TE OGH 1988/3/1 2Ob626/87

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Veröffentlicht am 01.03.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Hilde G***, Private, 1100 Wien, Schleyergasse 14, vertreten durch Dr. Wilfried Lefford, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dkfm. Elisabeth E***, Angestellte, 1050 Wien, Victor-Christgasse 18, vertreten durch Dr. Johannes Schriefl, Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwälte in Wien, unter Nebenintervention des Walter T***, Arbeiter, 1120 Wien, Eichenstraße 18/3, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revisionen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 1. April 1987, GZ 48 R 96/87-19, womit infolge Berufungen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 7. November 1986, GZ 4 C 1214/86-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Keiner der Revisionen wird Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 1.994,10 (darin keine Barauslagen und S 181,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 24. März 1986 kündigte die Klägerin der Verlassenschaft nach der am 3. Februar 1986 verstorbenen Erika T***, vertreten durch die erbserklärte Erbin Dkfm. Elisabeth E***, die Wohnung top Nr. 3 im Hause 1120 Wien, Eichenstraße 18, aus dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG zum 30. Juni 1986 auf.

Die Beklagte erhob gegen die Aufkündigung fristgerecht Einwendungen und führte aus, es treffe nicht zu, daß keine eintrittsberechtigten Personen vorhanden seien. Die zwischen Erika T*** und Walter T*** am 8. Juni 1972 vor dem Standesamt Wien Margarthen geschlossene Ehe sei mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Jänner 1985 mit der Wirkung geschieden worden, daß sie mit Rechtskraft dieses Urteiles aufgelöst ist. Dieses Urteil sei auf Grund der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 24. September 1985 seit 5. November 1985 in Rechtskraft erwachsen. Mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Jänner 1984 sei dem Walter T*** aufgetragen worden, die eheliche Wohnung in 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, sofort zu verlassen. Diese Einstweilige Verfügung habe nur für die Dauer des Rechtsstreites wegen Ehescheidung bis zu dessen rechtkräftiger Erledigung gegolten. Nach Rechtskraft der Scheidung seien außergerichtliche Vergleichsgspräche zwischen den Ehegatten T*** bzw. Walter T*** und der gekündigten Partei geführt worden, wobei Walter T*** bereits gegen die Verlassenschaft Schadenersatzansprüche angedroht habe, da er die Möglichkeit habe, binnen Jahresfrist, gerechnet ab 5. November 1985, nach §§ 81 ff EheG Anträge zu stellen und nicht auszuschließen sei, daß das Bezirksgericht Fünfhaus im Rahmen des Aufteilungsverfahrens die Hauptmietrechte an der klagsgegenständlichen Wohnung dem Walter T*** übertragen werde. Am Verfahren hat sich auch Walter T***, dem von der Beklagten der Streit verkündet worden war, als Nebenintervenient beteiligt und vorgebracht, daß bereits Erika T*** mit Schreiben vom 6. November 1985 vom Nebenintervenienten zur Übergabe der Wohnungsschlüssel aufgefordert worden sei, da die Scheidung rechtskräftig und die Einstweilige Verfügung außer Kraft getreten und ein dringendes Wohnbedürfnis des Walter T*** gegeben sei. Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und verpflichtete die Beklagte zur Räumung und Übergabe der Wohnung an die Klägerin, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Erika T***, zuletzt wohnhaft in 1120 Wien,

