TE OGH 1987/9/29 4Ob567/87

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Veröffentlicht am 29.09.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Petrag, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Johann L***, Pensionist, 5020 Salzburg, Fischer von Erlachstraße 35, vertreten durch Dr. Wolf Schuler, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei A*** S***-H*** G*** M.B.H. & CO, 5020 Salzburg, Moosstraße 3 a, vertreten durch Dr. Karl Friedrich Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 666.950 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 30.März 1987, GZ 6 R 34/87-72, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 20.November 1986, GZ 9 Cg 89/83-64, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 666.950,-- samt 14 % Zinsen aus S 50.000,-- seit 1. Jänner 1982 sowie aus je weiteren S 32.471,-- seit 6.Jänner, 6. Februar, 6.März, 6.April, 6.Mai, 6.Juni, 6.Juli, 6.August, 6. September, 6.Oktober, 6.November und 6.Dezember 1983, sowie seit 6. Jänner, 6.Februar, 6.März, 6.April, 6.Mai, 6.Juni und 6.Juli 1984 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit S 265.893,33 bestimmten Prozeßkosten aller drei Instanzen (darin S 22.258,48 Umsatzsteuer und S 21.050,-- Barauslagen) zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Die Republik Österreich hatte dem Kläger Räumlichkeiten auf der Liegenschaft 5020 Salzburg, Moosstraße 3 a vermietet. Seit 1975 war die Beklagte Untermieterin des Klägers. Nachdem die Republik Österreich dem Kläger den Bestandvertrag zum 31.August 1981 gerichtlich aufgekündigt hatte, kam es in dem darüber abgeführten Prozeß zu einem Vergleich, wonach die Republik Österreich die Kündigung zurückgezogen, der Kläger sich aber verpflichtet hat, das Untermietverhältnis mit der Beklagten so aufzukündigen, daß es mit 31. Dezember 1983 beendet sei (14 C 1924/80 des Bezirksgerichtes Salzburg).

Die Beklagte bemühte sich hierauf bei der Republik Österreich, ein (Haupt-)Mietverhältnis zu begründen. Sie wies darauf hin, daß sie bei Beendigung des Bestandverhältnisses mit über 20 Arbeitnehmern auf der Straße stünde und von ihr getätigte oder abgelöste Investitionen verlöre. Tatsächlich hatte sie der Firma A*** - der ihr vorangegangenen Untermieterin - für Investitionen den Betrag von S 140.000,-- zuzüglich 16 % Umsatzsteuer bezahlt. Die Republik Österreich stimmte einer Vermietung des Areals mit den Baulichkeiten an die Beklagte unter der Voraussetzung zu, daß das Bestandverhältnis mit dem Kläger aufgelöst werde.

