TE OGH 1987/11/19 8Ob37/87 (8Ob38/87)

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Veröffentlicht am 19.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1) R*** Ö***,

vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, und 2) P*** D*** A***, Friedrich

Hillegeiststraße 1, 1021 Wien, vertreten durch Dr. Erwin Proksch und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Erwin G*** jun., Student, Ölweingasse 36/20, 1150 Wien, 2) Erich G*** sen., Fleischhauermeister, ebendort wohnhaft, und 3) W*** A*** V***-AG, p.Adr.

Margaretengürtel 142, 1050 Wien, alle vertreten durch Dr. Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1) S 313.578,- s A und Feststellung (S 279.850,-) und 2) S 125.484,90 s A und Feststellung (S 61.000,-), Revisionsstreitwert S 622.529,50 (S 485.269,-

hinsichtlich der erstklagenden und S 137.260,50 hinsichtlich der zweitklagenden Partei), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. September 1986, GZ 16 R 178/86-31, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20. März 1986, GZ 27 Cg 735/83-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

I) 1) Es wird festgestellt, daß der erstklagenden Partei

gegenüber den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand das Recht auf Ersatz aller zukünftigen Aufwendungen nach Wilhelm S*** und für Thomas R*** zusteht, die die erstklagende Partei aus Anlaß des vom Erstbeklagten am 22. Jänner 1980 auf der Bundesstraße 10 im Gemeindegebiet von Bruck an der Leitha bei Km 32.065 allein verschuldeten Verkehrsunfalles, bei welchem die ordentlichen Präsenzdiener Wilhelm B***, geboren am 12. August 1958, und Wilhelm S***, geboren am 8. August 1960, getötet wurden und Thomas R***, geboren am 19 März 1961, schwer verletzt wurde, an die Eltern des Wilhelm S*** jun., nämlich Wilhelm S*** sen., geboren am 13. Dezember 1935 und Aloisia L***, geborene W***, geboren am 6. Juni 1938 und an Thomas R*** nach den Bestimmungen des HVG zu leisten haben wird; dies jedoch nur insoweit, als diese Leistungen in sachlich und zeitlich kongruenten Direktansprüchen, die den Eltern des Wilhelm S*** jun. und Thomas R*** ohne Berücksichtigung der im § 94 Abs.1 HVG normierten Legalzession gegen den Schädiger zustehen, Deckung finden, wobei die Haftung der zweit- und drittbeklagten Partei durch die vertragliche Haftpflichtversicherungssumme beschränkt ist.

2) Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der erstklagenden Partei den Betrag von S 93.778,- samt 4 % Zinsen seit 28. Juni 1983 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

3) Das auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 219.800,- samt 4 % Zinsen aus S 54.331,- vom 28. Juni 1983 bis 4. September 1984 und aus S 219.800,- seit 5. September 1985 gerichtete Leistungsmehrbegehren der erstklagenden Partei und ihr in Ansehung nach den Bestimmungen des HVG zu erbringender künftiger Aufwendungen nach Wilhelm B*** für dessen Witwe Gabriele B***, verehelichte Z***, geborene W***, geboren am 3. Jänner 1963,

gestelltes Feststellungsmehrbegehren werden abgewiesen.

II) 1) Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der zweitklagenden Partei den Betrag von S 60.346,40 samt 4 % Zinsen seit 18. August 1983 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

2) Das auf Zahlung eines weiteren betrages von S 65.138,50 samt 4 % Zinsen aus S 16.749,90 vom 18. August 1983 bis 4. September 1984 und aus S 65.138,50 seit 5. September 1984 gerichtete Leistungsmehrbegehren der zweitklagenden Partei und ihr Begehren, es werde festgestellt, daß ihr gegenüber den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand das Recht auf Ersatz aller zukünftigen Aufwendungen und der restlichen Aufwendungen an die Witwe nach Wilhelm B***, Gabriele B***, verehelichte Z***, für die Witwenabfertigung zusteht, die sie aus Anlaß des vom Erstbeklagten am 22. Jänner 1980 auf der Bundesstraße 10 im Gemeindegebiet von Bruck an der Leitha allein verschuldeten Verkehrsunfalles, bei welchem der ordentliche Präsenzdiener Wilhelm B*** getötet wurde, an Gabriele Z*** zu leisten haben wird; dies jedoch nur insoweit, als diese Leistungen in sachlich und zeitlich kongruenten Direktansprüchen, die der Gabriele Z*** ohne Berücksichtigung der Legalzession gegen den Schädiger zustehen, Deckung finden, wobei die Haftung der zweit- und der drittbeklagten Partei durch die vertragliche Haftpflichtversicherungssumme beschränkt ist, werden abgewiesen.