Eichenstraße 18/1/3, ist am 3. Februar 1986 verstorben. Sie war Hauptmieterin der Wohnung top Nr. 3 in dem der Klägerin gehörigen Hause Eichenstraße 18. Erika T*** hat am 29. Dezember 1983 zu 40 Cg 215/83 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, die Scheidungsklage gegen ihren Ehegatten Walter T***, den sie am 8. Juni 1972 geehelicht hatte, eingebracht. Mit dieser Scheidungsklage war ein Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung durch Erlassung eines Verbotes an den beklagten Ehegatten, ab dem Tage der Zustellung dieses Beschlusses die eheliche Wohnung in 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, zu betreten, verbunden. Mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Jänner 1984 wurde dem Walter T*** aufgetragen, die eheliche Wohnung in Wien 12., Eichenstraße 18/1/3, sofort zu verlassen, und ausgesprochen, daß diese Verfügung für die Dauer des Rechtsstreites wegen Ehescheidung bis zu seiner rechtskräftigen Erledigung gelte. Die gegen diese Einstweilige Verfügung erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos. Mit Beschluß vom 3. Februar 1984 bewilligte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den von der betreibenden Partei Erika T*** gestellten Antrag auf Exekution zur Erzwingung des vollstreckbaren Anspruches gegen den Verpflichteten Walter T*** auf sofortiges Verlassen der ehelichen Wohnung in Wien 12., Eichenstraße 18/1/3. Mit Urteil vom 21. Jänner 1985 sprach das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien aus, daß die zwischen Erika T*** und Walter T*** am 8. Juni 1972 vor dem Standesamt Wien Margarethen geschlossene Ehe mit der Wirkung geschieden werde, daß sie mit Rechtskraft dieses Urteiles aufgelöst ist. Das Verschulden treffe den Beklagten Walter T*** allein. Rechtlich begründete das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sein Urteil damit, daß Walter T*** durch seinen andauernden mißbräuchlichen Alkoholkonsum und insbesondere dadurch, daß er im alkoholisierten Zustand zur Streitsucht neigt und Erika T*** beschimpft, die Pflicht zur anständigen Begegnung verletzte, daß auch sein durch Alkoholmißbrauch erfolgter Rückfall in neuerliche Straftaten einen Scheidungsgrund darstelle, er ehewidrige Handlungen gesetzt habe und es auch eine schwere Eheverfehlung darstelle, daß Walter T*** Mißhandlungen gegen Erika T*** gesetzt und sie überdies gewürgt habe, weswegen er auch strafgerichtlich verurteilt worden sei. Durch diese Eheverfehlungen habe der Beklagte die Ehe schuldhaft so tief zerrütet, daß die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden könne. Einer gegen dieses Urteil erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 24. September 1985 nicht Folge gegeben, womit das Urteil erster Instanz in Rechtskraft erwachsen ist. Die am 3. Februar 1986 verstorbene Erika T*** hat mit Testament vom 10. Jänner 1984 ihren gesamten Nachlaß ihrer Freundin Dkfm. Elisabeth E*** vermacht, welche auf Grund dieses Testamentes am 17. Februar 1986 zum gesamten Nachlaß die unbedingte Erbserklärung abgab und der mit Beschluß vom 24. Februar 1986 die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen und mit Einantwortungsurkunde vom 25. Juni 1986 auch der gesamte Nachlaß zur Gänze eingeantwortet wurde. Walter T*** hat am 26. Juli 1986 zur GZ 2 F 6/86 des Bezirksgerichtes Fünfhaus gegen die Verlassenschaft nach Erika T***, vertreten durch die erbserklärte Erbin Dkfm. Elisabeth E***, einen Antrag gemäß §§ 81 ff EheG eingebracht, welcher unter anderem das Begehren enthält, die Mietrechte an der vormaligen ehelichen Wohnung in 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, dem Antragsteller zuzuweisen. Zu diesem Antrag wurde von Walter T*** ausgeführt, daß seine Ehe mit Erika T*** auf Grund der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 24. September 1985 rechtskräftig geschieden sei, eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse bis jetzt nicht Platz gegriffen und sich die eheliche Wohnung in 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, befunden habe. Hauptmieterin dieser Wohnung sei die verstorbene Erika T*** gewesen und er habe auf Grund seiner Mitbenützung dieser Wohnung als Ehegatte ein Eintrittsrecht im Sinne des Mietrechtsgesetzes. Auf Grund der Einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien sei ihm jedoch das Betreten der ehelichen Wohnung während der Dauer des anhängigen Scheidungsverfahrens untersagt gewesen und es habe sich auch seine geschiedene Ehegattin nach Rechtskraft der Scheidung geweigert, trotz Erlöschens der Einstweiligen Verfügung mit Rechtskraft des Scheidungsurteils ihm Zutritt zur ehelichen Wohnung zu gewähren. Nunmehr sei die Verlassenschaft nach Erika T*** auf Räumung geklagt und könne naturgemäß keine Ansprüche an der ehelichen Wohnung stellen, da nur er, Walter T***, eintrittsberechtigt sei. Am 17. Juli 1986 wurde von Walter T*** in diesem Verfahren auch die Erlassung der Einstweiligen Verfügung beantragt, die vormalig eheliche Wohnung in 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Verfahrens allein dem Antragsteller Walter T*** zuzuweisen. Die Antragsgegnerin dieses Verfahrens trat den Anträgen des Walter T*** hinsichtlich der Ehewohnung unter anderem damit entgegen, daß Erika T*** sich zu Recht geweigert habe, die Schlüssel zur Wohnung zur Verfügung zu stellen, da sie auf Grund des aggressiven Verhaltens des Antragstellers Walter T*** befürchten mußte, daß er sie abermals tätlich angreifen würde. Eintrittsrechte des Walter T*** bestünden schon mangels einer gemeinsame Haushaltsführung mit der verstorbenen Erika T*** nach dem Mietrechtsgesetz nicht. Erst nachdem das Kündigungsverfahren in der Verhandlung vom 16. September 1986 in erster Instanz geschlossen worden war, erließ der Familienrichter am 25. September 1986 zu 2 F 6/86 ON 19 einerseits eine Einstweilige Verfügung, wonach die Ehewohnung in 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Verfahrens dem Antragsteller Walter T*** zur alleinigen Benützung zugewiesen wurde und andererseits eine Teilentscheidung gemäß § 87 EheG, wonach der Antragsteller Walter T*** in das der Benützung der Ehewohnung in 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, zugrundeliegende Recht bzw. Mietverhältnis eintritt und ihm die alleinigen Hauptmietrechte an der Wohnung 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3 zugeteilt werden. Gegen diesen Beschluß hat die Hauseigentümerin des Hauses Eichenstraße 18, Frau Dr. Hilde G***, nachdem er ihr über

