TE OGH 1987/10/13 2Ob684/86

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Veröffentlicht am 13.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner D'A***, Kaufmann, 6900 Bregenz, Stoppelfeldgasse 24, vertreten durch Dr. Ingobert Schuler, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Franz D'A***, Kaufmann, 6971 Hard, Rheinstraße 2, vertreten durch Dr. Rainer Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21. Juli 1986, GZ. 6 R 16/86-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 3. Dezember 1985, GZ. 10 Cg 4442/85-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat den Beklagten die mit S 13.036,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.185,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist seit dem Jahre 1972 Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 1077 KG Hard, welche aus der Bauparzelle 498 und der Grundparzelle 2363/12 besteht. Die zweite Liegenschaftshälfte wurde damals von seiner Ehegattin erworben, welche sie mit Vertrag vom 13. März 1983 dem gemeinsamen Sohn, dem nunmehrigen Kläger, schenkte. Aus Anlaß der am 16. Juni 1983 erfolgten Scheidung der Ehe schlossen der Beklagte und seine Ehefrau (die Mutter des Klägers) am 10. Juni 1983 einen gerichtlichen Vergleich, in dessen Rahmen der Kläger als Hälfteeigentümer seine Zustimmung zur geplanten Bauführung des Beklagten auf der Liegenschaft erteilte. Mit der vorliegenden Klage wird die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Naturalteilung der Liegenschaft, hilfsweise im Wege der Zivilteilung, begehrt. Der Beklagte benütze die Liegenschaft wie ein Alleineigentümer. Die für eine Naturalteilung erforderliche Grundtrennungsbewilligung würde erteilt werden. Auf dem dem Beklagten sodann verbleibenden Liegenschaftsanteil könne dieser seine Wohnung errichten, dem derzeitigen Bauvorhaben des Beklagten stimme der Kläger nicht zu. Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Eine Naturalteilung sei nicht möglich, weil die Liegenschaft zum Großteil verbaut sei, sodaß lediglich theoretisch eine Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum möglich erscheine. In diesem Falle müßten sämtliche Sanitäranlagen neu erstellt, eine Heizung neu installiert und die Stromzuleitungen mit großem Aufwand getrennt werden, sodaß ein unverhältnismäßig hoher Kostenaufwand erforderlich sei. Darüber hinaus liege ein Teilungshindernis auch in der bestehenden, den Kläger bindenden Benützungsvereinbarung, nach welcher die Liegenschaft ausschließlich für den Betrieb des Beklagten Verwendung finden sollte. Der Beklagte habe aus betrieblichen Mitteln erhebliche Investitionen und Zubauten vorgenommen, die Liegenschaft betrieblich genutzt und sei auf deren weitere Benützung als Grundlage seiner Existenz angewiesen, sodaß eine kraß ungleiche Interessenlage bestehe. Derzeit seien erhebliche Reparaturarbeiten erforderlich. Der Kläger habe im Vergleich vom 10. Juni 1983 seine Zustimmung zur Errichtung einer Wohnung durch den Beklagten und eines als Lager zu verwendenden Anbaus gegeben. Einer Naturalteilung stehe diese geplante Bauführung entgegen. Dem Beklagten sollte hinsichtlich der Wohnung die Stellung eines Wohnungseigentümern zukommen.

Im ersten Rechtsgang erließ das Erstgericht ein klagsabweisendes Urteil, welches vom Berufungsgericht ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde.

Nach neuerlicher Verhandlung wies das Erstgericht die Klage im zweiten Rechtsgang wiederum ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von 300.000 S übersteige.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Kläger eine auf § 502 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen erfolgte der Erwerb der streitgegenständlichen Liegenschaft im Jahre 1972 durch den Beklagten und seine Ehefrau in der Absicht, diese Liegenschaft für den Geschäftsbetrieb der Einzelfirma des Beklagten zu verwenden. Entsprechend dieser damaligen Absicht wurde die Liegenschaft seither ausschließlich für den Geschäftsbetrieb des Beklagten benutzt. Weder zwischen den Parteien dieses Rechtsstreites noch zwischen dem Beklagten und seiner geschiedenen Ehegattin wurden Benützungsvereinbarungen, sei es in schriftlicher oder mündlicher Form - vom Vergleich vom 10. Juni 1983 abgesehen - abgeschlossen. Anläßlich des Scheidungsverfahrens zwischen den Eltern des Klägers erteilte dieser als Hälfteeigentümer der Liegenschaft im Vergleich vom 10. Juni 1983 seine ausdrückliche Zustimmung, daß der Beklagte auf dem Gebäude Hard, Rheinstraße 2, betreffend die EZ 1077 KG Hard, auf seine eigenen Kosten eine Wohnung errichten könne. Der außer Streit stehende Wortlaut der wesentlichen Punkte dieses Vergleiches lautet wie folgt:

