TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/21 2002/12/0195

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Veröffentlicht am 21.09.2005
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Index

L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §37;
DGO Graz 1957 §74b Abs1 Z1;
DGO Graz 1957 §74b Abs5;
DGO Graz 1957 §74b;
DVG 1984 §8 Abs1;
GehG 1956 §121 idF 1994/550 impl;
GehG 1956 §122 idF 1994/550 impl;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1 impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. Bernhard Grillitsch, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Schiffgasse 6/1, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 11. April 2002, Zl. Präs. K-28/2002- 3, betreffend Verwendungszulage gemäß § 74b Abs. 1 Z. 1 der DO Graz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter des Schemas II, Verwendungsgruppe D mit dem Amtstitel "Kanzleioberoffizial" in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Er ist der Magistratsabteilung 8a - Steueramt (Exekution) zur Dienstleistung zugeteilt. Mit Schreiben vom 4. Februar 2000 teilte der Personaldirektor mit, dass sich beim Beschwerdeführer mit Inkrafttreten des Dienstpostenplanes 2000 folgende Änderungen ergäben: "D I-III".

Am 5. April 2001 stellte der Beschwerdeführer einen "Antrag auf Zuerkennung einer Verwendungszulage" und brachte dazu Folgendes vor (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Ich wurde mit August 1999 mit einer C-wertigen Tätigkeit in der Abteilung für Steuern und Abgaben - Referat Exekution betraut, da ich damals den Posten von Frau Q, welche in der C V eingestuft ist, übernommen habe. Ich war und bin stets bemüht, die mir übertragenen Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit meiner Vorgesetzten zu erledigen. Wie jedoch aus meiner ... beiliegenden Stellenbeschreibung zu ersehen ist, bekleide ich noch immer einen Dienstposten der Dienstklasse D.

Ich ersuche daher gemäß § 74b Abs. 1 und 2 der Dienst- und Gehaltsordnung für die Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 i.d.g.F., wonach einem Beamten eine ruhegenussfähige Verwendungszulage gebührt, wenn er dauernd einen Dienst verrichtet, der regelmäßig nur von Beamten einer höheren Dienstklasse erwartet werden kann, um Zuerkennung einer Verwendungszulage rückwirkend ab August 1999 und ersuche gleichzeitig um Zulassung zur Dienstprüfung der Verwendungsgruppe C zum nächstmöglichen Termin.

Ich bitte um bescheidmäßige Erledigung."

Der Abteilungsvorstand des Beschwerdeführers, Mag. M, berichtete über Auftrag des Personalamtes dazu am 31. Mai 2001, dass der Beschwerdeführer seit August 1999 meist gemeinsam mit anderen Bediensteten, die C-wertig eingestuft seien, und bei Abwesenheit dieser Bediensteten auch alleine Drittverbote erstelle. Drittverbote seien Lohn-, Gehalts- oder Pensionspfändungen, die als Bescheid ohne Einschaltung eines Bezirksgerichtes direkt dem Dienstgeber zugestellt werden. Für die Ausstellung eines Drittverbotes seien Kenntnisse einer speziellen Software (Exomat) sowie generelle PC-Kenntnisse erforderlich. Die Anzahl der Drittverbote nehme jährlich zu (1999: 352 Stück, 2000: 402 Stück und 2001 bisher 193 Stück). Das Mengenzeitgerüst der vom Beschwerdeführer durchzuführenden Arbeiten zeige, dass er 962 von 1612 jährlichen Arbeitsstunden mit Drittverboten beschäftigt sei.

Mit Bescheid vom 6. Dezember 2001 stellte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz fest, dass dem Beschwerdeführer eine Verwendungszulage gemäß § 74b Abs. 1 Z. 1 der DO Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 35/2001, nicht gebühre.

Nach Darstellung des Antrages und der Rechtslage stelle der Stadtsenat folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"(Der Beschwerdeführer) erstellt seit August 1999 meist gemeinsam mit anderen Bediensteten, die C-wertig eingestuft sind, und bei Abwesenheit dieser Bediensteten auch alleine Drittverbote. Drittverbote sind Lohn-, Gehalts- oder Pensionspfändungen, die als Bescheid ohne Einschaltung des Bezirksgerichtes (ohne Gerichtskosten) direkt dem Dienstgeber zugestellt werden. Für die Ausstellung eines Drittverbotes sind Kenntnisse einer speziellen Software (Exomat) sowie generelle PC-Kenntnisse erforderlich.