III) 1) Die erstklagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien an Kosten des Verfahrens in erster Instanz den Betrag von

S 33.182,47 (darin Barauslagen von S 439,53, keine Umsatzsteuer), an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 25.879,96 (darin Barauslagen von S 1.244,88 und Umsatzsteuer von S 2.239,55) und an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 16.578,56 (darin Barauslagen von S 1.824,- und Umsatzsteuer von S 1.341,32) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

2) Die zweitklagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien an Kosten des Verfahrens in erster Instanz den Betrag von S 6.548,46 (darin Barauslagen von S 43,53, keine Umsatzsteuer), an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 6.865,- (darin Barauslagen von S 330,22 und Umsatzsteuer von S 594,07) und an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 4.397,68 (darin Barauslagen von S 483,84 und Umsatzsteuer von S 355,81) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte verschuldete am 22. Jänner 1980 auf der Bundesstraße 10 auf der Fahrt von Bruckneudorf nach Wien bei Km 32.065 als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen W 408.974 einen Verkehrsunfall, bei dem zwei Insassen dieses PKW, die Präsenzdiener Wilhelm B*** und Wilhelm S***, getötet wurden und ein weiterer Insasse dieses Fahrzeuges, der Präsenzdiener Thomas R***, schwer verletzt wurde. Der Zweitbeklagte ist der Halter, die Drittbeklagte der Haftpflichtversicherer dieses Kraftfahrzeuges. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unbestritten. Die Erstklägerin erbrachte nach den Bestimmungen des HVG Leistungen an Gabriele B***, die Witwe des Wilhelm B***, und an Thomas R***, deren Ersatz sie im vorliegenden Rechtsstreit unter Hinweis auf die im § 94 Abs.1 HVG normierte Legalzession unter Behauptung des Bestehens eines sachlich und zeitlich kongruenten Deckungsfonds begehrt. Die Erstklägerin begehrte zuletzt (ON 11 S 46) die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von S 313.578,-s A; überdies stellte sie ein auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle nach den Bestimmungen des HVG zu erbringenden künftigen Aufwendungen für die Witwe nach Wilhelm B***, für die Eltern des Wilhelm S*** und an Thomas R*** im Rahmen des sachlich und zeitlich kongruenten Deckungsfonds gerichtetes Feststellungsbegehren, wobei die Haftung des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten durch die vertragliche Haftpflichtversicherungssumme beschränkt sei.

Die Zweitklägerin erbrachte nach den Bestimmungen des ASVG Leistungen an Gabriele B***, deren Ersatz sie unter Hinweis auf die im § 332 Abs.1 ASVG normierte Legalzession unter Behauptung des Bestehens eines sachlich und zeitlich kongruenten Deckungsfonds von den Beklagten begehrt. Sie begehrte zuletzt (ON 11 S 45) die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von S 125.484,90 s A; überdies stellte sie ein auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle nach den Bestimmungen des ASVG zu erbringenden zukünftigen Aufwendungen an die Witwe nach Wilhelm B*** im Rahmen des sachlich und zeitlich kongruenten Deckungsfons gerichtetes Feststellungsbegehren, wobei die Haftung des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten durch die vertragliche Haftpflichtversicherungssumme beschränkt sei. Von den beiden Klägerinnen wurden getrennte Klagen eingebracht; die beiden Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur mehr die Leistungsansprüche der Erstklägerin und der Zweitklägerin, soweit sie sich auf die von beiden Klägerinnen an die Witwe nach Wilhelm B*** ausbezahlten Witwenabfertigungen beziehen, das Feststellungsbegehren der Zweitklägerin zur Gänze und jenes der Erstklägerin insoweit, als es sich auf die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten in Ansehung für die Witwe nach Wilhelm B*** zu erbringender zukünftiger Leistungen bezieht. Diesbezüglich steht unbekämpft fest, daß Gabriele B*** am 12. März 1982 mit Peter Z*** die Ehe geschlossen hat und seither mit ihm in aufrechter Ehe lebt. Die Erstklägerin stellte daher die an Gabriele B*** geleistete Witwenrente mit 31. März 1982 ein und leistete an sie eine Witwenabfertigung in der Höhe von S 219.800,-. Auch die Zweitklägerin stellte die an Gabriele B*** geleistete Witwenpension mit 31. März 1982 ein und leistete an sie eine Witwenabfertigung im Betrag von S 65.138,50. Die Klägerinnen begehrten von den Beklagten den Ersatz der an Gabriele Z*** geleisteten Witwenabfertigungen in voller Höhe im wesentlichen mit der Begründung, daß auch hinsichtlich dieser Leistungen ein sachlich und zeitlich kongruenter Deckungsfonds bestehe, weil die Witwe trotz ihrer neuerlichen Verehelichung tatsächlich noch einen Unterhaltsentgang gegenüber einem fiktiven Unterhalt von ihrem ersten Mann erleide. Dieser Deckungsfonds sei im vorliegenden Fall so hoch, daß die von den beiden Klägerinnen geleisteten Witwenabfertigungen in voller Höhe darin Deckung fänden. Es seien besondere Gründe nach § 14 Abs.3 EKHG vorgelegen, da die Witwe einen neuen Hausstand gründen habe müssen, wofür sie die Witwenabfertigung zum größten Teil aufwenden habe müssen. Die Erstklägerin brachte noch zusätzlich vor, in der Gabriele Z*** geleisteten Witwenabfertigung sei keine endgültige Abfertigung ihrer Ansprüche, sondern nur eine Vorauszahlung ihrer künftigen Rentenansprüche innerhalb der nächsten 5 Jahre zu erblicken. Der der Witwe nach § 14 EKHG zustehende Anspruch auf Kapitalabfindung bei Vorliegen besonderer Verhältnisse sei bereits durch den Tod des Wilhelm B*** bedingt und gleich danach gegeben gewesen. Dieser Anspruch übersteige bei weitem die bisher von der Erstklägerin an die Witwe erbrachten Leistungen, die sohin in diesem Kapitalabfindungsanspruch der Witwe gegen den Schädiger nach § 14 Abs.3 EKHG jedenfalls leicht Deckung fänden. Eine Gesamtabfindung nur der voll gedeckten von der Erstklägerin erbrachten Rentenleistungen würde bei einer nach der österreichischen allgemeinen Sterbetafel 1970/72 für den an seinem Todestag 21,5 Jahre alten Wilhelm B*** gegebenen Lebenserwartung von 48 Jahren, während welcher Zeit er noch Unterhalt an seine nachmalige Witwe geleistet hätte, bei einem Kapitalisierungsfaktor von 21,20 S 874.669,20 betragen. Der Anspruch auf Geldrente werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Dritter dem Ersatzberechtigten Unterhalt zu gewähren habe.

