TE OGH 1987/9/8 11Os69/87

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Veröffentlicht am 08.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.September 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärtets Dr. Levnaic-Iwanski als Schriftführer, in der Strafsache gegen Walter R*** und Franz G*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahles nach den §§ 127 Abs 1 und 2 Z 3, 128 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten sowie die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 17.Februar 1987, GZ 24 a Vr 48/86-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, der Angeklagten Walter R*** und Franz G*** sowie der Verteidiger Dr. Mühl und Dr. Hauer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten werden verworfen. In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und gemäß dem § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, unter Ausschaltung der Unterstellung des dem Angeklagten Franz G*** im Schuldspruch II/1 zur Last liegenden Verhaltens auch unter den § 127 Abs 2 Z 3 StGB, in den Schuldsprüchen I/3 und II/3 sowie in der Nichtannahme der Absicht der Angeklagten Walter R*** und Franz G***, sich durch wiederkehrende Begehung des schweren Diebstahls und des schweren Betruges eine fortlaufend Einnahme zu verschaffen, und demgemäß auch in den Strafaussprüchen aufgehoben. Gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung der Urteilssätze I/3 und II/3 in der Sache selbst unter Neufassung der Schuldsprüche I/1 und II/1 bezüglich der Diebstahlsfakten zu Recht erkannt:

I/1: Walter R*** hat in der Zeit vom 21.Juni 1985 bis 22. November 1985 in Bregenz in mehreren Angriffen fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert, nämlich Bargeld von insgesamt 1,428.000 S unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit als Bankangestellter geschaffen worden ist, zum Nachteil seines Auftraggebers, der

C***-B***, Filiale Bregenz, mit dem Vorsatz

weggenommen, sich und Franz G*** durch die Sachzueignung

unrechtmäßig zu bereichern.

II/1: Franz G*** hat in der Zeit von Juni 1985 bis 22. November 1985 Walter R*** zu den unter I/1 geschilderten

Straftaten durch Anraten und Auffordern bestimmt.

Hiedurch haben

zu I/1: Walter R*** das Verbrechen des schweren Diebstahls nach

den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 3, 128 Abs 2 StGB und

zu II/1: Franz G*** das Verbrechen des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2 (als Bestimmungstäter nach dem zweiten Fall des § 12) StGB begangen.

Im verbleibenden Umfang der Aufhebung wird die Sache gemäß dem § 288 Abs 2 Z 1 StPO an den Gerichtshof erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verworfen.

Mit ihren Berufungen wegen des Ausspruches über die Strafe werden die Staatsanwaltschaft sowie die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Die Berufung des Angeklagten Franz G*** gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter R*** und Franz G*** - letzterer als Bestimmungs- und teils auch als Beitragstäter im Sinn des zweiten und dritten Falls des § 12 StGB - der Verbrechen des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 3, 128 Abs 2 StGB, des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB sowie der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt.

Darnach führte der vom Angeklagten Franz G*** jeweils hiezu bestimmte Angeklagte Walter R*** in der Zeit zwischen dem 21.Juni und dem 22.November 1985 als damaliger Angestellter der Filiale Bregenz der C***-B*** (CA-BV) mit dem Vorsatz, sich und Franz G*** unrechtmäßig zu bereichern, von einer Reihe von Sparkonten zu wiederholten Malen widerrechtliche Abhebungen (Abbuchungen) im Gesamtbetrag von 1,930.000 S durch. Je nach Art und Weise der Tatausführung beurteilte das Erstgericht diese Handlungen rechtlich als Diebstahl (Schuldsprüche I/1/; II/1/), Betrug (Schuldsprüche I/2/; II/2/), bzw. Veruntreuung (Schuldsprüche I/3/; II/3/).