Weiters wurde mitgeteilt, dass (der Beschwerdeführer) von 1612 jährlichen Arbeitsstunden 962 Stunden mit Drittverboten beschäftigt ist."

Rechtlich führte der Stadtsenat aus, gemäß § 74b Abs. 1 Z. 1 der DO Graz i.V.m. den Richtlinien des Gemeinderates gebühre einem Beamten eine ruhegenussfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd in erheblichem Ausmaß (das von der Judikatur mit mehr als 25 % der gesamten Tätigkeit angesetzt werde) Dienste verrichte, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen seien. Für Bedienstete der Verwendungsgruppe C seien neben dem erforderlichen Fachwissen eigene Verantwortung und Selbständigkeit der Tätigkeit typisch, obzwar in vermindertem Ausmaß. Im Übrigen seien für Beamte der Verwendungsgruppe C charakteristische Tätigkeiten solche der Kanzleileitung, der Vorbereitung von Entscheidungen durch Erarbeitung des Sachverhaltes oder der Erteilung von Auskünften aus Aktenunterlagen. Aus dem Stellendatenerhebungsblatt gehe hervor, dass der Beschwerdeführer keinen Handlungsspielraum in seinem Verantwortungsbereich habe. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass er seine Tätigkeit nicht in Eigenverantwortung und Selbständigkeit erbringe und somit nicht Dienste verrichte, die einer höherwertigen Verwendungsgruppe zuzuordnen seien. Der geltend gemachte Anspruch sei demnach nicht gegeben.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin legte er näher dar, dass er seit August 1999 gemeinsam mit Frau Q, in ihrer Abwesenheit alleine, für die bescheidmäßige Erlassung von Drittverboten (oder deren Unterbleiben) verantwortlich sei. Er habe dabei einen (näher umschriebenen) weiten Handlungsspielraum.

Die belangten Behörde führte ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, im Zuge dessen der Abteilungsvorstand des Beschwerdeführers, Mag. M, am 12. Februar 2002 folgende Stellungnahme abgab (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"1.) Die Aufgabengebiete des Berufungswerbers umfassen im Wesentlichen folgende Tätigkeiten:

Erstellen von Drittverboten: dazu gehören

die Überprüfung der offenen Forderungen

die Ausforschungen bei auswärtigen Gemeinden

die Fristenkontrolle

Vertretung des Amtsboten sowie Vertretungen der Kanzlei.

Das Ausmaß der Eigenverantwortung ist bei dieser Tätigkeit gering und wird vor allen Dingen dadurch begrenzt, dass die Abfragen beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger nur von anderen C oder B wertigen Bediensteten vorgenommen werden dürfen und (der Beschwerdeführer) ausdrücklich von allen Tätigkeiten ausgenommen ist, die mit Bargeld zu tun haben.

2.) Kenntnisse anzuwendender Vorschriften oder auch fachliche Grundsätze sind nur sehr eingeschränkt erforderlich, da (der Beschwerdeführer) über keine Entscheidungskompetenz verfügt. Die Kenntnisse von Verwaltungsverfahrensgesetzen und der Kanzleiordnung sind zwar für seinen Tätigkeitsbereich förderlich, aber nicht Voraussetzung. Auch von einer Vorbereitung für Entscheidungen oder der Erarbeitung von Sachverhalten kann bei der Tätigkeit des Berufungswerbers nicht gesprochen werden, da wie oben dargestellt, dieser nur mit einfachen Durchführungsaufgaben betraut ist.

3.) Zum Unterschied von den C- und B-Bediensteten hat (der Beschwerdeführer) bei der Erstellung von Drittverboten keinerlei Entscheidungskompetenz, ist nicht berechtigt, Meldeanfragen an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger zu richten, die als Voraussetzung für die Entscheidung, ob überhaupt ein Drittverbot eingeleitet wird, gesehen werden kann. Selbst bei der Vertretung des Amtsboten war (der Beschwerdeführer) bei der sehr oft notwendigen Übermittlung von Geldbeträgen immer ausgenommen."