"3. Werner D*** als nunmehriger Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 1077 KG Hard erteilt seine ausdrückliche Zustimmung dazu, daß Franz D*** auf dem Gebäude Hard, Rheinstraße 2, auf seine eigenen Kosten eine Wohnung errichtet. Werner D*** erteilt schon jetzt seine Zustimmung zur Antragstellung für die Baubewilligung und sonstiger erforderlicher Genehmigungen bzw. Verfahren betreffend diese Wohnung, doch dürfen ihm hiedurch keine Kosten und Auslagen entstehen. Am Beteiligungsverhältnis der beiden Miteigentümer Franz D*** und Werner D*** bezüglich der vom Wohnungsbau nicht betroffenen Liegenschaft ändert sich durch den Bau der Wohnung nichts. Es ist beabsichtigt, dem Franz D*** die Stellung eines Wohnungseigentümers hinsichtlich des Wohnungsaufbaues einzuräumen. Sollte dies grundbücherlich nicht möglich sein, so ist zwischen den Vertragsteilen klargestellt, daß Franz D*** als erster für die von ihm zu schaffende Wohnung wie ein Eigentümer nach den Bestimmungen des ABGB verfügen kann.

4. Bezüglich der Vergrößerung und Erweiterung des Geschäftsbaues in EZ 1077 KG Hard wird vom Miteigentümer Werner D*** dem Franz D*** im gegenständlichen Vergleich lediglich zugestanden, daß Franz D*** berechtigt ist, einen ausschließlich als Lager zu verwendenden Anbau in der Größenordnung von 130 m2 auf seine Kosten zu erstellen. Sollte Franz D*** einen größeren Anbau erstellen wollen oder einen Anbau zu anderen Zwecken als Lager verwenden wollen, so bleibt dies weiteren Vereinbarungen oder Verfahren vorbehalten".

Der Beklagte beabsichtigt, auf dem Flachdach des Gebäudes Hard, Rheinstraße 2, eine zweigeschoßige Wohnung zu errichten. Der Bauausschuß der Gemeinde Hard hat dieses Bauansuchen, welchem die Pläne und Gutachten des Dipl.Ing. Otto F***, ON 22, zugrunde liegen, bereits positiv behandelt, die Bewilligung durch den Gemeindevorstand wird erteilt werden. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt mit 1. August 1985 S 4,710.000. Eine Naturalteilung der gegenständlichen Liegenschaft ist grundsätzlich möglich, soweit sie nur die zur Zeit bestehende Liegenschaft und nicht auch den vom Beklagten geplanten Erweiterungsbau betrifft. Die Trennlinie ist aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. Otto F*** zu entnehmen. Die Durchführung dieser Naturalteilung würde einen Kostenaufwand zwischen S 300.000 und S 400.000 erfordern. Das vorgenannte Bauvorhaben ist mit der vom Sachverständigen erarbeiteten Naturalteilungsvariante nicht in Einklang zu bringen, da es sich nicht an dessen Trennlinien hält, sondern diese überschreitet. Eine Überbauung der im Falle einer Naturalteilung sich ergebenden Teilflächen ist zwar technisch möglich, bedarf jedoch einer gemeinsamen Planung, da aus baubehördlicher Sicht nur eine Überbauung beider Teilflächen unter Einbeziehung des Altbaubestandes bewilligt würde. Das heißt, im Falle der Naturalteilung müssen Kläger und Beklagter gemeinsam den Anbau von zwei Wohnungen planen und errichten. Bei Abschluß des Vergleiches vom 10. Juni 1983 war von einer Teilung oder einer beabsichtigten Teilung der Liegenschaft keine Rede. Weitere über den Wortlaut des Vergleiches hinausgehende Feststellungen können nicht getroffen werden.