Die Erstklägerin begründete ihr Feststellungsinteresse in Ansehung der Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten bezüglich künftiger an die Witwe zu erbringender Leistungen damit, es sei nicht ausgeschlossen, daß Gabriele Z*** wieder in den Bezug einer Witwenrente nach dem HVG kommen könne, weil ihr Rentenanspruch nach § 37 Abs.2 HVG nach Ablauf des der Berechnung des Abfertigungsbetrages zugrundeliegenden Zeitraumes wieder auflebe, wenn die neue Ehe durch Tod des Ehegatten oder durch Scheidung bzw. Aufhebung aufgelöst oder für nichtig erklärt würde. Auch die Zweitklägerin führte zur Begründung ihres Feststellungsinteresses aus, es sei nicht ausgeschlossen, daß Gabriele Z*** wieder in den Bezug einer Witwenrente nach dem ASVG kommen könne, weil ihr Rentenanspruch nach Ablauf des der Berechnung des Abfertigungsbetrages zugrundeliegenden Zeitraumes wieder auflebe, wenn die neue Ehe durch den Tod des Ehegatten, durch Scheidung oder durch Aufhebung aufgelöst oder für nichtig erklärt würde. Die Beklagten bestritten das Bestehen eines Regreßanspruches der beiden Klägerinnen in Ansehung der von ihnen geleisteten Witwenabfertigungen und ihr Feststellungsinteresse in Ansehung an die Witwe zu erbringender künftiger Leistungen unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Es traf über den bereits oben wiedergegebenen Sachverhalt hinaus Feststellungen über die Höhe des Deckungsfonds, deren Wiedergabe im einzelnen unterbleiben kann.

