TE OGH 1988/3/15 2Ob662/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Eduard B***, 1190 Wien, Cobenzlgasse 106, vertreten durch Dr. Ingo Ubl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei

H*** für Studierende an der Akademie der

bildenden Künste in Wien, 1010 Wien, Schillerplatz 3, vertreten durch Dr. Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erteilung einer Vollmacht, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 24. April 1987, GZ 48 R 104/87-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 5. Dezember 1986, GZ 5 C 352/86-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 3.058,16 S (darin 38 S Barauslagen und 274,56 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 3.312,80 S (darin 1.500 S Barauslagen und 164,80 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger brachte vor, daß die Beklagte es trotz Aufforderung unterlassen habe, ihm eine Vollmacht zur Erlangung einer nachträglichen Baubewilligung für die bisher bestandene Hütte auf dem Pachtgrundstück sowie einer gewerbe- und baubehördlichen Bewilligung für die Nutzung des gepachteten Grundstücks als Autoabstellplatz zu erteilen, obwohl die Beklagte als Verpächterin dazu verpflichtet sei. Für das Gesuch um nachträgliche Baubewilligung benötigte er zunächst die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wendete ein, daß sie zur Erteilung einer Vollmacht keineswegs verpflichtet sei, da auf Grund des Pachtvertrages eine Nutzung des Grundstücks als Autoabstellplatz nur in Verbindung mit der gastgewerblichen Nutzung des Grundstücks vorgesehen sei, die Liegenschaft für gastgewerbliche Zwecke aber nicht benützt werde und daher auch die Errichtung von Baulichkeiten nicht zulässig sei. Sie habe die Liegenschaft bereits vor Klagseinbringung verkauft.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es von folgenden wesentlichen Feststellungen ausging:

Die Beklagte ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 417 KG Grinzing, Cobenzlgasse 30. Im Dezember 1971 versuchte die Beklagte, einen Pächter für ihre Liegenschaft zu finden, die sich damals in einem stark verwilderten und verlotterten Zustand befand, weswegen es bereits Schwierigkeiten mit der Pflanzenschutzbehörde gab. Zuerst wurde versucht, einen Pächter zu finden, der das Grundstück als Weingarten nutzen wollte. Als ein solcher nicht zu finden war, die Beklagte das Grundstück aber wegen seines Zustandes unbedingt verpachten wollte, wurde am 21. Dezember bzw. 31. Dezember 1971 mit dem Kläger ein Pachtvertrag geschlossen, in dem es u.a. lautet:

Die Verpächterin verpachtet und übergibt die genannte Liegenschaft an Herrn Ing. Eduard B***, im folgenden kurz Pächter genannt, und dieser pachtet und übernimmt diese Liegenschaft zur Nutzung unter den nachstehenden Bedingungen:

1.) Der Pachtvertrag beginnt am 1. Jänner 1972 und wird auf die Dauer eines Jahres, das ist bis 31. Dezember 1972, abgeschlossen.

2.) Der Pachtschilling wird mit einem Betrag von 8.000 S pro Pachtjahr festgesetzt und ist jährlich im vorhinein zu entrichten. Der vereinbarte Pachtschilling wird von den Parteien als angemessen anerkannt.

3.) Dem Pächter wird die Nutzung des Pachtobjektes überlassen und hat dieser dasselbe im bisherigen Zustand, also zumindest in dem, in welchem es sich derzeit befindet, auf eigene Kosten zu erhalten und nach Ablauf des Vertrages zu übergeben.

4.) Der Pächter ist berechtigt, das Pachtobjekt für gastgewerbliche Zwecke - vorbehaltlich der Erteilung der gewerbebehördlichen Bewilligungen - zu nutzen und in diesem Zusammenhang die erforderlichen Baulichkeiten zu errichten und Investitionen zu tätigen. Weiters ist es dem Pächter auch unter den gleichen Voraussetzungen gestattet, das Pachtobjekt zum Zwecke der Einstellung von Fahrzeugen zu nutzen. In diesem Zusammenhang ist dem Pächter auch die Errichtung einer Zufahrt zum Pachtobjekt auf eigene Kosten gestattet.