Der Beschwerdeführer gab hiezu am 12. März 2002 eine Stellungnahme ab, in der er zu Handlungsspielraum und Verantwortungsbereich bei der Erstellung und Bearbeitung von Drittverboten auf seine Berufung verwies. Eine Abfrage beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger in Wien zur Feststellung eines Dienstgebers sei nur der erste Schritt und nicht eine Voraussetzung bei der Erstellung (Nichterstellung) eines Drittverbotes, wenn der Dienstgeber nicht anders (etwa über Bericht der Exekutoren oder Anfragen bei Gemeindeämtern) ausgeforscht werden könne. Da die Abfragen über den Hauptverband kostenpflichtig seien, seien in der gesamten Abteilung für Steuern und Abgaben nur zwei Berechtigungen an Frau Q und Frau K vergeben worden. Die Erstellung und Bearbeitung von Drittverboten würden fast ausschließlich von Frau Q und ihm (zusammen oder auch alleine) durchgeführt. Auch bei Abwesenheit von Frau Q würden keinerlei Entscheidungen bei der Erstellung bzw. Fortführung eines Drittverbotes aufgeschoben.

Als Vertreter des Amtsboten werde er seit einem Jahr nicht mehr verwendet, weil einerseits die Kanzlei mit anderen Leuten besetzt worden sei, andererseits die Zahl der Drittverbote so stark angestiegen sei, dass ein Bediensteter alleine diesen Arbeitsaufwand nicht mehr bewältigen könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Bescheid des Stadtsenates vom 6. Dezember 2001 erhobene Berufung des Beschwerdeführers ab.

Nach zusammenfassender Beschreibung des Verwaltungsverfahrens stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:

"Der Antragsteller ist in der Abteilung für Steuern und Abgaben in der Vollstreckungsstelle als Mitarbeiter im Innendienst beschäftigt und in der Verwendungsgruppe D eingereiht. Er ist seit August 1999 gemeinsam mit anderen Bediensteten mit Aufgaben bei der Erstellung von so genannten Drittverboten (= Lohn-, Gehalts- oder Pensionspfändungen) betraut. Er hat dabei offene Forderungen zu überprüfen, Fristen zu kontrollieren oder bei Gemeinden Ausforschungen zu betreiben. Abfragen beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger, die als wesentliche Voraussetzungen für die Entscheidung, ob überhaupt ein Drittverbot eingeleitet wird, anzusehen sind, ist er nicht berechtigt durchzuführen. Er verfügt (im Gegensatz zu den C- und B-Bediensteten des Referates) insofern über keine Entscheidungskompetenz. Der Tätigkeitsbereich des Berufungswerbers erreicht nicht das Maß, welches erforderlich ist, um im Zusammenhang mit seinen Aufgaben bei der Erstellung von Drittverboten von einer Vorbereitung von Entscheidungen oder von der Erarbeitung von Sachverhalten sprechen zu können, auch weil Kenntnisse über fachliche Grundsätze, wie elementare Kenntnisse der Kanzleiordnung oder des Verwaltungsverfahrens für die dem Berufungswerber organisatorisch zugewiesenen Aufgaben bei der Erstellung von Drittverboten, nicht Voraussetzung sind und sein Aufgabenbereich nur aus einfachen Durchführungsarbeiten besteht.

Er wird weiters als Vertretung des Amtsboten sowie als Vertretung in der Kanzlei dienstlich verwendet, wobei er aber zu der oft notwendigen Übermittlung von Geldbeträgen nicht eingesetzt wird."

Ihre Beweiswürdigung gründete die belangte Behörde auf die "schlüssige Stellungnahme der Amtsleitung der Abteilung für Steuern und Abgaben vom 12.2.2002". Dieser sei gemäß § 45 Abs. 2 AVG volle Beweiskraft zuerkannt worden. Dem anders lautenden Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere bezüglich seiner Verantwortung und Kompetenz bei der Erstellung von Drittverboten oder seiner Aufgabe, Anfragen beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger durchzuführen, habe "daher" nicht gefolgt werden können.

