TE OGH 1988/11/15 15Os142/88

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Veröffentlicht am 15.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.November 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Knob als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mushtaq M*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Wiener Neustadt vom 31.August 1988, GZ 10 Vr 87/88-101, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mushtaq M*** wurde mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB schuldig erkannt; von weiteren Anklagepunkten wurde er - unbekämpft - freigesprochen. Inhaltlich des Schuldspruches hat er (I) am 20.Jänner 1988 in Traiskirchen (1) vorsätzlich den Ali B*** durch Versetzen von sechs Stichen mit einem Hirschfänger gegen den Kopf, die linke Brustkorbseite, den linken Oberbauch und den linken Unterbauch getötet, (2) durch Einschlagen von sechs Fensterscheiben Sachen der Republik Österreich unter Herbeiführung eines Schadens von 200 S beschädigt, sowie (II) am 1.Juni 1986 in Spielfeld eine verfälschte ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz, und zwar nach § 39 PaßG inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, nämlich den durch Austausch der Lichtbilder für den gleichnamigen Mushtaq M*** ausgestellten pakistanischen Reisepaß durch Vorweisen bei der Grenzkontrolle im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder Tatsache gebraucht. Die Geschwornen hatten die zu den Schuldsprüchen führenden Hauptfragen I, IX und XII jeweils bejaht, die zur Mordfrage gestellte Zusatzfrage IV nach Notwehr verneint, sowie die zu den Fragen nach Mord und Sachbeschädigung gestellten Zusatzfragen VI und XIII nach Zurechnungsunfähigkeit jeweils verneint.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch uneingeschränkt mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf die Z 8, 10 a und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Ausführungen beziehen sich jedoch inhaltlich ausschließlich auf den Schuldspruch wegen Mordes.

Zu den übrigen Schuldspruchspunkten mangelt es somit von vornherein an einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen (§ 285 a Z 2 StPO iVm § 344 StPO). Soweit aber Gründe der Z 8 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden, ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Mit der Behauptung einer Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung in bezug auf einen Umstand, der überhaupt nicht Gegenstand der Fragestellung ist, wird eine unter Nichtigkeitssanktion stehende Unrichtigkeit dieser Belehrung gar nicht geltend gemacht (Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 20 bis 24 zu § 345 Abs. 1 Z 8; 10 Os 90/83, 10 Os 182/86, 11 Os 179/79, 9 Os 156/73). Demgemäß führt der Beschwerdeführer den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig aus, soweit er unter Bezugnahme auf seine Verantwortung, Angst vor dem Opfer gehabt zu haben, auf die Möglichkeit eines "kurzfristigen Affektes", in dem der "völlige Verlust der Motivationsfähigkeit" und demgemäß der "Entscheidungsfreiheit" gegeben gewesen sei, sowie unter Hinweis auf seine Mentalität das Unterbleiben einer Belehrung über die Gesetzesbegriffe des § 76 StGB reklamiert.

Gleiches gilt hinsichtlich der vermißten Belehrung über die irrtümliche Annahme einer Notwehrsituation.

Entsprechende - im übrigen durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens keineswegs indizierte - Fragen nach Totschlag und Putativnotwehr waren jedoch nicht gestellt worden; dies blieb unbekämpft.

Bei gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsüge (Z 12) hinwieder ist von dem im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Sachverhalt auszugehen und dieser Sachverhalt mit dem Gesetz zu vergleichen. Dagegen verstößt der Beschwerdeführer, indem er unter stetigem Hinweis auf seine Verantwortung und seine Mentalität eine Beurteilung der Tötung des Opfers als Totschlag nach § 76 StGB fordert oder gerechtfertigte Notwehr für sich reklamiert. Mit der Tatsachenrüge (Z 10 a), in welcher der Beschwerdeführer auf seine (gegenüber dem Vorverfahren geänderte) Verantwortung in der Hauptverhandlung verweist und die Hypothese aufstellt, das schwer alkoholisierte Opfer habe besondere Kräfte entwickeln können - was von den in der Hauptverhandlung vernommenen Sachverständigen als äußerst unwahrscheinlich oder schon "nicht mehr vorstellbar" bezeichnet wurde (S 337, 344) - vermag er keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Aus den angeführten Gründen war somit die Nichtigkeitsbeschwerde teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet sofort bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 344, 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien (§§ 285 i, 344 StPO).

Anmerkung

E15633

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00142.88.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19881115_OGH0002_0150OS00142_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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