Dieser Text wurde vom Rechtsvertreter des Klägers entworfen und der Beklagten übermittelt. Diese prüfte ihn, und der Entwurf wurde - mit Ausnahme des Punktes über ein Vorkaufsrecht - Grundlage des Vertrages. Der Kläger hatte damals schon die Absicht, sich alle möglichen Nutzungen der Liegenschaft offenzuhalten so etwa dort auch Abstellplätze zu unterhalten. Die Beklagte setzte sich mit der Art dieser Nutzungen nicht näher auseinander, insbesondere wurden auch keine Abmachungen über die Art des vom Kläger in Aussicht genommenen gastwirtschaftlichen Betriebes getroffen. Die Beklagte war sich im klaren darüber, daß der Kläger die Liegenschaft nur pachte, wenn er "auch etwas davon habe", ging aber andererseits davon aus, daß es detaillierter Absprachen über die Nutzungsart nicht bedürfe, da die Liegenschaft im Grünland liege und daher behördlicherseits ohnehin nur sehr eingeschränkt zu nutzen sei. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages befand sich auf dem Grundstück eine Holzhütte, die der Kläger später renovierte, ohne sie jedoch zu vergrößern oder zu verändern. Die Liegenschaft wird vom Kläger derzeit vor allem als Parkplatz für Gäste der von ihm betriebenen und - auf dem ebenfalls von der Beklagten gepachteten - Nachbargrundstück errichteten Tennisplätze verwendet, fallweise stellen auch andere Personen ihre Autos dort ab. Die Hütte wird als Umkleideraum für die Tennisspieler verwendet. Einen Gastbetrieb führt der Kläger nicht. In der Hütte ist ein Eisschrank, in dem die Tennisgäste Getränke kühlen können. Die Tennistrainer verkaufen fallweise Getränke auf eigene Rechnung. Infolge einer Anzeige bei der Baubehörde erfuhr der Kläger, daß die Hütte ohne Baubewilligung errichtet worden war. Er beabsichtigte daraufhin, eine nachträgliche Baubewilligung zu erreichen. Ebenso wollte er nun das Grundstück zur Gänze als Parkplatz auch für Personen, die nicht zu seinen Tennisplätzen kamen, nutzen. So beabsichtigte er, Dauereinstellplätze für Nachbarn zu schaffen. Bauliche Veränderungen sollten keine vorgenommen werden. Zu diesem Zweck benötigt der Kläger jedoch auch eine baubehördliche sowie eine gewerberechtliche Bewilligung. Für alle Bewilligungen ist eine Vollmacht der Beklagten als Eigentümerin der Liegenschaft erforderlich. Der Kläger ersuchte die Beklagte mit Schreiben seines Rechtsanwaltes vom 16. April 1986, ihm eine solche Vollmacht auszustellen. Die Beklagte verweigerte dem Kläger die Vollmacht. Die Beklagte hat die Liegenschaft mit Vertrag vom 14. Mai 1986 verkauft, das Eigentum des Käufers wurde am 26. November 1986 verbüchert. Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß die Beklagte als Bestandgeber gegenüber dem Kläger als Bestandnehmer verpflichtet sei, auch Rechtsmängel am Bestandgegenstand, so das Fehlen einer Baubewilligung für die bei Abschluß des Vertrages bereits bestehende und daher vom Bestandvertrag umfaßte Hütte, zu beseitigen. Die Beklagte könne daher ihre Mitwirkung zur Erlangung einer nachträglichen Baubewillugung nicht verweigern. Die Nutzung der Liegenschaft als Autoabstellplatz sei zwischen den Parteien vereinbart worden und die Beklagte sei daher auch verpflichtet, dem Kläger die vertragsgemäße Benützung des Bestandgegenstandes auch hinsichtlich der Erreichung gewerbebehördlicher Genehmigungen zu diesem Zweck zu ermöglichen. Die Vollmacht der Beklagten stelle eine unabdingbare Voraussetzung für die Erreichung der notwendigen behördlichen Bewilligung dar. Daß die Beklagte im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht mehr bücherliche Liegenschaftseigentümerin gewesen sei, sei für das gegenständliche Verfahren gemäß § 234 ZPO irrelevant.

