellschaft ist.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E11164

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00317.87.0609.000

Dokumentnummer

JJT_19870609_OGH0002_0050OB00317_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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