Zu den im Revisionsverfahren noch strittigen Rechtsfragen führte es im wesentlichen aus, entscheidend sei die Frage, ob der Witwe ein Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Unterhaltes infolge Tötung ihres Ehegatten (§ 1327 ABGB, § 12 Abs.2 EKHG) zustehen könne, obwohl sie eine zweite Ehe schließe und damit, ob ein Deckungsfonds für die vorliegenden Regreßforderungen der beiden Klägerinnen bestehe. Dies sei in der bisher herrschenden Rechtsprechung verneint worden, doch bestünden davon abweichende Lehrmeinungen. Der bisher herrschende Standpunkt der Rechtsprechung könne schon deshalb nicht als selbstverständlich gewertet werden, weil der Witwe danach bei bloßer Lebensgemeinschaft ihr Schadenersatzanspruch gewahrt bleibe und sie sich nur als Vorteil anrechnen lassen müsse, was ihr als Vorteil aus der Lebensgemeinschaft zukomme. Überdies könne der ihr entgangene Unterhalt deutlich geringer sein als der ihr in der zweiten Ehe zustehende und zukommende Unterhalt, so daß der Kausalzusammenhang gewahrt bleibe. Es bedürfe daher durchaus der Begründung, warum die Eheschließung den Schädiger von seiner Ersatzpflicht befreien solle und der Witwe alle Risken allein deshalb aufzubürden seien, weil sie sich wieder verehelicht habe. Als Anhaltspunkte für eine solche Auslegung fänden sich im Gesetz nur die Vorschriften des § 796 ABGB und des § 75 EheG. Die erstgenannte Vorschrift solle jedoch verhindern, daß die im Unterhaltsanspruch nach dieser Gesetzesstelle nachwirkende Versorgungsfunktion der Ehe die Erbschaftsmasse über Gebühr aufzehre. Der nach § 1327 ABGB ersatzpflichtige Schädiger sei dem gegenüber in wesentlich geringerem Maße schutzwürdig. Dasselbe gelte für die zweitgenannte Vorschrift, die lediglich eine Überbrückung für den geschiedenen Ehepartner darstellen solle, der damit ebenso schutzbedürftiger sei als ein nach § 1327 ABGB ersatzpflichtiger Schädiger. Der Hinweis auf § 75 EheG treffe nur auf den hier nicht vorliegenden Fall zu, daß der geschiedene, aber noch gemäß § 75 EheG unterhaltspflichtige Ehegatte getötet werde und die (bereits geschiedene) Ehegattin abermals heirate. Das Gericht schließe sich den Auführungen Apathys (JBl 1983,397 ff) und Koziols (Haftpflichtrecht2 II 161 f) an, zu denen der Oberste Gerichtshof noch nicht Stellung genommen habe und die als neue Argumente gewertet werden müßten, die im Einklang mit den sonstigen Prinzipien des Schadenersatzrechtes stünden.

Was die zeitliche Kongruenz der Witwenabfertigung betreffe, handle es sich nach den Vorschriften des HVG und des ASVG um gesetzliche Ansprüche, die keine Ersatzzahlungen für die Vergangenheit seien, sondern, wie sich aus der Möglichkeit des Wiederauflebens der Witwenpension ergebe, um die Abgeltung künftiger Witwenpensionsleistungen.

Gemäß § 15 Abs.3 EKHG könne statt der Rente darüber hinaus eine einmalige Kapitalabfertigung nur verlangt werden, wenn wichtige Gründe vorlägen und außerdem die Zahlung eines Kapitalbetrages für den Haftpflichtigen wirtschaftlich zumutbar sei. Die Notwendigkeit der neuerlichen Hausstandsgründung, vor die sich Gabriele Z*** nach dem Tod ihres ersten Gatten gestellt gesehen habe, könne durchaus - "im Rahmen der gegenständlichen Sozialversicherungsgesetzgebung" - als ein solcher wichtiger Grund angesehen werden, der dann zu einer nach dem Gesetz jedenfalls nicht unzulässigen Teilkapitalisierung führen würde. Damit stünde die zeitliche Kongruenz der von den Klägerinnen erbrachten Leistungen erst recht außer Zweifel. Bedacht zu nehmen sei allerdings darauf, daß eine Wiederverehelichung sowohl für den Direkt- wie auch den Regreßanspruch im Zuge der Ausgleichung der in einer zweiten Ehe zugekommenen Vorteile zu einer Rückforderung gemäß § 1435 ABGB führen könne. Eine solche Einwendung aus dem Titel der Kondiktion sei von den Beklagten jedoch nicht vorgebracht worden; die dargestellte Lastenverteilung in der zweiten Ehe der Witwe lasse ihre Voraussetzungen auch nicht als naheliegend erscheinen. Damit seien aber auch die Voraussetzungen für die beiden Gabriele Z*** betreffenden Feststellungsbegehren gegeben, nämlich die Möglichkeit weiterer Aufwendungen der beiden Klägerinnen als Legalzessionare.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des die Erstklägerin betreffenden Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-

übersteigt, daß der Wert des die Zweitklägerin betreffenden Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, zusammen mit dem Geldbetrag nicht den Betrag von S 300.000,- übersteigt und daß die Revision hinsichtlich des die Zweitklägerin betreffenden Streitgegenstandes zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich im wesentlichen aus, es trete der vom Erstgericht - entgegen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - vertretenen Rechtsansicht bei, daß durch die Wiederverheiratung der Witwe der Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Unterhaltes gemäß § 1327 ABGB nicht erlösche, sondern lediglich eine Vorteilsanrechnung im Sinne einer Differenzrechnung zu erfolgen habe.

