TE OGH 1987/9/24 13Os119/87

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Veröffentlicht am 24.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.September 1987 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Levnaic-Iwanski als Schriftführers in der Strafsache gegen Alp A*** und Peter W*** wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff. StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Alp A*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengerichts vom 1.Juli 1987, GZ. 14 Vr 79/87-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwalts Dr. Tschulik, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Haslinglehner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Alp A*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 28.Juli 1966 geborene Student Alp A*** wurde des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2; 15 StGB (I A und II), sowie der Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und 2 StGB (III), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (IV 2), der Unterschlagung nach § 134 Abs 2 StGB (V) und der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (VI) schuldig erkannt. Darnach hat er in Gesellschaft des Mitangeklagten Peter W*** in Klagenfurt vom 20.Dezember 1986 bis 5.Jänner 1987 in vier Angriffen anderen fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von mehr als 100.000 S durch Einbruch in Geschäftsräumlichkeiten (I A 1, 2 und 3) und in einen Spind (I A 4) gestohlen, ferner am 12.Februar 1986 in Klagenfurt versucht, den Verantwortlichen des DM-Markts ein Fußkettchen im Wert von 69,90 S zu stehlen (II), am 5.Jänner 1987 im einverständlichen Zusammenwirken mit Peter W*** den Personenkraftwagen des Johannes O*** ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei sich die Täter die Herrschaft über das Fahrzeug mit einem widerrechtlich erlangten Autoschlüssel verschafften (III), und nach dem 5.Jänner 1987 durch Wegwerfen des Führerscheins und eines vinkulierten Sparbuchs des Johannes O*** Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden (IV 2), sowie im einverständlichen Zusammenwirken mit Peter W*** dem Johannes O*** gehörendes Gut in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, das sie ohne Zueignungsvorsatz in ihren Gewahrsam gebracht hatten, nämlich einen Kindersitz, verschiedenes Werkzeug, eine Stabtaschenlampe und eine Sonnenbrille unbekannten Werts, unterschlagen (V) und den Johannes O*** auch dadurch geschädigt, daß er, wieder im einverständlichen Zusammenwirken mit Peter W***, eine Tonbandkassette, eine Kehrichtschaufel, eine Straßenkarte und Kugelschreiber in 5.000 S nicht übersteigendem Gesamtwert aus dessen Gewahrsam dauernd entzog, ohne die Sachen sich oder einem Dritten zuzueignen (VI).

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte Alp A*** mit einer auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z 4 und 9 (gemeint: lit b) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines Antrags auf Durchführung eines Ortsaugenscheins zum Nachweis dafür, daß es einem Täter sehr wohl möglich gewesen wäre, bei der dem Schuldspruch zu I A 1 zugrundeliegenden Tat auch "alleine die Tür zur Passage zur Firma N*** aufzuheben und aus den Angeln zu heben" (S 351, 363). Dem Erstgericht ist jedoch beizupflichten, daß das angestrebte Ergebnis der begehrten Beweisaufnahme nicht geeignet gewesen wäre, die dem Gericht durch die Gesamtheit der ihm vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte Beweislage maßgebend zugunsten des Nichtigkeitswerbers zu verändern. Denn wesentlich ist nicht, ob Peter W*** allenfalls die Tat auch allein hätte vollbringen können, sondern ob er dies auch wirklich getan hat oder ob er, wie der Schöffensenat auf Grund seiner als glaubwürdig erachteten Angaben angenommen hat, diese Tat in Gesellschaft des Angeklagten A*** begangen hat (S 379). Mit der Behauptung, in bezug auf den Einbruchsdiebstahl bei der Firma S*** (I A 2) lägen widersprüchliche Angaben des Mitangeklagten Peter W*** und des Firmeninhabers vor, versucht der Beschwerdeführer der Sache nach einen Begründungsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO darzutun. Die Frage, ob die Täter durch eine offene Hintertür in den Lagerraum der Firma S*** gelangt sind, wie es Peter W*** behauptet (S 342 in Verbindung mit S 359), oder durch eine Oberlichte eingestiegen sind, wie Wilhelm S*** vermutet (S 347 in Verbindung mit S 362 unten), kann jedoch als nicht entscheidungswesentlich auf sich beruhen, weil die Qualifikation des § 129 Z 1 StGB - abgesehen davon, daß sie auch durch das Einsteigen durch ein Toilettefenster verwirklicht wäre - selbst bei irriger Annahme in einem Schuldspruch (I A 2) im Hinblick auf ihr Vorliegen bei anderen diebischen Angriffen (I A 1, 3 und 4) zufolge des beim Delikt des Diebstahls geltenden Zusammenrechnungprinzips (§ 29 StGB) jedenfalls zu bejahen wäre:

