TE OGH 1988/3/2 14Os16/88

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Veröffentlicht am 02.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.März 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dieter M*** wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 23. Oktober 1987, GZ 11 Vr 1589/86-16, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, des Angeklagten Dieter M*** und des Verteidigers Dr. Peter Ringhofer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der Justizwachebeamte Dieter M*** des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er - zusammengefaßt wiedergegeben - am 17.Juli 1986 in Wels als Stellvertreter des Gefangenen-Kleidermagazineurs eine nicht ausgeforschte Person veranlaßt, wahrheitswidrig die Empfangnahme eines unter den Depositen des Strafgefangenen Manfred M*** befindlichen Damenfahrrades als dessen angebliche Tante mit dem erfundenen Namen "Rosa B***" zu bestätigen, wobei durch die Herstellung dieser falschen Urkunde die ordnungsgemäße Depositenbereinigung unter Beweis gestellt und verschleiert werden sollte, daß der Angeklagte selbst das in Rede stehende Fahrrad unter Verletzung der ihm dies untersagenden Dienstvorschriften käuflich erworben hatte.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus den Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Der im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) erhobene Vorwurf, die Urteilsannahme, wonach der Angeklagte eine unbekannt gebliebene Person als angebliche Übernehmerin zur Unterfertigung der Übernahmebestätigung mit falschem Namen veranlaßte, stehe mit den Ergebnissen der Hauptverhandlung im Widerspruch, findet in den Akten keine Deckung und bringt damit den relevierten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er das eindeutige Zugeständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 23. Oktober 1987 unberücksichtigt läßt, die in Rede stehende (falsche) Unterschrift der Übernehmerin veranlaßt zu haben (AS 60). Als nicht stichhältig erweisen sich aber auch die gegen den Schuldspruch erhobenen Einwände rechtlicher Natur, in deren Rahmen zunächst geltend gemacht wird, daß der Angeklagte als Magazinsbeamter eine echte Übergabebestätigung mit lediglich falschen, nämlich die Ausfolgung an die angebliche Tante Rosa B*** ausweisenden, Inhalt hergestellt habe (Z 9 lit a). Übergangen wird dabei nämlich, daß die inkriminierte Bestätigung nicht nur vom Beschwerdeführer, sondern auch von Manfred M*** (als Übergeber) und von einer unbekannten, unter dem Pseudonym "Rosa B***" auftretenden Person unterfertigt wurde, bezüglich welcher unbestritten feststeht, daß insofern von einer Identität zwischen scheinbarem und wirklichem Aussteller - Kriterium einer echten Urkunde - nicht gesprochen werden kann (vgl hiezu Leukauf-Steininger, StGB2, RN 24 f, Kienapfel in WK Rz 135 ff und Rz 147 zu § 223 StGB).

Der Beschwerde zuwider trifft es auch nicht zu, daß es sich bei der Übergabebestätigung bloß um eine Zufallsurkunde gehandelt habe. Lag doch der Errichtungszweck der Bestätigung ersichtlich darin, gegebenenfalls die ordnungsgemäße Ausfolgung eines Deposits, sohin eine rechtserhebliche Tatsache, unter Beweis zu stellen (vgl AS 29 und 57), woraus erhellt, daß es sich um eine den strafrechtlichen Schutz des § 223 StGB genießende Absichtsurkunde (§ 74 Z 7 StGB) handelt, wobei sich eine Auseinandersetzung über deren vom Beschwerdeführer vermißten "öffentlich-rechtlichen" Charakter angesichts des (nur) wegen § 223 Abs. 1 StGB erfolgten Schuldspruchs erübrigt.

Daß die in Rede stehende Bestätigung (primär) nur zum behördeninternen Gebrauch dienen sollte, ändert nichts an ihrer bestimmungsgemäßen Widmung zu Beweiszwecken im Rechtsverkehr, worauf der strafrechtliche Urkundenbegriff abstellt (vgl 15 Os 105/87 ua). Schließlich ist auch dem die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat gemäß § 42 StGB behauptenden Vorbringen (Z 9 lit b) ein Erfolg zu versagen, weil nach Lage des Falles schon in Anbetracht der gröblichen Pflichtverletzung und der dadurch bewirkten Störung des Strafvollzugs von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Angeklagten gegenüber dem im § 223 StGB typisierten Unrechts- und Schuldgehalt, mithin von einer im Sinne des § 42 Abs. 1 Z 1 StGB nur geringen Schuld, nicht gesprochen werden kann. Nur der Vollständigkeit halber sei abschließend darauf hingewiesen, daß das Tatverhalten des Beschwerdeführers richtigerweise als Bestimmungstäterschaft (anstatt als unmittelbare Täterschaft) zu beurteilen gewesen wäre - die Herstellung der falschen Urkunde erfolgte durch die unbekannte Person, die der Angeklagte dazu bestimmt hatte - was aber in Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereicht und mithin auf sich beruhen kann. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend die Ausnützung der Amtsstellung durch den Angeklagten, wogegen es als mildernd dessen bisherige Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis in Betracht zog. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen hielt es die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 StGB für gegeben und verhängte es über den Angeklagten gemäß § 37 Abs. 1, 223 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen (für den Fall der Uneinbringlichkeit 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), wobei es den einzelnen Tagessatz mit 200 S bemaß. Die Voraussetzungen einer bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB wurden vom Schöffensenat im Hinblick auf die Beamteneigenschaft des Angeklagten und dessen Ausnutzung seiner Amtsstellung bei Begehung der Tat negiert. Vielmehr bedürfe es der Vollstreckung der verhängten Strafe, um der Begehung derartiger strafbarer Handlungen durch andere, insbesondere durch präsumtive Täter aus dem "Verkehrskreis" des Verurteilten, entgegenzutreten. Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Strafe und deren bedingte Nachsicht anstrebt, ist nicht begründet. Dem Rechtsmittel zuwider hat das Erstgericht von der Möglichkeit, § 313 StGB anzuwenden, keinen Gebrauch gemacht und demgemäß zu Recht als erschwerend gewertet, daß die Tat unter Ausnützung einer Amtsstellung erfolgte.

Die tatrichterlichen Strafzumessungsgründe bedürfen daher keiner Korrektur. Geht man aber davon aus, dann erweist sich die verhängte Anzahl der Tagessätze bei dem anzuwendenden Strafsatz (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) als keineswegs überhöht. Es wurde dem Angeklagten aber auch zu Recht die Gewährung bedingter Strafnachsicht verweigert, weil dem in der Tat die für Fälle dieser Art unzureichende Effektivität einer bedingt ausgesprochenen Geldstrafe und im Zusammenhalt damit generalpräventive Erwägungen entgegenstehen. Denn zur Erhaltung der allgemeinen Normtreue bedarf es im vorliegenden Fall der Vollstreckung der Strafe.

Es mußte daher auch der Berufung des Angeklagten ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E14095

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00016.88.0302.000

Dokumentnummer

JJT_19880302_OGH0002_0140OS00016_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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