Schon ein Blick in die BRD, wo bei durchaus vergleichbarer Rechtslage (§ 844 Abs.2 BGB) die Ansicht, durch Wiederverheiratung verliere die Witwe nicht den Anspruch, sondern sie erhalte die Differenz zur geringeren Versorgung durch die zweite Ehe, einhellig vertreten werde, sei geeignet, die Richtigkeit der österreichischen Rechtsprechung zumindest in Zweifel zu ziehen und erneut zu überprüfen.

Ausgangspunkt der Berechnung eines Vermögensschadens sei die Differenzrechnung, sodaß entsprechend ein Vergleich des Unterhaltsanspruches der Witwe in dem Fall, daß ihr unterhaltspflichtiger Ehegatte nicht getötet worden wäre, mit dem Unterhaltsanspruch aus der zweiten Ehe vorzunehmen sei, wobei eine auftretende Differenz wegen eines geringeren Einkommens des zweiten Ehegatten vom Schädiger gemäß § 1327 ABGB zu ersetzen sei. Es wäre eine offensichtliche Ungereimtheit, würde in einem solchen Fall anstatt der die Differenzrechnung berücksichtigenden Vorteilsanrechnung (des geringen Unterhaltes aus der zweiten Ehe) der Anspruch zur Gänze erlöschen, anstatt nur vermindert zu werden. Den Einwand der mangelnden Kausalität oder des Entfalles des Schadens durch Wiederverehelichung habe Apathy (JBl 1983,402) überzeugend widerlegt.

Eine analoge Regelung im Arbeitsrecht enthalte

§ 1155 Abs.1 ABGB. Wenn durch einen vom Arbeitgeber zu vertretenden Annahmeverzug dem Arbeitnehmer das Entgelt gebühre, müsse dieser sich das anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerbe. Es wäre geradezu gesetzwidrig, im Falle des Eingehens eines zweiten Arbeitsverhältnisses bei Fortbestand des ersten, wobei jenes geringer entlohnt sei als dieses, den Entgeltanspruch sogar hinsichtlich der Differenz zu verneinen. Ebensowenig vermöge die Ansicht zu überzeugen, die Witwe habe nach ihrem getöteten Ehemann keinen Schadenersatzanspruch wegen einer Unterhaltsdifferenz in dem Fall, daß der ihr vom zweiten Ehegatten gereichte Unterhalt geringer sei. Solange nicht vom Schädiger behauptet und bewiesen werde, die erste Ehe sei ohnehin schon brüchig gewesen, hätte für die unterhaltsberechtigte Frau, wäre die Tötung nicht erfolgt, kein Grund bestanden, die erste Ehe durch Scheidung zu beenden und sich einem zweiten, schlechter verdienenden Ehegatten zuzuwenden.

Dem Sozialversicherungsrecht liege hinsichtlich der Hinterbliebenenleistungen regelmäßig die Erwägung zugrunde, den vom verstorbenen Versicherten geleisteten Unterhalt zumindest zum Teil zu ersetzen, sodaß die sachliche Kongruenz zwischen solchen Leistungen und Ansprüchen nach § 1327 ABGB nicht zweifelhaft sein könne. Dabei wäre es geradezu atypisch, daß bei dieser Funktion, einen Unterhaltsanspruch zu ersetzen, das Sozialversicherungsrecht eine Leistung gewährte, der nicht ein entsprechender Schadenersatzanspruch gegenüberstünde. Es sei nämlich regelmäßig zu beobachten, daß die Leistungen des Sozialversicherungsrechtes durch Beschränkungen des Höchstausmaßes von Hinterbliebenenleistungen (vgl § 267 ASVG) in Verbindung mit Höchstbeitragsgrundlagen (§ 45 ASVG) unter anderem gegenüber Schadenersatzansprüchen geringer seien, nicht aber, daß eine Leistung (Abfertigung gemäß § 265 Abs.1 ASVG) erbracht werde, der ein Schadenersatzanspruch nicht gegenüberstehen sollte. Dieses ungewöhnliche Ergebnis werde vermieden, wenn die Rechtsansicht vertreten werde, durch die Wiederverehelichung werde ein Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Unterhaltes nicht beseitigt, sondern lediglich im Wege der Vorteilsanrechnung gemindert (oder nur bei höherer Unterhaltsleistung aus der zweiten Ehe zum Erlöschen gebracht). Die anzustrebende Harmonisierung zwischen dem Sozialversicherungsrecht und dem Schadenersatzrecht sei ein weiterer Grund, der gegen die bisher vertretene Rechtsprechung ins Treffen geführt werden könne. In schadenersatzrechtlicher Hinsicht sei zwischen dem Eingehen einer Lebensgemeinschaft und einer zweiten Ehe kein Unterschied zu erblicken; in beiden Fällen habe eine Vorteilsausgleichung zu erfolgen. Eine zwischen Schaden und anzurechnenden Vorteilen abwägende Lösung verdiene gegenüber einem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" ebenso den Vorzug wie etwa eine das Mitverschulden des Geschädigten als anspruchsmindernd berücksichtigende Lösung im Vergleich zu einer schwer zu rechtfertigenden Regelung nach Art einer Kulpakompensation, bei der durch ein Mitverschulden des Geschädigten sein Anspruch zur Gänze unterginge, wobei wegen dieser Systemwidrigkeit der Kulpakompensation für deren Einschränkung eingetreten werde. Aus all diesen Erwägungen vertrete das Berufungsgericht die Ansicht, daß durch die Wiederverheiratung ein Schadenersatzanspruch für entgangenen Unterhalt gemäß § 1327 ABGB nicht erlösche, sondern lediglich im Wege der Vorteilsanrechnung gemindert oder auch - im Fall eines höheren Einkommens des zweiten Ehegatten - aufgehoben werden könne. Demzufolge sei im Zusammenhalt mit dem Wiederaufleben des Anspruches auf Witwenpension im Falle des Scheiterns der zweiten Ehe von Gabriele Z*** das Feststellungsinteresse der Klägerinnen zu bejahen.