Rechtlich teilte die belangte Behörde die bereits vom Stadtsenat vertretene Ansicht. Für die aus den Feststellungen ersichtlichen Tätigkeitsbereiche ergebe sich, dass diese vom Beschwerdeführer nicht in eigener Verantwortung bzw. mit nur sehr geringer Selbständigkeit erbracht werden. So werde er z.B. als Amtsbote zur Übermittlung von Geldbeträgen nicht verwendet. Da er keine Entscheidungskompetenz besitze bzw. einzelne Verwaltungsvorschriften nicht verantwortlich anzuwenden habe und daher die Kenntnis fachlicher Grundsätze für seine Aufgaben bei der Erstellung von Drittverboten nur sehr eingeschränkt erforderlich sei, auch weil er beispielsweise die grundlegenden Abfragen beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger nicht durchzuführen habe, könne seine dienstliche Tätigkeit nicht als charakteristisch für einen C-Bediensteten angesehen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 74b Abs. 1 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (kurz: DO Graz), LGBl. Nr. 30/1957, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 17/1976, lautet:

"§ 74b

Verwendungszulage, Verwendungsabgeltung

(1) Dem Beamten gebührt eine ruhegenussfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd

1. in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind,

2. einen Dienst verrichtet, der regelmäßig nur von Beamten einer höheren Dienstklasse erwartet werden kann, oder

3. ein besonderes Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte zu tragen hat und diese Verantwortung über dem Ausmaß an Verantwortung liegt, das Beamte in gleicher dienst- und besoldungsrechtlicher Stellung tragen."

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem nach Z. 1 der genannten Gesetzesstelle "gewährleisteten subjektiven Recht auf Zuerkennung einer ruhegenussfähigen Verwendungszulage" verletzt.

Er rügt das Unterbleiben entscheidungswesentlicher Feststellungen, insbesondere zu seinem konkreten Aufgabenbereich bzw. Tätigkeitsfeld, zu seiner Entscheidungskompetenz (darüber, wann und unter welchen Umständen eine Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger getätigt werde), über die behaupteten Änderungen der von ihm zu erledigenden Aufgaben während des bis August 1999 zurückreichenden Entscheidungszeitraumes (frühere Kompetenz, für Drittverbote nicht nur Vorarbeiten und Recherchen durchzuführen, sondern solche selbst zu unterfertigen; Beendigung der früheren aushilfsweisen Tätigkeit als Aktenbote) sowie Feststellungen darüber, in welchem Umfang er die einzelnen Tätigkeiten erbringe.

Tatsächlich obliege ihm eine vielseitige und eigenverantwortliche Tätigkeit, mit der er betraut werde, wenn die in der Stadt Graz tätigen neun Vollzugsorgane (Exekutoren) mit Einbringungsversuchen erfolglos geblieben seien. Er habe zu recherchieren, ob es Drittschuldner gebe, pfändbares Einkommen vorhanden sei und ein Drittverbot erlassen werden müsse. Dabei habe er Fristen (etwa Verjährungsfristen) eigenständig zu wahren und den betreffenden Akt im Fall der Uneinbringlichkeit rechtzeitig an das zuständige Referat weiterzuleiten. Sollte ein Drittschuldner nicht ausfindig gemacht werden können, sei eine Abfrage beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger in Wien vorzunehmen. Ihm obliege es in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob ein Drittverbot erlassen werde oder noch weitere Vorarbeiten nötig seien. Dabei komme es ihm auch zu, auf Abgabenschuldner einzuwirken, aus eigenem Zahlungen auf offene Abgaben zu leisten.

Würden von Drittschuldnern Zahlungen geleistet, so müsse er diese verbuchen und fremde Abgaben und Gebühren an die zuständige Buchhaltung weiterleiten. Im Umfang von den Drittschuldnern laufend zu tätigenden monatlichen Zahlungen müsse er entsprechende Überprüfungen vornehmen und Betreibungen in die Wege leiten. Dafür habe er auch die erforderlichen Kenntnisse der Kanzleiordnung.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer auf, dass der angefochtene Bescheid, obgleich bereits im Verwaltungsverfahren hinreichendes Vorbringen vorgelegen war, nicht auf einem Ermittlungsergebnis aufbaut, das in einem ordentlichen Verfahren gewonnen wurde.

Die Beurteilung der Gebührlichkeit einer Verwendungszulage nach § 74b Abs. 1 Z. 1 der DO Graz setzt die ordnungsgemäße Erhebung und Feststellung sämtlicher vom Beschwerdeführer (gegebenenfalls zeitraumbezogen unterschiedlich) tatsächlich erbrachten Tätigkeiten voraus (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1996, Zl. 95/12/0027, und vom 15. Dezember 1999, Zl. 97/12/0186).