ausdrücklichen Antrag zugestellt wurde, Rechtsmittel erhoben. Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß der geltend gemachte Kündigungsgrund verwirklicht sei. Der Nebenintervenient, der Eintrittsrechte geltend mache, zähle nämlich nicht zu dem in § 14 Abs 3 MRG genannten Personenkreis. Als geschiedener Ehegatte der verstorbenen Mieterin sei er daher nicht eintrittsberechtigt. Daß der Nebenintervenient Ansprüche nach § 81 ff EheG geltend gemacht habe, berühre das gegenständliche Kündigungsverfahren in keiner Weise. Selbst wenn der Nebenintervenient nach Schluß der Verhandlung erster Instanz im Verfahren über die Zuteilung der Ehewohnung die Mietrechte an der aufgekündigten Wohnung zugewiesen erhalten habe, so betreffe dies das gegenständliche Kündigungsverfahren nicht. Im Zeitpunkt der Aufkündigung habe jedenfalls eine Übertragung von Hauptmietrechten noch nicht wirksam stattgefunden.

Die gegen das Urteil des Erstgerichtes von der Beklagten und vom Nebenintervenienten erhobenen Berufungen blieben erfolglos. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und daß die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme jener über den nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Verfahren 2 F 6/86 des Bezirksgerichtes Fünfhaus gefaßten Beschluß über die Zuteilung der Rechte an der Ehewohnung an Walter T*** sowie die Erlassung der Einstweiligen Verfügung über die Benützung der Ehewohnung durch Walter T*** und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wenden sich die Revision der Beklagten und des Nebenintervenienten; die Beklagte beantragt, gestützt auf die Anfechtungsgründe nach § 503 Abs 1 Z 3 und 4 ZPO Abänderung im Sinne der Klagsabweisung und Aufhebung der Aufkündigung; der Nebenintervenient strebt unter Geltendmachung des "Revisionsgrundes nach § 502 Abs 2 i.V.m. § 502 Abs 4 Z 1 ZPO" (nach dem Inhalt der Revisionsausführungen offenbar gemeint § 503 Abs 1 Z 1 und 4 ZPO) die Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens und die Zurückweisung der Aufkündigung, allenfalls Abänderung im Sinne der Aufhebung der Aufkündigung an; hilfsweise stellen die Beklagte und der Nebenintervenient Aufhebungsanträge. Die Klägerin beantragt in ihren Revisionsbeantwortungen, den Revisionen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), jedoch nicht berechtigt.