Letztlich sei noch der Einwand der Beklagten gegen die Teilkapitalisierung der Witwenrente in Form ihrer Abfertigung und das Bestehen einer zeitlichen Kongruenz im Sinne eines Deckungsfonds zu behandeln.

§ 14 Abs.3 EKHG verdeutliche einen Rechtsgedanken, der auch zu § 1327 ABGB von Lehre und Rechtsprechung vertreten werde. Damit bestehe also keine Diskrepanz hinsichtlich des Anspruches auf Kapitalabfindung zwischen Schadenersatzrecht, Haftpflichtrecht und auch Sozialversicherungsrecht, abgesehen von dem hier wieder festzustellenden Regelfall im Sozialversicherungsrecht, daß die Ansprüche enger begrenzt würden. Die mit dem Eingehen einer neuen Ehe verbundene wirtschaftliche Belastung stelle einen solchen wichtigen Grund dar; gerade die sozialversicherungsrechtliche Abfertigung im Fall der Eheschließung greife diesen typischen Grund heraus. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der einmaligen Zahlung werde von den Beklagten nicht eingewendet; die Zumutbarkeit einer solchen einmaligen Zahlung könne bei einer Versicherungsgesellschaft auch nicht zweifelhaft sein. Dazu komme auch, daß es geradezu eine Vereinfachung der Abwicklung darstelle, eine Einmalzahlung statt wiederholter monatlicher Teilbeträge zu leisten. Daher sei wegen der in sämtlichen Rechtsbereichen (Schadenersatzrecht und Sozialversicherungsrecht) übereinstimmend gegebenen Möglichkeit zur Zahlung eines einmaligen Kapitalbetrages das Bedenken gegen die zeitliche Kongruenz ausgeräumt.

Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision in Ansehung des die Zweitklägerin betreffenden Streitgegenstandes begründete das Berufungsgericht damit, daß es von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie insoweit, als der Erstklägerin ein Betrag von S 220.490,- s A und der Zweitklägerin ein Betrag von S 76.260,50 s A zugesprochen und dem Feststellungsbegehren der Zweitklägerin im vollen Umfang sowie dem der Erstklägerin in Ansehung an Gabriele Z*** zu erbringender künftiger Leistungen stattgegeben wurde, aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in diesem Umfang im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag. Die Klägerinnen haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, und zwar hinsichtlich des die Erstklägerin betreffenden Streitgegenstandes nach § 502 Abs.4 Z 2 ZPO und hinsichtlich des die Zweitklägerin betreffenden Streitgegenstandes nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO, weil das Berufungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.