Infolge Berufung der Beklagten änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Klagsabweisung ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und daß die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht gelangte, ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes, zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Das Erstgericht habe zutreffend angenommen, daß dem Kläger auch ein Bestandrecht an der konsenswidrig errichteten Holzhütte zustehe. Der Berufung könne auch darin nicht gefolgt werden, daß sich bei richtiger Vertragsauslegung ergäbe, der Beklagte sei zur Verwendung der Liegenschaft zur Fahrzeugeinstellung nur zugleich mit deren Benützung für gastgewerbliche Zwecke berechtigt. Aus der Gegenüberstellung der Punkte 3) und 4) des vorliegenden Bestandvertrages (Beilage ./A) lasse sich für die Auslegung des Punktes 4) nicht das mindeste gewinnen. Während Punkt 3) des Vertrages eine allgemeine Einräumung von Nutzungsrechten beinhalte, regle Punkt 4) die Berechtigung, das Pachtobjekt für ganz bestimmte Zwecke zu verwenden. Eine Undeutlichkeit der vertraglichen Erklärung könne in der Abfassung von Punkt 4) nicht erblickt werden. Nicht einmal die Worte "auch unter den gleichen Voraussetzungen" deuteten darauf hin, daß nur eine gemeinsame Benützung zu gastgewerblichen Zwecken und zu Zwecken der Einstellung von Fahrzeugen vereinbart worden sei. Eindeutig regle der erste Satz in Punkt 4) des Vertrages, daß die Einräumung der Nutzung für gastgewerbliche Zwecke nur unter der Voraussetzung erfolge, daß die erforderlichen behördlichen Bewilligungen erteilt würden. Das bedeute, daß der Bestandgeber keine Gewähr für die erfolgreiche Erwirkung gewerbebehördlicher Bewilligungen übernehme. Die Worte "auch unter den gleichen Voraussetzungen" besagten unabhängig davon, daß hier der Plural verwendet wurde, nichts anderes, als daß auch die Verwendung zur Einstellung von Fahrzeugen nur unter der Voraussetzung der Möglichkeit der Erwirkung gewerbebehördlicher Bewilligungen eingeräumt worden sei. Es bestünden daher keinerlei Bedenken gegen die vom Erstgericht daraus getroffenen rechtlichen Schlüsse, nämlich, daß der Kläger zur Verwendung der Liegenschaft zu beiden Zwecken, unabhängig voneinander, berechtigt sei. Für die Anwendung des § 915 ABGB bestehe nach den obigen Ausführungen kein Anlaß. Dennoch sei die Berufung der beklagten Partei im Ergebnis berechtigt. Zu Unrecht habe nämlich das Erstgericht die Tatsache, daß vor Schluß der mündlichen Verhandlung ein neuer Liegenschaftseigentümer bereits einverleibt war, unbeachtet gelassen. Die Regelung des § 234 ZPO besage in diesem Zusammenhang nur, daß die Veräußerung der streitverfangenen Liegenschaft auf die Führung eines Zivilprozesses insofern keine Auswirkung habe, als darüber geführte Klagen auch weiterhin gegen den Voreigentümer mit Erfolg fortgesetzt werden könnten. Die Beklagte sei also hinsichtlich des gegenständlichen Klagebegehrens weiterhin passiv legitimiert. Dennoch dürfe nicht außer Betracht gelassen werden, daß nach Verlust des Eigentums an der Bestandsache die vom Kläger begehrten Vollmachten zum Zwecke der Einleitung baubehördlicher Verfahren nicht mehr die begehrten Rechtswirkungen entfalten könnten. Dabei sei zu beachten, daß das Klagebegehren sich nicht auf Abgabe einer Willenserklärung richte, die mit Rechtskraft des Urteils als erteilt gelte, sondern auf Unterfertigung einer Urkunde. Nach § 10 AVG sei die Vollmacht des Liegenschaftseigentümers entweder dem Antrag anzuschließen oder könne bei der Behörde selbst zu Protokoll gegeben werden. Nun habe der Kläger entsprechend der Regelung des § 9 BauO für Wien die von der Beklagten offenbar verweigerte Erteilung einer Vollmacht begehrt. Dabei sei aber wesentlich, daß die diesbezüglichen Bestimmungen der Bauordnung für Wien vorsehen, daß den hier vorliegenden Anträgen eine Vollmacht des Liegenschaftseigentümers anzuschließen sei. Daß die Beklagte im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung, auf den es nach § 406 ZPO allein ankomme, nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft war, sei unbestritten. Im Falle der Klagsstattgebung würde der Kläger somit unabhängig davon, daß ein Begehren auf Unterfertigung einer Urkunde den genauen Wortlaut der Urkunde zu enthalten habe, was im vorliegenden Fall fehle, eine Vollmacht desjenigen in Händen haben, der nicht mehr Liegenschaftseigentümer sei. Damit sei eine Antragstellung bei der Baubehörde unmöglich, da etwa § 9 der BauO für Wien ausdrücklich die Vollmacht des Liegenschaftseigentümers verlange. Damit fehle aber dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis zur Durchsetzung des hier klagsweise geltend gemachten Anspruchs gegenüber der beklagten Partei. Die im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung fehlende Sachlegitimation müsse somit zur Abweisung des gesamten Klagebegehrens führen. Da, soweit überblickbar, über die Frage des Verlustes der Sachlegitimation infolge Veräußerung der Bestandsache hinsichtlich des Begehrens auf Erteilung einer Vollmacht im baubehördlichen Verfahren keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege, sei die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig zu erklären gewesen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Klägers aus den Anfechtungsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, da die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht gegeben seien; allenfalls wolle der Revision nicht Folge gegeben werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen der Auffassung der Revisionsbeantwortung zulässig, weil das Berufungsgericht in einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes von erheblicher Bedeutung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Gemäß § 234 ZPO hat die Veräußerung einer streitverfangenen Sache oder Forderung auf den Prozeß keinen Einfluß. Die Bestimmung des § 234 ZPO ist nach Lehre und Rechtsprechung eine Schutzvorschrift, die verhindern soll, daß sich eine Partei durch Veräußerung des Streitgegenstandes ihrer Sachlegitimation entledigt und dadurch einen Anspruch des Gegners zum Scheitern bringt (RZ 1977/164; SZ 46/27; 1 Ob 754/82, Fasching, ZPR, Rz 1199). Unter der Veräußerung des Streitgegenstandes ist jede Art von Einzelrechtsnachfolge auf Seite jeder der Parteien des Prozesses zu verstehen (Fasching aaO Rz 1195). Da die Veräußerung der streitverfangenen Sache im Sinne der sog. Irrelevanztheorie auch für die materiellrechtliche Beurteilung des der Klage zugrunde liegenden Anspruches ohne jede Bedeutung ist (SZ 46/27, RZ 1977/104 ua), ist die Beklagte so zu behandeln, als ob sie noch Eigentümerin wäre.

