TE OGH 1985/10/2 3Ob555/85

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Veröffentlicht am 02.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Dr. Satpal Singh A,

2) Marialena A; beide Firmengesellschafter, 1090 Wien, Porzellangasse 14-16/3, beide vertreten durch Dr. Walter Strigl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B C

D M.B.H., 1090 Wien, Nußdorferstraße 33, vertreten

durch Dr. Ernst Ploil Rechtsanwalt in Wien, und dem ihr beigetretenen Nebenintervenienten Dr. Ved E, Beamter, 1190 Wien, Cottagegasse 69/8, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Rechtsanwalt in Wien, wegen Nichtigerklärung eines Generalversammlungsbeschlusses infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Jänner 1985, GZ. 2 R 259/84-64, womit infolge Berufung der beklagten Partei und des Nebenintervenienten das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. September 1984, GZ. 24 Cg 474/82-56, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, binnen 14 Tagen und zwar

a) der beklagten Partei die mit S 3.426-, (darin S 246,01 Umsatzsteuer und S 720,- Barauslagen) und

b) dem Nebenintervenienten Dr. Ved E die mit S 3.832,73 (darin S 282,98 Umsatzsteuer und S 720,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der Generalversammlung der Gesellschafter der beklagten Partei am 16.2.1981 wurde der Erstkläger als Geschäftsführer wegen laufenden Verstoßes gegen das Konkurrenzverbot abberufen, wogegen die beiden Kläger Widerspruch zu Protokoll gaben.

Mit der am 26.2.1981 eingebrachten Klage begehrten die Kläger u.a. die Nichtigerklärung dieses Beschlusses. Sie machten geltend, daß der Erstkläger gemäß der Bestimmung des Gesellschaftsvertrages nur beim Vorliegen mehrerer wichtiger Gründe als Geschäftsführer enthoben werden könne, daß die Dreimonatsfrist des § 24 Abs. 4 GmbHG versäumt sei und daß dem Erstkläger überhaupt keine Verletzung des Konkurrenzverbotes angelastet werden könne.

Die beklagte Partei und der ihr beigetretene Nebenintervenient, das ist neben dem Erstkläger und der Zweitklägerin der dritte Gesellschafter der beklagten Partei, beantragten die Abweisung der Klage mit der Begründung, die Enthebung des Erstklägers als Geschäftsführer sei wegen wiederholten Verstoßes gegen das Konkorrenzverbot gerechtfertigt. Der Erstkläger habe nämlich in einem Konkorrenzunternehmen zumindest faktisch eine führende Stellung inne. Eine Feststellung des Wettbewerbsverstoßes sei erst im Jänner 1981 durch die Betrauung eines Privatdetektivs möglich gewesen.

Die weiteren Klagsgründe und Einwendungen wurden schon im ersten Rechtsgang erledigt, so daß es genügt, hier auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 1.12.1982, 3 Ob 604/82, hinzuweisen. Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang der Klage im noch offenen Umfange statt.

Das Berufungsgericht änderte das Endurteil des Erstgerichtes dahin ab, daß das Begehren auf Nichtigerklärung des eingangs dargestellten Generalversammlungsbeschlusses abgewiesen wurde. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteige und die Revision zulässig sei. Die beiden Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Gemäß Punkt 6 des Gesellschaftsvertrages wird der Erstkläger längstens für die Dauer seines Gesellschaftsverhältnisses zum Geschäftsführer bestellt. Seine Enthebung ist nur 'aus wichtigen Gründen' über Beschluß der Gesellschafter zulässig. Die beklagte Partei betreibt ihrem Gesellschaftszweck gemäß in Wien, Nußdorferstraße 33, das indische Spezialitätenrestaurant 'T*** M***'.

Im Mai 1979 wurde die F M.B.H. mit

dem vornehmlichen Zweck gegründet, in Wien, Otto Bauer Gasse 21, ein indisches Spezialitätenrestaurant zu betreiben. Der Erstkläger und die Zweitklägerin, die Ehefrau des Erstklägers, übernahmen je 25 % der Stammeinlagen, weitere je 25 % übernahmen ein Bruder der Zweitklägerin und eine Frau G. Im Dezember 1979 wurde das indische Spezialitätenrestaurant H eröffnet. Geschäftsführer waren bis Dezember 1980 der Bruder der Zweitklägerin, dann kurzfristig die Zweitklägerin als alleinige Geschäftsführerin und seit Februar 1981 die Zweitklägerin und eine weitere Person als gemeinsame Geschäftsführer.

Der Erstkläger entfaltete im Restaurant H und für die H

I M.B.H. ähnliche Aktivitäten wie in bezuzg

auf das von der beklagten Partei betriebene Restaurant J K. Er erledigte den Einkauf, hielt sich zweimal täglich - morgens und abends - im Lokal auf, erteilte hier wie dort Anweisungen an das Personal, kontrollierte, traf Entscheidungen, entließ Arbeitnehmer, wie etwa einen Koch, der bis 30.9.1980 im Restaurant J K und vom Oktober 1980 bis 8.7.1982 im Restaurant H beschäftigt war. Dieser Koch (übrigens ein Verwandter des Erstklägers) stellte während der Dauer des Arbeitsverhältnisses im Restaurant H jeweils Einkaufslisten mit den benötigten Artikeln zusammen und gab sie an den Erstkläger weiter, der auch den Einkauf besorgte. War der Erstkläger im Restaurant H anwesend, so erhielt dieser Koch ausschließlich von ihm Anweisungen. Der Bruder der Zweitklägerin (obwohl von Dezember 1979 bis Dezember 1980 Geschäftsführer) erteilte Weisungen nur in Abwesenheit des Erstklägers. Schon mit Schreiben vom 26.4.1979 teilte der Rechtsfreund des Nebenintervenienten dem Erstkläger mit, es seien ihm Informationen zugekommen, daß der Erstkläger ein Konkurrenzunternehmen errichten wolle, auf das Konkurrenzverbot eines Geschäftsführers müsse nicht gesondert hingewiesen werden, es werde um Stellungnahme ersucht. Der Rechtsfreund des Erstklägers teilte mit Schreiben vom 9.5.1979 dem Nebenintervenienten mit, daß der Erstkläger nur eine Minderbeteiligung anstrebe, was keine Verletzung des Konkurrenzverbotes darstelle. Sobald er eine Tätigkeit ausüben sollte, für die eine Genehmigung seines Mitgesellschafters erforderlich wäre, werde es sicher nicht versäumen, von sich aus die Frage aufzuwerfen.

Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben wies der Nebenintervenient mit Schreiben vom 29.8.1979 nochmals nachdrücklich auf das Konkurrenzverbot hin und stellte klar, daß die Genehmigung zur Ausübung des Amtes eines Geschäftsführers bzw. eines gewerberechtlich verantwortlichen Geschäftsführers im Restaurant H nicht erteilt werde.

Schon Ende 1979, anfangs 1980 erhob der Nebenintervenient gegen den Erstkläger Vorwürfe, er verletze durch seine Tätigkeit im Restaurant H das Konkurrenzverbot, er wisse, daß der Erstkläger das Unternehmen tatsächlich leite. Er verwies darauf, daß der Erstkläger das Firmenauto der beklagten Partei für diese Zwecke benütze. Der Erstkläger verwies darauf, daß umgekehrt auch das Firmenauto der H L M M.B.H. für die

beklagte Partei verwendet werde. Ab dem Frühjahr 1980 teilte man dem Erstkläger mit, es sei alles über seine Tätigkeit im Restaurant H bekannt. Bharat E, der seit 13.7.1979 (nicht 'September', wie im Ersturteil, siehe Beilage J) bestellte weitere Geschäftsführer der beklagten Partei, teilte dem Nebenintervenienten im Juni 1980 mit, daß es immer wieder vorkomme, daß Mitarbeiter des Restaurants H den Erstkläger zB wegen des Einsatzes von Professionisten im Restaurant J K telefonisch zu erreichen suchten. In der Zeit von November 1980 bis 16.2.1981 setzte der Erstkläger keine zusätzlichen Tätigkeiten, welche über die bisher beschriebenen hinausgegangen wären. Auch die Beauftragung eines Detektivbüros im Jänner 1981 ergab keine zusätzlichen Erkenntnisse.

Eine vom Erstgericht weiters getroffene Tatsachenfeststellung, daß alle beschriebenen Tätigkeiten sowohl dem Nebenintervenienten wie auch dem seit 13.7.1979 bestellten Geschäftsführer Bharat E zumindest seit Ende 1979 anfangs 1980 bekannt gewesen seien, wurde vom Berufungsgericht nicht übernommen.

In rechtlicher Hinsicht erblickten beide Vorinstanzen im Verhalten des Erstklägers einen wichtigen Grund, der die Abberufung des Erstklägers als Geschäftsführer rechtfertige. Das Erstgericht war aber der Auffassung, daß die Ansprüche der beklagten Partei aus einer Verletzung des Wettbewersverbotes gemäß § 24 Abs. 4 GmbHG erloschen seien, weil der zweite Geschäftsführer der beklagten Partei schon lange vor dem 16.11.1980 (Beginn der Dreimonatefrist) volle Kenntnis vom Verhalten des Erstklägers gehabt habe. Das Berufungsgericht war hingegen der Ansicht, daß der Erstkläger immer wieder aufs Neue das Wettbewersverbot verletzt habe. Bei einer Aufeinanderfolge einzelner Verstöße könne auch noch der jeweils späteste Verstoß zum Gegenstand der Ausübung der Rechte nach § 24 GmbHG gemacht werden. Auch für den Zeitraum vom 16.11.1980 bis 16.1.1981 stünden aber die festgestellten Verhaltensweisen des Erstklägers fest. Auf die Kenntnis des zweiten Geschäftsführers der beklagten Partei, daß der Erstkläger auch schon zuvor solche Tätigkeiten ausgeübt habe, komme es daher nicht an. Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frist des § 24 Abs. 4 GmbHG.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der klagenden Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (§ 503 Abs. 1 Z 4 ZPO), wegen 'Bekämpfung der erstinstanzlichen Feststellungen und Beweiswürdigung; Verstoß gegen die logischen Denkgesetze und Aktenwidrigkeit' und wegen 'Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und Verfahrensverstößen' mit dem Antrag, es im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern, also dem Klagebegehren - 'und zwar primär auf Feststellung der Nichtigkeit, in eventu auf Nichtigerklärung des Generalversammlungsbeschlusses der beklagten Partei vom 16.2.1981, wonach der Erstkläger als Geschäftsführer abberufen wird' Folge zu geben, in eventu, es aufzuheben.

Die beklagte Partei und der Nebenintervenient beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Da der Wert des Streitgegenstandes auf Grund der vom Berufungsgericht bindend ausgesprochenen Bewertung im sogenannten Zulassungsbereich liegt, ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechtes abhängt, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zukommt. Bei der sogenannten Zulassungsrevision sind aber überdies die Revisionsgründe des § 503 Abs. 1 ZPO gemäß der Vorschrift des § 503 Abs. 2 ZPO ('überdies ......., weil .........') inhaltlich dahin eingeschränkt, daß sie nur mit Erfolg geltend gemacht werden können, wenn sie die zusätzliche Bedingung erfüllen, daß dadurch eine Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechtes von erheblicher Bedeutung betroffen ist (Fasching, Handbuch RZ 1904). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, daß die geltend gemachten Revisionsgründe des § 503 Abs. 1 Z 2 und 3 ZPO in Verbindung mit § 503 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Ob eine in erster Instanz siegreiche Partei auch seit dem Inkrafttreten der Zivilverfahrensnovelle 1983 nicht genötigt ist, ihr nachteilige Tatsachenfeststellungen im Berufungsverfahren zu rügen (was man unter Umständen aus der Umwandlung der früheren Berufungsmitteilung zu einer Berufungsbeantwortung folgern könnte, anderer Ansicht aber Fasching Handbuch RZ 1785) - was eine Verfahrensfrage erheblicher Bedeutung im Sinne der obigen Ausführungen sein könnte, kann unerörtert bleiben, weil die klagende Partei alle jetzt wieder in Zweifel gezogenen Tatsachenfeststellungen ohnedies im Berufungsverfahren bekämpft hatte. Wurden aber dann nach Prüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes dessen Feststellungen vom Berufungsgericht übernommen, dann können diese Tatsachenfeststellungen in dritter Instanz jedenfalls nicht mehr in Frage gestellt werden. Ob das Berufungsgericht bei der Beweiswürdigung auf alle vielleicht vorhandenen Widersprüche einging, ob es das gesamte vorhandene Beweismaterial auswertete, ob es in jedem Punkt folgerichtig argumentierte oder ob das Berufungsgericht vielleicht allenfalls sogar aktenwidrige Ausführungen enthält, alles das betrifft ausschließlich die Tatfrage, welche im Rahmen einer Zulassungsrevision nicht aufgerollt werden kann (vgl. Fasching Handbuch RZ 1933). Auf die Ausführungen der Revision zu Pkt. II und III muß daher nicht näher eingegangen werden.

Im übrigen (Punkt I der Revision) ist die Revision zulässig, denn es fehlt, soweit überblickbar, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den in diesem Rechtsstreit relevanten Rechtsfragen. Der Revision kommt indes keine Berechtigung zu.

Die klagenden Parteien gliedern ihre Rechtsrüge in 7 Punkte und vertreten im einzelnen folgende Standpunkte:

1.) Weil gemäß § 16 Abs. 2 GmbHG in der Fassung der GmbHG-Novelle 1980 die Abberufung eines Geschäftsführers, der Gesellschafter ist, durch gerichtliche Entscheidung 'aus einem wichtigen Grund' (Einzahl) möglich sei, gemäß § 16 Abs. 3 GmbHG (= § 16 Abs. 2 GmbHG in der Fassung vor der GmbH-Gesetznovelle 1980), die Zulässigkeit des Widerrufes eines schon im Gesellschaftsvertrag bestellten Geschäftsführers 'auf wichtige Gründe' (Mehrzahl) beschränkt werden könne, müsse Punkt 6 des Gesellschaftsvertrages dahin ausgelegt werden, daß der Erstkläger nicht schon bei Vorliegen eines einzigen wichtigen Grundes, sondern nur beim Vorliegen von mindestens zwei wichtigen Gründen als Geschäftsführer enthoben wurden habe können.

2.) Wenn der zweite Geschäftsführer der beklagten Partei und der Nebenintervenient schon längere Zeit Kenntnis vom festgestellten Verhalten des Erstklägers gehabt haben sollten, müsse man davon ausgehen, daß sie das Verhalten des Erstklägers zumindest konkludent genehmigt hätten, ein Verstoß des Erstklägers könne dann nur mehr vorliegen, wenn diese Genehmigung später widerrufen worden wäre und nach einem solchen Widerruf neuerlich Verstöße stattgefunden hätten.

3.) Dem Erstkläger stehe gemäß Punkt 6 des Gesellschaftsvertrages ein Sonderrecht auf Geschäftsführung zu, seine Abberufung als Geschäftsführer sei daher nur mit seiner Zustimmung möglich. Verweigere er die Zustimmung trotz Vorliegens des wichtigen Abberufungsgrundes, so komme nur eine Abberufungsklage, nicht aber seine Enthebung durch den Generalversammlungsbeschluß in Frage. Zur Frage, ob ein solches Sonderrecht vereinbart worden sei, lägen Feststellungsmängel vor.

4.) Die festgestellten Tätigkeiten des Erstklägers für das Restaurant H könnten nicht als Verletzung des Konkurrenzverbotes aufgefaßt werden. Auf überschießende Tatsachenfeststellungen dürfe nicht Bedacht genommen werden. Die vom Erstkläger wirklich ausgeübten Tätigkeiten hätten lediglich die Qualität von Hilfsdiensten. Da der Bruder der Zweitklägerin seine Geschäftsführung im Dezember 1980 plötzlich beendet habe, habe in der Folge durch einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum weitgehend improvisiert werden müssen, so daß an die Tätigkeit des Erstklägers auch deshalb kein besonders strenger Maßstab angelegt werden dürfe.

5.) Die Tätigkeiten des Erstklägers im Restaurant H seien im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht erfolgt. 'Chefin' sei die Zweitklägerin gewesen, aber der Erstkläger habe seiner Ehefrau bei verschiedenen Verrichtungen geholfen.

6.) Tätigkeiten des Erstklägers, die nach seiner (bekämpften) Enthebung als Geschäftsführer erfolgt seien, dürften nicht berücksichtigt werden. Da sich aber das Berufungsgericht zum Teil auf Beweise stütze, die nur diesen Zeitraum beträfen, fehle es an einer entsprechenden zeitlichen Fixierung der im einzelnen festgestellten und dann beanständeten Handlungen des Erstklägers.

7.) Die Bestimmung des § 24 Abs. 4 GmbHG sei eine Präklusionsfrist und daher von Amts wegen wahrzunehmen. Ein Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot nach § 24 Abs. 1 GmbHG liege nicht vor, weil der Erstkläger nicht Organ der H

I M.B.H. gewesen sei und eine Beteiligung

mit nur 25 % keine Einflußnahme auf die Organe der Gesellschaft erlaube. Was man dem Erstkläger höchstens vorwerfen könne, sei, daß er de facto eine Geschäftsführerstellung bekleide. Diese Tätigkeit müsse dann aber gleich behandelt werden wie eine de jure erfolgte Bestellung. Es gehe daher nicht an, diese de facto-Geschäftsführung im Konkurrenzunternehmen in ihre einzelnen Bestandteile zu zerlegen, denn die einzelnen Handlungen seien nur Bestandteil der gesamten Geschäftsführung. Wenn aber dem Erstkläger schon längere Zeit vor dem Beginn der Frist des § 24 Abs. 4 GmbHG diese de facto-Geschäftsführung angelastet werden könne und diese der beklagten Partei bzw. ihren Gesellschaftern und Organen (zweiter Geschäftsführer) bekannt gewesen sei, dann sei der Anspruch auf Abberufung des Erstklägers erloschen.

Diesen Ausführungen ist im einzelnen folgendes entgegenzuhalten:

Zu 1.):

Die Entstehungsgeschichte der GmbH-Gesetznovelle 1980 gibt keinen Hinweis dafür, daß der Gesetzgeber den Regelungsgehalt der Bestimmung des § 16 Abs. 2 GmbHG idF vor der Novelle bzw. der Bestimmung des § 16 Abs. 3 GmbHG idF nach der Novelle über das Recht der Beschränkung des Widerrufes des im Gesellschaftsvertrag gestellten Geschäftsführers ändern wollte (vgl. besonders die Erläuterungen zur RV, 5 der Beilagen zu XV GP und die dort im einzelnen zitierten Reformvorschläge, denen die Novelle Rechnung tragen sollte). Die diesbezüglichen Gedankengänge der Revision, die der Klagsvertreter auch in einem Aufsatz publizierte (AnwBl. 1981, 143, dort 146), können nicht überzeugen. Denn nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und auch gemäß der österreichischen Rechtssprache bedeuten die beiden Formulierungen im benützten Kontext durchaus dasselbe (vgl. etwa § 30 Abs. 1 MRG: 'aus wichtigen Gründen', obwohl natürlich schon ein einziger wichtiger Grund den Kündigungsgrund darstellt, oder umgekehrt §§ 26,27 AngG 'ein wichtiger Grund'). Auch der Sinn der Norm erlaubt keine andere Auslegung Ein einziger, aber eben wichtiger Grund ist ein so schwerwiegender Tatbestand, daß er den Widerruf der Bestellung eines Geschäftsführers auch dann möglich machen soll, wenn dieser Widerruf ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes ansonsten ausgeschlossen ist. Und man könnte sogar sagen, daß die Verwendung des Plurals zum Ausdruck bringen soll, daß jeder wichtige Grund zur Abberufung ausreicht, daß also der Widerruf nicht etwa nur auf einen bestimmten wichtigen Grund beschränt werden kann (vgl. auch Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 152 Anm. 8). Zur Abberufung des Erstklägers genügt daher, das Vorliegen eines einzigen wichtigen Grundes.

Zu 2.):

Daß es keinen Verstoß gegen das im Gesellschaftsrecht wiederholt normierte Wettbewerbsverbot darstellt, wenn die Konkurrenztätigkeit mit Einwilligung der übrigen Gesellschafter oder der zuständigen Organge erfolgt ist, ist richtig (vgl. § 24 Abs. 2 GmbHG, § 79 Abs.1 AktienG, 112 Abs.1 HGB). Es trifft auch zu, daß diese Einwilligung nicht ausdrücklich erklärt werden muß, sondern daß sie auch konkludent erteilt werden kann, wobei für bestimmte Fälle sogar die gesetzliche Vermutung der Genehmigung besteht

(§ 24 Abs. 2 GmbHG, § 112 Abs. 2 HGB).

Im vorliegenden Fall kann aber von einer stillschweigenden Einwilligung in die Konkurrenztätigkeit keine Rede sein. Nach den getroffenen Feststellungen hat vielmehr der Nebenintervenient gegenüber dem Erstkläger von Anfang an und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er dessen Tätigkeit zugunsten des Restaurants

H nicht dulde (siehe die festgestellte Korrespondenz). Der Erstkläger konnte nie der Meinung sein, sein Mitgesellschafter sei damit einverstanden, daß er einen ganz erheblichen Teil seiner Arbeitskraft nicht mehr im Restaurant J K, sondern im Restaurant H einsetze und dort Geschäfte für die H

I M.B.H. besorge. Aus diesem Grund war es

daher auch nicht erforderlich, eine solche Einwilligung wieder zu widerrufen.

Zu 3.):

Ob zumindest im Verhältnis zwischen den einzelnen Gesellschaftern untereinander oder zwischen den Klägern und der beklagten Partei über den Inhalt des Gesellschaftsvertrages hinaus der wahre Parteiwille im Sinne des § 914 ABGB erforscht werden müßte (vgl. dazu SZ 47/70), kann schon deshalb dahingestellt bleiben, weil die klagenden Parteien sich nie auf einen vom Gesellschaftsvertrag abweichenden Parteiwillen berufen haben. Sie haben vielmehr ihr angebliches Sonderrecht ausdrücklich aus dem Gesellschaftsvertrag selbst abgeleitet (siehe besonders S 5 der Klage: 'Da dem Kläger - gemeint Erstkläger - in Punkt VI des Gesellschaftsvertrages.......hat der Erstkläger.......ein Sonderrecht auf Geschäftsführung'). Der Inhalt des Gesellschaftsvertrages ist aber nicht strittig. Mehr war nicht zu prüfen, ein Feststellungsmangel liegt daher nicht vor. Daß dem Erstkläger durch Punkt VI des Gesellschaftsvertrages ein Sonderrecht gemäß §§ 6 Abs. 4, 50 Abs. 4 GmbHG eingeräumt wurde, ist dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen. Er wurde vielmehr im Sinne des § 15 GmbHG schon durch den Gesellschaftsvertrg und nicht erst durch einen nachträglichen Beschluß der Gesellschafter schlicht zum Geschäftsführer bestellt; es wurde lediglich von der Möglichkeit des § 16 Abs. 3 GmbHG Gebrauch gemacht, den Widerruf dieser Bestellung auf wichtige Gründe zu beschränken. Die gesellschaftsvertragliche Beschränkung der Abberufung eines Geschäftsführers auf wichtige Gründe ist nicht mit dem gesellschaftsvertraglichen Sonderrecht auf Geschäftsführung gleichbedeutend. Man mag in einem solchen Fall von der Einräumung eines gesetzlich besonders geregelten Sonderrechts sprechen (so Kastner, Grundriß 4 286, anders derselbe noch im Grundriß 3 259), wenn man nur nicht von der völligen Wesensgleichheit der Beschränkung der Abberufung eines Geschäftsführers auf wichtige Gründe und der Einräumung eines Sonderrechtes ausgeht (so allerdings wohl Ostheim in GesRZ 1965, 78 f in seiner ausführlichen Besprechung der Entscheidung SZ 47/70 = GesRZ 1975, 61). Der erkennende Senat schließt sich hier vielmehr den überzeugenden Ausführungen von Reich-Rohrwig (Das österreichische GmbH-Recht 156, dort besonders auch Anm. 31) an. Nur wenn also die gesellschaftsvertragliche Bestellung des Erstklägers zum Geschäftsführer durch ein Sonderrecht auf Geschäftsführung verstärkt worden wäre, wäre

gemäß § 50 Abs. 4 GmbHG seine Zustimmung Voraussetzung für einen mängelfreien Abberufungsbeschluß. Da gemäß § 50 Abs. 4 GmbHG bei Einräumung eines echten Sonderrechtes auf Geschäftsführung im Sinne des § 6 Abs. 4 GmbHG der begünstigte Gesellschafter seiner Enthebung als Geschäftsführer zustimmen müßte, käme in diesem Fall nur die Abberufungsklage nach § 16 Abs. 2 GmbHG in Frage. Hingegen steht den übrigen Gesellschaftern im Falle des § 16 Abs. 3 GmbHG die Möglichkeit offen, auch eine Mehrheitsentscheidung gegen den begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführer (falls dieser dabei überhaupt stimmberechtigt ist) auf Widerruf der Bestellung herbeizuführen, welche im Gegensatz zur Abberufungsklage sofort wirksam ist, solange nicht gemäß §§ 41, 42, 44 über die Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses entschieden ist. Schon diese verschiedene zeitliche Wirkung der Enthebung ist bedeutsam genug, um die angeführte Unterscheidung zu treffen.

Zu 4.):

Auf das Problem der Berücksichtigung sogenannter 'überschießender Beweisergebnisse' muß nicht näher eingegangen werden, weil sich alle Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen durchaus im Rahmen des Vorbringens der beklagten Partei bewegen. Die beklagte Partei hat einerseits vorgetragen, daß der Erstkläger nur nach außen hin bloßer Minderheitsgesellschafter sei, tatsächlich aber das Unternehmen der H I M.B.H.

führe, dort alle wirtschaftlichen Dispositionen treffe und sich auch als Alleineigentümer des Betriebes ausgebe (so in der Klagebeantwortung S 123 d.A.), und andererseits vorgebracht, die Verletzung des Konkurrenzverbotes habe darin bestanden, daß der Erstkläger in einem Konkurrenzunternehmen tätig sei, den Wareneinkauf, die Zusammenstellung der Speisenfolge, die Begrüßung der Gäste und die Anweisung der Tische besorge und das Unternehmen praktisch leite (ergänzendes Vorbringen in der Tagsatzung vom 27.4.1983, S 266 d.A.).

Soweit die klagenden Parteien in ihren Ausführungen von einem urteilsfremden, nicht festgestellten Sachverhalt ausgehen, ist ihre Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Festgestellt ist zB nicht eine nur gelegentliche Mithilfe beim Einkauf, sondern die Entfaltung einer im wesentlichen gleichartigen Aktivität wie im Restaurant J K, die Erledigung des Einkaufs usw. Und festgestellt ist weiters ausdrücklich, daß der Erstkläger auch in der Zeit vom November 1980 bis 16.2.1981, die im einzelnen schon für die Zeit ab der Eröffnung des Restaurants H beschriebenen Tätigkeiten verrichtete (allerdings auch nicht darüber hinausgehende zusätzliche Tätigkeiten), keineswegs aber, daß er sozusagen nur ganz vorübergehend während der kurzen Zeit ab Jänner 1981 (nach dem Ausscheiden des Bruders der Zweitklägerin als Geschäftsführer) tätig gewesen sei. Daß der Erstkläger hier nur während einer vorübergehenden Notsituation improvisierend als Hilfskraft seiner Ehefrau eingesprungen sei, ist überdies eine in erster Instanz nicht geltend gemachte und daher unzulässige Neuerung.

Wird aber von den wirklich getroffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ausgegangen, dann kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Erstkläger einen ganz erheblichen Teil seiner Arbeitskraft nicht mehr für die beklagte Partei, sondern für die H

I M.B.H. eingesetzt hat und daß er in diesem Konkurrenzunternehmen eine Tätigkeit entfaltete, die zumindest den Eindruck erwecken mußte, er übe nicht nur im Restaurant J K, sondern auch im Restaurant H die leitende Position aus. Freunde des Erstklägers oder des in verschiedenen Publikationen gelobten Restaurants J K (vgl. die Beilagen A D, A E, A F, A G, A H) mußten daher annehmen, sie könnten die gleiche Speisenqualität oder die gleiche indische Atmosphäre auch im Restaurant H genießen. Bei einer nicht nur rein formalen, sondern einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (HS 9140, vgl. auch Wünsch in GesRZ 1982, 269, dort 270 u.a.), muß daher das festgestellte Verhalten des Erstklägers als eindeutiger Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot nach § 24 Abs. 1 erster Fall GmbHG gewertet werden und stellt daher einen wichtigen Grund im Sinne des § 16 Abs. 3 GmbHG zur Abberufung des Erstklägers als Geschäftsführer dar (Reich-Rohrwig, a. a.O. 132 und 153).

Zu 5.):

Gemäß § 90 ABGB sind zwar Ehegatten einander zum Beistand verpflichtet und ein Ehegatte hat auch im Erwerb des anderen mitzuwirken, soweit ihm dies zumutbar und es nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich ist. Daraus folgt, daß der Ehegatte keinen Beistand fordern kann, der dem anderen Ehegatten auf Grund diesen treffenden sonstiger Pflichten persönlich nicht zugemutet werden kann (Pichler in Rummel RZ 10 zu § 90 ABGB). Wenn daher der Erstkläger auf Grund seiner Stellung als Geschäftsführer der beklagten Partei zur Unterlassung einer konkurrenzierenden Tätigkeit in einer anderen Gesellschaft verpflichtet ist, dann darf die Zweitklägerin von ihm auch nicht verlangen, daß er ihr im Rahmen einer von ihr als Geschäftsführer geleiteten anderen Gesellschaft m.b.H. beistehe.

Zu 6.):

Auf Tätigkeiten für die H I M.B.H.

nach dem 16.2.1981 als Rechtfertigung der Abberufung als Geschäftsführer wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes haben sich die Vorinstanzen nicht berufen. Es liegt auch nicht der Mangel vor, daß der Zeitpunkt der Konkurrenztätigkeit des Erstklägers nicht festgestellt worden wäre. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Erstkläger vielmehr durchgehend seit der Gründung der H

I M.B.H. und der Eröffnung des Restaurants

H bis 16.2.1981 (Tag seiner Abberufung als Geschäftsführer) die festgestellten Tätigkeiten entfaltet. Daß einzelne Beweismittel sich vielleicht auch oder nur auf spätere Zeiträume bezogen haben mögen, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die in dritter Instanz naturgemäß nicht mehr aufgerollt werden kann.

Zu 7.):

Auf die im Verfahren angeschnittenen Fragen, ob

§ 24 Abs. 4 GmbHG eine Präklusivfrist oder eine Verjährungsfrist sei, ob der vorliegende Verstoß ein Dauerdelikt darstelle, bei dem die Frist immer wieder aufs neue in Gang gesetzt werde, oder ob etwa im Sinne der Lehre von der Konkurrenz von Gesellschaftsund Gesellschafteransprüchen (sog. Doppelschadenfrage)

§ 24 Abs. 4 GmbHG überhaupt anzuwenden ist, wenn die Gesellschafter von ihrem Widerrufsrecht nach § 16 Abs. 3 GmbHG und nicht die Gesellschaft von ihrem Widerrufsrecht nach § 24 Abs. 3 1. Satz GmbHG Gebrauch machen, kann aus folgenden Gründen offen bleiben:

Für den Lauf der Frist ist nämlich jedenfalls positives Wissen erforderlich, während bloßes Wissenmüssen oder bloße Vermutungen nicht genügen (Wünsch, GesRZ 1982, 269 dort 279, Fischer-Ulmer in Großkomm HGB 3 II/1, 138). Besonders bei der Geltendmachung einer Konkurrenztätigkeit der vorliegenden Art muß vernünftigerweise das positive Wissen über die Kenntnis von einzelnen Teilfakten hinausgehen, weil nicht schon jede Anwesenheit oder Tätigkeit in einem fremden Konkurrenzlokal einen wirklichen Verstoß gegen das Konkurrenzverbot darstellt. Nach den getroffenen Feststellungen waren dem zweiten Geschäftsführer wohl schon gewisse Einzel-Details bekannt (festgestellt sind hier an sich nur die Anrufe von im Restaurant H tätigen Professionisten, welche den Erstkläger im Restaurant J K suchten). Ein endgültiger Aufschluß und ein wirkliches Wissen ergab sich aber erst durch die Betrauung des Detektivbüros im Jänner 1981. Die Frist fing daher erst im Jänner 1981 zu laufen an und war am 16.2.1981 (Tag der strittigen Gesellschafterversammlung) noch nicht abgelaufen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Anwendung der Bestimmungen des § 21 Abs. 1 RAT (Revisionsbeantwortung des Nebenintervenienten) liegen nicht vor.

Anmerkung

E06636

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00555.85.1002.000

Dokumentnummer

JJT_19851002_OGH0002_0030OB00555_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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