Die Revisionsausführungen beschränken sich, soweit sie das Leistungsbegehren der beiden Klägerinnen betreffen, auf die ihnen aus dem Titel des Ersatzes der Witwenabfertigungen (§ 37 Abs.1 HVG bzw. § 265 Abs.1 ASVG) zugesprochenen Beträge (Erstklägerin S 219.800,-, Zweitklägerin S 65.138,50); dies traf auch schon auf die Berufungsausführungen der Beklagten zu. Nur in diesem Umfang lag im Rechtsmittelverfahren eine gehörig ausgeführte Rechtsrüge vor. In diesem Umfang sowie in Ansehung des von der Zweitklägerin gestellten Feststellungsbegehrens zur Gänze und des von der Erstklägerin in Ansehung an Gabriele Z*** zu erbringender künftiger Leistungen gestellten Feststellungsbegehrens ist die Revision auch sachlich berechtigt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (siehe dazu die von Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 39 zu § 1327 wiedergegebene Judikatur, zuletzt SZ 53/155), die sich insoweit auch auf gewichtige Lehrmeinungen stützen kann (Wolff in Klang2 VI 150; Ehrenzweig II/1 634 FN 68), daß die Eingehung einer für den staatlichen Bereich wirksamen Ehe durch die Witwe eines Getöteten das Erlöschen ihres Anspruches auf Ersatz entgangener Unterhaltsleistungen ihres getöteten Gatten nach § 1327 ABGB bewirkt. Die Richtigkeit dieser Rechtsprechung wurde in jüngerer Zeit zunächst von Piegler (Die Familie im Schadenersatzrecht, NZ 1970,164) in Frage gestellt und dann von Apathy (Schadenersatz wegen entgangenen Unterhalts und Wiederverheiratung, JBl 1983,397) und Koziol (Haftpflichtrecht2 II 161) verneint. Die beiden letztgenannten Autoren vertreten den Standpunkt, daß der der Witwe nach § 1327 ABGB zustehende Schadenersatzanspruch auf Ersatz entgangener Unterhaltsleistungen gegen den Schädiger durch ihre Wiederverehelichung nicht erlösche, sondern daß sie im Fall ihrer Wiederverehelichung gegen den Schädiger Anspruch auf Ersatz der Differenz zwischen der ihr durch den Tod ihres ersten Gatten entgangenen Unterhaltsleistung und einer allfälligen geringeren Unterhaltsleistung ihres zweiten Gatten habe.

Dem vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.

Durch den Hinweis auf die gesetzliche Unterhaltspflicht im § 1327 ABGB wird zwar nicht das Ausmaß der Ersatzpflicht, wohl aber der Kreis der nach dieser Gesetzesstelle anspruchsberechtigten Personen erschöpfend bestimmt (ZVR 1971/102; SZ 45/143; 8 Ob 143,144/80). Voraussetzung einer Ersatzpflicht des Schädigers im Sinne dieser Gesetzesstelle in Ansehung entgangener Unterhaltsleistungen ist also, daß der Getötete nach dem Gesetz für den Unterhalt des Anspruchsberechtigten zu sorgen gehabt hätte. Die Dauer der Ansprüche nach § 1327 ABGB hängt in diesem Sinne von der Dauer der Unterhaltspflicht des Getöteten ab (SZ 45/73; ZVR 1978/23; ZVR 1979/43; 8 Ob 65,121/80 ua).

Nach Meinung des erkennenden Senates ist aus den Vorschriften des § 75 EheG und des § 796 ABGB der Grundsatz abzuleiten, daß einem Ehegatten, der eine neue Ehe eingeht, keine Unterhaltsansprüche mehr gegen den früheren Ehegatten zustehen. Die Eingehung einer neuen Ehe setzt voraus, daß die erste Ehe aufgelöst wurde, sei es durch den Tod eines Ehegatten oder durch rechtsgestaltende gerichtliche Entscheidung. Für den ersten Fall ist davon auszugehen, daß Unterhaltsansprüche nicht passiv vererblich sind (siehe dazu SZ 27/247); § 796 ABGB begrenzt die dort statuierte Unterhaltsverpflichtung des Nachlasses mit der Wiederverehelichung des Ehegatten. § 75 EheG begrenzt eine nach Auflösung der Ehe durch rechtsgestaltende gerichtliche Entscheidung bestehende Unterhaltsverbindlichkeit eines Ehegatten mit der Wiederverheiratung des Berechtigten. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, ohne daß auf ihren bei Apathy aaO ausführlich dargestellten Regelungszweck näher einzugehen wäre, daß das Gesetz in jenen Fällen, in denen es einem Ehegatten überhaupt rechtlich möglich ist, eine zweite Ehe zu schließen, für diesen Fall die Beendigung seines Unterhaltsanspruches gegen den bisher unterhaltspflichtigen Ehegatten (bzw. dessen Nachlaß) statuiert. Es trifft sicher zu, daß diese gesetzliche Regelung nicht getroffen wurde, um einen im Sinne des § 1327 ABGB ersatzpflichtigen Schädiger im Fall einer Wiederverehelichung der anspruchsberechtigten Ehegattin zu entlasten. Leitet man aus ihr aber den sich nach Meinung des erkennenden Senates zwingend ergebenden unterhaltsrechtlichen Grundsatz ab, daß der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten gegen den anderen im Fall seiner Wiederverehelichung jedenfalls erlischt, dann ergibt sich daraus, daß der Witwe, wenn sie sich wieder verheiratet, deswegen kein Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger wegen entgangener Unterhaltsleistung durch ihren verstorbenen Ehegatten im Sinne des § 1327 ABGB zustehen kann, weil durch ihre Wiederverehelichung ihr Unterhaltsanspruch gegen den Getöteten jedenfalls erloschen wäre und sie damit infolge ihrer Wiederverehelichung aus dem Kreis der nach § 1327 ABGB zum Anspruch auf Schadenersatz berechtigten Personen ausschied.