Zu I/1; II/1/:

Die Abhebung eines Gesamtbetrages von 1,278.000 S wurde als Diebstahl zugerechnet, weil Walter R*** in diesen Fällen als Ersatzkassier und Besitzer eines Revisorschlüssels unmittelbar Zugriff zur Kassa hatte und auf diese Weise durch Eintippen der Kontonummer des jeweiligen Sparbuches und des abzuhebenden Geldbetrages die inkriminierten Transaktionen vornehmen konnte.

Zu I/2/; II/2/:

Einen weiteren Betrag von insgesamt 502.000 S erlangte der Angeklagte R*** in jenen Fällen, in denen ein anderer Kassier tätig war, durch dessen Täuschung mit einem falschen Losungswortbeleg und Verwendung eines rechtswidrig eröffneten (in der Folge wieder vernichteten) sogenannten Fortsetzungssparbuchs.

Zu I/3/; II/3/:

Die Zueignung eines Betrages von 150.000 S durch Umbuchung von einem fremden Sparkonto teils auf sein eigenes (Giro-)Konto, teils auf jenes des Angeklagten G*** wertete das Erstgericht - wie in der Folge noch darzulegen sein wird: rechtsirrig - als Veruntreuung.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil wird von den Angeklagten Walter R*** und Franz G*** sowie von der Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerden angefochten, von welchen Rechtsmitteln sich jedoch nur jenes des öffentlichen Anklägers

als - teilweise - begründet erweist.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Walter R***:

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO macht der Angeklagte R*** Feststellungsmängel zum Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue im Sinn des § 167 Abs 2 Z 2 StGB geltend.

Die Rüge versagt, weil solche Feststellungen nicht indiziert waren.

Im gegebenen Fall würde die Annahme dieses Strafaufhebungsgrundes voraussetzen, daß der Angeklagte R***, bevor die Behörde (§ 151 Abs 3 StGB) von seinem Verschulden erfuhr, sich vertraglich verpflichtete, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit volle Schadensgutmachung zu leisten. Dem Akteninhalt nach legte der Beschwerdeführer aber eine Verpflichtungserklärung (vgl. S 81 dA) seinem Dienstgeber erst am 9.Dezember 1985 vor (S 72 dA), nachdem die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg (§ 151 Abs 3 StGB) schon am 2.Dezember 1985 von seinem Verschulden erfahren hatte (S 17 ff, 55 ff dA). Es mangelt daher an der Rechtzeitigkeit der Verpflichtungserklärung als Primärvoraussetzung der tätigen Reue, weshalb sich weitere Feststellungen hiezu erübrigen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Franz G***:

Formal verfehlt unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, der Sache nach als materielle Nichtigkeit nach der Z 10 (bzw. auch Z 9 lit a) rügt der (zu einem Betrag von 400.000 S geständige) Angeklagte G*** das Unterbleiben von Feststellungen darüber, welche Summen ihm tatsächlich zuflossen, und von Erörterungen, aus welchem Grund er strafrechtlich auch für Beträge einstehen solle, die er nicht erhalten habe.

Auch eine solche Nichtigkeit ist nicht gegeben, weil die dem Beschwerdeführer nach den Urteilsfeststellungen zum gesamten strafgesetzwidrigen Verhalten des Mitangeklagten (unmittelbaren Täters) Walter R*** zur Last liegende Bestimmungstäterschaft (§ 12, zweiter Fall, StGB) auch die strafrechtliche Haftung des Angeklagten G*** für den gesamten strafgesetzwidrigen Erfolg begründet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft

und zur Maßnahme nach dem § 290 Abs 1 StPO:

1./ In der Anklage wurde Walter R*** und Franz G*** in den Betrugsfakten (I/2/, II/2/) ein Schade von insgesamt 2,367.000 S und als Veruntreuung (I/3/, II/3/) die Zueignung eines Gesamtbetrages von 1,249.000 S angelastet.