In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, daß der Kläger dem Beklagten das Recht eingeräumt habe, auf dem Gebäude Hard, Rheinstraße 2, auf eigene Kosten eine Wohnung zu errichten. Für den Fall einer Realteilung würde dieses vertragliche Recht aber dadurch beschränkt, daß dem Beklagten die zustehende Wohnungserrichtung nur dann möglich wäre, wenn auch der Kläger eine solche durchführt. Eine derartige Einschränkung könne dem Wortlaut und dem Sinn der zwischen den Streitteilen im Vergleich vom 10. Juni 1983 getroffenen Vereinbarung nicht entnommen werden. Der Beklagte hätte einem solchen Vergleich wohl nicht zugestimmt, da er hinsichtlich seiner Bauvorhaben ausschließlich vom Wohlwollen des Klägers abhängig geworden wäre. Der Teilungsklage stehe somit insoweit das dem Beklagten vom Kläger eingeräumte uneingeschränkte Recht auf Errichtung einer Wohnung auf dem genannten Gebäude entgegen. Hinsichtlich des Eventualbegehrens verwies das Erstgericht auf die Ausführungen im berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß. Das Berufungsgericht hielt weder die Verfahrens- und Beweisrüge noch die Rechtsrüge des Klägers für gerechtfertigt. Zum Einwand des Klägers, er sei beim Vergleichsabschluß nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen und der Vergleich sei nur auf Tonband diktiert und daher nicht nach den Formvorschriften der §§ 204 ff. ZPO zustandegekommen, führte das Berufungsgericht aus, daraus ergebe sich nur, daß die solcherart getroffene Parteienvereinbarung nicht als prozeßbeendender, einen Exekutionstitel darstellender Vergleich wirksam sei. Der gerichtliche Vergleich stelle nach Lehre und Rechtsprechung aber nicht nur eine Prozeßhandlung, sondern auch ein nach materiellem Recht zu beurteilendes zivilrechtliches Rechtsgeschäft dar. Die Gültigkeit nach bürgerlichem Recht sei von der prozessualen Gültigkeit unabhängig. Die prozeßbeendende Wirkung des Vergleiches komme im Zweifel zwar erst mit der Unterschrift der Parteien zustande, als materielles Rechtsgeschäft sei er aber unabhängig davon gültig, außer die Parteien seien sich unmißverständlich darüber einig gewesen, daß die Streitbereinigung und damit auch die Bereinigung der materiellrechtlichen Rechtsbeziehungen hinsichtlich der Ansprüche nur durch gerichtlichen Vergleich erfolgen und die erzielte Einigung über das privatrechtliche Verhältnis für sich allein keine Wirkung haben solle. Für eine derartige Annahme bestünde aber vorliegendenfalls keinerlei Anhaltspunkt. Somit sei der Vergleich vom 10. Juni 1983 als materielles Rechtsgeschäft wirksam. Daran ändere auch nichts, daß der Kläger beim Vergleichsabschluß nicht durch einen Anwalt vertreten gewesen sei, denn auch dieser Umstand betreffe grundsätzlich nur die prozessuale Seite des Vergleiches. Im übrigen sei der Kläger in jenem, keinen absoluten Anwaltszwang aufweisenden Verfahren ohnehin nicht Prozeßpartei gewesen, sodaß sich für ihn die Frage der prozeßbeendenden Wirkung des Vergleiches gar nicht stelle. Das zwischen den nunmehrigen Streitteilen am 10. Juni 1983 wirksam geschlossene Rechtsgeschäft stelle ein Teilungshindernis im Sinne des § 831 ABGB dar. Hierin liege jedenfalls keine bloße Absichtserklärung - anders allenfalls hinsichtlich der Einräumung des Wohnungseigentums -, denn die Zustimmung zur Wohnungserrichtung durch den Beklagten sei vom Kläger ohne jede Bedingung erteilt und insbesondere nicht von der Möglichkeit der Begründung von Wohnungseigentum abhängig gemacht worden. Die mangelnde Festlegung der räumlichen Situierung der Wohnung bedeute, daß dem Beklagten die Bauführung nach seinem Ermessen eingeräumt worden sei. Der Hinweis auf die allfällige Wohnungseigentumsbegründung spreche nicht für den vom Kläger behaupteten "latenten Aufteilungswillen", da eine solche keine Form der Realteilung, sondern nur eine Fortsetzung der Miteigentumsgemeinschaft in anderer Form darstelle. Nach § 830 ABGB könne die Aufhebung der Gemeinschaft nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen verlangt werden. Aus dem Wortlaut des § 830 Satz 3 ABGB, wonach sich jeder Teilhaber daher einen den Umständen angemessenen, nicht wohl vermeidlichen Aufschub gefallen lassen müsse, ergebe sich allerdings, daß es sich bei diesen Teilungshindernissen um bloß vorübergehende Umstände handle, die in Bälde wegfallen und beseitigt werden könnten. Neben den Teilungshindernissen des § 830 ABGB erkläre die Bestimmung des § 831 ABGB aber auch Vereinbarungen zur Fortsetzung der Gemeinschaft grundsätzlich für zulässig. Eine Verpflichtung zur Fortsetzung der Gemeinschaft und damit eine rechtsgeschäftliche Beschränkung des Teilungsanspruches könne sowohl ausdrücklich als auch schlüssig vereinbart werden und insbesondere in einer einvernehmlichen Sachwidmung liegen. Eine solche vereinbarte Beschränkung des Teilungsanspruches unterliege nicht den zeitlichen Beschränkungen des § 830 ABGB, sondern binde die Teilnehmer so lange es die aufrechte Widmung oder der Zweck der vereinbarten Beschränkung erfordere. Auch eine derartige rechtsgeschäftliche Verbindlichkeit könne allerdings aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgehoben werden, doch müßten diesbezügliche Umstände konkret behauptet und bewiesen werden. Vorliegendenfalls ergebe sich aus der im Vergleich vom 10. Juni 1983 getroffenen Vereinbarung die Absicht der Parteien, eine Bindung für einen längeren Zeitraum einzugehen. In