Die Beklagte setzte sich sodann mit dem Kläger wegen einer Auflösung seiner Bestandrechte an der Liegenschaft in Verbindung. Bei diesen Gesprächen erklärte der Kläger, es müsse schon "finanziell etwas drinnen sein", wenn er auf seine Mietrechte verzichte. Der als Vertragsverfasser vorgesehene Rechtsanwalt Dr. Berthold M*** wies bei den Vertragsverhandlungen darauf hin, daß eine Ablöse für Mietrechte nicht gezahlt werden könne und das Vertragsverhältnis deshalb vollkommen umgestaltet werden müsse. Schließlich wurde am 2./4.Februar 1982 ein Vertrag über den Ankauf der vorhandenen Fahrnisse verfaßt. Dr. Josef M*** wies als Vertreter der Beklagten darauf hin, daß diese Fahrnisse wertlos seien und es sich bei dem von der Beklagten zu zahlenden Betrag nur um eine Ablöse für den Verzicht des Klägers auf seine Mietrechte handeln könne. Der Vertrag sah den Verkauf der Fahrnisse des Klägers, die nicht niet- und nagelfest mit dem Objekt verbunden waren, an die Beklagte um einen Betrag von 1,2 Millionen Schilling vor.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte ihre Zahlungsverpflichtungen aus diesem Vertrag nicht voll erfüllt habe, begehrt der Kläger von ihr letztlich (ON 39 und 51) den Betrag von S 666.950,-- samt 14 % Zinsen aus den zu jeweils angegebenen Zeitpunkten fällig gewordenen Teilbeträgen. Die Beklagte habe zwar vereinbarungsgemäß die erste Teilzahlung von S 300.000,-- und die Mehrwertsteuer von S 183.050,-- erbracht, von der im Lauf des Oktobers 1982 fällig gewordenen Rate von S 100.000,-- jedoch nur S 50.000,-- (am 15.November 1982) entrichtet. Der Teilbetrag von S 50.000,-- sei ebenso offengeblieben wie die ab 5.Jänner 1983 jeweils am 5. eines Monats fällig werdenden 19 gleichen Monatsraten zu je S 32.471,--. Für die Beträge sei eine Wertsicherung vereinbart worden; die nicht pünktlich geleisteten Zahlungen seien mit 14 % jährlich zu verzinsen. Die Beklagte habe im Oktober 1982 ihre Zahlungsverpflichtung anerkannt (ON 1). Bei dem erwähnten Vertrag habe es sich um einen Kaufvertrag über jene Sachen gehandelt, die die Beklagte vom Kläger anläßlich der Pachtung seines Betriebes anfang 1975 zur Benützung übernommen habe und die sich in den Pachträumlichkeiten befunden hätten. All diese Gegenstände seien in einer Liste vom 26.März 1975 enthalten. Diese Gegenstände seien keineswegs wertlos. Bei der Abfassung des Kaufvertrages sei auf § 27 MRG genauestens Bedacht genommen worden (ON 4). Außerdem werde der geltend gemachte Anspruch auch auf die vom Kläger am 4. Jänner 1982 ausgestellte Rechnung über die darin angeführten Gegenstände und Investitionen sowie auf die der Rechnung zugrunde liegenden Vereinbarung gestützt. Soweit der Kaufvertrag von dieser Rechnung abweiche, habe dies seinen Grund darin, daß die Parteien den Vertragsverfasser Dr. M*** nicht umfassend unterrichtet hätten (ON 12 S. 68).

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Der von den Parteien geschlossene "Kaufvertrag" sei nach § 27 MRG ungültig. In ihm habe ihr der Kläger völlig wertloses Inventar um den horrenden Preis von S 1,200.000,-- "überlassen"; in Wahrheit handle es sich aber um ein Entgelt dafür, daß der Kläger seine Mietrechte an dem in Rede stehenden Objekt aufgegeben habe. Er habe überdies die Zwangslage der Beklagten ausgenützt. Stillschweigende Geschäftsgrundlage des "Kaufvertrages" sei gewesen, daß die Republik Österreich mit der Beklagten einen Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen schließe, wie sie für den Kläger gegolten hätten. Dies sei dann nicht der Fall gewesen, weil die Beklagte lediglich einen auf drei Jahre befristeten Mietvertrag erhalten habe (ON 3). Die in der Rechnung des Klägers vom 4.Jänner 1982 aufscheinenden Arbeiten seien nicht vom Kläger, sondern von früheren Untermietern bezahlt worden (ON 5).

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf er noch folgende wesentliche Feststellungen:

Im Rahmen des Vertrages hatte der Kläger eine Bankgarantie über S 600.000,-- begehrt; die Bank wiederum wünschte eine Bewertung der Fahrnisse. Deshalb stellte der Kläger eine mit 4.Jänner 1982 datierte Rechnung aus. Da die Bewertung der Fahrnisse einen zu geringen Betrag ergab, führte er in der Rechnung noch Investitionen für Elektroinstallationen mit einem Wert von S 370.000,-- und Investitionen für Umbauarbeiten mit S 500.000,-- an, die jedoch nicht Vertragsgegenstand waren. Die Rechnung wurde der Bank zur Darlegung der erhaltenen Gegenleistung vorgelegt. Die Bank nahm jedoch hierauf keine Krediteinräumung vor; der Kläger hat in der Folge auf die Ausstellung der Bankgarantie verzichtet. Die Absicht der Beklagten war nicht darauf gerichtet, einen Kaufvertrag unter Berücksichtigung der Investitionen zu schließen, sondern den Kaufschilling dafür zu zahlen, daß der Kläger auf seine Mietrechte gegenüber der Republik Österreich verzichte. Im Kaufvertrag wurde weiters festgehalten, daß die Rechtswirksamkeit des Vertrages dadurch aufschiebend bedingt ist, daß das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Republik Österreich bis 30.April 1982 aufgelöst und ein neuer Mietvertrag zwischen der Republik Österreich und der Beklagten geschlossen wird. Der Kläger hat mit 4.Februar 1982 auf seine Mietrechte gegenüber der Republik Österreich verzichtet und gleichzeitig den Kaufvertrag mit der Beklagten unterfertigt. Der Mietvertrag zwischen der Republik Österreich und der Beklagten über die Liegenschaft 5020 Salzburg, Moosstraße 3 a, wurde am 2./3.Juni 1982 auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Die Beklagte hat an den Kläger insgesamt S 533.050,-- gezahlt, weitere Zahlungen hingegen mit der Begründung abgelehnt, sie habe bei der Bundesgebäudeverwaltung erfahren, daß Ablösezahlungen ungültig und strafrechtlich verboten seien. Das aus diesem Grund gegen den Kläger eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wurde eingestellt.