Aus diesem Grund vermag der erkennende Senat der im wesentlichen auf die Lehrmeinung von Apathy und Koziol gestützten Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht zu folgen. Er vertritt vielmehr im Sinne der oben wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes weiterhin den Standpunkt, daß eine Witwe, die sich wieder verheiratet, nach diesem Zeitpunkt vom Schädiger keine Schadenersatzleistung durch ihren getöteten Ehemann mehr verlangen kann. Für Billigkeitserwägungen bleibt bei der dargestellten Rechtslage kein Raum; im übrigen bleibt es durchaus der freien Entscheidung der Witwe überlassen, ob sie sich wiederverehelichen will oder nicht. Die Rechtsprechung im Fall des Eingehens einer Lebensgemeinschaft durch die Witwe (SZ 53/155 ua), zu deren Richtigkeit hier nicht Stellung genommen werden muß, ist ebensowenig ein tragfähiges Argument gegen die Richtigkeit der dargestellten Rechtsansicht wie der Umstand, daß der Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechtes Regelungen getroffen hat (hier § 37 HVG und § 265 ASVG), die mit den Regelungen des bürgerlichen Rechtes nicht harmonieren und die unter Umständen den Sozialversicherungsträger zu Leistungen verpflichten, die er trotz angeordneter Legalzession deswegen nicht von dritten Personen hereinbringen kann, weil diesen Leistungen kein kongruenter nds gegenübersteht.

Zieht man in Betracht, daß sich die in den §§ 37 Abs.1 HVG bzw. 265 Abs.1 ASVG angeordneten Abfertigungen von Witwenrenten (Witwenpensionen) eindeutig auf die Zukunft, also die Zeit nach der Wiederverehelichung der Witwe beziehen (siehe dazu SZ 40/71, dann ergibt sich aus den obigen Rechtsausführungen, daß den im vorliegenden Fall von den beiden Klägerinnen der Witwe nach Wilhelm B*** aus diesem Titel erbrachten Leistungen kein sachlich und zeitlich kongruenter Deckungsfonds gegenübersteht, weil der Witwe nach dem Zeitpunkt ihrer Wiederverehelichung kein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagten im Sinne des § 1327 ABGB wegen entgangener Unterhaltsleistungen ihres getöteten Ehemannes mehr zustand.

Aus dem gleichen Grund ist ein rechtliches Interesse der beiden Klägerinnen an der Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten in Ansehung künftiger an die Witwe nach Wilhelm B*** zu erbringender Leistungen zu verneinen. Gewiß besteht die Möglichkeit, daß der Anspruch der Witwe auf Witwenpension (Witwenrente) wieder aufleben kann (§ 37 Abs.2 HVG, § 265 Abs.2 ASVG). Da es aber im Sinne obiger Rechtsausführungen für allfällige nach dem Zeitpunkt der Wiederverehelichung zu erbringende Leistungen an die Witwe aus diesem Titel an einem kongruenten Deckungsfonds fehlt, kann diesbezüglich eine Legalzession nicht mehr stattfinden und damit eine Regreßverpflichtung der Beklagten nicht mehr in Betracht kommen. Es ist daher den Klägerinnen auch im Hinblick auf ihre mögliche künftige Verpflichtung zur Leistung von Witwenpension (Witwenrente) an die Witwe nach Wilhelm B*** ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für den Ersatz derartiger Leistungen nicht zuzubilligen (ZVR 1976/153 ua). Es war daher in teilweiser Stattgebung der Revision der Beklagten wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens in erster Instanz beruht auf den §§ 43 Abs.1, 46 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf den §§ 43 Abs.1, 46 Abs.1 und 50 ZPO.

Anmerkung

E12635

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00037.87.1119.000

Dokumentnummer

JJT_19871119_OGH0002_0080OB00037_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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