Wie vom Revisionsgericht erhoben, hat das Bezirksgericht Fünfhaus im Verfahren des Antragstellers Walter T*** gegen die Antragsgegnerin Dkfm. Elisabeth E*** wegen § 81 ff EheG mit Beschluß vom 25. September 1986, GZ 2 F 6/86-19, mit Einstweiliger Verfügung die Ehewohnung in 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens dem Antragsteller Walter T*** zur alleinigen Verfügung zugewiesen und der Antragsgegnerin die Ausfolgung der Wohnungsschlüssel an den Antragsteller aufgetragen sowie mit Teilentscheidung ausgesprochen, daß der Antragsteller Walter T*** gemäß § 87 EheG in das der Benützung der Ehewohnung 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, zugrundeliegende Rechts- bzw. Mietverhältnis eintritt und ihm die alleinigen Hauptmietrechte an der Wohnung 1120 Wien, Eichenstraße 18/1/3, zugeteilt werden. Der gegen diese Entscheidung von der Bestandgeberin Dr. Hilde G*** erhobene Rekurs wurde mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 20. Februar 1987, GZ 47 R 14/87-38, soweit er sich gegen die Einstweilige Verfügung richtete, zurückgewiesen; im übrigen wurde dem Rechtsmittel nicht Folge gegeben; das Rekursgericht erklärte den Rekurs gegen seine Entscheidung für nicht zulässig. Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist in Rechtskraft erwachsen.

1.) Zur Revisionnder Beklagten:

