TE OGH 1987/10/15 13Os122/87

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Veröffentlicht am 15.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Oktober 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichthofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bachinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Otto R*** und andere wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 142, 143 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Walter S*** sowie über die Berufungen der Angeklagten Otto R*** und Manfred G*** gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Kreisgericht Wr.Neustadt vom 15.Juni 1987, GZ. 12 a Vr 250/87-57, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Stöger, sowie der Verteidiger Dr. Wolf, Dr. Zimmert und Dr. Zach, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Den Berufungen der Angeklagten Otto R*** und Walter S*** wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen diesen Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gemäß §§ 290 Abs. 1, 344 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Beurteilung der dem Angeklagten Manfred G*** zu II und III zur Last liegenden Taten und in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß §§ 288 Abs. 2 Z. 3, 344 StPO in der Sache selbst erkannt:

Manfred G*** hat zu II und III das Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm zu I weiter zur Last fallende Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, erster Fall, StGB gemäß dem ersten Strafsatz des § 143 StGB sowie unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Jahren verurteilt. Mit seiner Berufung wird Manfred G*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wird aus dem Ersturteil übernommen.

Gemäß §§ 389, 390 a StPO fallen dem Angeklagten Manfred G*** die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil, das auch die Mitangeklagten Otto R*** und Manfred G*** berührende, von diesen unbekämpft gelassene Schuldsprüche sowie einen die Angeklagten Walter S*** und Manfred G*** betreffenden unangefochtenen Teilfreispruch enthält, wurde der am 11.August 1967 geborene Walter S*** der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (erster Fall) StGB (C I) und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB (III) schuldig erkannt. Darnach hat er am 17.Feber 1987 in Olbersdorf in Gesellschaft der Mitangeklagten Otto R*** und Manfred G*** sowie des abgesondert verfolgten Thomas S*** als Raubgenossen der damals 83-jährigen Pensionistin Maria S*** dadurch mit Gewalt gegen ihre Person eine Brieftasche und eine Geldbörse mit insgesamt 51.900 S Bargeld weggenommen, indem S***, nachdem er gemeinsam mit G*** und S*** nach Einschlagen einer Fensterscheibe und Entriegeln eines Fensters in die Wohnung eingedrungen war, Maria S*** auf das Bett drückte, ihr den Mund zuhielt und ihr einen Polster und eine Tuchent über den Kopf warf, während G*** und S*** die Wohnung durchsuchten, die Geldbörse und die Brieftasche samt der Barschaft an sich nahmen und R*** vor dem Haus Aufpasserdienste leistete (I); ferner am 16.Feber 1987 in Olbersdorf (kurze Zeit vor dem soeben geschilderten Raub) in Gesellschaft von G*** und S*** als Diebsgenossen dem Dr.Friedrich P*** nach Einschlagen einer Fensterscheibe, Entriegeln eines Fensters und Einsteigen in dessen Haus ein goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich sowie drei verschiedene Erinnerungsmedaillen im Gesamtwert von 200 S weggenommen (III).

Die formell auf § 281 Abs. 1 Z. 3, 4, 5 und 9 lit. a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*** richtet sich nur gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Diebstahls (III).

Rechtliche Beurteilung

Zunächst übersieht der Rechtsmittelwerber, daß eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Urteil des Geschwornengerichts nur aus den im § 345 Abs. 1 StPO angeführten Gründen ergriffen werden kann. Ungeachtet dessen war aber zu prüfen, ob mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden.