Die schuldspruchmäßige Zurechnung der Beträge von demgegenüber nur 502.000 S (I/2/; II/2/) und 150.000 S (I/3, II/3/) begründete das Erstgericht damit, daß darüber hinausgehend dem Angeklagten R*** kein Bereicherungs- bzw. Schädigungsvorsatz nachzuweisen sei, weil die Abhebungen und Umbuchungen im Ausmaß der (Gesamt-)Differenz zu den von der Anklage erfaßten Summen (von 2,964.000 S) - ebenso wie der bereits in der Anklageschrift (vgl. S 162 dA) abgezogene Betrag von 65.000 S - lediglich dazu dienten, die durch die vorausgegangenen Abbuchungen entstandenen Belastungen anderer Sparkonten wieder auszugleichen.

Die gegen die Verneinung der subjektiven Tatseite in diesen Fällen ins Treffen geführten Einwendungen der Mängelrüge der Staatsanwaltschaft (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) gehen ins Leere, weil es insofern schon am objektiven Tatbestand sowohl des Betruges (I/2/, II/2/) als auch der Veruntreuung (I/3/, II/3/) fehlt:

Bei rechtswidrigen Abbuchungen von Sparkonten (Sparguthaben), die wie hier durch Manipulationen eines Bankangestellten ohne entsprechende Eintragungen im zugehörigen Sparbuch geschahen, trifft die Einbuße an Vermögenssubstanz schon primär und allein die Bank und nicht den Kontoinhaber. Dies ergibt sich aus dem rechtlichen Charakter des Sparbuches (Sparurkunde) als Wertpapier (im weiteren Sinn), welches dem Inhaber die Ausübung des darin (durch Eintragungen über das Guthaben) verbrieften Rechtes gewährleistet, wobei jede Entgegennahme einer Spareinlage und jede aus einer solchen Einlage geleistete Auszahlung auf der Urkunde zu vermerken ist, Auszahlungen nur gegen Vorlage (des Buchs) geleistet werden dürfen und Verfügungen über Spareinlagen durch Überweisung oder durch Scheck unzulässig sind (§§ 18 Abs 1, 3, 7, 5 KWG; vgl. auch:

Avancini, Das Sparbuch im österreichischen Recht, Manz 1973, S 103 ff, 114 f; derselbe: Die Sparurkunde aus zivil- und strafrechtlicher Sicht, ÖJZ 1986, 353 ff).

Ist die Forderung des Einlegers an den Besitz der Sparurkunde geknüpft - was sich auch in der exekutionsrechtlichen Regelung über die Pfändung einer solchen Forderung durch Abnahme des Einlagebuches zeigt (§ 296 EO) , dann tritt bei Abbuchungen mit rechtswidriger manipulativer Änderung (bloß) des Kontostandes, die nicht auch in den Bucheintragungen zum Ausdruck kommt, eine Vermögensveränderung auf Seiten des Einlegers nicht ein.

Demnach entstand durch die in Rede stehenden Abbuchungen der Vermögensverlust unmittelbar bei der CA-BV und nicht bei den Kontoinhabern: Abbuchungen, durch die gleichzeitig - wovon auch die Anklage ausgeht (vgl. S 155 f dA) - frühere Malversationen auf anderen Konten ausgeglichen wurden, brachten sohin der Auffassung der Staatsanwaltschaft zuwider keine weitere Vermögenseinbuße der Bank mit sich. Die tatsächliche Einbuße belief sich in der Summe nie auf mehr als 1,930.000 S.

Das Erstgericht lastete folglich im Ergebnis rechtsrichtig den Angeklagten die zu keiner weiteren Vermögensveränderung führenden späteren Abbuchungen über insgesamt 2,964.000 S nicht zusätzlich an. Soweit die Anklagebehörde diese unterbliebene Anlastung auch unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 7 StPO rügt, übersieht sie, daß von einer Nichterledigung der Anklage nur dann gesprochen werden könnte, wenn - was hier auch nicht zutrifft - ein Anklagepunkt weder im Urteilsspruch noch in den Gründen erledigt worden wäre (vgl. Mayerhofer-Rieder2, ENr. 8 f zu § 281 Abs 1 Z 7 StPO).