Da die Regelung des § 74b der DO Graz inhaltlich der im Bundesdienstrecht (in den §§ 121 und 122 GehG idF des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, davor im § 30a Abs. 1 Z. 1 GehG) getroffenen Regelungen über die Verwendungszulage und die Verwendungsabgeltung entspricht, kann die dazu ergangene Judikatur herangezogen werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1999, Zl. 97/12/0186, und vom 18. Oktober 2002, Zl. 98/12/0225). Danach sind für Beamte der Verwendungsgruppe C charakteristische Tätigkeiten etwa die der Kanzleileitung, der Vorbereitung von Entscheidungen durch Erarbeitung des Sachverhaltes oder der Erteilung von Auskünften aus Aktenunterlagen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1976, Zl. 1872/75). Zur Abgrenzung von Tätigkeiten der Verwendungsgruppe C von jenen der Verwendungsgruppe D und der hiefür maßgebenden Anstellungserfordernisse und Grundausbildungsvorschriften wird dabei gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/12/0204, verwiesen.

Als Sachverhaltsgrundlage für die von der belangten Behörde im weiteren Verfahren vorzunehmende Bewertung der Tätigkeiten des Beschwerdeführers müssen der Inhalt und die Quantifizierung der vom Beschwerdeführer tatsächlich (bei erheblicher Änderung auch zeitraumbezogen unterschiedlich: vgl. das zu § 30a Abs. 1 GehG/Stmk. ergangene hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zl. 97/12/0201, und das zur Bundesrechtslage ergangene hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 2001/12/0054) erbrachten Arbeitsleistungen in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben werden.

Insbesondere werden Feststellungen über die vom Beschwerdeführer bei der Erstellung von Drittverboten einzuhaltenden Arbeitsvorgänge und die ihm zukommende Entscheidungskompetenz (unter Eingehen auf die Fragen der tatsächlich gehandhabten Verwendung von Formularen, einer EDV-Unterstützung, der für die Arbeitserledigung erforderlichen Kenntnisse und Sorgfalt sowie von Notwendigkeit, Häufigkeit, Art und Umfang zusätzlicher Nachforschungen) unter näherer Beschreibung der einzelnen Arbeitsgänge zu treffen sein. Weiters wird auf die Vertretung von Frau Q einzugehen sein, wobei deren Einstufung in Verwendungsgruppe C Indizwirkung für die vom Beschwerdeführer zu erbringenden Vertretungstätigkeiten jedenfalls dann zukäme, wenn er in ihrem Verhinderungsfall uneingeschränkt ihre Aufgaben, z.B. was die Abfrage beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger betrifft, zu übernehmen hat. Nach den vorgelegten Verwaltungsakten ist auch nicht ausgeschlossen, dass sich die vom Beschwerdeführer zu besorgenden Aufgaben und/oder der Umfang seiner Vertretungstätigkeit für in einer höheren Verwendungsgruppe ernannte Beamte im strittigen Zeitraum in einer für die Beurteilung des strittigen Zulagenanspruches maßgebenden Weise verändert haben. Sollten die Tätigkeiten des Beschwerdeführers seinem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen entsprechen, wäre der die Drittverbote umfassende Tätigkeitsbereich als C-wertig einzustufen.

Wenn ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren eine Mischverwendung ergibt, gebührt eine Verwendungszulage, worauf bereits die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat, im Anwendungsbereich des § 74b Abs. 1 Z. 1 der DO Graz schon dann, wenn eine höherwertige Tätigkeit in einem erheblichen Umfang (25 %) erbracht wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1996, Zl. 95/12/0027, und vom 15. Dezember 1999, Zl. 97/12/0186, m.w.N. der Vorjudikatur).

Die derzeit pauschal zum Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers (zudem ohne zeitliche Differenzierung) getroffenen Feststellungen lassen inhaltlich offen, mit welchen Kontrollen oder "einfachen Durchführungsaufgaben" der Beschwerdeführer betraut war. Es kann somit auch nicht beurteilt werden, welche Kenntnisse und Fertigkeiten für die Erledigung derartiger Aufgaben erforderlich sind. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. September 2005

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002120195.X00

Im RIS seit

12.12.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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