Das Vorbringen zu § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO erschöpft sich darin, daß der Nichtigkeitswerber eine von ihm selbst vorgenommene Sachwegnahme und überhaupt ein Handeln mit Diebstahlsvorsatz bestreitet und behauptet, der Mitangeklagte G*** habe den Diebstahl allein und ohne sein Wissen verübt. Damit wird jedoch der dem § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO im geschwornengerichtlichen Verfahren entsprechende Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 11 lit. a StPO nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, dessen prozeßordnungsgemäße Ausführung stets einen Vergleich der von den Geschwornen im Wahrspruch festgestellten Tatsachen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz voraussetzt. Der behauptete Rechtsirrtum muß sich demnach aus dem Inhalt des Wahrspruchs selbst ergeben. Im vorliegenden Fall haben die Geschwornen laut ihrem stimmeneinhellig bejahenden Verdikt zur Hauptfrage III eine gemeinsame Tatbegehung durch die Angeklagten S*** und G*** sowie den abgesondert verfolgten S*** (§ 127 Abs. 2 Z. 1 StGB) und damit aber auch beim Beschwerdeführer die zur Verwirklichung der objektiven und der subjektiven Tatseite des Diebstahls erforderlichen Voraussetzungen als erwiesen angenommen. Das Beschwerdevorbringen findet somit im Wahrspruch keine Deckung. Mit den weiteren Beschwerdeausführungen wird der Sache nach eine den Geschwornen zu Unrecht aufgetragene Verbesserung des Wahrspruchs zur Hauptfrage III (Diebstahl) und damit der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 10 StPO behauptet.

Die Geschwornen hatten zunächst die den Nichtigkeitswerber und den Mitangeklagten G*** betreffende Hauptfrage III mit vier Ja- und vier Nein-Stimmen beantwortet und demnach im Ergebnis verneint (§ 331 Abs. 1, 2. Halbsatz, StPO). Nachdem der Schwurgerichtshof den Laienrichtern die Verbesserung dieses Wahrspruchs aufgetragen hatte, wurde die Hauptfrage III stimmeneinhellig bejaht.

Aus welchen Gründen den Geschwornen die Verbesserung mit Unrecht aufgetragen worden sein soll, ist der Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu entnehmen; mangels Substantiierung ist dieses Beschwerdevorbringen einer sachlichen Erwiderung unzugänglich. Mit dem Vorbringen, daß in dem von der Hauptfrage III erfaßten Diebstahlsfaktum für jeden der Angeklagten S*** und G*** jeweils getrennt eine Hauptfrage nach Diebstahl zu stellen gewesen wäre, wird vom Beschwerdeführer der Sache nach eine Verletzung der Vorschriften der §§ 312 bis 317 StPO über die Fragestellung behauptet und damit inhaltlich der Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z. 6 StPO geltend gemacht. Dieser ist gleichfalls nicht gegeben, weil es gemäß § 317 Abs. 2 StPO dem Ermessen des Schwurgerichtshofs obliegt, welche Tatsachen in einer Frage zusammenzufassen und welche Tatsachen zum Gegenstand besonderer Fragen zu machen sind. Warum durch diese Zusammenfassung dem Nichtigkeitswerber ein Nachteil erwachsen sein soll, ist den Rechtsmittelausführungen nicht zu entnehmen.

Die Behauptungen, der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen stehe mit sich selbst im Widerspruch und zwischen Akteninhalt, Sitzungsprotokoll (gemeint: Hauptverhandlungsprotokoll) und Urteil bestünden erhebliche Widersprüche, beinhalten keinen im § 345 Abs. 1 StPO angeführten Nichtigkeitsgrund.

Die mithin zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus Anlaß dieser Beschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, daß zum Nachteil des Angeklagten G***, der eine Nichtigkeitsbeschwerde nicht ergriffen hat, das Strafgesetz unrichtig angewendet worden ist (§§ 290 Abs. 1, 344 StPO). Manfred G*** liegt außer den zu I und III angeführten Schuldsprüchen auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen zur Last, am 2.Dezember 1986 in Erlach in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Thomas S*** als Diebsgenossen der Firma K*** eine Barschaft von ca. 20.000 S gestohlen zu haben (II). Abgesehen davon, daß der zu II angeführte Diebstahl für sich allein nach dem Inhalt der von den Geschwornen bejahten Hauptfrage II und des darauf gegründeten Schuldspruchs für die Annahme einer Einbruchsqualifikation nach § 129 Z. 1 StGB nicht tragfähig wäre, sind die beiden vom Angeklagten G*** verübten Diebstähle (II und III) im Ersturteil jeweils getrennt als zwei Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB (zu II auch mit der Wertqualifikation nach § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB) beurteilt worden. Hiebei wurde übersehen, daß diese Diebstähle im Hinblick auf das im § 29 StGB verankerte, für den Bereich gleichartiger Realkonkurrenz wert- oder schadensqualifizierter Delikte ohne Rücksicht auf deren zeitlichen oder örtlichen Zusammenhang geltende Zusammenrechnungsprinzip insgesamt nur ein einziges Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB begründen. Die gesonderte Annahme von zwei Verbrechen des Diebstahls begangen von demselben Täter in einem und demselben Urteil ist unzulässig. Der dadurch bewirkte Verstoß gegen § 29 StGB hat Urteilsnichtigkeit gemäß § 345 Abs. 1 Z. 12 StPO zur Folge. G*** war demnach nur wegen eines Verbrechens des Diebstahls schuldig zu sprechen.