2./ Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO bemängelt die Staatsanwaltschaft weiters, daß das Urteil eine Begründung für die Annahme des Betrugsschadens mit 502.000 S (I/2/; II/2/) und des als Veruntreuung angelasteten Betrages mit 150.000 S (I/3/; II/3/) vermissen lasse.

Auch diese Rüge schlägt nicht durch.

Ausgehend von der gesamten Vermögenseinbuße der CA-BV in der Höhe von 1,930.000 S und dem anklagegemäß ergangenen Schuldspruch I/1/ bzw. II/1/ wegen Diebstahls eines Gesamtbetrages von 1,278.000 S ergibt sich als restlicher Fehlbestand die Summe von 652.000 S. Hievon entfällt nach den - insofern von der Anklagebehörde gar nicht bekämpften und durch die Verfahrensergebnisse (S 114, 117 dA) gedeckten - Feststellungen ein Betrag von 150.000 S auf eine einzige Abhebung, bei welcher der Angeklagte R*** selbst als Kassier fungierte. Daher gehören die Malversationen über den Restbetrag von 502.000 S konsequenterweise zu dem - infolge der Abhebungen mittels Täuschung eines anderen Bankangestellten - als Betrug zu beurteilenden Sachverhalt (I/2/, II/2/).

Die Zueignung des Betrages von 150.000 S ist indes rechtsrichtig nicht als Veruntreuung, sondern (wie jene der unter den Schuldsprüchen I/1/ bzw. II/1/ angeführten Summe von 1,278.000 S) als Diebstahl zu werten:

Den Urteilsfeststellungen zufolge unterlagen nämlich erst Abhebungen, die 150.000 S überstiegen, einer zusätzlichen - vom Erstgericht für den ausschließlichen Gewahrsam des Täters im Sinn des Tatbildes der Veruntreuung als wesentlich

angesehenen - Kontrolle. Die Abhebung des Betrages von genau 150.000 S fiel daher (noch) nicht darunter (vgl. auch die entsprechenden Angaben des Angeklagten R*** S 92, 98 a, e, g sowie des Zeugen Mag. P*** S 114 in Verbindung mit S 199, 212 dA). Dieser von den beiden Angeklagten nicht geltend gemachte Subsumtionsirrtum (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) war daher zu ihrem Vorteil gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen. 3./ Berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft in der gegen die Nichtannahme der Voraussetzungen der gewerbsmäßigen Begehung (§ 70 StGB) des schweren Diebstahls bzw. schweren Betrugs (§ 130 zweiter Satz, erster Fall, bzw. § 148, zweiter Fall, StGB) gerichteten Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO):

Der Umstand, daß der Angeklagte G*** den - als erwiesen angenommenen - jeweiligen deliktischen Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) schlechthin bestritt, enthob das Erstgericht bei der konkreten Fallgestaltung nicht der Verpflichtung, die subjektive Tatseite auch unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens der qualifizierten, für eine gewerbsmäßige Begehung begriffsessentiellen Tätertendenz (§ 70 StGB) anhand der objektiven Tatumstände sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen (§ 258 Abs 2 StPO). Es durfte sich nicht mit der Erwägung begnügen, die Absicht (§ 5 Abs 3 StGB) der Gewerbsmäßigkeit wäre dem Angeklagten G*** nicht nachzuweisen, weil er den Deliktsvorsatz überhaupt leugnete (S 234 dA).

Bei der Überlegung, daß der Angeklagte R*** bis auf einen "kleinen", zusammen mit G*** in Wien verbrauchten Betrag sich nicht selbst bereichert hätte, läßt das Gericht zunächst die - im Urteil getroffene - Feststellung außer acht, wonach diesem Angeklagten aus den abgehobenen Beträgen insgesamt 68.000 S (in Teilbeträgen von 30.000 S, 21.000 S und 17.000 S) zur Abdeckung von Belastungen, die durch Darlehensgewährungen entstanden waren (S 221 f dA), zukamen. Es übergeht darüber hinaus die Verantwortung des Angeklagten R***, vom Gesamtbetrag von 1,930.000 S dem G*** 1,678.000 S (S 201 dA) oder 1,600.000 S (S 203 dA) ausgefolgt zu haben, woraus geschlossen werden könnte, daß R*** nicht ein bloß geringfügiger Geldbetrag, sondern ein solcher in der Höhe (der Differenz) von 252.000 S oder 330.000 S zufloß. Damit käme aber eine der wesentlichen Prämissen der erstgerichtlichen Schlußfolgerung in Wegfall.

Sohin ist das Ersturteil zufolge einer unzureichenden bzw. unvollständigen Begründung auch in der Frage der Gewerbsmäßigkeit der beiden Angeklagten zur Last liegenden schweren Diebstähle bzw. Betrügereien mit Nichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 5 StPO behaftet. 4./ Im Fall G*** leidet das Urteil schließlich an einer weiteren nicht geltend gemachten, sich zum Nachteil dieses Angeklagten auswirkenden materiellen Nichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 10 StPO, die gleichfalls gemäß dem § 290 Abs 1 StPO aufzugreifen war:

Bei G***, der selbst nicht Dienstnehmer der CA-BV war, erweist sich nämlich die Annahme der Diebstahlsqualifikation nach dem § 127 Abs 1 Z 3 StGB (Dienstnehmerdiebstahl) als verfehlt. Die für diese Qualifikation wesentliche "Ausnützung einer Gelegenheit" betrifft ausschließlich die Schuld. Diese Qualifikation ist daher auf Beteiligte für die solche Voraussetzungen fehlen, nicht anzuwenden (§ 14 Abs 2 StGB, vgl. hiezu Mayerhofer-Rieder2, ENr. 8 ua).

Aus der in Anbetracht der Subsidiarität der Beteiligungsformen an sich ebenfalls rechtsirrigen Annahme einer Täterschaft auch durch Leistung eines sonstigen (in der Unterfertigung von Bankbelegen bestehenden) Tatbeitrages (§ 12, dritter Fall, StGB) neben der Bestimmungstäterschaft (§ 12, zweiter Fall, StGB) erwächst dem Angeklagten G*** allerdings kein sachlicher Nachteil (vgl. Mayerhofer-Rieder, StGB2, § 12, EGr. 91).

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Walter R*** und Franz G*** waren sohin zu verwerfen.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und gemäß dem § 290 Abs 1 StPO war hingegen das angefochtene Urteil, welches im übrigen aufrecht zu bleiben hatte, unter Ausschaltung der Unterstellung des dem Angeklagten Franz G*** im Schuldspruch II/1/ zur Last liegenden Verhaltens unter den § 127 Abs 2 Z 3 StGB in den Schuldsprüchen I/3/ und II/3/ sowie in der Nichtannahme der Absicht der Angeklagten, sich durch wiederkehrende Begehung des schweren Diebstahls und des schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und demgemäß auch in den Strafaussprüchen aufzuheben.

Gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO war im Umfang der Aufhebung der Urteilssätze I/3/ und II/3/ in der Sache selbst unter Neufassung der Schuldsprüche I/1/ und II/1/ rücksichtlich der Diebstahlsfakten wie im Tenor zu erkennen und im restlichen Umfang der Aufhebung die Sache gemäß dem § 288 Abs 2 Z 1 StPO an den Gerichtshof erster Instanz zurückzuverweisen.

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zu verwerfen.

Mit ihren Strafberufungen waren die Staatsanwaltschaft sowie die Angeklagten Walter R*** und Franz G*** auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die von Franz G*** gegen den Ausspruch über die

privatrechtlichen Ansprüche der CA-BV erhobene Berufung war zurückzuweisen, weil die Anmeldung dieses Rechtsmittels - entgegen der Vorschrift des § 294 Abs 1 StPO - unterblieb.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Anmerkung

E11906

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00069.87.0908.000

Dokumentnummer

JJT_19870908_OGH0002_0110OS00069_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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