§ 234 ZPO bezieht sich allerdings nur auf die Veräußerung bereits streitanhängiger Sachen, somit nicht auf bereits vor Eintritt der Streitanhängigkeit übertragene Ansprüche (6 Ob 706/83, Fasching aaO Rz 1198). Für die Beurteilung, ob die streitgegenständliche Liegenschaft vor oder nach Eintritt der Streitanhängigkeit veräußert wurde, ist nicht etwa das Datum des Kaufvertrages, sondern das Datum der Einverleibung des Eigentums des Käufers maßgebend (MietSlg 19.528, SZ 46/27 ua). Diese erfolgte im vorliegenden Fall nach der unbekämpften Feststellung des Erstgerichtes am 26. November 1986, somit nach Eintritt der Streitanhängigkeit (Klagszustellung am 26. Mai 1986). Die Veräußerung der streitverfangenen Liegenschaft im Laufe des Prozesses war daher nach der vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen sog. Irrelevanztheorie (vgl. SZ 46/27, SZ 57/204 ua) für den Rechtsstreit sowohl hinsichtlich des Prozeßrechtsverhältnisses der Parteien als auch für die materiellrechtliche Beurteilung des geltend gemachten Anspruches ohne Bedeutung. § 234 ZPO stellt diesbezüglich eine Ausnahmeregelung vom allgemeinen Grundsatz des § 406 ZPO, wonach für die Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz maßgebend ist, dar (Fasching aaO Rz 1194, 1200). Die Veräußerung der Liegenschaft durch die Beklagte stand somit deren Verurteilung nicht entgegen. Dem auf die Erteilung einer Vollmacht - und nicht, wie das Berufungsgericht meint, auf die Unterfertigung einer Urkunde - gerichteten Klagebegehren mangelt im übrigen weder die erforderliche Bestimmtheit noch die Schlüssigkeit. Die zutreffende Auffassung des Erstgerichtes, das Fehlen der baubehördlichen Genehmigung bezüglich der vom Bestandvertrag umfaßten Hütte stelle einen Rechtsmangel dar, zu dessen Beseitigung durch Mitwirkung an der Erlangung der für die vertragsmäßige Benützung erforderlichen behördlichen Genehmigung der Bestandgeber im Rahmen seiner Vertragspflichten gehalten sei (vgl. MietSlg 29.154, SZ 40/103 ua), wurde im Rechtsmittelverfahren nicht mehr bekämpft.