Bei der erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die vier einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, die Wiederholung der Diebstähle, die Verletzung des (83 Jahre alten) Raubopfers sowie den raschen Rückfall, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis, die Schadensgutmachung und die Anstiftung durch R*** im Faktum I.

Unter Abwägung dieser Strafbemessungsgründe entspricht eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren dem Verschulden dieses Angeklagten und dem Unrechtsgehalt seiner Straftaten. Die Entscheidungen über die Anrechnung der Vorhaft wurde aus dem erstinstanzlichen Urteil übernommen. Der Ausspruch über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die beiden bezogenen Gesetzesstellen.

Der Angeklagte G*** war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Das Geschwornengericht verhängte nach dem ersten Strafsatz des § 143 Abs. 1 StGB über den Angeklagten R*** eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren, über den Angeklagten S*** unter Anwendung der §§ 28 Abs. 1 und 41 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung

bei R*** als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die Verletzung des Raubopfers, die Anstiftung und den Umstand, daß das Opfer seine eigene Großmutter war, als mildernd das Geständnis und die Schadensgutmachung,

bei S*** als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, die Verletzung des Opfers, den besonderen Tatbeitrag und die zweifache Qualifikation, als mildernd das Geständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Alter unter 21 Jahren, die Schadensgutmachung sowie die Anstiftung durch R***. Beide Berufungswerber begehren eine Herabsetzung der Freiheitsstrafen, S*** überdies die Anwendung des § 43 Abs. 2 StGB.

Dem auf Anwendung des § 41 StGB abzielenden Vorbringen R*** kann nicht beigetreten werden. Er selbst konzediert, daß das Geschwornengericht die besonderen Strafbemessungsgründe vollständig angeführt hat, reklamiert aber, daß er am Raub nur in untergeordneter Weise beteiligt und daß er - weil er seinen Arbeitsplatz verloren hatte - in Geldnot war. Da dieser Berufungswerber aber der Anstifter zur Raubtat war und er überdies Aufpasserdienste bei der Tatausführung leistete, kann mit Fug von einer untergeordneten Tatbeteiligung nicht gesprochen werden. Geldnot hinwieder ist kein verständlicher Rechtfertigungsgrund für einen Raubüberfall, begangen an der eigenen Großmutter. Da von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe keine Rede sein kann (und das Erstgericht ohnedies lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängt hat), liegen die Voraussetzungen für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nicht vor. Letztlich kommt auch der Berufung des Angeklagten S*** keine Berechtigung zu:

Selbst wenn man eine drückende Notlage als Motiv für seine Straffälligkeit annimmt, rechtfertigt dieser Umstand keine weitere Herabsetzung der ohnedies unter Anwendung des § 41 StGB von fünf Jahren auf drei Jahre ermäßigten Freiheitsstrafe. Der Raub war geplant und demnach weder aus Unbesonnenheit noch aus allgemein begreiflicher heftiger Gemütsbewegung begangen worden. Da S*** als einziger Hand an das Raubopfer gelegt hat, wiegt sein Tatbeitrag gewichtiger als jener der Mittäter.

Unter Abwägung seiner Schuld erweist sich die vom Geschwornengericht ausgemessene Freiheitsstrafe als durchaus maßvoll und in keiner Weise überhöht; sie ist nicht reduktionsbedürftig. Damit ist auch dem Begehren auf Gewährung bedingter Strafnachsicht die Grundlage entzogen, da über diesen Angeklagten eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt wurde (§ 43 Abs. 2 StGB).

Anmerkung

E11940

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00122.87.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19871015_OGH0002_0130OS00122_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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