Fehlt es doch an einer dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden Nichtigkeit, wenn bei einem Faktum unrichtig ein Qualifikationsmerkmal (mit-)angenommen wurde, welches bei einem weiteren Faktum (hier weiteren Fakten) zutreffend gegeben ist (11 Os 89/86 = JBl 1987, 259; 13 Os 86/84, 13 Os 176/84; Mayerhofer-Rieder, StPO2 ENr 42 und 43 zu § 281 Abs 1 Z 10). Was den von den beiden Angeklagten in Abrede gestellten Einbruchsdiebstahl in das Sportgeschäft des Alfred A*** (I A 3) anlangt, stellt der Hinweis des angefochtenen Urteils auf die Sicherstellung eines Teils des Diebsguts in der (von Peter W*** mitbenützten) Wohnung des Angeklagten A*** zusammen mit der Ablehnung der Verantwortung beider Angeklagter, die betreffenden Gegenstände seien jeweils vom anderen in die Wohnung gebracht worden (S 339, 343 in Verbindung mit S 359; 377, 378), eine schlüssige Begründung für die Annahme ihrer gemeinsamen Täterschaft auch in diesem Fall dar.

Soweit der Beschwerdeführer aber bemängelt, allein auf Grund der Darstellung des Mitangeklagten W*** der Beteiligung am Einbruchsdiebstahl aus dem Spind des Johannes O*** sowie der Unterschlagung verschiedener Werkzeuge und Gegenstände schuldig erkannt worden zu sein (I A 4 und V; wohl Anfechtung auch zu III, IV 2 und VI), wird damit bloß ein im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger und daher unbeachtlicher Angriff gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichts unternommen.

Als Rechtsrüge (Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO) macht der Beschwerdeführer schließlich geltend, ihm komme in Ansehung des versuchten Diebstahls eines Fußkettchens im DM-Markt in Klagenfurt (II) mangelnde Strafwürdigkeit im Sinn des § 42 StGB zustatten. Indes fehlt es zu einer Anwendung des § 42 StGB hier schon an einer geringen Schuld des Täters (§ 42 Abs 1 Z 1 StGB): Gegen eine solche spricht nämlich nicht nur das überlegte und planmäßige Vorgehen des Angeklagten A***, der das Schmuckstück eigens aus einer Verpackung genommen hat, bevor er diese wieder leer in das Regal zurückstellte (S 348; siehe auch S 93, 94), sondern auch die Diebstahlshäufung (12 Os 170/82, 9 Os 8/83, 13 Os 42/84, 9 Os 36/84 u.a.). Die dem Angeklagten zur Last liegende Deliktskonkurrenz zeigt ferner die Notwendigkeit einer Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen, sodaß auch deshalb (§ 42 Abs 1 Z 3 StGB) die Voraussetzung zur Annahme einer mangelnden Strafwürdigkeit dieser Tat fehlt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Alp A*** gemäß §§ 28, 128 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten. Dabei waren erschwerend die Wiederholung der Diebstähle, deren mehrfache Qualifikation und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen; mildernd hingegen die Unbescholtenheit des Angeklagten, dessen Alter unter 21 Jahren zur Tatzeit, daß es teilweise beim Versuch blieb und die partielle Schadensgutmachung durch Sicherstellung von Teilen der Diebsbeute.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte A*** eine Herabsetzung des Strafmaßes an. Dies zu Unrecht.

Wenn er unter Hinweis auf die Vorstrafenbelastung des Mitangeklagten und auf seine eigene Unbescholtenheit die Relation der jeweils verhängten Freiheitsstrafen (Peter W*** wurde zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt) zu seinem Nachteil unausgewogen findet, so verkennt er, daß jenem, anders als dem Berufungswerber, der durchschlagende Milderungsgrund eines überwiegenden Geständnisses zustatten kommt, der eine innerhalb des Strafrahmens geringere (gegenüber der über den Berufungswerber verhängten Strafe aber immer noch höhere) Sanktion rechtfertigt. Unverständlich bleibt schließlich, weshalb Alp A*** als Student der Bildungswissenschaften in Klagenfurt eine größere Milde verdienen soll. Gerade die ihm als Student vermittelten höheren Einsichten in die Grundlagen sozialen Zusammenlebens hätten ihm das Strafwürdige seines Verhaltens besonders deutlich vor Augen führen müssen, was seine Verfehlungen eher in ein ungünstigeres Licht stellt. Die Strafe des Schöffensenats war daher zu bestätigen.

Anmerkung

E11934

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00119.87.0924.000

Dokumentnummer

JJT_19870924_OGH0002_0130OS00119_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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