Der Revision nach § 503 Abs 1 Z 3 ZPO liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Rechtsrüge führt die Beklagte aus, gemäß § 382 Z 8 lit b EO sei es dem Nebenintervenienten untersagt gewesen, die Ehewohnung zu betreten. Der Nebenintervenient habe daher auf Grund eines Gerichtsauftrages keine Möglichkeit gehabt, die Basis für die Eintrittsberechtigung nämlich den gemeinsamen Haushalt, zu schaffen. Eine Verfügung gemäß § 382 Z 8 lit b EO würde aber dem Bestandgeber die Möglichkeit geben, für den Fall des Ablebens des durch die Einstweilige Verfügung begünstigten Bestandnehmers der Wohnung das Nichtvorliegen der Eintrittsberechtigung des anderen Ehegatten auszunützen und mit Aufkündigung vorzugehen. Es gehe daher der Vorwurf des Berufungsgerichtes, daß der Nebenintervenient seine Ansprüche auf Zuteilung der Ehewohnung hätte früher gelten machen können, ins Leere, da in konsequenter Verfolgung dieses Vorwurfes der Antrag gemäß §§ 81 ff EheG verbunden mit dem Antrag gemäß § 382 Z 8 lit c EO bereits unmittelbar nach Rechtskraft der Scheidung gestellt werden müßte, um einer Gefahr, die möglicherweise durch das Ableben entstehen könnte, zu begegnen. Der Gesetzgeber habe den Ehegatten die Möglichkeit gegeben, ihre Rechte binnen Jahresfrist ab Rechtskraft der Scheidung einvernehmlich zu regeln. Wenn aber der Gesetzgeber eine Jahresfrist, sohin unter anderem auch zur Übertragung von Bestandrechten, gewähre, sei es unbillig, daraus einen Verzug des Nebenintervenienten zu konstruieren. Bei richtiger Auslegung der Bestimmungen des Ehegesetzes müßte dem Bestandgeber eine Aufkündigung solange untersagt werden, solange die Möglichkeit einer wirksamen Rechtsgestaltungsentscheidung des Außerstreitrichters nicht auszuschließen sei. Da der Nebenintervenient auf Grund der Einstweiligen Verfügung und dem Versagen des Betretens der Wohnung durch die Bestandnehmerin nicht imstande gewesen sei, sein Eintrittsrecht auszuüben, sei diese Nichtausübung des Eintrittsrechtes unter Zwang erfolgt. Das erzwungene Nichtausüben der Eintrittberechtigung könne jedoch keinen Kündigungsgrund im Sinne des § 30 MRG darstellen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG liegt vor, wenn die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs 3) dienen. Eintrittsberechtigt nach § 14 Abs 3 MRG sind der Ehegatte, der Lebensgefährte, Verwandte in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder und Geschwister des bisherigen Mieters, sofern diese Personen ein dringendes Wohnbedürfnis haben und schon bisher im gemeinsamen Haushalt mit dem Mieter in der Wohnung gewohnt haben. Es handelt sich hier um eine taxaktive Aufzählung; eine ausdehnende Auslegung oder analoge Anwendung ist ausgeschlossen (8 Ob 665/86 ua, Würth in Rummel ABGB, Rz 6 zu § 14/MRG). Der geschiedene Ehegatte ist daher vom Personenkreis des § 14 Abs 3 MRG nicht umfaßt (so schon die zu § 19 Abs 2 Z 11 MG ergangene E. MietSlg 16.428) und somit nicht eintrittsberechtigt. Eine analoge Heranziehung der zu § 19 Abs 4 MR ergangene Rechtsprechung hinsichtlich der Gleichstellung des geschiedenen Ehegatten mit dem Ehegatten bei Überlassung der Mietrechte (vgl. MietSlg 32.412/17 ua) kommt bei einem Eintritt nach § 14 Abs 2 MRG wegen der anders gelagerten rechtlichen Konstruktion nicht in Betracht. Da der geschiedene Ehegatte der verstorbenen Hauptmieterin im maßgeblichen Zeitpunkt deren Todes nicht zum Personenkreis des § 14 Abs 3 MRG gehörte, stand ihm schon aus diesem Grund kein Eintrittsrecht in den Mietvertrag zu, so daß es einer Prüfung der weiteren Voraussetzungen des dringenden Wohnbedürfnisses und des gemeinsamen Haushaltes nicht bedurfte.

Der Revision der Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

2.) Zur Revision des Nebenintervenienten:

Eine Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung erblickt der Nebenintervenient darin, daß das Berufungsgericht über eine nicht auf den Rechtsweg gehörende Sache erkannt habe

(§ 477 Abs 1 Z 6 ZPO). Das vorliegende Verfahren über die Aufkündigung betreffe die Ehewohnung im Sinne des § 82 Abs 2 EheG, somit ein der Aufteilung durch den Außerstreitrichter gemäß §§ 81 ff EheG unterliegendes eheliches Gebrauchsvermögen. Überdies habe er am 26. Juli 1986 innerhalb der einjährigen Frist nach rechtskräftiger Ehescheidung einen Antrag gemäß §§ 81 ff EheG eingebracht. Bereits das Erstgericht hätte daher das auf Grund der Einwendungen über die Aufkündigung eingeleitete Verfahren wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für nichtig erklären und die Aufkündigung aufheben müssen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 235 Abs 1 AußStrG hat, wenn ein Ehegatte binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe Ansprüche an den anderen Ehegatten hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen, im streitigen Verfahren geltend macht, das Prozeßgericht mit Beschluß die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges auszusprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Sache in das außerstreitige Verfahren oder auf den ordentlichen Rechtsweg gehört, ist von den Behauptungen des Antragstellers, nicht aber von den Einwendungen des Antragsgegners oder den Feststellungen auszugehen, die das Erstgericht auf Grund des durchgeführten Verfahrens trifft (SZ 47/108, SZ 48/3; MietSlg 20.659, 33.573, 33.574 ua). Grundsätzlich gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Rechtssachen auf den Prozeßweg, sofern die Gesetze nicht ausdrücklich oder doch unzweifelhaft schlüssig die Entscheidung im außerstreitigen Verfahren anordnen (§ 1 AußStrG; vgl. SZ 36/102; 1 Ob 701/79; MietSlg XXXIII/19; 6 Ob 716/81 ua).

Es ist daher zu prüfen, ob im vorliegenden Fall über das Begehren nach gesetzlicher Vorschrift (ausdrücklich oder doch unzweifelhaft schlüssig) im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist. Die Aufkündigung einer Wohnung gegenüber der Verlassenschaft nach einem verstorbenen Ehegatten durch den Bestandgeber stellt jedoch schon begrifflich keinesfalls die Geltendmachung eines Anspruches eines Ehegatten "an den anderen Ehegatten" hinsichtlich eines der Aufteilung unterliegenden Gegenstandes des ehelichen Gebrauchsvermögens dar. Ist aber ein geltend gemachter Anspruch schon begrifflich nicht als Aufteilungsanspruch im Sinne der Bestimmungen der §§ 81 ff EheG anzusehen, dann kann auch die nur zur Durchsetzung solcher Ansprüche geschaffene Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens nicht gegeben sein. Es ist daher im vorliegenden Fall für die Aufkündigung und das auf Grund der Einwendungen eingeleitete Verfahren die Zuständigkeit des Streitrichters gegeben; die Voraussetzungen des § 235 AußStrG für einen Ausspruch über die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges und eine Überweisung der Rechtssache an den Außerstreitrichter liegen nicht vor. Die geltend gemachte Nichtigkeit ist daher nicht gegeben.

Mit seinem Vorbringen in der Rechtsrüge zur Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges und der Aufkündigung einer Ehewohnung durch den Bestandgeber aus dem Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG während der einjährigen Frist des § 95 EheG für die Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG ist der Nebenintervenient ebenso auf die vorstehenden Ausführungen des Revisionsgerichtes zu verweisen wie mit seinen Erwägungen über die Subsidiarität der Bestimmungen des MRG gegenüber den Aufteilungsvorschriften des EheG hinsichtlich der Ehewohnung. Das zwischen dem Bestandgeber und der Verlassenschaft nach einem Ehegatten bzw. dessen Erbin abgeführte Kündigungsverfahren, in welchem die Verhandlung in erster Instanz vor der - inzwischen in Rechtskraft erwachsenen - rechtsgestaltenden Entscheidung des Außerstreitrichters über die Zuteilung der Hauptmietrechte an der ehemaligen Ehewohnung an den geschiedenen Ehegatten geschlossen wurde, wird, wie das Berfungsgericht zutreffend ausführte, durch das Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht berührt. Soweit der Nebenintervenient die Auffassung vertritt, er gehöre als geschiedener Ehegatte zum Kreis der Eintrittsberechtigten im Sinne des § 14 Abs 3 MRG, ist er auf die Ausführungen zur Revision der Beklagten zu verweisen. (Die Frage, ob der Nebenintervenient in einem gegen die Beklagten geführten Räumungsexekutionsverfahren eine Widerspruchsklage nach § 37 EO erheben könnte, war im vorliegenden Verfahren nicht zu erörtern).

Der Revision des Nebenintervenienten war daher ebenfalls ein Erfolg zu versagen.

Eine Heranziehung des der unterlegenen Beklagten beigetretenen Nebenintervenienten zum Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung der Kläger war unstatthaft (4 Ob 313, 314/86 ua). Der Klägerin konnte lediglich ein Streitgenossenzuschlag von 10 % zuerkannt werden.

Anmerkung

E13731

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00626.87.0301.000

Dokumentnummer

JJT_19880301_OGH0002_0020OB00626_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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