Die verkauften Fahrnisse (Einrichtungsgegenstände) hatten im Februar 1982 einen Wiederbeschaffungswert von S 60.000,--; die Unterflurstation, der Grubenheber, das Ölkabinett, das Ölablaßgerät, die Luftkompressoranlage hatten zur selben Zeit einen Wiederbeschaffungswert von S 69.590,--.

Der Wiederbeschaffungswert der vom Kläger in den Jahren 1947 bis 1970 durchgeführten baulichen Investitionen beträgt S 1,875.000,-- einschließlich Umsatzsteuer; hievon entfallen S 528.000,-- auf jene Ausbesserungen, die dem Bestandgeber obliegen. Die übrigen Aufwendungen sind für den Betrieb einer Reparaturwerkstätte nützlich.

Nach dem Mietvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Kläger waren die Mietobjekte bei Vertragsauflösung in dem allenfalls durch bauliche Maßnahmen veränderten Zustand ohne Vergütung an die Vermieterin zu übergeben. Bei dem von der Beklagten gemieteten Objekt handelt es sich um ein Geschäftsgrundstück und um Geschäftsräumlichkeiten.

Rechtlich vertrat der Erstrichter die Auffassung, der vereinbarte Kaufpreis sei in Wahrheit eine Ablöse für das Aufgeben der Mietrechte des Klägers gegenüber der Republik Österreich gewesen. Eine derartige Vereinbarung sei nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG ungültig und verboten. Erlaubt sei jedoch die Vereinbarung einer Ablöse für die Übernahme von Fahrnissen; dabei sei deren Wiederbeschaffungswert im Zeitpunkt der Ablösung maßgeblich. Nur der Betrag von S 129.590,-- der Wiederbeschaffungswert der abgelösten Fahrnisse - falle nicht unter den Begriff der unerlaubten und ungültigen Ablöse. Da es sich bei dem Bestandgegenstand um Geschäftsräumlichkeiten handle, komme § 10 MRG nicht zur Anwendung, sondern die Bestimmungen der §§ 1097, 1036 und 1037 ABGB. Der Vormieter dürfe sich vom Nachmieter den noch vorhandenen Wert der Investitionen ersetzen lassen. Voraussetzung sei allerdings, daß es zu einer Vereinbarung zwischen Vor- und Nachmieter über den Ersatz der getätigten Investitionen komme. Die Absicht der Parteien sei aber darauf gerichtet gewesen, daß die Beklagte dem Kläger eine Ablöse für die Aufgabe seiner Mietrechte zahle und nur die Fahrnisse, die nicht niet- und nagelfest mit der Liegenschaft verbunden sind, erwerbe, nicht aber darauf, mit dem Ablösebetrag die Investitionen des Klägers zu ersetzen. Durch die Annahme und Verwendung der Rechnung vom 4.Februar 1982 durch die Beklagte sei ein Vertrag über die Zahlung einer Ablöse für die baulichen Investitionen auch nicht schlüssig zustandegekommen; der Beklagten sei es ja nur darum gegangen, der Bank den Ablösebetrag durch eine Rechnung nachzuweisen. Da der Wert der Fahrnisse durch die Zahlungen der Beklagten bereits beglichen sei, sei das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es übernahm dessen Feststellungen als das Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung, verneint die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit und traf folgende ergänzende Feststellungen:

In Punkt I des Kaufvertrages ist unter anderem folgendes ausgeführt:

"Der Zustand der auf den gemieteten Grundflächen befindlichen Baulichkeiten war teilweise äußerst schlecht; außerdem fehlten nahezu sämtliche Installationen. Ferner waren der ehemalige Pferdekrankenstall und die Hufbeschlagschmiede für die Zwecke, für welche sie vermietet worden waren, nämlich zum Betrieb einer Automobil- und Motorenreparaturwerkstätte, unverwendbar. Von seiten des Mieters und seiner Rechtsnachfolger mußten daher bedeutende Umbauten und Instandsetzungen der vorhandenen Baulichkeiten sowie Investitionen in das Mietobjekt vorgenommen werden, die nicht bebauten Grundflächen asphaltiert und die Räumlichkeiten im Inneren für die gemieteten Zwecke auch teilweise untergeteilt werden. Der Dachstuhl der großen Halle mußte erneuert werden und es mußten auch Flugdächer errichtet werden. Außerdem mußten die Baulichkeiten völlig neu eingerichtet und die erforderlichen Maschinen und Geräte aufgestellt werden. Überdies mußte eine Serviceunterflurstation neu geschaffen und mit den erforderlichen Geräten ausgestattet werden. In sämtlichen Räumen mußten Heizungskörper installiert werden. Die Maschinen, Geräte, Werkzeuge und sonstigen Einrichtungsgegenstände, welche nicht niet- und nagelfest mit der Liegenschaft verbunden sind, sind in einer gesonderten Liste angeführt, welche einen integrierenden Bestandteil des vorstehenden Vertrages bildet.

Auf Grund der Aufzeichnungen des Herrn Ing. Johann L*** betrug der von ihm bzw. seinen Rechtsvorgängern getätigte Aufwand für Umbauten, Einbauten, Instandsetzung, Errichtung der Serviceunterflurstation, Erneuerung des Dachstuhles, die Ausstattung und Einrichtung der Räumlichkeiten, die Asphaltierung der nicht bebauten gemieteten Grundflächen und dgl. im Zeitpunkt der Vornahme der Aufwendungen - d.i. in den Jahren 1947 bis 1971 - insgesamt über 3 Millionen Schilling."

Punkt II des Kaufvertrages lautet:

"Ing. Johann L*** verkauft hiemit an die A*** S***-H*** G*** M.B.H. & CO die in der angeschlossenen Liste lt. Punkt I angeführten Gegenstände, soweit sie nicht mit der Liegenschaft niet- und nagelfest verbunden sind, um den Pauschalbetrag von S 1,200.000,-- (in Worten: ......)einschließlich der Mehrwertsteuer. Die A*** S***-H***

G*** M.B.H. & CO, welche die Verkaufsgegenstände besichtigt hat, kauft diese in dem Zustand, in dem sie sich gegenwärtig befinden; und verzichtet auf alle Gewährleistungsansprüche."

Diesem Kaufvertrag ist eine Liste über Einrichtungsgegenstände, Öfen, Büromaschinen und Werkstätteneinrichtungen sowie Werkzeuge angefügt. Weiters scheinen in dieser Liste zwei Flugdächer auf, nicht aber bauliche Investitionen.

Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht den Sachverhalt wie

folgt:

Die vom Kläger behaupteten Vereinbarungen seien an

§ 27 Abs 1 MRG zu messen; insbesondere sei zu prüfen, ob die Beklagte dem Kläger dafür etwas zu leisten hatte, daß dieser den Mietgegenstand aufgab, oder ob sie ihm ohne gleichwertige Gegenleistung etwas zu leisten hatte. Um diese Fragen beurteilen zu können, bedürfe es vorerst der Auslegung des Vertrages vom 2./4. Februar 1982. Zunächst sei vom Wortsinn der Vertragsbestimmungen auszugehen und sodann die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspreche. Aus dem Wortsinn ergebe sich, daß Gegenstand des Kaufvertrages nur die in der angeschlossenen Liste aufgezählten Gegenstände sein sollten und der Vertrag durch die "Übertragung der Hauptmietrechte des Klägers an den Beklagten" aufschiebend bedingt gewesen sei. Nach den Feststellungen des Erstrichters sei die Absicht der Parteien nicht darauf gerichtet gewesen, den Kaufvertrag unter Berücksichtigung der Investitionen zu schließen; der Kaufschilling sei vielmehr nach dem Willen der Parteien für den Verzicht des Klägers auf seine Mietrechte zu zahlen gewesen. Diese Absicht der Parteien verstoße gegen

§ 27 Abs 1 Z 1 MRG, zumindest was den überwiegenden Teil des Kaufschillings anlange. Soweit die Parteien nicht tatsächlich die Veräußerung von Fahrnissen beabsichtigten, deren Wert unter Einschluß der Flugdächer höchstens S 300.000,-- ausmache, sei der Vertrag daher nichtig. Aus dem ermittelten Parteiwillen ergebe sich auch, daß der Einwand des Klägers, es liege bloß ein unvollkommen beurkundetes Geschäft vor, nicht durchschlage. Nach den Feststellungen liege der Rechnung vom 4.Jänner 1982 keine vom späteren schriftlichen Kaufvertrag abweichende Vereinbarung der Streitteile zugrunde; sie sei vielmehr für die Parteien bloß ein für die Buchhaltung und das Bankinstitut notwendiger Formalakt gewesen. Zum geltend gemachten Rechtsgrund des Anerkenntnisses sei zu bemerken, daß ein konstitutives Anerkenntnis - dessen Vorliegen hier noch zu klären wäre - nicht alle Einreden ausschließe; unverzichtbare Einwendungen, wie jene der Sitten- oder Gesetzwidrigkeit, blieben vom Anerkenntnis unberührt. Auch ein Anerkenntnis der Beklagten wäre daher von der Nichtigkeit nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG umfaßt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Das Schicksal des Rechtsstreites hängt davon ab, ob der "Kaufvertrag" vom 2./4.Februar 1982, Beilage B, den Tatbestand der Z 1 oder der Z 5 des § 27 Abs 1 MRG verwirklicht hat. Dies ist aber - im Gegensatz zur Meinung der Vorinstanzen - zu verneinen:

Nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG sind Vereinbarungen ungültig und verboten, wonach der neue Mieter dafür, daß der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt, oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung (ua) dem früheren Mieter etwas zu leisten hat; unter dieses Verbot fallen aber nicht die Verpflichtung zum Ersatz der tatsächlichen Übersiedlungskosten oder zum RÜckersatz des Aufwandes, den der Vermieter dem bisherigen Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hat. Das wesentliche Merkmal eines solchen verbotenen Ablösevertrages ist das Fehlen einer gleichwertigen Gegenleistung (Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 27 MRG). Nach dem Zweck dieser Regelung sind nur solche Ablösezahlungen des neuen Mieters verboten, die zu einer unzulässigen Vermögensvermehrung des weichenden Mieters führen, weil ihnen eben keine gleichwertige Gegenleistung von seiner Seite entgegensteht (SZ 16/25; EvBl 1969/120; MietSlg 33.304 uva.; Würth aaO Rz 6). Nach Lehre (Würth aaO) und Rechtsprechung (MietSlg 23.311/22, 28.274; EvBl 1986/29 = MietSlg 37.387/17) darf sich der Vormieter ohne Rücksicht auf die Beschränkungen des § 10 MRG den noch vorhandenen Wert von Investitionen ebenso ersetzen lassen wie den Wiederbeschaffungswert von Einrichtungsgegenständen zum Zeitpunkt der Überlassung des Mietgegenstandes an den neuen Mieter. Daß § 10 MRG nur für Aufwendungen für eine Wohnung gilt, ist daher im vorliegenden Fall genauso bedeutungslos wie die Bestimmung des Mietvertrages zwischen der Republik Österreich und dem Kläger, wonach dieser die Mietobjekte bei Vertragsauflösung in dem allenfalls durch bauliche Maßnahmen veränderten Zustand ohne Vergütung an die Vermieterin zu übergeben habe (§ 5 des Mietvertrages Beilage E).

Aus den Feststellungen der Vorinstanzen geht zweifelsfrei hervor, daß die Investitionen des Klägers im Zeitpunkt der Überlassung des Mietgegenstandes an die Beklagte als neuen (Haupt-)Mieter mit einem Wert von S 1,875.000,-- vorhanden waren und der Beklagten, die die Geschäftsräume in unverändertem Zustand übernommen hat, zugute gekommen sind. Bei Investitionen in (vorhandenen) Wert von S 1,347.000,-- handelte es sich um nützliche Aufwendungen für den Betrieb einer Reparaturwerkstätte. Hieraus folgt aber, daß der von der Beklagten versprochenen Leistung von S 1,200.000,-- eine entsprechende, ja sogar eine höherwertige Gegenleistung des Klägers gegenübergestanden ist. Damit fehlt aber das - objektive - Tatbestandsmerkmal des § 27 Abs 1 Z 1 MRG, daß der Leistung des neuen Mieters keine gleichwertige Gegenleistung entgegensteht. Daß die Absicht der Beklagten - nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen über die Parteiabsicht (Fasching IV 333) - nicht darauf gerichtet war, den Kaufvertrag unter Berücksichtigung dieser Investitionen zu schließen, sondern den Kaufschilling dafür zu zahlen, daß der Kläger auf seine Mietrechte gegenüber der Republik Österreich verzichtet (ON 64 S 305 f), macht den Vertrag nicht ungültig, war doch die Absicht der Beklagten (in Übereinstimmung mit dem Kläger) jedenfalls darauf gerichtet, das Bestandobjekt mit den vorhandenen Investitionen zu übernehmen und zu nutzen. Steht aber der Leistung des neuen Mieters objektiv eine gleichwertige Gegenleistung des weichenden Mieters gegenüber, so ist die Ablösevereinbarung auch dann nicht ungültig, wenn diese Gegenleistung(en) nicht besprochen wurde(n) (vgl. SZ 16/25; LGZ Wien in MietSlg 33.305) oder wenn ihr Wert den Parteien nicht bewußt war. Dafür, daß die Parteien, die sich über den Betrag von S 1,200.000,-- geeinigt haben, ausdrücklich übereingekommen wären, daß der Kläger der Beklagten seine Investitionen unentgeltlich überlasse, fehlen jegliche Anhaltspunkte; derartiges hat die Beklagte nicht einmal behauptet. Im Hinblick auf die der Zahlungspflicht der Beklagten gegenüberstehende Leistung des Klägers ist auch der Tatbestand des § 27 Abs 1 Z 5 MRG zu verneinen. Nach dieser als Generalklausel gedachten Bestimmung (Würth aaO Rz 3) sind Vereinbarungen ungültig und verboten, wonach sich - ua - der frühere Mieter gegen die guten Sitten Leistungen versprechen läßt, die mit dem Mietvertrag in keinem Zusammenhang stehen. Das trifft aber dann nicht zu, wenn der die Zahlung fordernde Vormieter - wie hier der Kläger - seinem Nachfolger eine entsprechende Gegenleistung erbracht hat (vgl. EvBl 1969/120).

Aus demselben Grund muß auch der Wuchereinwand der Beklagten scheitern, hat doch Wucher zur Voraussetzung, daß objektiv ein auffallendes Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung (§ 879 Abs 2 Z 4 ABGB), also eine Äquivalenzstörung, vorliegt (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 214 zu § 879).

Die weitere Einwendung der Beklagten schließlich, die Bedingung für ihre Zahlungspflicht, daß sie mit der Republik Österreich einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit erlange, sei nicht eingetreten, ist durch die Beweisergebnisse widerlegt (siehe Beilage ./. 6). Die Beklagte hat die Höhe des eingeklagten Betrages nie substantiiert bestritten; der begehrte Kapitalsbetrag steht im übrigen mit den Feststellungen über den vereinbarten "Kaufpreis" und die Zahlungen der Beklagten im Einklang. Die geltend gemachten Zinsenstufen und der Zinssatz entsprechen Punkt III des Vertrages Beilage ./. B.

Der Revision war demgemäß Folge zu geben und der Klage in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen stattzugeben. Der Ausspruch über die Kosten erster Instanz gründet sich auf

§ 41 ZPO, jener über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle in Verbindung mit § 50 ZPO.

Anmerkung

E12314

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00567.87.0929.000

Dokumentnummer

JJT_19870929_OGH0002_0040OB00567_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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