Wie der Oberste Gerichtshof bei Entscheidungen über Revisionen im Zulassungsbereich bereits mehrfach ausgesprochen hat, dürfen in derartigen Rechtsmitteln nur Rechtsfragen des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO geltend gemacht werden. Werden im Rechtsmittel keine solchen Rechtsfragen aufgeworfen, dann ist das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig im Sinne des § 503 Abs 2 ZPO ausgeführt (3 Ob 555/85, 8 Ob 17/87, Fasching aaO Rz 1904). Die Auslegung des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Pachtvertrages dahin, ob der Bestandnehmer zur Verwendung der Liegenschaft zur Fahrzeugeinstellung nur zugleich mit der Benützung für gastgewerbliche Zwecke berechtigt sei oder ob die Verwendung zur Fahrzeugeinstellung auch unabhängig von einer Benützung für gastgewerbliche Zwecke erfolgen könne, betrifft jedenfalls keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO, so daß dem Revisionsgericht die Überprüfung der diesbezüglichen Auffassung des Berufungsgerichtes verwehrt ist.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes kann dem Kläger auch das Rechtsschutzbedürfnis zur Durchsetzung des Klagsanspruches gegenüber der Beklagten nicht abgesprochen werden. Daß die Veräußerung der Liegenschaft während des Prozesses der Verurteilung der Beklagten nicht entgegenstand, wurde bereits dargelegt. Die Rechtskraft eines gegen den Verkäufer ergangenen Urteils erstreckt sich aber auch auf den Käufer der Liegenschaft als Einzelrechtsnachfolger und kann, wie die Revision richtig erkennt, unter den Voraussetzungen der §§ 9, allenfalls 10 EO gegen diesen auch vollstreckt werden (vgl. Jud. 63 neu = SZ 28/265, JBl 1958, 75 uva, Fasching aaO Rz 1198).

Der Revision war daher schon aus rechtlichen Erwägungen Folge zu geben und das Ersturteil wieder herzustellen, ohne daß es eines Eingehens auf die Revisionsausführungen hinsichtlich der behaupteten Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils bedurft hätte. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E13513

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00662.87.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19880315_OGH0002_0020OB00662_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten