TE OGH 1988/5/31 12Os51/88

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Veröffentlicht am 31.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Mai 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Eleonore S*** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Eleonore S*** und Heinz B*** sowie der Staatsanwaltschaft (in Ansehung des Angeklagten B***) und die Berufung des Angeklagten Alois E*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.November 1987, GZ 12 e Vr 10.641/87-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Eleonore S*** und Heinz B*** werden zurückgewiesen.

Über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft (in Ansehung des Angeklagten B***) sowie über die Berufungen der Angeklagten Eleonore S***, Alois E*** und Heinz B*** wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Eleonore S*** und Heinz B*** auch die Kosten des (bisherigen) Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Eleonore S*** und Alois E*** (dieser als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 und § 15 StGB aF, sowie der Angeklagte Heinz B*** des Vergehens des versuchten schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 StGB aF schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Der Schuldspruch (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25.Jänner 1988, ON 30) lautet:

"Eleonore S***, Alois E*** und Heinz B*** sind schuldig,

sie haben in Wien

A.)

Eleonore S*** am 30.Juli 1987 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der C***, Filiale Kärntnerring 3, durch

Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer falschen Urkunde, nämlich durch Auftreten als rückzahlungsfähige und rückzahlungswillige Darlehensnehmerin und Vorlage einer falschen Lohnbestätigung der Fa. F. P*** zu einer Handlung, nämlich zur Gewährung eines Kredites von 110.000 S

1.)

Eleonore S*** und Alois E*** hinsichtlich eines Teilbetrages

von 70.000 S verleitet,

2.)

Eleonore S***, Alois E*** und Heinz B*** hinsichtlich des Restbetrages von 40.000 S zu verleiten versucht, wodurch das genannte Kreditinstitut an seinem Vermögen einen insgesamt 100.000 S übersteigenden Schaden erleiden sollte und einen solchen von 70.000 S tatsächlich erlitt;

B.)

Alois E*** und Heinz B*** im einverständlichen Zusammenwirken als Beteiligte zur Ausführung der unter Punkt A geschilderten strafbaren Handlung der Eleonore S*** beigetragen bzw. beizutragen versucht, und zwar

1.)

Alois E*** am 31. (richtig: 29. und 30. - US 11/12) Juli 1987 zu der unter A/1 und A/2 angeführten strafbaren Handlung der Eleonore S*** beigetragen, indem er für die Genannte die falsche Lohnbestätigung besorgte,

2.)

Heinz B*** am 31.Juli 1987 zu der unter A/2 genannten strafbaren Handlung der Eleonore S*** beizutragen versucht, indem er fernmündlich über seinen auf der falschen Lohnbestätigung angeführten Telefonanschluß gegenüber dem rückrufenden Angestellten der C*** die Richtigkeit des behaupteten Beschäftigungsverhältnisses und der Lohnbestätigung fälschlich bestätigte."

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richten sich Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Eleonore S*** und Heinz B*** sowie der Staatsanwaltschaft (in Ansehung des Angeklagten B***). Außerdem liegt eine beachtliche (§ 294 Abs 2 StPO nF) Berufungsanmeldung des Angeklagten Alois E*** vor, die mangels anderer Alternativen nur gegen den Ausspruch über die Strafe gerichtet sein kann. Über die zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführten, im übrigen aber unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten S*** und B*** war schon in nichtöffentlicher Sitzung zu erkennen. Vorweg ist jedoch zu vermerken, daß der Urteilsspruch insoferne undeutlich ist, als die den Angeklagten Alois E*** und Heinz B*** zum Vorwurf gemachte Tatbeteiligung am Betrug der Eleonore S*** rechtlich als sonstiger Tatbeitrag iS § 12 dritter Fall StGB beurteilt worden ist (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO), während nach dem Wortlaut des eben wiedergegebenen Schuldspruchs (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) ihnen insoweit sowohl unmittelbare (Mit-) Täterschaft iS § 12 erster Fall StGB als auch Beitragstäterschaft iS § 12 dritter Fall StGB angelastet wird.

Den Urteilsgründen ist diesbezüglich zu entnehmen, daß die Angeklagten E*** und B*** jeweils auch

Ausführungs-(= Täuschungs-)handlungen gesetzt haben (US 10, 14/15; 11, 18), weshalb zufolge des subsidiären Charakters der Beitragstäterschaft (Leukauf-Steininger Komm.2 § 12 RN 34; Kienapfel AT E 5 RN 2; SSt. 48/92) richtigerweise ausschließlich unmittelbare (Mit-) Täterschaft nach dem ersten Fall des § 12 StGB anzunehmen gewesen wäre.

Allerdings muß nicht nur die von keiner Seite gerügte Undeutlichkeit des Urteilsspruchs (§ 281 Abs 1 Z 3 iVm § 260 Abs 1 Z 1 und 2 StPO) auf sich beruhen; es besteht auch in Ansehung des aufgezeigten Rechtsirrtums kein Anlaß zu einer amtswegigen Korrektur des Urteils (§ 290 Abs 1 StPO), weil die Angeklagten E*** und B*** weder durch die im Schuldspruch neben der rite angenommenen Mittäterschaft enthaltene rechtsirrtümliche zusätzliche Annahme eines sonstigen Tatbeitrages zum Betrug noch durch die unrichtige rechtliche Beurteilung ihrer Tatbeteiligung als Beitragstäterschaft angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der drei Täterschaftsformen des § 12 StGB benachteiligt sind (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 E 52 zu § 281 Abs 1 Z 10).

Nicht einmal um eine solche Undeutlichkeit handelt es sich hingegen bei dem den Schuldspruch zu A/1 und 2 erfassenden Schlußsatz, wonach durch die dort beschriebene Tat aller drei Angeklagten "das genannte Kreditinstitut an seinem Vermögen einen insgesamt 100.000 S übersteigenden Schaden erleiden sollte". Dies bezieht sich zwar rein grammatikalisch auch auf den Angeklagten Heinz B***, doch ergibt sich aus der Subsumtion (§ 147 Abs 2 StGB aF) und den Urteilsgründen (US 13, 28) unzweideutig, daß das Erstgericht diesem Angeklagten einen 100.000 S übersteigenden Schaden nicht zum Vorwurf gemacht hat, weshalb insoweit nur ein belangloses Redaktionsversehen vorliegt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten

Eleonore S***

Diese Angeklagte macht ausschließlich den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO geltend und rügt zunächst als Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen, daß sich das Erstgericht nicht mit ihrer Verantwortung (S 124) auseinandergesetzt habe, sie hätte geglaubt, bei der den Bankbeamten zum Zwecke der Täuschung vorgelegten falschen Lohnbestätigung habe es sich um eine echte Urkunde mit bloß unrichtigem Inhalt, also nicht um eine falsche Urkunde im Sinne des Qualifikationstatbestandes des § 147 Abs 1 (erster Fall) StGB gehandelt.

Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, daß diese Betrugsqualifikation auch dann gegeben ist, wenn zur Täuschung ein falsches Beweismittel benützt wird, worunter auch eine echte Absichtsurkunde mit unwahrem Inhalt zu verstehen ist (EvBl 1988/29). Es ist daher für die rechtliche Beurteilung nicht entscheidungswesentlich, ob die Angeklagte wirklich der Auffassung gewesen ist, es handle sich bei der tatgegenständlichen - objektiv falschen (§ 223 Abs 1 StGB) - Lohnbestätigung um eine bloße "Lugurkunde", weshalb sich das Erstgericht mit ihrer dahingehenden Verantwortung nicht auseinandersetzen mußte.

Den Schädigungsvorsatz (US 17, 26) der Angeklagten begründete das Erstgericht damit, daß sie sich auf Grund ihrer chronisch ungünstigen Einkommensverhältnisse (weshalb sie überhaupt erst zu einem qualifizierten Täuschungsmittel greifen mußte) ihrer Unfähigkeit, die gegenüber der Bank für eine Laufzeit von 10 Jahren eingegangene Rückzahlungsverpflichtung von monatlich 1.429 S einzuhalten, bewußt war und ihr sonach unter Berücksichtigung ihrer anderweitigen Schulden zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten monatlich nur ein unter dem Existenzminimum liegender Betrag verblieben wäre (US 16, 20). Weiters wies das Schöffengericht darauf hin, daß auch die Übergabe einer unverhältnismäßig hohen "Provision" von 20.000 S an den Angeklagten E*** für einen Schädigungsvorsatz spricht, weil diese Großzügigkeit nur durch ihre gedankliche Einstellung zu erklären ist, insoweit über fremdes Vermögen zu verfügen, als sie eben davon ausging, sich ihrer Rückzahlungspflicht gegenüber der Bank entledigen zu können (US 21). Bei dieser Argumentation ließ das Erstgericht auch keineswegs unberücksichtigt, daß die Angeklagte zum Zeitpunkt der Urteilsfällung zwei (von drei fälligen) Kreditraten bezahlt hatte, führt aber dazu aus, daß dies nur unter dem Eindruck des Strafverfahrens geschehen ist, zumal eben die schon fällige dritte Rate nicht mehr bezahlt werden konnte. Mit dem gegen die letzterwähnte Überlegung des Erstgerichtes vorgebrachten Einwand, es lägen dafür keinerlei Verfahrensergebnisse vor, läßt die Beschwerdeführerin die nicht bloß auf den forensischen Bereich beschränkte Erfahrungstatsache unberücksichtigt, daß unter dem Druck unmittelbar drohender erheblicher Nachteile es selbst in aussichtslos scheinenden Situationen möglich ist, in beschränktem Ausmaß kurzfristig entsprechende Mittel zu deren Abwendung zu beschaffen. Es kann daher in diesem Punkt auch von einem inneren Widerspruch des Urteils keine Rede sein, schließt doch - unter den gegebenen Umständen - die Tatsache der Bezahlung von zwei Schuldtilgungsraten die Annahme keineswegs aus, daß die Einhaltung der Zahlungsverpflichtung durch mehrere Jahre hindurch nicht möglich gewesen wäre. Recht besehen läuft das Beschwerdevorbringen daher insoweit auf eine im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Heinz B***

Dieser Beschwerdeführer stützt sein Rechtsmittel auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, bringt jedoch keinen von beiden zur gesetzmäßigen Darstellung. Mit seiner Verantwortung, den Kontrollanruf bei ihm habe ein zu diesem Zeitpunkt allein in seiner Wohnung aufhältiger "W***" beantwortet, hat sich das Schöffengericht ausführlich auseinandergesetzt (US 23, 25/26) und diese Behauptung auf Grund mehrerer Umstände als Schutzkonstruktion des Zweit- und Drittangeklagten erkannt. Die Beschwerde zeigt demgegenüber keinerlei Verfahrensergebnisse auf, die in diesem Zusammenhang noch zu erörtern gewesen wären.

Mit der Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite reklamierenden Rechtsrüge hinwieder übergeht der Beschwerdeführer die Konstatierungen des Erstgerichtes (US 10 unten iVm US 9 unten), wonach er über das betrügerische Vorhaben der Mitangeklagten in Kenntnis gesetzt worden ist. Der Hinweis auf angebliche Beweisergebnisse, die der angenommenen Zahlungsunfähigkeit der Angeklagten S*** und dem daraus abgeleiteten Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz nach Auffassung des Beschwerdeführers widerstreiten, ist im Rahmen einer materiellrechtlichen Rüge unbeachtlich.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten S*** und B*** waren daher - nach Anhörung der Generalprokuratur - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als zum Teil nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO), im übrigen aber als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) sofort zurückzuweisen.

Über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich des Angeklagten B***) sowie über die Berufungen aller Angeklagten wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein.

Anmerkung

E14297

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00051.88.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19880531_OGH0002_0120OS00051_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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