dieser Vereinbarung liege eine zumindest konkludente Beschränkung des Teilungsanspruches im Sinne des § 831 ABGB, sodaß hier eine Zivilteilung keinesfalls verlangt werden könne. Aber auch eine Naturalteilung sei ausgeschlossen, weil der Beklagte durch eine solche in seinen vereinbarten Gestaltungsmöglichkeiten in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werde. Selbst wenn die Beklagte eine Wohnung unter Beschränkung auf die im Teilungsplan vorgesehene Teilfläche errichten würde, könnte er dies aus baubehördlicher Sicht nur, wenn der Kläger auf seiner Teilfläche ebenfalls eine dazupassende Wohnung errichten würde. Damit stünde es im Belieben des Klägers, eine Bauführung durch den Beklagten erheblich zu verzögern oder gar zu verhindern. Die Tatsache, daß der Beklagte die Liegenschaft wie ein Alleineigentümer nutzen wolle, sei schon im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches bekannt gewesen und stelle keinen wichtigen Grund für eine vorzeitige Aufhebung der Vereinbarung dar.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens werden vom Kläger Feststellungsmängel geltend gemacht, welche der Rechtsrüge zuzuordnen und daher bei der Überprüfung der rechtlichen Beurteilung zu berücksichtigen sind. Der Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO liegt somit nicht vor. In der Rechtsrüge wird ausgeführt, die Vereinbarung der Parteien, einen gerichtlichen Vergleich im Sinne des § 204 ZPO zu schließen, enthalte auch die Vereinbarung der Schriftform. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei daher davon auszugehen, daß die Parteien vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollten. Somit liege hier ein Formmangel vor, sodaß der Vergleich auch keine materiellrechtlichen Wirkungen entfalten könne. Aber auch bei diesbezüglicher Wirksamkeit der Vereinbarung, wozu es noch weiterer Beweisaufnahmen und Feststellungen bedürfe, könne diese als bloße Absichtserklärung des Klägers in der Richtung einer "Vorstufe" zur endgültigen Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft gesehen werden. Diesbezüglich sei aber nicht vereinbart worden, an welchen Teilen der Liegenschaft Wohnungseigentum begründet und wann der Wohnungseigentumsvertrag abgeschlossen werden sollte, sodaß mangels Bestimmtheit des Vertragsinhaltes keine konkrete Teilungsvereinbarung vorliege. Eine Wohnungseigentumsvereinbarung stelle im übrigen grundsätzlich eine Teilungsvereinbarung dar. Bei der Scheidungsverhandlung "wäre es sinnlos gewesen, über die Teilung der Liegenschaft zu reden, weil hier um die Vermögensverhältnisse der Eheleute und nicht um die des Vaters - Sohnes - verhandelt wurde". Mangels Klarheit des Vergleichstextes müßte auch zugunsten des Klägers die Auslegungsregel des § 915 ABGB herangezogen werden. Daß der Beklagte ohne die Vergleichspunkte 3 und 4 den Vergleich nicht geschlossen hätte, stelle im übrigen eine nicht bewiesene Annahme dar. Schließlich sei es technisch durchaus möglich, auf dem Flachdach der gemeinsamen Liegenschaft ein oder zwei Wohnungen zu errichten, ohne daß dadurch eine Realteilung verhindert würde. Lediglich der vom Beklagten zuletzt vorgelegte Bauplan stehe einer Realteilung entgegen. Die vom Kläger abgegebene generelle Absichtserklärung zur Errichtung einer Wohnung stelle keinesfalls einen Verzicht auf Teilung dar.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Ob ein prozeßbeendender Vergleich im Sinne des § 204 ZPO mangels gegenteiliger Vereinbarung erst mit der Unterschrift der Parteien zustande kommt, ist vorliegendenfalls ohne Bedeutung. Der Kläger war im Scheidungsverfahren seiner Eltern nicht Prozeßpartei. Die Wirksamkeit seiner mündlichen, in den zwischen seinen Eltern geschlossenen Vergleich aufgenommenen Erklärungen und der zwischen ihm und seinem Vater, dem nunmehrigen Beklagten, dabei getroffenen Vereinbarungen ist daher nicht nach Prozeßrecht, sondern nach den hiefür allein maßgebenden bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen zu beurteilen (SZ 43/116; EvBl 1977/72; JBl 1979, 266; 2 Ob 69/82 ua.). Da ein Formvorbehalt nicht erfolgte, ist sie zu bejahen. Nach den unbekämpften Feststellungen wurde die gegenständliche Liegenschaft seinerzeit zur Verwendung für den Geschäftsbetrieb des Beklagten erworben und in der Folge ausschließlich für diese Zwecke benützt. Auch nach der Schenkung der Liegenschaftshälfte der Mutter des Klägers an diesen änderte sich hieran nichts. In der im obgenannten Scheidungsvergleich vom 10. Juni 1983 unter Punkt 3. und 4. aufgenommenen Vereinbarung erklärte sodann der Kläger seine Zustimmung, daß der Beklagte auf dem auf der Liegenschaft befindlichen Gebäude auf eigene Kosten eine Wohnung errichtet und die erforderlichen Genehmigungen einholt bzw. Verfahren führt. Weiters wurde festgelegt, es bestehe hinsichtlich dieses Wohnungsaufbaues die Absicht, dem Beklagten die Stellung eines Wohnungseigentümers einzuräumen. Sollte dies rechtlich unmöglich sein, "so ist zwischen den Vertragsteilen klargestellt", daß der Beklagte über die von ihm zu schaffende Wohnung "wie ein Eigentümer nach den Bestimmungen des ABGB verfügen kann". Schließlich wurde vom Kläger hinsichtlich einer Vergrößerung und Erweiterung des auf der Liegenschaft bestehenden Geschäftsbaues dem Beklagten ausdrücklich zugestanden, auf dessen Kosten einen als Lager zu verwendenden Anbau in der Größenordnung von 130 m2 zu errichten.

Davon ausgehend kann in der Ansicht der Unterinstanzen, es liege ein rechtsgeschäftlicher Verzicht des Klägers auf den Teilungsanspruch als Miteigentümer der Liegenschaft im Sinne des § 831 ABGB vor, kein Rechtsirrtum erblickt werden. Eine rechtsgeschäftliche Beschränkung des Auseinandersetzungsanspruches im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle braucht unter den Teilhabern nicht ausdrücklich vereinbart zu sein, sondern kann auch schlüssig durch eine einvernehmliche Sachwidmung erfolgen (EvBl 1976/126; SZ 32/147; 1 Ob 528/81, 3 Ob 605/83, 5 Ob 563/85 ua.). Ob ein bestimmtes Verhalten gemäß § 863 ABGB als schlüssige Willenserklärung zu werten ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, maßgeblich ist vielmehr, welche Schlüsse der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung abzuleiten berechtigt war.

Das Zugeständnis des Klägers an seinen Vater, das Geschäftsgebäude erweitern, sich auf diesem eine eigene Wohnung - die Ehewohnung war nach der Scheidung unbestrittenermaßen der Mutter des Klägers verblieben - errichten und diese sodann als Wohnungseigentümer oder zumindest "wie ein Eigentümer" benützen zu dürfen, kann nicht anders denn als eine einvernehmliche Sachwidmung der gemeinsamen Liegenschaft aufgefaßt werden. Mit der Absicht der Begründung von Wohnungseigentum des Beklagten setzten die Parteien nämlich notwendig den Weiterbestand einer ideellen Miteigentumsgemeinschaft voraus (1 Ob 528/81: MietSlg 31.063, 30.077). Die Einräumung der faktischen - im Innenverhältnis gegebenen - Stellung eines Eigentümers der auf Kosten des Beklagten zu errichtenden Wohnung hinwiederum ist zumindest der Vereinbarung eines dauernden Wohnrechtes gleichzuhalten. Derartige Wohnrechte sind aber nach der Rechtsprechung zwischen den Vertragsparteien grundsätzlich als Teilungshindernisse anzuerkennen (EvBl 1979/126; 5 Ob 574/81, 7 Ob 513/83, 5 Ob 563/85). Die Revisionsausführung über eine beabsichtigte endgültige Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft findet im dargestellten Sachverhalt keine Deckung. Auch eine Unbestimmtheit oder Unklarheit der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung liegt nicht vor, weil das Wohnungseigentum eben an der vom Beklagten "auf dem Gebäude" zu schaffenden Wohnung nach deren Errichtung begründet werden sollte.

Grundsätzlich bindet die Beschränkung des Teilungsanspruches im Sinne des § 831 ABGB die Teilhaber allerdings nur solange, als es die aufrechte Widmung oder der sonstige Zweck der vereinbarten Beschränkung erfordern. Ein auf Auseinandersetzung drängender Teilhaber kann daher konkrete Umstände behaupten und beweisen, aus denen diese Bindung zur Fortsetzung der Gemeinschaft entfallen sei (EvBl 1979/216; 7 Ob 513/83, 7 Ob 595/80). Die Verbindlichkeit zur Fortsetzung und damit der Ausschluß der Teilungsbefugnis hören nämlich auf, wenn die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft aus wichtigen objektiven, die gemeinschaftliche Sache betreffenden oder subjektiv nur die Person einzelner Teilhaber betreffenden Gründen unvermeidlich wird (5 Ob 574/81, 7 Ob 513/83). Ein wichtiger Grund zur Aufhebung der Gemeinschaft liegt zum Beispiel dann vor, wenn dem Miteigentümer alle aus dem Miteigentum erfließenden Rechte beharrlich verweigert werden. Bei Zumutbarkeit einer Abgeltung durch ein Benützungsentgelt ist dies allerdings nicht der Fall (EvBl 1979/126; 7 Ob 513/83 ua.). Konkrete Gründe für eine Unzumutbarkeit bringt der Kläger im übrigen hier selbst nicht vor, insbesonders vermag er in keiner Weise anzugeben, inwieweit gegenüber dem erst kurze Zeit zurückliegenden Abschluß der Vereinbarung mit dem Beklagten eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei. Seinem schließlichen Einwand, eine Realteilung der gegenständlichen Liegenschaft erscheine durchaus möglich, haben die Unterinstanzen zu Recht entgegengehalten, daß er dem Beklagten die Errichtung einer Wohnung "auf dem Gebäude" ohne jede Einschränkung zugestanden hat, die bei einer Realteilung einzig in Frage kommende Trennungslinie aber mit dem Bauprojekt des Beklagten nicht in Einklang zu bringen ist und überdies nach den Feststellungen das Flachdach des Gebäudes zur Gänze überbaut, also eine zweite Wohnung errichtet werden müßte, worin eine weitere, durch den Inhalt der zwischen den Streitteilen geschlossenen Vereinbarung nicht gedeckte Beschränkung des Beklagten gelegen wäre.

Die Revisionsausführungen erweisen sich somit insgesamt nicht

als stichhältig.

Dem Rechtsmittel war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E12028

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00684.86.1013.000

Dokumentnummer

JJT_19871013_OGH0002_0020OB00684_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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